Dumbarton bei Glasgow, Schottland, eines Morgens:
Robert Millar, der erfolgreichste schottische (und britische) Radsportler aller Zeiten, zuletzt Mit-Organisator der Tour of Britain, hatte soeben sein Frühstück beendet und sich einen wunderbaren löslichen Kaffee zubereitet. Er hasste Tee, obwohl er seiner Frau zuliebe zum Frühstück meist Tee trank. Anschließend brauchte er aber immer noch einen Kaffee, um für den Tag auf Schwung zu kommen.
Er war zwar seit mehr als 10 Jahren kein Radprofi mehr, dennoch fuhr er jeden Vormittag, so sich das einrichten ließ, eine Runde mit "seinem" Rennrad. Mit einem Rad dieser Marke hatte er einmal die Bergwertung bei der Tour de France gewonnen und war Gesamt-Vierter der Tour geworden. Er war zu jener Zeit einer der besten Kletterer der Welt. Leider hatte in seiner schottischen Heimat kaum jemand zur Kenntnis genommen, daß so etwas wie Radsport überhaupt existierte. Aber Robert war bereits in jungen Jahren nach Frankreich gegangen, um Radprofi zu werden. Dort war er mit den Großen gefahren. Er erinnerte sich an Lucien van Impe, den verschmitzten kleinen Belgier, mit dem er sich in den Pyrenäen große Schlachten geliefert hatte, oder an Laurent Fignon, den radelnden Tierarzt, den er sehr schätzte, da er nie im Radsport den Sinn des Lebens gesehen hatte.
Greg LeMond kam ihm in den Sinn. Der Ami war mal weg vom Fenster, da er eine Schrotladung in den Allerwertesten bekommen hatte, aber er kam wieder und gewann noch zweimal die Tour. Schließlich dachte er an die Spanier. Zuerst Pedro Delgado, welcher der erste Radsport-Millionär wurde, dann Miguel Indurain, ein ebenso starker wie besonnener "Patron" im Feld. Schließlich fiel ihm sein eigener letzter großer Auftritt ein. Es ging nach Isola 2000. Am Col de la Bonette hatte er attackiert. Er war der dritte und bislang letzte, der diesen höchsten Alpenpass Frankreichs als Erster überquert hatte. In Isola trat dann Tony Rominger unwiderstehlich an. Robert hatte keine Chance mehr.
Ein Fax traf ein:
Sehr geehrter Mr. Millar!
Bezüglich Ihrer Anfrage zur nächsten "Tour of Britain" möchten wir Ihnen ein weitergehendes Angebot unterbreiten.
Aufgrund Ihrer hervorragenden organisatorischen Leistungen bei den letzten britischen Rundfahrten scheinen Sie der richtige Mann zu sein, die neu geschaffene Stelle des Race-Managers bei der ProTour einzunehmen. Unser Vertragsangebot beläuft sich zunächst auf ein Jahr, mit der Option, um weitere zwei Jahre zu verlängern.
Sollten Sie noch weitere Fragen haben, melden Sie sich bitte unter den im Schreiben angegebenen Telefon- und Faxnummern oder unter der eMail-Adresse management@uci.com.
In Erwartung Ihrer Antwort
Mit freundlichen Grüssen
i.A. Natalie ********
Sekretariat der UCI-Geschäftsführung
Robert Millar war erstaunt. Im Grunde hatte er nur eine Anfrage an die UCI gerichtet, ob die Tour of Britain 2006 eine bessere Einstufung bekäme und ob zwei neue Rennen in Schottland Aufnahme in den neuen Saisonkalender finden würden.
Seit mehreren Jahren arbeitete Robert bereits für die Gesellschaft, die Radrennen in Großbritannien organisierte und machte dabei einen guten Job, wie er fand. Daß sein Ruf als Rennorganisator allerdings so weite Kreise ziehen könnte, war ihm nicht klar gewesen?
Er rief sofort bei seiner Frau an, die hier in Dumbarton als Lehrerin arbeitete. Zum Glück war gerade Pause. Sie sagte, bei solchen Angeboten solle man sofort zugreifen, sie habe nichts dagegen (vermutlich freute sie sich, daß ihr Mann dann nicht mehr soviel zuhause 'rumhängen' würde ).
In der Hoffnung, daß er von der UCI nicht den Schleudersitz angeboten bekam, wählte er eine der angegebenen Telefonnummern...