Es waren die gleichen verdammten Berge, die gleichen verdammten Straßen. Jerdona konnte sich noch erinnern wie er hier bei seinem letzten Besuch entlang gefahren war. Es kam ihm vor wie die Erinnerung an eine längst vergangene, bessere Zeit. Hell und schön waren die Bilder in seinen Kopf eingebrannt. Ein Stück weit sehnte er sich zurück an diese Momente. Die Tour noch vor ihm, die Spannung, der langsame Aufbau hin zum Höhepunkt…
Er hielt an, legte die Arme auf den Lenker und stütze seinen Kopf ab. Ein Stück weit? Nein. Er sehnte sich zur Gänze an diese Zeit zurück. Hatte er die falschen Entscheidungen getroffen? War es Faulheit? Pech? Fehlendes Glück? Was auch immer, es hatte ihn fast vollständig zerstört. Während er auf das Meer blickte, die brütende Sonne über ihm, die auch noch in den frühen Abendstunden die Insel zum kochen brachte, trafen ihn die Emotionen wie ein Lastzug auf der Autobahn. Er weinte nicht. Aber ein Stück weit wünschte er sich, dass er es könnte. Loslassen. Sich in diesen… beschissenen Moment ergeben.
Seit… seit Frankreich, wie er es mittlerweile vor sich selbst zu nennen pflegte, hatte er sich ein Stück weit abgekapselt. Die letzten sieben Tage waren wie ein Vakuum gewesen. Stur hatte er seine Kilometer herunter gespult, sich massieren lassen, ein wenig entspannt nach der dreiwöchigen Höllentortur. Aber psychisch hatte er die Tour noch nicht aufgearbeitet. Vielmehr versuchte er, sie von sich weg zu weisen, auch wenn sie ihn jede Nacht, jeden Tag wieder aufs Neue einholte.
Er schloss die Augen, atmete tief ein und hielt die Luft an. Machte es Sinn, sich mit diesen negativen Gedanken selbst zu sabotieren? Sicherlich nicht, aber ihm fehlte die Kraft, die Ereignisse aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Er atmete aus und setzte sich wieder auf sein Rad. Während er langsam und mit hängendem Kopf bergab rollte versuchte er, Fabian Schmidt nicht die Pest und den Tod an den Hals zu wünschen. Vergeblich.
Bis er in die Nähe seines Bungalows kam hatte er sich schon wieder deutlich gefangen. Er freute sich auf die Dusche und das Abendessen, welches langsam überfällig war. Überrascht bemerkte er einen breiten Schrank in Anzug, der vor seiner Tür stand. Sonnenbrille, breite, unbewegte Pose. War das sogar ein Ohrstöpsel? Bodyguard, ohne lange nach zu denken. Jerdona schob sein Fahrrad zur Tür und begrüßte den… Gast? Dieser antwortete knapp begrüßte den… Gast? Dieser antwortete knapp. Er zuckte die Schultern, stellte sein Rad hinter dem Haus ab und ging durch die, ebenfalls bewachte, Hintertür in sein eigenes Haus.
Im Wohnzimmer, auf dem Weg zur Dusche erwartete ihn dann die eigentliche Überraschung: Chloe lümmelte sich in einen Sessel, ein Cocktail neben ihr. Gegenüber saß Yuri, der seine Begeisterung und Erregung zu verbergen versuchte. Sein Trainingsplan verbot ihm Alkohol, ansonsten hätte er sicherlich die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen. Als sie ihn erblickte sprang sie mit einem Lächeln im Gesicht auf und fiel ihm um den Hals. Jerdona wusste nicht so recht, wie er den Besuch einzuordnen hatte.
„Die beiden Anzüge da draußen gehören zu dir?“
„Ja, ist eine Schwäche von mir. Wenn mir ein Mann gefällt pack ich ihn einfach gleich ein“ gab sie mit einem Zwinkern zurück.
Jerdona verzog sich kurz unter die Dusche. Was wollte sie? Irgendwie erschien es ihm, als ob ihre Absichten relativ klar waren. Ihre Begeisterung für ihn schien ungebrochen und sie roch eine gute Gelegenheit bei ihm Boden gut zu machen. Auf der anderen Seite… irgendetwas in ihm schien entspannter, lockerer zu sein als noch vor der Tour. Ohne den ganzen Druck, ohne seine Millionen Fans, für die er diesen asketischen Lebensstil pflegte, brachen seine Leidenschaften, seine Begierden wesentlich deutlicher hervor. Und was er wollte zeigte sich ihm nun doch deutlich klarer.
„Ich kann kaum glauben, dass du selber kochst. Du wirkst so arrogant. Ich kann mir kaum vorstellen, das es etwas gibt, was du nicht deinen Dienern aufträgst“ Das breite Grinsen, welches Jerdona aufsetzte, als er Chloe stichelte, hielt sie nicht davon ab, ihn freundschaftlich gegen die Schulter zu boxen.
„He, beweis mir, dass ich unrecht habe und zeig mir, wie gut Amerikaner Alk-freie Cocktails machen“ setzte er nach und hielt ihr sein Glas hin.
„Du hast Glück, das ich selber auch grad auf dem trockenen sitze“ gab sie zurück und verzog sich folgsam in die Küche.
Yuri lehnte sich vor. „He, ich dachte immer, da läuft nichts zwischen euch“
„Denken ist falsch, fühlen ist richtig. Und momentan fühl ich mich danach.“ Jerdona räkelte sich ein wenig. Nach dem etwas kindischen Versuchen von Tobias im Frühjahr, sie beide zu verkuppeln, lief es jetzt eigentlich ganz glatt ab.
„Du, ich glaub, ich lass euch beide Hübschen mal alleine. Morgen Training und so“ Yuri zwinkerte seinem Freund zu. Als guter wusste er, wann er gehen musste. Er schaute kurz in die Küche rein und verabschiedete sich von Chloe bevor er sich sein Rad schnappte und zur Türe raus watschelte.
„Wir sehen uns Morgen“
„Ruf mich an, wenn du wach bist. Lass mal noch früh eine Runde drehen, ich fand das heute ganz erbaulich“
Jerdona geduldete sich nicht, bis die Cocktails fertig waren sondern ging hinüber in die Küche. Am Tisch stand Chloe und manschte gerade mit einem Stößel die Limetten für einen Caipirinha zusammen. Ihre kurzen blonden Haare, nach neusten Moderichtlinien gestuft und gefärbt, hingen ihr ins Gesicht. Ihr enger Minirock schmeichelte ihrem knackigen Po. Ihre Brüste wurden von einem raffinierten Top gut in Szene gesetzt. Bislang war es ihm noch nicht aufgefallen, aber sie hatte einfach einen atemberaubenden Körper. Völlig zu Recht war sie als Sexsymbol in der ganzen Welt bekannt. Er schluckte die aufkeimende Panik herunter und klopfte gegen den Türrahmen.
„Klopf, klopf. Schon fertig, schöne Frau?“
Die Änderung in der Atmosphäre war greifbar. Ihr Lächeln war nicht mehr das kindische, gutgelaunte, welches sie eben noch zur Schau getragen hatte. Während sie sich schweigend anschauten telegrafierte ihr Blick eindeutig etwas Anzügliches, Erotisches. Jerdona ging ein paar Schritte auf sie zu. Langsam, bis er direkt vor ihr stand. Da sie beide untersetzt waren war sie nur etwa einen halben Kopf kleiner. Er spürte ihren Atem, ihre Wärme. Noch ganz leicht.
„Du kommst gerade richtig.“ Wieder eine Pause, wieder Spannung, die sich aufbaute. Sie griff neben sich und hielt sein Glas zwischen sie. „Probier mal.“
Er zog den Strohhalm heran.
„Hmmm… gar nicht mal schlecht“ Sie lächelte „Für einen ersten Versuch.“ Er grinste. Sie lächelte. Er stellte das Glas auf den Tisch ab und berührte sie leicht am Oberarm. Obwohl es zwischen ihnen wenig eindeutige Signale gegeben hatte im Laufe des Abends hatte sich doch deutlich die Spannung aufgebaut. Er lehnte sich leicht herein, sie tat es ihm gleich. Es war ein Kuss in Absprache ohne ein Wort, in Einverständnis ohne Vertrag. Sie hatte lange auf den Moment hin gefiebert und brachte, nervös, früh die Zunge mit ins Spiel. Er musste lächeln und zog sich wieder zurück.
„Nervös?“
„Ein wenig“ gab sie offen zu. Statt zu antworten schlang er einen Arm um ihre Hüften und einen um die Schultern und küsste sie erneut, diesmal mit voller Leidenschaft.
Ein Post, vor dem ich mich länger gedrückt habe und der jetzt auch erst unter großem Druck auf mich, bzw. meine Finger entstanden ist. Wieviel ist hier erlaubt, erwünscht? Ich war mal vorsichtig, hab mich an mich selber gehalten und hoffe auf Feedback, um euch zukünftig ein wenig besser einschätzen zu können
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