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Lyon, "Café aux promenades"

Verfasst: 10.2.2006 - 12:36
von ETXE
Der Termin in St. Étienne hatte gar nicht so sehr lange gedauert. Das Wichtigste würde man eh in drei Tagen in Nizza besprechen.

Von St. Étienne bis Lyon war ja nur ein Katzensprung, somit war Robert relativ früh bei Philippe in dessen schickem Café. Man sah, daß immer noch der Radsport eine große Rolle für Philippe spielte.
Man freute sich, als man sich wieder sah. Zwar waren die Jahre an keinem der beiden spurlos vorüber gegangen, aber im Prinzip waren beide noch ganz gut in Form.
Der Chef des Cafés überließ seinen Angestellten den Ausschank und kümmerte sich zunächst nur um seinen schottischen Gast. Als Philippe 1981 zum Team kam, waren beide nur Wasserträger, wenngleich Robert als Mann für die Berge andere Aufgaben zugewiesen bekam als Martinez. Robert Millar sollte v.a. dem Australier Phil Anderson über die Berge helfen, manchmal auch Stephen Roche unterstützen, während Philippe Martinez eher der persönliche Adjutant von Duclos-Lassalle oder Jean-René Bernaudeau war. Bernaudeau würde in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiern, und das während der Tour de France. Man nahm sich vor, ihm eine Riesenüberraschung zu bieten.

Schließlich wandte man sich wieder der Gegenwart zu. Philippe gratulierte Robert zu dessen überraschender Ernennung zum Ober-Rennleiter. So verging die Zeit sehr schnell. Bald wäre es Zeit für Monsieur Prétou...

Verfasst: 10.2.2006 - 14:22
von José Miguel
Das Café aux promenades machte einen ähnlichen guten Eindruck wie Tage zuvor das Café am Notre Dame. Als Laurent Millar erblickte, saß dieser bereits im Café und schien es sich schon bereits ein bißchen gemütlich gemacht zu haben. Gut, bei angenehmer Stimmung würden die Verhandlungen bestimmt sehr gut verlaufen. Als er sich setzte, bestellte er schnell einen Kaffee und erkundigte sich nach Millars bisherigem Aufenthalt: Wie verlief ihr Termin in St. Étienne? Ich hoffe doch gut, denn mit einem guten Gewissen lässt es sich gut über Geschäftliches reden.

Verfasst: 10.2.2006 - 14:46
von ETXE
"Monsieur Prétou, nehme ich an!? St. Étienne verlief zufrieden stellend. Wenn der Winter in diesem Jahr nicht wieder so lange dauert wie im letzten, dann denke ich, daß es eine sehr schöne Fernfahrt Paris-Nizza geben wird! Wegweisend für eine schöne und spannende Saison."

Robert orderte einen Café au lait (Prétou war bereits versorgt), ehe er versuchte, auf den Punkt zu kommen:
"Ich hoffe, es hat Ihnen nicht allzu viel Mühe gemacht, hierher zu kommen? Also, Ihre Zeitung möchte ein Kriterium veranstalten? Wie haben Sie sich das vorgestellt? Ein Einladungsrennen? Mehrere Etappen? Und, was am wichtigsten ist, wann und wo sollte das Rennen stattfinden?
Entschuldigen Sie meine Fragen-Kaskade, aber das sind kurz gesagt die zunächst wichtigsten Punkte."

Verfasst: 10.2.2006 - 15:18
von José Miguel
Ich, besser gesagt mein Verlag, möchte ein Kriterium veranstalten. Wir hatten dabei an ein ca. 90 Km langes Rundstreckenrennen gedacht, entweder in Grenoble, also nicht weit von hier, oder in einem Vortort von Paris. Wir wollen den Radsport wieder näher an die Menschen bringen, Hochleistungssport zum Anfassen, wenn man so will. Wir hatten uns überlegt das jedes Team Vier fahrer schickt, möglichst natürlich die erfolgreichen oder bekannten. Wir werden natürlich ein relativ hohes Preisgeld ausschreiben, sodass es für viele Teams sich finanziell lohnen wird. Die Zeitschrift "Le Peloton" sollte natürlich im Namen des Rennens vorkommen, wir brauchen nämlich erstmal massig Werbung, damit sich die Zeitschrift auch verkauft. Das sind unsere groben Vortstellungen, wenn sie Änderungen als Bedingung für die Aufnahme in den Rennkalender haben sollten, sind wir natürlich offen für alles.

Laurent beendete seine Ausführungen und war gespannt auf Millars Reaktion.

Verfasst: 10.2.2006 - 15:46
von ETXE
"Ein echtes Kirmesrennen" dachte Millar unweigerlich. Aber solche Rennen waren wichtig. Für die Fahrer, da sie hier im Vergleich zu den offiziellen Rennen relativ leicht Geld verdienen konnten, für die Zuschauer, da ihnen "Radsport zum Anfassen" geboten wurde und letzten Endes auch für die Veranstalter aus den Gründen, die Prétou erwähnt hatte.

"Nun, von meiner Seite aus steht einem solchen Kriterium nichts im Wege, sofern es nicht mit dem ProTour-Kalender zu sehr kollidiert.
Meinen Segen haben Sie! Bliebe noch die Frage, wann das Rennen stattfinden soll? Erfahrungsgemäß bieten sich die Sommermonate an, da es im Sommer einfach länger hell ist, ein Rennen also auch zu späterer Stunde stattfinden könnte. Kurz nach einer GT wäre sicherlich ein guter Termin? Im Herbst wäre es auch nicht schlecht, denn zu dem Zeitpunkt stehen die Gewinner der wichtigsten Rennen bereits fest und man könnte sie gegeneinander fahren lassen.
Zum Saisonbeginn wäre wohl für Ihren Verlag ein guter Zeitpunkt, da Sie dann bereits sehr früh Werbung für sich machen könnten. Allerdings weiß man dann noch nicht, wer die Stars der Saison sein werden...
Sie werden sich aber bestimmt schon Gedanken gemacht haben, wann das Rennen stattfinden soll!?"

Verfasst: 10.2.2006 - 15:56
von José Miguel
Ich tendiere eher zu einem termin im Sommer. Zum Einen könnte man, wie sie bereits gesagt haben, das Rennen etwas später stattfinden lassen um es so noch attraktiver zu machen, zum Anderen ließe sich dann noch der Rest der Saison für die Vermarktungszwecke der Zeitung nutzen und ein paar Stars von den bisherigen Rennen würden auch noch mehr Zuschauer anlocken. Würde sich denn zu der Zeit ein Termin nach einer Rundfahrt anbieten?

Verfasst: 10.2.2006 - 16:14
von ETXE
Robrt schaltete sein Notebook ein und ließ sich den Rennkalender anzeigen:
Rennkalender hat geschrieben:04.-11.06. Critérium du Dauphiné Libéré {F}
10.-18.06. Tour de Suisse {CH}
18.06.'06 Team-Time-Trial - Eindhoven {NL}
------------------------------------------------
01.-23.07. TOUR DE FRANCE {F}
30.07.'06 Cyclassics Hamburg {D}
------------------------------------------------
01.-09.08. Deutschland-Tour {D}
12.08.'06 Clásica Ciclista San Sebastian {E}
"Schauen Sie, Monsieur Prétou! Dies sind die ProTour-Termine. Im Grunde gäbe es etliche Möglichkeiten. Z.B. zwischen Tour de Suisse und Tour de France. Allerdings mögen viele Fahrer kurz vor der Tour nicht mehr an Kriterien teilnehmen, u.a. wegen der Verletzungsgefahr.
Bliebe ein Termin kurz nach der Tour! Wie wäre es mit dem 26. Juli? Das ist ein Mittwoch, in Frankreich sind noch Ferien, es sind etliche Touristen im Land und es ist unwahrscheinlich, daß das Wetter richtig schlecht ist."

Verfasst: 10.2.2006 - 16:35
von José Miguel
Ja, das klingt mir sehr überzeugend, ich bin also soweit damit einverstanden und auch der Verlag wird wohl keinerlei Einwände erheben. Da die Tour in Paris ja zu Ende geht würde ich vorschlagen das Rennen in Grenoble stattfinden zu lassen, da die Bürger von Paris in Bezug auf Radrennen ersteinmal gesättigt sein dürften, von den erneuten Verkehrsbehinderungen ganz zu schweigen. Was meinen Sie?

Verfasst: 10.2.2006 - 17:17
von ETXE
"Das klingt sehr gut. Ich stimme mit Ihnen überein, daß so kurz nach der Tour ein Rennen in Paris unmöglich sein dürfte. Außerdem ist Grenoble ja auch eine Art Radsportzentrum.
Ich darf dann den Termin in den Veranstaltungskalender aufnehmen? Falls es Probleme oder Fragen geben sollte, dürfen Sie sich selbstverständlich an mein Sekretariat oder direkt an mich wenden!"


Robert sah auf die Uhr und stellte fest, daß ihr Gespräch doch länger gedauert hatte als vermutet. Er verspürte erste Hungergefühle.

"Monsieur Prétou, möchten Sie vielleicht noch etwas essen? Monsieur Martinez sagte mir, daß die Küche hier ausgezeichnet sei, wenngleich es nur 'Finger Food' gibt, wie wir Briten das nennen."

Verfasst: 10.2.2006 - 17:24
von José Miguel
Gut, ich habe nichts dagegen wenn sie as Rennen in den Kalender aufnehmen, es dürfte sich ja nicht mehr so viel verändern.

Auch Laurent verspürte ein gewisses Hungergefühl, er hatte während der reise und er Stadtrndfahrt bisher nichts gegessen.

Ja, ich bin sehr ebenfalls sehr hungrig, außerdem habe ich nichts gegen Fingerfood

Verfasst: 10.2.2006 - 17:35
von ETXE
"Gut, ich rufe den Chef persönlich!" Robert winkte Martinez zu, als dieser verstohlen herüber sah. Philippe kam sofort.
"Darf ich die Herren zunächst bekannt machen? Philippe, dies ist Laurent Prétou, Redakteur beim 'Peloton'. Monsieur Prétou, Philippe Martinez, ein früherer Kollege von mir. Wir haben im selben Team mit dem Profiradsport angefangen. Monsieur Marinez war die rechte Hand von Bernaudeau, Pascal Simon und Gilbert Duclos-Lassalle!"

Die beiden begrüssten sich kurz, dann fuhr Millar fort:
"Philippe, kannst du uns ein gutes, leichtes Essen empfehlen?" Er konnte und bald darauf stand eine riesige Platte mit besten 'Häppchen' auf dem Tisch. Ein Kellner fragte, was sie trinken wollten.
"Ich nur ein großes Wasser. Von Wein habe ich leider nicht sehr viel Ahnung. Aber wahrscheinlich kennen Sie sich ja besser aus, Monsieur Prétou?"

Verfasst: 10.2.2006 - 17:56
von José Miguel
Martinez war Laurent sofort sympathisch, natürlich kannte Laurent ihn, schließlich hatte er oft genug von ihm berichtet, aber einen Profi außerhalb eines Wettkampfes bewusst zu begegnen war schon noch etwas anderes.

Vielleicht haben sie einen Tropfen aus den Savoyer Alpen? Wenn nicht, nehme ich einen trockenen Weißwein.

Laurent staunte was Martinez unter "Häppchen" verstand, aber solange es schmeckte, war die Menge kein Problem.

Verfasst: 11.2.2006 - 23:19
von José Miguel
Als Laurent und Robert zu Ende gegessen hatten und noch ein bißchen Smalltalk betrieben hatten, wurde es für Laurent Zeit wieder aufzubrechen, er musste noch ein paar Gespräche wegen des Sponsorings führen und auch mal so langsam anzufangen seiner eigentlichen Arbeit, dem Journalismus, nachzugehen. Er erhob sich und schüttelte Millar die Hand und sagte: "Es war mir ein großes Vergnügen mit ihnen hier sitzen zu dürfen und das Essen genießen zu können. Ich danke ihnen für ihre Bereitwilligkeit in Bezug auf das Kriterium, doch jetzt muss ich mich leider verabschieden, wenn sie nichts dagagen haben, in Paris warten noch einige Gespräche auf mich."

Verfasst: 12.2.2006 - 15:23
von ETXE
"Ich danke Ihnen, Monsieur Prétou, und ich drücke Ihnen die Daumen, daß das Kriterium Ihren Vorstellungen entsprechend stattfinden kann und ein großer Erfolg wird!
Ich habe großen Respekt vor Leuten wie Ihnen, die sich so für unseren Sport einsetzen. Schönen Dank und gute Fahrt!"
konnte Robert gerade noch sagen, ehe sein Handy klingelte (er hatte tatsächlich vergessen, es zum Essen auszuschalten!).

Verfasst: 12.2.2006 - 15:42
von José Miguel
Ich habe zu danken. Ich werde bezüglich des Kriteriums sie weiter über die genaueren Planungen unterrichten, sagte Laurent und verabschiedete sich. Jetzt musste er schnell zum Zug, denn Paris wartete eine ganze Menge Arbeit auf ihn, die genaue Planung des Kriteriums und die Verhandlungen mit diversen Teams über Sponsorenverträge und dann stand noch die Saisonvorschau an, eine arbeitsreiche Woche also.

Verfasst: 15.2.2006 - 17:44
von ETXE
Nachdem Prétou verschwunden war, konnte sich Robert wieder seinem Ex-Kollegen und gutem Freund Philippe Martinez widmen. Der Abend wurde noch sehr, sehr lang. Philippe hatte interessante Getränke in seiner Bar und Robert hatte sich nicht lumpen lassen und einen echten 'Single Malt' aus Islay mitgebracht.

"Bloß nicht dieses gepanschte Gesöff aus Kilmarnock, egal, ob es im roten oder schwarzen Gewande daherkommt!" klärte er Philippe gerade über die eigentliche Religion der Schotten auf. Gleichzeitig stellte er fest, daß es doch langsam an der Zeit wäre, sein Hotelzimmer aufzusuchen. Zum Glück befand sich das Hotel in der direkten Nachbarschaft von Philippes Café.

Martinez hatte für den kommenden Tag eine 'Rad-Tour' durch Lyon geplant. Da konnte ein Hangover nur schädlich sein...