Also arkon, deine Fragen zu beantworten ist äußerst schwierig, weil gerade das Vertragsrecht (und das Arbeitsvertragrecht im Besonderen) ein sehr komplexes Thema ist.
Also erstmal gilt der Leitsatz des römischen Rechts: pacta sunt servanda, also Verträge müssen eingehalten werden. Dass das nur der Leitsatz ist und es viele Ausnahmen zu dieser Regel gibt, dürfte allen klar sein.
Weiterhin richtig ist auch, dass ein Vertrag, bloß weil er zum Abschluss kommt, noch lange nicht rechtmäßig sein muss. Dafür muss man wissen, dass in deutschem Recht das Trennungs- und Abstraktionsprinzip gilt. Das heißt ein Vertrag ist nur ein Verpflichtungsgeschäft, aus dem sich die Verfügungsgeschäfte ableiten. Diese Verfügungsgeschäfte können unabhängig voneinander wirksam sein.
Einfaches Beispiel aus dem Kaufvertragsrecht: Ein beschränkt Geschäftsfähiger (Minderjähriger nach der Vollendung des 7. Lebensjahres) geht in einen Laden und kauft ohne das Wissen seiner Eltern einen Lutscher für 10 Cent.
Dabei ist ein Kaufvertrag zustande gekommen zwischen dem Verkäufer und dem Minderjährigen. Eigentlich nichts dabei, gibt es jeden Tag zig Mal. Der Vertrag als solches, bildet aber nur einen gewissen Rahmen. Der sagt nämlich nur aus, dass der Verkäufer sich verpflichtet, den Lutscher zu übereignen (frei von Sachmängeln
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) und das Kind wird verpflichtet, dem Verkäufer den Kaufpreis zu bezahlen. Der Kaufvertrag ist aber schwebend unwirksam, weil die Eltern (oder die gesetzlichen Vertreter) nicht in das Rechtsgeschäft ihres Kindes eingewilligt haben (das ist aber nicht der einzige Grund). Somit ist kein wirksamer Vertrag zustande gekommen.
Das ist ein Vertrag, mehr passiert da noch nicht. Nun greift die Abstraktion, die Übereignung des Lutschers und des Geldes sind wieder 2 unterschiedliche Rechtsgeschäfte.
Der Clou: Die Übereignung des Geldes vom Kind an den Verkäufer war unrechtmäßig. Der Verkäufer ist also Besitzer des Geldes geworden, aber nicht Eigentümer, da das Kind ohne Einwilligung seiner Eltern gehandelt hat und die Übereignung des Eigentums einen rechtlichen Nachteil darstellt. Somit müsste der Verkäufer das Geld zurückgeben.
Der wirkliche Clou
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:Das Kind ist auf den ersten Blick aber sehr wohl rechtmäßiger Eigentümer des Lutschers geworden. Dies ist eine andere Übereignung. Hier hat das Kind nur etwas erhalten, also keinen rechtlichen Nachteil (es sei denn mit dem Erhalt wäre eine Pflicht entstanden, ein Kredit oder ähnliches). Da das Geschäft keinen rechtl. Nachteil mit sich bringt, ist eine Einwilligung der Eltern nicht erforderlich. Somit ist es offensichtlich rechtmäßiger Eigentümer und Besitzer des Lutschers.
Natürlich muss das Kind den Lutscher trotzdem herausgeben, weil der Kaufvertrag unwirksam ist. Dies ist aber in einer anderen Norm zu prüfen. Übrigens kann der Verkäufer nicht einfach irgendwelche 10 Cent herausgeben, es muss genau das 10Cent-Stück sein, welches er vom Kind erhalten hat. Man braucht 3 Paragraphen um über die Vermischung, über die Verbindung von beweglichen Sachen, bis zum Wertersatz einen Anspruch auf Herausgabe des Geldwertes ableitet.
Warum schreibe ich das alles? Um zu zeigen, dass schon so eine banale Alltagssituation eines kleinen Kaufvertrages über 10Cent, eine 2-seitige Verpflichtung, einiges an Denkarbeit und Dogmatik erfordert. Wenn man sich jetzt vorstellt, dass ein Arbeitsvertrag über unheimlich viele Normen und auch ungeschriebenen Verpflichtungen führt, dann kann man sich vorstellen, dass es jetzt hier sehr schwer wäre darüber großartige was zu schreiben.
Zumal ich mich nicht im Geringsten mit Sportlerverträgen auseinandergesetzt habe, ich habe noch nie einen gesehen.
Ich habe keine Ahnung, ob die sich verpflichten, keinen Schaden ihrer Firma (die Firma=Inhaber der Teamlizenz) zuzufügen oder sonstwas.
Erstmal zu den Fahrerverträgen mit den Teams:
Im Radsport stelle ich mir das eigentlich so vor, dass man ja einen Vertrag abschließt, der vorsieht, dass man Rennen fährt, vllt sogar eine vorgeschriebene Mindestanzahl oder sowas, keine Ahnung. Aber das aktive Teilnehmen an Wettbewerben müsste irgendwie verankert sein. Wenn jetzt ein vermutlicher Doper (Schumacher z.B.) bei dem Lizenzhalter vom Team Quik.Step einen Vertrag abschließt über 2 Jahre und dann 2 Wochen später herauskommt, dass er wegen Dopings gesperrt wird, kann das Team den Vertrag auflösen.
Das kann man vllt ungefähr damit vergleichen, dass eine Firma wie Siemens einen Buchhalter sucht, einen findet, mit dem einen Arbeitsvertrag schließt und sich dann herausstellt, dass der auf Zahlen allergisch reagiert und nichtmal die Grundrechenarten beherrscht. In so einem Fall muss der Vertrag ja anfechtbar sein. Eine Täuschung liegt vor, Siemens hätte den Vertrag nie angeboten, wenn sie gewusst hätten, dass der vermeintliche Buchhalter über keine Qualifikation verfügt.
Im Radsport wird das so sein, dass wenn es zu einer Sperre eines Fahrers kommt, dieser ja nicht mehr den Vertrag mit dem Lizennehmer erfüllen kann, weil er keine Rennen mehr fahren darf.
Somit kann auch hier der Vertrag aufgelöst werden.
Aber ich glaube, deine Frage bezog sich eher darauf, auf welcher vertraglichen Grundlage die UCI oder die NADA die Fahrer verurteilt?!
Das weiß ich schlicht nicht, dafür kenne ich mich mit der Administration im Radsport zu wenig aus.
Aber ich denke mir folgendes: Die UCI hat die Schirmherrschaft über den professionellen Radsport. Sie verleiht den nationalen Radsportorganisationen, die ihr unterstellt sind, die Autonomie, Rennlizenzen/Profilizenzen zu vergeben (deshalb kann der Fahrer auch nur dort "angeklagt" werden, woher er die Rennlizenz bezieht).
Um eine derartige Profilizenz zu erhalten, werden die Fahrer wohl die AGB der UCI als administrative Dachorganisation akzeptieren müssen. Also schließen sie, wie arkon wohl richtig vermutet, einen Vertrag mit der UCI. Profilizenz gegen Geld unter der Einhaltung bestimmter Regeln (AGB).
Nun weiß ich nicht, ob in diesen AGB bereits Klauseln enthalten sind, die eine Sanktionierungsandrohung beim Nachweis verbotener Substanzen rechtlich begründen.
Das halte ich aber für eher wahrscheinlich, aber genau kann ich das nicht sagen. Damit gäbe es eine zentrale Doping-Richtlinie und das ist besser, als wenn jeder national sein eigenes Süppchen kochen könnte.
ABER: Ganz offensichtlich unterliegen die Sportler der Gerichtsbarkeit der jeweiligen nationalen Sportverbände. In Deutschland wäre das also der BDR. Dieser BDR arbeitet wohl eng mit der NADA in Deutschland zusammen. Das heißt, der BDR beauftragt die NADA mit der operativen Überwachung und Kontrolle von Testwerten der Mitglieder des BDR. Wenn ein Verstoß gegen die von der UCI festgelegten (weil zentral geregelten) Höchstwerte bei Substanzen festgestellt werden, dann übermittelt offensichtlich (alles ohne Gewähr, aber so würde das für mich am meisten Sinn ergeben) die NADA den Verstoß an den BDR, dieser dann an die UCI, welche dann wiederum den BDR bittet, ein Lizenzentzugverfahren einzuleiten. In diesem wird dann geprüft, ob der Sportler gegen geltende Regeln des Dachverbandes UCI verstoßen hat und wird bei Erfüllung dann sanktioniert.
Jetzt kommen wir zum Spannenden: Diese Sanktionen müssen in den Zentralen Leitlinien der UCI (also auch in den AGB) auftauchen. Sonst könnte jeder nationale Spitzenverband sich seine eigenen Sanktionen ausdenken. Wer diese Sanktionen festlegt weiß ich nicht, irgendwelche Leute der UCI wahrscheinlich.
Da die Richtlinien der UCI natürlich nicht mit Gesetzen gleichgestellt werden können, dürfen sie nicht gegen geltendes Recht verstoßen. Das ist auch der Grund, warum die UCI nicht selbst Verfahren einleiten kann. Wo könnte der Sportler denn dann noch zivilrechtlich klagen? Oder sogar verfassungsrechtlich? (Denn bei sehr langen Berufsverboten kommt man vllt schon ins Verfassungsrecht rein). Denn ein weltweites Recht gibt es in dem Sinne nicht. (Völkerrechtlich gibt es im Radsport eher wenige Bedenken
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) Ein Sportler muss sich also immer nach den Gesetzen im entsprechenden Land gegen Urteile der nationalen Verbände wehren.
Also muss die UCI die nationalen Verbände anklagen lassen.
Dass die UCI dann bei Nichtgefallen des Urteils groß aufschreit ist eine andere Frage, eigentlich haben die sich da nicht groß einzumischen.
Wenn ein Sporler meint, dass er zu Unrecht bestraft wurde, weil es Verfahrensfehler gab oder weil die materielle Begründung des Urteils völlig fehlgeleitet ist, muss er ein deutsches Zivilrecht anrufen. Wenn er meint, dass ein lebenslanges Urteil ungerechtfertigt ist, weil es entweder mit dem Zivilrecht oder sogar mit seinen Grundrechten kollidiert, dann muss er die jeweiligen Zivil- und Verfassunggerichte seine Landes anrufen.
Aber hier ist eben das Problem mit der lebenslangen Berufssperre beim Erstverstoß zu finden. Wenn Ärzte, Beamte oder andere Amtsträger grob gegen ihren Eid verstoßen, dann kann man ihnen ihren Status/Probation entziehen und für immer verweigern. Von Radsportlern steht logischerweise nichts im Gesetz. Es gibt meiner Einschätzung nach einfach keine Gesetzesgrundlage für das lebenslange Berufsverbot bei Sportlern. Bei Ärzten und Beamten begründet man das Verbot ja auch mit extrem gesellschaftsschädlichem Verhalten. Wenn ein Sporler dopt, dann ist das aber nicht extrem gesellschaftsschädigend. Somit kann die UCI natürlich in ihrem Reglement festhalten, dass sie die Lizenzvergabe auf Lebenszeit verweigern an Sportler, die einen Verstoß gegen ihre Doping-Richtlinien begangen haben. Aber schon der BDR müsste dort abblocken. Der ist nämlich an das NOK in Deutschland gebunden und die werden damit auch so ihre Probleme haben. Aber meiner Meinung nach, kommt es spätestens vor einem deutschen Gericht dazu, dass diese Sperre nicht bestehen bleibt und die Regel der Sperre auf Lebenszeit bei Erstverstoß keinen gesetzlichen Bestand hat.
Tja zu der Frage, wieviele Jahre zuviel für einen Radsportler sind, kann ich nichts sagen. Das ist eine reine Ermessensfrage und hier gilt der Grundsatz: 2 Juristen, 6 Meinungen. Also wenn du zu dem Thema 2 Juristen befragst, erhälst du 6 Meinungen. Das ist einfach so, kaum etwas im Rechtssystem deckt alles ab. Gesetze sind überall auf der Welt abstrakt formuliert. Das hat den Vorteil, dass man wenige Paragraphen (wenige...
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) braucht, um für alle erdenklichen Sachverhalte eine Norm anwenden zu können. Das hat aber natürlich auch den Nachteil, dass man im konkreten Einzelfall auslegen kann. Für den dopenden Radsportler ist objektiv alles, von kompletter Straffreiheit bis lebenslange Freiheitsstrafe auf seine Art vertretbar. Rein intuitiv und nach meiner Meinung würde ich sagen, dass man einen Strafrahmen steckt von 6 Monaten bis 5 Jahren Lizenzentzug. Dann kann man auf jeden Fall angemessen reagieren. Dazu erlässt man in jedem Land ein Doping-Gesetz, das die Strafverfolgung legitimiert und einfacher gestaltet.
Auch diese Vorschläge hat natürlich seine Nachteile, aber meiner Meinung nach, wäre es genau das Richtige.