Der Sportinformationsdienst hat geschrieben: Nyon (sid) Die Europäische Fußball-Union (Uefa) hat ein
Verfahren gegen den türkischen Verband und türkische Spieler nach
den Prügelszenen nach dem EM-Qualifikationsspiel der "U21"-Junioren
am Dienstag in Istanbul gegen den deutschen Nachwuchs (1:1)
eröffnet. Die Kontroll- und Disziplinarkommission wird am 4.
Dezember in Nyon über die Vorfälle verhandeln.
Dem türkischen Verband droht neben einer hohen Geldstrafe
möglicherweise auch eine Platzsperre. Nicht nur einige deutsche
Spieler, sondern auch der tschechische Schiedsrichter Michal Benes
war von Wurfgeschossen, die nach dem Ausgleich und dem unmittelbar
darauf folgenden Schlusspfiff auf den Rasen prasselten, getroffen
worden. Außerdem leisteten sich türkische Ordnungskräfte tätliche
Angriffe gegen deutsche Akteure.
Zudem leitete die Uefa eine Untersuchung der Vorfälle beim
Spiel Frankreich gegen Portugal ein. Bei dieser Begegnung, in der
sich die Gäste durch ein 4:1 im Elfmeterschießen für die
EM-Endrunde qualifiziert hatten, soll es während des Spiels sowie
in den Kabinen zu Zwischenfällen gekommen sein.
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Der Sportinformationsdienst hat geschrieben: Stielike-Team erlebt "Hölle am Bosporus" =
Spieler von Polizisten geschlagen / EM erreicht - Olympia möglich
von Jörg Mebus
Istanbul (sid) Die skandalösen Jagdszenen nach dem Happyend in
der EM-Qualifikation drückten mächtig auf die Stimmung bei den
deutschen "U21"-Junioren. Das Nachwuchs-Team des Deutschen
Fußball-Bundes (DFB) hatte die Feuertaufe in der "Hölle am
Bosporus" mit Bravour bestanden, die EM-Endrunde 2004 erreicht und
Kurs gesetzt Richtung Olympische Spiele in Athen. Doch die
Prügelszenen, die sich nach dem 1:1 (0:0) im EM-Playoff-Rückspiel
gegen die Türkei abspielten, werden die Helden von Istanbul wohl
ihr Leben lang nicht vergessen.
"Haben wir hier Krieg?", rief DFB-Trainer Ulli Stielike tief
erschüttert und rang noch eine halbe Stunde nach Schlusspfiff in
den Katakomben des Sükrü-Saracoglu-Stadions von Fenerbahce Istanbul
um Fassung. Der Schreck wich nur langsam aus den Gesichtern und
machte einem Siegerlächeln Platz, das es im deutschen
Junioren-Fußball schon lange nicht mehr zu sehen gab.
Als Stürmer Benjamin Auer vom FSV Mainz 05 in der
Nachspielzeit zum 1:1 ausgeglichen und damit nach der Führung des
Schalkers Hamit Altintop (69.) und dem 1:0-Sieg im Hinspiel das Aus
der Türken besiegelt hatte, brannten nicht nur den zahlreichen
fanatischen Fans unter den 45.000 Zuschauern alle Sicherungen durch.
"Spieler von uns sind von Polizisten und Sicherheitskräften
geschlagen worden. Der eine blutet, der andere hält sich in der
Kabine ein Handtuch an den Kopf", berichtete Stielike. "Mir hat ein
Polizist vors Bein getreten", sagte Matchwinner Auer, der sein 13.
Tor im 19. "U21"-Länderspiel mit dem Oberschenkel erzielt hatte.
Trotz des glücklichen Endes sprach Abwehrspieler Maik Franz, dem
ein Ordner mit einem Walkie-Talkie aufs Ohr geschlagen hatte, vom
"schlimmsten Spiel meines Lebens".
DFB-Arzt Dr. Michael Preuhs leistete erste Hilfe und nähte die
klaffende Kopfwunde des Referees. Stielike: "So etwas habe ich noch
in keinem Stadion der Welt erlebt." Der türkische Verband muss nun
mit einer drakonischen Strafe durch die Europäische Fußball-Union
(Uefa) rechnen, die bereits am Mittwoch ein Verfahren einleitete.
Am 4. Dezember wird die Kontroll- und Disziplinarkommission der
Uefa in Nyon wegen der Vorkommnisse zusammentreten. Möglich
erscheint eine Platzsperre und eine hohe Geldstrafe für die Türkei.
"Wenn sich Polizisten wirklich Übergriffe geleistet haben,
dann ist das bitter für das türkische Volk", sagte Torschütze Hamit
Altintop dem Sport-Informations-Dienst (sid). Der Schalker hatte
das Aus auch am Mittwoch noch nicht ganz verkraftet: "Die
Enttäuschung ist sehr groß. Wir hatten große Hoffnungen und
Erwartungen. Wir waren die bessere Mannschaft, aber die Deutschen
haben sehr clever gespielt."
Die Attacken auf die deutsche Mannschaft und den
Unparteiischen hatten indes im DFB-Team Spuren hinterlassen - auch
bei Stielike. Erst als Teamchef Rudi Völler ihm herzlich auf die
Schulter klopfte und DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder via
Telefon gratulierte, fiel die Anspannung vom "U21"-Coach allmählich
ab.
"Dass wir bei der EM dabei sind, ist wunderbar. Die Endrunde,
die ja vielleicht sogar in Deutschland stattfindet, ist ein
unheimliches Trampolin, auch im Hinblick auf die WM 2006", meinte
der Europameister von 1980, und Völler stimmte zu: "Das war ein
Highlight. Ich freue mich, dass es geklappt hat. Das macht
Hoffnung, dass unabhängig von diesen beiden Spielen der eine oder
andere noch einen weiteren Schritt nach vorne macht."
Stielike wurde da schon viel konkreter. "Wenn du die Türken
raushaust, ist bei der EM auch Rang drei und damit die
Olympia-Qualifikation möglich - vorausgesetzt, wir haben keinen
weiteren personellen Aderlass", meinte der 49-Jährige.
Doch dass Stielike nach Andreas Hinkel und Kevin Kuranyi eher
früher als später weitere Spieler an Völler abgeben muss, weiß er
nur zu gut: "Ich gehe davon aus, dass Philipp Lahm der Nächste ist,
der in die Nationalmannschaft kommt." Das "Nesthäkchen" im Team,
eigentlich noch "U20"-Nationalspieler, knüpfte in beiden Spielen
nahtlos an die hervorragenden Leistungen an, die er schon seit
Wochen beim VfB Stuttgart zeigt. Auf die Prognose von Stielike
angesprochen, nickte Völler mit dem Kopf und meinte nur vielsagend:
"Philipp hat in beiden Spielen gezeigt, dass er eine tolle Karriere
sich hat."
Doch zunächst rechnet Linksverteidiger Lahm ("Eine solche
Entwicklung hätte ich mir nicht träumen lassen") mit seinem Einsatz
bei der "U21"-EM, die vom 27. Mai bis zum 2. Juni 2004 und damit
noch vor der "großen" EM in Portugal (12. Juni bis 4. Juli)
stattfindet. Der DFB hat sich um die Ausrichtung des Turniers vom
27. Mai bis 8. Juni 2004 der besten acht Teams beworben.
sid mj jn rd