LePeloton (Aktuell: Ausgabe 3)
Verfasst: 5.3.2006 - 15:09
LePeloton
Ausgabe 1
Willkommen zur neuen Radsportsaison und willkommen bei einer neuen Radsportzeitung. „LePeloton“ wird regelmäßig erscheinen und sie immer auf den neuesten Stand in Sachen Radsport bringen. In dieser Ausgabe stellen wir ihnen die neuen Teams vor und Laurent Jalabert sowie Floyd Landis haben für sie sich die Teams genau angeguckt. „LePeloton“ wird im übrigen ein Rennen am Endeder Saisonveranstalten, wir werden ausführlich darüber berichten und mal hinter die Kulissen schauen. Jetzt aber viel Spaß bei der ersten Ausgabe!
Chefredakteur
Laurent Prétou
Teamvorschau
von Laurent Jalabert und Floyd Landis
Team Renault-West Vlaanderen
============================
J:Die französisch-belgische Equipe wird auf kleinere Tagesrennen und Etappensiege ausgerichtet sein. Bei den großen Klassikern und Rundfahrten hingegen werden sie kaum nennenswerte Erfolge einfahren. Einen echten Teamleader nennt man nicht sein Eigen, aber mit Voeckler und Geslin hat man zwei junge, talentierte Fahrer in seinen Reihen, die auf den großen Durchbruch warten.
L: Ein belgisch-französisches Team, das sein Augenmerk auf die Klassiker legen wird und bei dem kein eindeutiger Leader zu erkennen ist. Die Saison wird zeigen, ob das Projekt aufgeht und man Podiumsfahrer in den eigenen Reihen hat.
Team SIR
========
J: Im Hochgebirge wird man das Team SIR selten vorne sehen. Viel mehr scheint man auf Eintagesrennen ausgerichtet zu sein. Mit dem Norweger Hushovd hat man einen der schnellsten Männer im Peloton, der zudem über herausragende Klassikerfähigkeiten verfügt. Desweiteren zu beachten sind Albasini, Elmiger, Moreni und Rast.
L: Einige junge Talente wurden verpflichtet, aber auch Siege will man holen: Das ist am ehesten von Thor Hushovd zu erwarten, der neben seiner Endschnelligkeit auch bei Klassikern gut zurechtkommt. Christian Moreni kann eventuell überraschen und sich vorne zeigen. Insgesamt ein Team für Sprinterfolge und kleinere Rundfahrten und Klassiker.
Team Commonwealth
=================
J: Auch hier gilt ähnliches wie beim Team SIR. O'Grady ist der nominelle Teamleader, der sowohl in Massensprints als auch Klassikern das Team anführen wird. Mit Barry, Hammond, Dean, Hunter und Wiggins stellt man ihm eine schlagkräftige Truppe zur Seite. Interessant dürfte das Comeback des Schotten Millars werden, dem ich nach seiner Dopingsperre allerdings keine großen Würfe zutraue.
L: Viele Stars fahren nicht in diesem Team, Stuart O’Grady, Robert Hunter und Roger Hammond können überraschen. Fraglich ist, ob David Millar ohne Doping zu alter Verfassung zurückfindet, wenn seine Sperre Ende Juni abläuft. Ein schwächeres Team, das sich bei kleineren Rundfahrten und Klassikern vorne zeigen kann.
Team Cabeza
===========
J: Die Basken setzen einmal mehr auf ihre Stärken am Berg. Der nominelle Kapitän ist Mayo, der nach seiner schwerwiegenden Virus-Infektion (Peiffersches Drüsenfieber) an seine starke '03er-Saison anzuknüpfen versucht. Ob er bis zur Tour schon wieder 100% fit sein wird, ist zweifelhaft, aber bei der heimischen Vuelta wird er zu beachten sein. Mit Colom und Arrieta hat er zuverlässige Helfer an seiner Seite. Für eine Überraschung gut sind die jungen Luis León Sanchez, Daniel Navarro und Carlos Barredo. Das Team wird seine Siege einfahren, vermehrt innerhalb der Landesgrenzen Spaniens.
L: Der Kapitän ist sicher Iban Mayo, der an das tolle Jahr 2003 endlich wieder anknüpfen will. Dazu hat er einige Helfer an die Seite gestellt bekommen, die stark auftrumpfen, aber auch gänzlich glanzlos bleiben können.
Macelleria Mamilii - Prosciutto di Parma
========================================
J: Das mit Abstand jüngste Team im Peloton. Die Italiener bauen auf ihre hervorragende Nachwuchsförderung. Ballan, Chicchi, Napolitano und Riccò sind die vielleicht talentiertesten Fahrer. Ich erwarte sie besonders im Herbst der Saison in hervorragender Verfassung. Mit Casagrande hat man zudem einen erfahren Fuchs im Kader, der in seiner letzten Profisaison noch einmal das große Ziel Giro vor Augen hat. Man mag ihn als Geheimfavoriten für den Giro auf der Rechnung habe, in jedem Fall wird es seine letzte Chance sein und er wird diese zu nutzen wissen.
L: Für die italienische Equipe gilt dasselbe wie für das Team Commonwealth, man wird sich bei kleineren Rennen hervortun und für den Sponsor werben. Ob erfolgreich, kann man nicht vorhersagen, aber man hat sich viel vorgenommen.
Sonnenkraft - Wasserwerk
========================
J: Was soll man zu dieser Mannschaft sagen? Es ist das finanziell gewagte Projekt eines Energie-Millionärs - mehr nicht, nichts mehr. Cunego, Haussler, Schleck und Pereiro sind großartige Fahrer, die dem Lockruf des Geldes gefolgt sind. Ihr Bankkonto wird es freuen, aber ihre Palmarés nicht automatisch schmücken. Die Mannschaft ist für große Erfolge gut, aber man darf es ärgstens bezweifeln ob sie diese auch erreichen wird.
L:Vor einigen Jahren wäre ein afrikanisches Team in der höchsten Kategorie des Radsports noch undenkbar gewesen, auch heutzutage wurden viele vom Vorstoß des Simbabwischen Unternehmens überrascht, das viel Geld in die Mannschaft gesteckt hat. Damit konnte man neben vier Afrikanern große Namen wie Pereiro, Cunego oder Rujano verpflichten, Frank Schleck und Bernhard Eisel sind ebenfalls für Erfolge gut, Haussler und Lövkvist zweifellos sehr talentiert, doch bei ihnen muss man abwarten, was sie dieses Jahr bereits zu Stande bringen. Ein gewagtes Projekt mit spannender Zukunft.
Bodenheimer Rad+Sport
=====================
J: Für mich das Topteam des Pelotons. Sie haben starke Sprinter, gute Kletterer, großartige Klassikerjäger und letzten Endes wird man sie auch bei den drei großen Landesrundfahrten vorne zu erwarten haben. Bettini ist der stärkste Klassikerfahrer seit Johann Museeuw und wird auch heuer wieder das Maß aller Dinge sein, wenn ein Sieger der Ronde oder Doyenne gesucht wird. Zusammen mit Vinokourov bildet er die vielleicht stärkste Doppelspitze des Pelotons. Der Kasache steuert dem goldenen Herbst seiner Karriere zu und in meinen Augen ist er der heißeste Anwärter, Armstrong vom Tour-Thron zu stürzen. Was jedoch Petacchi ohne seinen viel zitierten blauen Express ausrichten kann, bleibt zweifelhaft.
L: Eines der stärksten Teams dieser Saison, mit Bettini, Vinokurov und Petacchi besitzt man fast auf jedem Terrain Top-Fahrer. Servais Knaven kann bei den Kopfsteinpflasterklassikern vorne mitfahren, die Helfer für einen Tour-Sieg, den Vinokurov holen kann, sind da: Ardila, Parra und Rubiera sind hervorzuheben. Man kann sich auf viele Sieger in orangefarbenen Bodenheimer-Trikots vorbereiten.
Mr. Wooper - Peppo Cycling
==========================
J: Man mag es kaum glauben, aber das einzige amerikanische Team im Profizirkus ist ohne Armstrong. Heras und Hamilton waren der lebende Beweis, dass Ex-Armstrong-Adjutanten die großen Erwartungen, die man in sie steckte, nicht erfüllen konnten. So wird es auch Hincapie, Landis und Zabriskie ergehen. Voigt, Celestino und Valjavec sind nicht mehr die jüngsten und so bleiben lediglich die talentierten Spanier Koldo Gil und Alejandro Valverde. Valverde ist neben Vinokourov vielleicht der einzige, dem es zuzutrauen ist Armstrong bei der Tour zu schlagen, aber er und Koldo Gil werden vom us-amerikanischen Sponsor us-amerikanische Kapitäne vor die Nase gesetzt bekommen. Für Valverde ist es die vertane Chance seiner Karriere.
L: Auch meine Mannschaft ist gut aufgestellt: George Hincapie und Jens Voigt sind Allrounder, die besonders im Frühjahr auftrumpfen sollen, Alejandro Valverde wird mit mir um vordere Tour-Plätze mitfahren. Marcos Serrano kann ebenfalls im hügeligen Gelände oder im Hochgebirge vorne mitfahren, die Unterstützung ist mit Celestino, Gil, Valjavec, van Bon und Vila gesichert. Für Sprints ist Robert Förster vorgesehen, der immer vorne mitmischen kann. Uns steht hoffentlich eine erfolgreiche Saison bevor.
Zamano-Blazewski – Bicycleteam
==============================
J:Armstrong. Mit diesem einen Wort könnte man die Mannschaft charakterisieren. Der Texaner ist der unumstrittene Leader. Mit Boonen, Popovych und Gusev hat er drei seiner jungen Schüler im polnischen Team wieder vereint. Dazu kommt die starke Helfergarde, die man von Armstrong-Teams seit jeher gewohnt ist. Der erneute Toursieg des Texaners wird das auserkorene Saisonziel sein, der Rest des Teams wird zudem von Februar bis September Erfolge einfahren.
L:Das Hauptziel des Teams ist der Sieg bei der Tour mit dem Rückkehrer Lance Armstrong, der zum achten Mal den Gegnern sein Hinterrad zeigen will. Mit Jaroslav Popovych und Cadel Evans hat er prominente Unterstützung, die auch bei anderen Rundfahrten auf sich aufmerksam machen wird. Tom Boonen wird sich in Sprints und bei den Frühjahrsklassikern vorne zeigen, Davide Rebellin soll sein Hauptaugenmerk auf die Ardennen legen. Ein Top-Team, das in jedem Bereich Siege holen kann.
L'Equipe Fossier - "Pecunia non olet"
=====================================
J: Zu guter letzt die französische Equipe. Wenn man einen Teamkapitän ausmachen will, ist dies der Spanier Freire. Er wird wieder einmal die klassischen Rennen im Frühjahr zum Ziel haben und sich in der zweiten Saisonhälfte auf Vuelta und Weltmeisterschaften konzentrieren. Mit Vicioso, Pineau, Gilbert und Barbosa stellt man ihm eine starke Truppe zur Verfügung. Es bleibt zu hoffen, dass man diesen auch die Chance geben wird auf eigene Rechnung zu fahren. Was Karpets und Garcia Quesada bei den Rundfahrten, im besonderen Giro bzw. Vuelta, ausrichten können, muss man abwarten. Äußerst interessant wird der Einstieg des deutschen Erik Zabels als sportlicher Leiter zu beobachten sein.
L:Mit Erik Zabel leitet ein ehemaliger Top-Sprinter dieses Team, er will seinem früheren Konkurrenten Oscar Freire zu Siegen verhelfen. Sylvain Chavanel bekommt seine vielleicht letzte Chance, ein großer seiner Zunft zu werden, die Unbekannte heißt Martin Pedersen, ein talentierter Däne ohne bisherige Erfolge. Diese hat Christophe Rinero aufzuweisen, ob er sie jedoch wiederholen kann, bleibt abzuwarten. Vladimir Karpets könnte bei einer großen Rundfahrt unter die besten Zehn fahren.
FAZIT (von Floyd Landis):
Insgesamt steht uns eine spannende Saison bevor, bei der es auf keinem Terrain absolute Favoriten gibt, von denen man erwartet, dass sie die Konkurrenz in Grund und Boden fahren. Eine Prognose über Sieger und Geschlagene ist extrem schwierig, alles kann passieren.
Meldungen
von Laurent Prétou
Der Afrikaner Brighton Kasecha ist bei einer Trainigsfahrt in Afrika schwer gestürzt, er wird voraussichtlich erst in 6 Monaten wieder ins Renngeschenen einsteigen können.
Interview
mit Robert Millar
1.Ersteinmal etwas persönliches Herr Millar: Ist ihnen der Wechsel vom Organisationskomitée der Tour of Britain zur Rennleitung der ProTour leicht gefallen, oder haben sie überlegt in Großbritannien zu bleiben?
- Ich wäre gerne in GB geblieben. Dort ist meine Familie und die ist mir viel wert. Aber letzten Endes waren es meine Frau und meine Kinder, die mir zugeredet haben, zu wechseln.
2. Gab es bei der Vergabe der Lizenzen irgendwelche Probleme?
- Nein. Alle Teams haben finanziell solide Konzepte vorgelegt und sämtliche Vorgaben der UCI erfüllt.
3. Was erwarten sie sich von dieser Saison?
- Zu allererst wünsche ich mir eine saubere und skandalfreie Saison. Auch die Spannung sollte nicht zu kurz kommen. Die Teams sind sehr gut besetzt, so daß alles in allem auch großes Interesse beim Publikum entstehen sollte.
4. Was betracheten sie als die wichtigsten Aufgaben in ihrer Amtszeit?
- Nun, der gesamte Profiradsport ist in den letzten Jahren etwas in Verruf gekommen. Daran ist auch der Verband nicht ganz unschuldig gewesen. In diesem Jahr ist es wichtig, daß der Verband sich professionell präsentiert. Wer von den Teams eine professionelle Einstellung erwartet, darf als Dachverband nicht mit ehrenamtlichen Hobby-Funktionären antreten.
5. Was sind ihrer Meinung nach die größten Missstände zur Zeit im Profiradsport?
- Wie gesagt, es ist zum einen die mangelhafte professionelle Struktur vieler Verbände. Sie müssen mal überlegen, daß Radsport neben Boxen und Ringen eine der ältesten Profisportarten ist. In den letzten zwei Jahrzehnten kam die zunehmende Kommerzialisierung hinzu. Die Träger und Sponsoren der Profiteams waren plötzlich keine Firmen mehr, die direkt mit Fahrradbau oder Zubehör zu tun hatten, sondern z.T. Weltkonzerne.
Dieser Entwicklung konnte der Dachverband bisher nicht richtig Rechnung tragen. Hier fand Funktionärsklüngel statt. Die UCI-Präsidenten waren Alleinherrscher und weitestgehend unantastbar. Erst in jüngster Vergangenheit hat hier ein Umdenken stattgefunden.
Zum anderen sehe ich einen Mißstand darin, daß Radsport immer noch eine Sache der sogenannten Radsportnationen ist. Italien, Frankreich, Spanien, Belgien. Diese vier Länder stellen die meisten Aktiven. Erst in letzter Zeit kamen Deutschland, die USA und Australien dazu, gebunden an die Erfolge einzelner Superfahrer wie Ullrich und Armstrong. Für Sportler aus anderen Ländern ist es immer noch sehr schwer, im Profibereich ganz nach vorne zu kommen. Es fehlt an der Jugendförderung und der Förderung des Amateurbereichs. Eine Profisportart braucht den entsprechenden Unterbau im Amateurbereich. Ansätze sind vorhanden, aber diese müssen auch konsequent verfolgt werden.
6. Eine letzte Frage: Wie sehen sie die Chance des Radsports in Zukunft auch gegen andere Sportarten wie Formel1 oder Fussball, die höhere Einschaltquoten haben, bestehen zu können?
- Ich sehe eine Chance darin, dem Sport ein internationaleres Flair zu geben. Ich bin nicht dafür, daß Traditionsveranstaltungen abgeschafft werden, aber ich möchte auf einen Rennkalender hinarbeiten, der neben traditionellen Rennen in Belgien, Frankreich, Italien auch hochklassige Veranstaltungen in Übersee, also Nord- und Südamerika, in Australien, Asien und auch Afrika anbietet.
Dem Fußball und der Formel 1 können wir nicht den Rang ablaufen, dazu fehlt uns einfach die finanzielle Basis, aber wir können unser Fundament verbreitern, indem wir international agieren und auch die Märkte zu bedienen versuchen, die fürs Radsportgeschehen derzeit noch weitestgehend brach liegen.
Ich wünsche mir, daß uns dieser Spagat zwischen Traditionspflege und Innovation gelingt!
Le Peloton dankt ihnen für dieses Gespräch.
- Ich danke Ihnen.
Nächste Ausgabe
-Paris-Nizza alle Berichte und Ergebnisse
-Portrait: Lance Armstrong
-Kolumnen von Laurent Jalabert und Floyd Landis
Ausgabe 1
Willkommen zur neuen Radsportsaison und willkommen bei einer neuen Radsportzeitung. „LePeloton“ wird regelmäßig erscheinen und sie immer auf den neuesten Stand in Sachen Radsport bringen. In dieser Ausgabe stellen wir ihnen die neuen Teams vor und Laurent Jalabert sowie Floyd Landis haben für sie sich die Teams genau angeguckt. „LePeloton“ wird im übrigen ein Rennen am Endeder Saisonveranstalten, wir werden ausführlich darüber berichten und mal hinter die Kulissen schauen. Jetzt aber viel Spaß bei der ersten Ausgabe!
Chefredakteur
Laurent Prétou
Teamvorschau
von Laurent Jalabert und Floyd Landis
Team Renault-West Vlaanderen
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J:Die französisch-belgische Equipe wird auf kleinere Tagesrennen und Etappensiege ausgerichtet sein. Bei den großen Klassikern und Rundfahrten hingegen werden sie kaum nennenswerte Erfolge einfahren. Einen echten Teamleader nennt man nicht sein Eigen, aber mit Voeckler und Geslin hat man zwei junge, talentierte Fahrer in seinen Reihen, die auf den großen Durchbruch warten.
L: Ein belgisch-französisches Team, das sein Augenmerk auf die Klassiker legen wird und bei dem kein eindeutiger Leader zu erkennen ist. Die Saison wird zeigen, ob das Projekt aufgeht und man Podiumsfahrer in den eigenen Reihen hat.
Team SIR
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J: Im Hochgebirge wird man das Team SIR selten vorne sehen. Viel mehr scheint man auf Eintagesrennen ausgerichtet zu sein. Mit dem Norweger Hushovd hat man einen der schnellsten Männer im Peloton, der zudem über herausragende Klassikerfähigkeiten verfügt. Desweiteren zu beachten sind Albasini, Elmiger, Moreni und Rast.
L: Einige junge Talente wurden verpflichtet, aber auch Siege will man holen: Das ist am ehesten von Thor Hushovd zu erwarten, der neben seiner Endschnelligkeit auch bei Klassikern gut zurechtkommt. Christian Moreni kann eventuell überraschen und sich vorne zeigen. Insgesamt ein Team für Sprinterfolge und kleinere Rundfahrten und Klassiker.
Team Commonwealth
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J: Auch hier gilt ähnliches wie beim Team SIR. O'Grady ist der nominelle Teamleader, der sowohl in Massensprints als auch Klassikern das Team anführen wird. Mit Barry, Hammond, Dean, Hunter und Wiggins stellt man ihm eine schlagkräftige Truppe zur Seite. Interessant dürfte das Comeback des Schotten Millars werden, dem ich nach seiner Dopingsperre allerdings keine großen Würfe zutraue.
L: Viele Stars fahren nicht in diesem Team, Stuart O’Grady, Robert Hunter und Roger Hammond können überraschen. Fraglich ist, ob David Millar ohne Doping zu alter Verfassung zurückfindet, wenn seine Sperre Ende Juni abläuft. Ein schwächeres Team, das sich bei kleineren Rundfahrten und Klassikern vorne zeigen kann.
Team Cabeza
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J: Die Basken setzen einmal mehr auf ihre Stärken am Berg. Der nominelle Kapitän ist Mayo, der nach seiner schwerwiegenden Virus-Infektion (Peiffersches Drüsenfieber) an seine starke '03er-Saison anzuknüpfen versucht. Ob er bis zur Tour schon wieder 100% fit sein wird, ist zweifelhaft, aber bei der heimischen Vuelta wird er zu beachten sein. Mit Colom und Arrieta hat er zuverlässige Helfer an seiner Seite. Für eine Überraschung gut sind die jungen Luis León Sanchez, Daniel Navarro und Carlos Barredo. Das Team wird seine Siege einfahren, vermehrt innerhalb der Landesgrenzen Spaniens.
L: Der Kapitän ist sicher Iban Mayo, der an das tolle Jahr 2003 endlich wieder anknüpfen will. Dazu hat er einige Helfer an die Seite gestellt bekommen, die stark auftrumpfen, aber auch gänzlich glanzlos bleiben können.
Macelleria Mamilii - Prosciutto di Parma
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J: Das mit Abstand jüngste Team im Peloton. Die Italiener bauen auf ihre hervorragende Nachwuchsförderung. Ballan, Chicchi, Napolitano und Riccò sind die vielleicht talentiertesten Fahrer. Ich erwarte sie besonders im Herbst der Saison in hervorragender Verfassung. Mit Casagrande hat man zudem einen erfahren Fuchs im Kader, der in seiner letzten Profisaison noch einmal das große Ziel Giro vor Augen hat. Man mag ihn als Geheimfavoriten für den Giro auf der Rechnung habe, in jedem Fall wird es seine letzte Chance sein und er wird diese zu nutzen wissen.
L: Für die italienische Equipe gilt dasselbe wie für das Team Commonwealth, man wird sich bei kleineren Rennen hervortun und für den Sponsor werben. Ob erfolgreich, kann man nicht vorhersagen, aber man hat sich viel vorgenommen.
Sonnenkraft - Wasserwerk
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J: Was soll man zu dieser Mannschaft sagen? Es ist das finanziell gewagte Projekt eines Energie-Millionärs - mehr nicht, nichts mehr. Cunego, Haussler, Schleck und Pereiro sind großartige Fahrer, die dem Lockruf des Geldes gefolgt sind. Ihr Bankkonto wird es freuen, aber ihre Palmarés nicht automatisch schmücken. Die Mannschaft ist für große Erfolge gut, aber man darf es ärgstens bezweifeln ob sie diese auch erreichen wird.
L:Vor einigen Jahren wäre ein afrikanisches Team in der höchsten Kategorie des Radsports noch undenkbar gewesen, auch heutzutage wurden viele vom Vorstoß des Simbabwischen Unternehmens überrascht, das viel Geld in die Mannschaft gesteckt hat. Damit konnte man neben vier Afrikanern große Namen wie Pereiro, Cunego oder Rujano verpflichten, Frank Schleck und Bernhard Eisel sind ebenfalls für Erfolge gut, Haussler und Lövkvist zweifellos sehr talentiert, doch bei ihnen muss man abwarten, was sie dieses Jahr bereits zu Stande bringen. Ein gewagtes Projekt mit spannender Zukunft.
Bodenheimer Rad+Sport
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J: Für mich das Topteam des Pelotons. Sie haben starke Sprinter, gute Kletterer, großartige Klassikerjäger und letzten Endes wird man sie auch bei den drei großen Landesrundfahrten vorne zu erwarten haben. Bettini ist der stärkste Klassikerfahrer seit Johann Museeuw und wird auch heuer wieder das Maß aller Dinge sein, wenn ein Sieger der Ronde oder Doyenne gesucht wird. Zusammen mit Vinokourov bildet er die vielleicht stärkste Doppelspitze des Pelotons. Der Kasache steuert dem goldenen Herbst seiner Karriere zu und in meinen Augen ist er der heißeste Anwärter, Armstrong vom Tour-Thron zu stürzen. Was jedoch Petacchi ohne seinen viel zitierten blauen Express ausrichten kann, bleibt zweifelhaft.
L: Eines der stärksten Teams dieser Saison, mit Bettini, Vinokurov und Petacchi besitzt man fast auf jedem Terrain Top-Fahrer. Servais Knaven kann bei den Kopfsteinpflasterklassikern vorne mitfahren, die Helfer für einen Tour-Sieg, den Vinokurov holen kann, sind da: Ardila, Parra und Rubiera sind hervorzuheben. Man kann sich auf viele Sieger in orangefarbenen Bodenheimer-Trikots vorbereiten.
Mr. Wooper - Peppo Cycling
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J: Man mag es kaum glauben, aber das einzige amerikanische Team im Profizirkus ist ohne Armstrong. Heras und Hamilton waren der lebende Beweis, dass Ex-Armstrong-Adjutanten die großen Erwartungen, die man in sie steckte, nicht erfüllen konnten. So wird es auch Hincapie, Landis und Zabriskie ergehen. Voigt, Celestino und Valjavec sind nicht mehr die jüngsten und so bleiben lediglich die talentierten Spanier Koldo Gil und Alejandro Valverde. Valverde ist neben Vinokourov vielleicht der einzige, dem es zuzutrauen ist Armstrong bei der Tour zu schlagen, aber er und Koldo Gil werden vom us-amerikanischen Sponsor us-amerikanische Kapitäne vor die Nase gesetzt bekommen. Für Valverde ist es die vertane Chance seiner Karriere.
L: Auch meine Mannschaft ist gut aufgestellt: George Hincapie und Jens Voigt sind Allrounder, die besonders im Frühjahr auftrumpfen sollen, Alejandro Valverde wird mit mir um vordere Tour-Plätze mitfahren. Marcos Serrano kann ebenfalls im hügeligen Gelände oder im Hochgebirge vorne mitfahren, die Unterstützung ist mit Celestino, Gil, Valjavec, van Bon und Vila gesichert. Für Sprints ist Robert Förster vorgesehen, der immer vorne mitmischen kann. Uns steht hoffentlich eine erfolgreiche Saison bevor.
Zamano-Blazewski – Bicycleteam
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J:Armstrong. Mit diesem einen Wort könnte man die Mannschaft charakterisieren. Der Texaner ist der unumstrittene Leader. Mit Boonen, Popovych und Gusev hat er drei seiner jungen Schüler im polnischen Team wieder vereint. Dazu kommt die starke Helfergarde, die man von Armstrong-Teams seit jeher gewohnt ist. Der erneute Toursieg des Texaners wird das auserkorene Saisonziel sein, der Rest des Teams wird zudem von Februar bis September Erfolge einfahren.
L:Das Hauptziel des Teams ist der Sieg bei der Tour mit dem Rückkehrer Lance Armstrong, der zum achten Mal den Gegnern sein Hinterrad zeigen will. Mit Jaroslav Popovych und Cadel Evans hat er prominente Unterstützung, die auch bei anderen Rundfahrten auf sich aufmerksam machen wird. Tom Boonen wird sich in Sprints und bei den Frühjahrsklassikern vorne zeigen, Davide Rebellin soll sein Hauptaugenmerk auf die Ardennen legen. Ein Top-Team, das in jedem Bereich Siege holen kann.
L'Equipe Fossier - "Pecunia non olet"
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J: Zu guter letzt die französische Equipe. Wenn man einen Teamkapitän ausmachen will, ist dies der Spanier Freire. Er wird wieder einmal die klassischen Rennen im Frühjahr zum Ziel haben und sich in der zweiten Saisonhälfte auf Vuelta und Weltmeisterschaften konzentrieren. Mit Vicioso, Pineau, Gilbert und Barbosa stellt man ihm eine starke Truppe zur Verfügung. Es bleibt zu hoffen, dass man diesen auch die Chance geben wird auf eigene Rechnung zu fahren. Was Karpets und Garcia Quesada bei den Rundfahrten, im besonderen Giro bzw. Vuelta, ausrichten können, muss man abwarten. Äußerst interessant wird der Einstieg des deutschen Erik Zabels als sportlicher Leiter zu beobachten sein.
L:Mit Erik Zabel leitet ein ehemaliger Top-Sprinter dieses Team, er will seinem früheren Konkurrenten Oscar Freire zu Siegen verhelfen. Sylvain Chavanel bekommt seine vielleicht letzte Chance, ein großer seiner Zunft zu werden, die Unbekannte heißt Martin Pedersen, ein talentierter Däne ohne bisherige Erfolge. Diese hat Christophe Rinero aufzuweisen, ob er sie jedoch wiederholen kann, bleibt abzuwarten. Vladimir Karpets könnte bei einer großen Rundfahrt unter die besten Zehn fahren.
FAZIT (von Floyd Landis):
Insgesamt steht uns eine spannende Saison bevor, bei der es auf keinem Terrain absolute Favoriten gibt, von denen man erwartet, dass sie die Konkurrenz in Grund und Boden fahren. Eine Prognose über Sieger und Geschlagene ist extrem schwierig, alles kann passieren.
Meldungen
von Laurent Prétou
Der Afrikaner Brighton Kasecha ist bei einer Trainigsfahrt in Afrika schwer gestürzt, er wird voraussichtlich erst in 6 Monaten wieder ins Renngeschenen einsteigen können.
Interview
mit Robert Millar
1.Ersteinmal etwas persönliches Herr Millar: Ist ihnen der Wechsel vom Organisationskomitée der Tour of Britain zur Rennleitung der ProTour leicht gefallen, oder haben sie überlegt in Großbritannien zu bleiben?
- Ich wäre gerne in GB geblieben. Dort ist meine Familie und die ist mir viel wert. Aber letzten Endes waren es meine Frau und meine Kinder, die mir zugeredet haben, zu wechseln.
2. Gab es bei der Vergabe der Lizenzen irgendwelche Probleme?
- Nein. Alle Teams haben finanziell solide Konzepte vorgelegt und sämtliche Vorgaben der UCI erfüllt.
3. Was erwarten sie sich von dieser Saison?
- Zu allererst wünsche ich mir eine saubere und skandalfreie Saison. Auch die Spannung sollte nicht zu kurz kommen. Die Teams sind sehr gut besetzt, so daß alles in allem auch großes Interesse beim Publikum entstehen sollte.
4. Was betracheten sie als die wichtigsten Aufgaben in ihrer Amtszeit?
- Nun, der gesamte Profiradsport ist in den letzten Jahren etwas in Verruf gekommen. Daran ist auch der Verband nicht ganz unschuldig gewesen. In diesem Jahr ist es wichtig, daß der Verband sich professionell präsentiert. Wer von den Teams eine professionelle Einstellung erwartet, darf als Dachverband nicht mit ehrenamtlichen Hobby-Funktionären antreten.
5. Was sind ihrer Meinung nach die größten Missstände zur Zeit im Profiradsport?
- Wie gesagt, es ist zum einen die mangelhafte professionelle Struktur vieler Verbände. Sie müssen mal überlegen, daß Radsport neben Boxen und Ringen eine der ältesten Profisportarten ist. In den letzten zwei Jahrzehnten kam die zunehmende Kommerzialisierung hinzu. Die Träger und Sponsoren der Profiteams waren plötzlich keine Firmen mehr, die direkt mit Fahrradbau oder Zubehör zu tun hatten, sondern z.T. Weltkonzerne.
Dieser Entwicklung konnte der Dachverband bisher nicht richtig Rechnung tragen. Hier fand Funktionärsklüngel statt. Die UCI-Präsidenten waren Alleinherrscher und weitestgehend unantastbar. Erst in jüngster Vergangenheit hat hier ein Umdenken stattgefunden.
Zum anderen sehe ich einen Mißstand darin, daß Radsport immer noch eine Sache der sogenannten Radsportnationen ist. Italien, Frankreich, Spanien, Belgien. Diese vier Länder stellen die meisten Aktiven. Erst in letzter Zeit kamen Deutschland, die USA und Australien dazu, gebunden an die Erfolge einzelner Superfahrer wie Ullrich und Armstrong. Für Sportler aus anderen Ländern ist es immer noch sehr schwer, im Profibereich ganz nach vorne zu kommen. Es fehlt an der Jugendförderung und der Förderung des Amateurbereichs. Eine Profisportart braucht den entsprechenden Unterbau im Amateurbereich. Ansätze sind vorhanden, aber diese müssen auch konsequent verfolgt werden.
6. Eine letzte Frage: Wie sehen sie die Chance des Radsports in Zukunft auch gegen andere Sportarten wie Formel1 oder Fussball, die höhere Einschaltquoten haben, bestehen zu können?
- Ich sehe eine Chance darin, dem Sport ein internationaleres Flair zu geben. Ich bin nicht dafür, daß Traditionsveranstaltungen abgeschafft werden, aber ich möchte auf einen Rennkalender hinarbeiten, der neben traditionellen Rennen in Belgien, Frankreich, Italien auch hochklassige Veranstaltungen in Übersee, also Nord- und Südamerika, in Australien, Asien und auch Afrika anbietet.
Dem Fußball und der Formel 1 können wir nicht den Rang ablaufen, dazu fehlt uns einfach die finanzielle Basis, aber wir können unser Fundament verbreitern, indem wir international agieren und auch die Märkte zu bedienen versuchen, die fürs Radsportgeschehen derzeit noch weitestgehend brach liegen.
Ich wünsche mir, daß uns dieser Spagat zwischen Traditionspflege und Innovation gelingt!
Le Peloton dankt ihnen für dieses Gespräch.
- Ich danke Ihnen.
Nächste Ausgabe
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-Portrait: Lance Armstrong
-Kolumnen von Laurent Jalabert und Floyd Landis