Angefangen hat alles am 26. Februar 2006 beim GP in Lugano. Es war das erste Mal, dass ich als sportlicher Leiter Nummer eins das Team bei einem Rennen führen durfte. Wenn ich jetzt sagen würde, dass ich nicht nervös war, würde ich lügen, aber ich wusste, dass ich meine Chance packen würde. Der Teammanager
Omar Piscina verlangte ein Top 5 Resultat. Welche Fahrer ich mitnahm, liess er mir offen, das einzige was zählt, ist das Erreichen des Ziels, hatte er mir eine Woche vor dem Rennen gesagt. So war es für mich sehr schnell klar, welche Fahrer zum Kader in Lugano gehören sollten. Ich weiss noch, wie froh ich damals war, dass alle meine acht Wunschfahrer zusagten. Am Morgen vor dem Rennen wuchs meine Nervosität fast von Minute zu Minute. Ich hatte mit
Orlando Maini (dem zweiten sportlichen Leiter) abgemacht, dass ich bei einem Ausreissversuch mit nach vorne gehen würde, während er hinten bei unseren Leadern bleiben sollte. Demnach war es auch das Ziel von uns, einen Fahrer in der Spitzengruppe zu platzieren.
Andreas Dietziker war dafür vorgesehen. Schliesslich war er der einzige Schweizer in unserem Kader. Daneben waren mit
Dmitri Konychev, Daniele de Paoli und
Mikhail Khalikov drei absolute Leader im Kader. Als klare Wasserträger waren
Massimo Iannetti, Elio Aggiano und
Michele Maccanti vorgesehen, während der achte im Bunde,
Giuseppe Muraglia, sozusagen unser Edeljoker war. So reisten wir mit einem sehr starken Team nach Lugano. Doch auch die anderen Teams kamen nicht mit ihren schlechtesten Fahrern. Das Team Voralberg hatte mit
Gerrit Glomser und
Pascal Hungerbühler zwei Fahrer im Team, denen Siegeschancen gegeben wurde und auch mit
Adam Hansen (Aposport Krone Linz) und
Thomas Rohregger (Elk-Haus Simplon) war zu rechnen.
Das Kader: Elio Aggiano, Dmitri Konyshev, Andreas Dietziker, Daniele De Paoli, Mikhail Khalikov, Michele Maccanti, Giuseppe Muraglia, Massimo Iannetti
Bei bedecktem Himmel und etwa sieben Grad startete das Rennen um Punkt 11:45 Uhr. Die ersten Kilometer waren gleich sehr hart. Nicht nur das hügelige Profil, sondern auch die stetigen Attacken halfen da natürlich mit. Es war schon ganz anders hinter dem Feld im Auto zu sitzen und das Renngeschehen auf einem kleinen Monitor im Wagen zu verfolgen. Bereits nach 23 Kilometer kam
Mikhail zum Wagen. Er klagte über Probleme mit dem Rad und während wir hinten mit ihm beschäftigt waren, ging vorne die nächste Attacke. Es war
Werner Faltheiner vom Team Aposport Krone Linz der es versuchte. An seinem Hinterrad war
Andreas. Jetzt wurde es natürlich hektisch. Während
Alberto, der Mechaniker noch das Rad von
Mikhail richtig einstellte, musste ich mich auf den Abstand von
Andreas zum Feld konzentrieren. Bei
Mikhail ging es dann endlich problemlos weiter. So wartete ich bis der Renndirektor mich anwies, dass ich jetzt nach vorne fahren konnte. Ich verständigte mich noch schnell mit
Orlando und fuhr dann zu
Andreas. Er und
Faltheiner verstanden sich sehr gut, wobei der Österreicher sich nicht ganz so reinhängte, wie sich
Andreas das vorstellte. Immer und immer wieder musste ich den jungen Schweizer beruhigen, wenn er beim Wagen vorbeikam um sich zu verpflegen. Das Feld aber liess die Ausreisser gewähren und so konnten sie bis zum zweitletzten Anstieg einen Vorsprung von über 5 Minuten herausfahren. Diese Zeit war die wohl ruhigste Zeit des ganzen Rennens. Logisch das ich immer in Kontakt mit den Teammitgliedern auf dem Rad und im Wagen war, doch es schien kein Problem zu geben. Naja, einzig
Elio beklagte sich schon früh im Rennen über Krämpfe in seinen Beinen, trotzdem konnte er seinen Aufgaben als Wasserträger perfekt ausführen. Schon nach den ersten ansteigenden Metern verlangte
Andreas dann wieder nach mir. Ich merkte ihm seine Ungeduld an.
„Lass es mich versuchen, ich fühle mich sehr gut. Ich weiss das Faltheiner bei Tempoverschärfungen am Berg seine Probleme hat.“ Ich war mir bei der Sache nicht ganz sicher, wies ihn dann aber an, es bei der nächsten Ablösung zu versuchen. Ich gab ihm noch einmal eine frische Flasche und liess mich dann wieder etwas zurückfallen.
Andreas dagegen fuhr wieder ganz dicht an seinen Fluchtgefährten heran und griff bei der nächsten Gelegenheit an. Wie er mir gesagt hatte, konnte
Faltheiner ihm im ersten Moment nicht folgen. Dafür erhöhte er seine Trittfrequenz erheblich, so dass die beiden in der Abfahrt wieder zusammen waren. Jetzt sah ich
Andreas die Müdigkeit an. So war es dann auch nicht verwunderlich, dass er im Flachstück sogar reissen lassen musste. Er gab mir ein Zeichen, dass er sich einholen lassen will um den Leadern noch etwas zu helfen. Selbstverständlich hatte ich damit kein Problem. Ich funkte
Orlando an, dass wir in Kürze wieder im Feld sein werden. In der Zwischenzeit hatte es immer wieder diverse Angriffe gegeben, doch keiner konnte sich vom Feld absetzten. Das Tempo des Team Voralberg war einfach zu hoch. Bis zum letzten Anstieg war dann auch
Faltheimer gestellt, so dass sich die Sprinter erste Hoffnungen auf eine Sprintankunft machen konnten. Kurz vor dem letzten Anstieg verlangte ich von meinen Leadern die Bestätigung, dass sie sich in einer guten Position befinden. Alle konnten mir eine positive Antwort geben. Als dann aber der österreichische Meister,
Gerrit Glomser, zwei Kilometer vor dem Gipfel angriff hörte ich dann leider von
Dmitri und
Daniele, dass sie zu weit hinten seien um
Glomser zu folgen. Ich warf natürlich sofort einen Blick auf den Bildschirm auf dem
Glomser ganz gross zu sehen war. Hinter ihm sah ich
Giuseppe und
Massimo, die in einer optimalen Position waren. Sofort gab ich den beiden über Funk den Befehl, mitzugehen.
Ich sah auf dem Monitor noch schnell, wie die beiden dem Australier
Adam Hansen hinterher sprangen, ehe das Bild wieder zu
Glomser wechselte, der eine kleine Lücke zwischen den Rest reissen konnte. Erst kurz vor dem Gipfel bekam ich dann von
Massimo die Meldung, dass er und
Giuseppe in der ersten Verfolgergruppe hinter
Glomser seien. Bei ihnen waren auch noch
Hansen und
Rohregger. In der Abfahrt wies mich der Renndirektor wieder an, dass ich nach vorne fahren dürfe. Natürlich tat ich das, übergab aber
Orlando die Aufgabe, den Sprint im Feld zu koordinieren, denn wie ich hörte konnte sich
Dmitri, Michele und
Daniele im Feld halten. Doch vorne ging die Post ab. Zuerst versuchte es
Massimo mit einer Attacke in der Abfahrt, dann war es
Rohregger und zum Schluss versuchte
Giuseppe eine Attacke von
Hansen als Gegenattacke zu nutzen. Doch keiner der vier konnte sich absetzten, geschweige denn zu
Glomser aufschliessen. Der Altmeister war heute eindeutig zu stark und gewann das Rennen in Lugano auch klar und verdient. Aber hinten in der Verfolgergruppe wurde um den zweiten Platz so richtig gefightet.
Massimo war es, der den Sprint für
Giuseppe anfuhr und nur
Hansen konnte die beiden noch überspurten. Trotzdem war ich mit den Rängen 3 und 4 sehr zufrieden, zumal
Dmitri sogar noch den Sprint im Feld gewann und auf Rang 6 landete.
Michele rundete das Ergebnis mit Rang 9 ab.
Kaum war ich beim Teambus angekommen und mit unseren Fahrer gesprochen hatte, kam auch schon
Omar auf mich zu. Er gratulierte mir zu dieser taktisch, klugen Leistung und versprach mir, im Laufe der Saison bei weiteren Rennen das Amt des ersten Sportlichen Leiters. Zufrieden, aber Müde verliess ich den Teambus für einen kurzen Moment um ein bisschen abzuschalten. Doch plötzlich sprach mich jemand an, dem die Begeisterung förmlich anzuhören war. Ich kannte denn Mann nicht, aber es war unverkennbar, dass er in einem gebrochenen Deutsch sprach. Ich sagte ihm, dass er mit mir auch ohne Probleme Französisch sprechen könne. Er sagte, dass er noch nie einen so jungen Mann sah, der in seinem ersten Rennen als Sportlicher Leiter so abgeklärt sei. Er gratulierte mir etwa sieben, oder waren es acht (?), Mal drückte mir seine Visitenkarte in die Hand und verschwand wieder. Ich wusste nicht Recht, was ich davon halten sollte, steckte die Karte dann in die linke Hosentasche und machte mich wieder auf in Richtung Teambus. Schliesslich wartete noch das Ausfahren mit dem Team auf mich.
Ergebnis GP di Lugano:
1 Gerrit Glomser TEAM VORARLBERG 3h59'31
2 Adam Hansen APOSPORT KRONE LINZ + 1'10
3 Giuseppe Muraglia TEAM LPR s.t.
4 Massimo Iannetti TEAM LPR s.t.
5 Thomas Rohregger ELK HAUS - SIMPLON s.t.
6 Dmitri Konychev TEAM LPR + 2'37
7 Nicolas Schnyder HADIMEC s.t.
8 Martin Riska PSK WHIRLPOOL HRADEC KRALOVE s.t.
9 Michele Maccanti TEAM LPR s.t.
10 Danilo Colombo HADIMEC s.t.
11 Timo Honstein TEAM SPARKASSE s.t.
12 Tobias Eggli HADIMEC s.t.
13 Jan Faltynek PSK WHIRLPOOL HRADEC KRALOVE s.t.
14 Anthony Jaunet CYCLOCLUB DE NOGENT SUR OISE s.t.
15 Kévin Lalouette CYCLOCLUB DE NOGENT SUR OISE s.t.
16 Stanislav Kozùbek PSK WHIRLPOOL HRADEC KRALOVE s.t.
17 Hans-Peter Obwaller TEAM SWIAG TEKA s.t.
18 Elias Schmäh HADIMEC s.t.
19 Paul Kasis TEAM PLAST - RECYCLING - AUSTRIA s.t.
20 Christian Pömer APOSPORT KRONE LINZ s.t.
21 Brice Feillu CYCLOCLUB DE NOGENT SUR OISE s.t.
22 Sébastien Harbonnier CYCLOCLUB DE NOGENT SUR OISE s.t.
23 Richard Faltus TEAM SPARKASSE s.t.
24 Guillaume Levarlet CYCLOCLUB DE NOGENT SUR OISE s.t.
25 Daniele De Paoli TEAM LPR s.t.
26 Fraser MacMaster TEAM VORARLBERG s.t.
27 Michael Randin HADIMEC s.t.
28 Tony Martin THÜRINGER ENERGIE TEAM s.t.
29 Damien Robert CYCLOCLUB DE NOGENT SUR OISE s.t.
30 Christian Ebner TEAM PLAST - RECYCLING - AUSTRIA s.t.
39 Mikhail Khalilov TEAM LPR s.t.
58 Elio Aggiano TEAM LPR s.t.
82 Andreas Dietziker TEAM LPR s.t.
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@arkon: wieso nicht? So weiss ich jedenfalls was nicht gut ist an meinem AAR...