13.9.2004 (9. Etappe Vuelta Espana) – Das Trikot verteidigen:
![Bild](http://www.rotrigo-online.de/aar/13.9.2004b.jpg)
Als ich heute Morgen aufwachte stand neben meinem Bett eine Tasche mit lauter goldenen Leibchen. Kurz musste ich nachdenken, aber schnell war es mir wieder bewusst: Ich führe die Gesamtwertung der Vuelta an!
Genauso klar war mir aber auch, dass die Verteidigung dieser Führung sehr schwer werden würde und als wir die schwere Bergetappe zum Alto de Aitana starteten hatte ich ein bischen Angst total einzubrechen. Doch im Verlauf des Tages fühlte ich mich besser und eine 7-köpfige Spitzengruppe, die lang vor dem Feld fuhr, sorgte dafür, dass es bei uns hinten nicht zu stressig wurde. Überraschenderweise half uns Euskaltel dabei den Vorsprung nicht zu groß werden zu lassen und ich hatte Zeit ein bischen mit Totsche und ein paar anderen deutschsprachigen Fahrern zu plaudern. Besonders schön war aber der Moment als Lance Armstrong an mir vorbei kam und mir auf die Schulter klopfte. „Great Job!“, sagte er. Den Rest hatte ich nicht wirklich verstanden, aber ich bedankte mich ohne nachzufragen ganz schnell höflich, bevor der große Meister weiterradelte. Vor Fahrern wie Armstrong hast du natürlich einen riesigen Respekt als Jungspund, wie ich es einer bin!
Doch zurück zum Rennen. Inzwischen hatten wir den letzten Sprint bei Kilometer 109 erreicht und die Ausreißer waren eingefangen.
Ab Kilometer 115 ging es dann fast nur noch bergauf und an der drittletzten Bergwertung, dem Alto de Torremanzana waren Totsche und ich schließlich allein. Kein hellblaues Trikot weit und breit! Ohnehin bestand die erste Gruppe jetzt nur noch aus etwa 30 Mann – den 30 besten der Vuelta wie es schien.
Noch waren alle Favoriten beisammen, doch der kurze Gegenanstieg des Alto de Benifallin spielte im Anschluß bereits den ersten Scharfrichter:
Eine Tempoverschärfung von Iban Mayo und die Gruppe explodierte! Sofort mussten Beloki, Menchov, Armstrong, IGG, Valverde und die meisten Anderen reißen lassen.
Nur 9 Fahrer konnten diesem kurzen, ersten Antesten des Basken etwas entgegensetzen – darunter auch Totsche und ich. 30 stufenförmig ansteigende Kilometer vor dem Ziel sah es also wie folgt aus:
E1 (Mayo, Santi Perez, Simoni, Sevilla, Piepoli, Nozal, Rubiera, Pereiro, Totsche und ich)
+1’39
E2 (Osa, Virenque, Pecharroman, Mercado, Menchov, Beloki, Jeker, IGG und Armstrong)
+58’’
E3 (Valverde, Perez, Cardenas und Zubeldia)
Die nächsten, die den Anschluß verloren waren Rubiera, Nozal und Pereiro, der an den letzten Anstiegen für Phonak viel gearbeitet hatte. Vor allem durch Mayo und Simoni wurde die Etappe also zum regelrechten Ausscheidungsfahren.
Ich guckte kurz zu Totsch hinüber und er sah noch ganz gut aus. Sofort fuhr ich nach vorn und half den beiden bei der Tempo-Arbeit. Doch wir schafften es nicht die Phonak-Fahrer Sevilla und Perez Fernandez oder Saunier Duvals Leonardo Piepoli abzuschütteln.
Nochmal ließ ich mich zu Totsche zurückfallen und fragte was zu tun sei. Nach einem kurzen Taktik-Dialog nickten wir uns zu und Totsche ging sofort aus dem Sattel.
![Bild](http://www.rotrigo-online.de/aar/13.9.2004.jpg)
Wie abgesprochen heftete ich mich an die Hinterräder von Mayo, Simoni und Sevilla und schaute den drei bei der Arbeit zu. Ich konnte den Anschluß halten und die letzten 2000 Meter waren nur halb so schlimm wie befürchtet. Totsche holte sich den Etappensieg mit 13’’ Vorsprung und ich wurde hinter Mayo und Sevilla vierter. Gold verteidigt – sehr gut!
Ergebnis:
1 Georg Totschnig GEROLSTEINER 3h51'13
2 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI + 13
3 Oscar Sevilla PHONAK HEARING SYSTEMS s.t.
4 Rot Rigo GEROLSTEINER s.t.
5 Gilberto Simoni SAECO s.t.
6 S. Perez Fernandez PHONAK HEARING SYSTEMS + 35
7 Leonardo Piepoli SAUNIER DUVAL s.t.
8 Izidro Nozal LIBERTY SEGUROS + 2'18
9 José Luis Rubiera US POSTAL SERVICE s.t.
10 Oscar Pereiro PHONAK HEARING SYSTEMS + 3'53
...
12 Lance Armstrong US POSTAL SERVICE s.t.
20 Alejandro Valverde COMUNIDAD VALENCIANA - KELME + 5'35
GK:
1 Rot Rigo GEROLSTEINER 26h50'51
2 Georg Totschnig GEROLSTEINER + 2'27
3 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI + 2'50
4 Igor G. De Galdeano LIBERTY SEGUROS + 5'34
5 Oscar Sevilla PHONAK HEARING SYSTEMS + 5'56
6 Gilberto Simoni SAECO s.t.
7 Leonardo Piepoli SAUNIER DUVAL + 6'21
8 Izidro Nozal LIBERTY SEGUROS + 7'30
9 José Luis Rubiera US POSTAL SERVICE + 8'31
10 Joseba Beloki SAUNIER DUVAL + 8'52
...
13 Lance Armstrong US POSTAL SERVICE + 9'44
19 Alejandro Valverde COMUNIDAD VALENCIANA - KELME + 13'42
Berg:
1 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI 57
2 Rot Rigo GEROLSTEINER 34
3 Oscar Sevilla PHONAK HEARING SYSTEMS 33
4 Georg Totschnig GEROLSTEINER 30
5 Koos Moerenhout LOTTO - DOMO 17
Punkte:
1 Iban Mayo EUSKALTEL - EUSKADI 89
2 Olaf Pollack GEROLSTEINER 85
3 Alejandro Valverde COMUNIDAD VALENCIANA - KELME 70
4 Baden Cooke FDJEUX.COM 64
5 Rot Rigo GEROLSTEINER 59
Diese Prüfung hatten wir relativ souverän gemeistert, auf dem Siegerpodest war ich aber noch immer sehr nervös. Das mit dem Champagner muss ich glaub ich noch üben!
Die Verlierer des Tages waren heute einmal mehr Lance Armstrong, der auch bei der Vuelta nicht seine Form findet und Alejandro Valverde, der sich am Ruhetag erkältet hatte und nach den 7’56 von gestern heute erneut 5’35 schlucken musste.
![Bild](http://www.rotrigo-online.de/aar/13.9.2004c.jpg)
Der Spanier kann einem wirklich leid tun! Er war in einer tollen Form an den Start in Leon gegangen und hatte auf den ersten Etappen starke Ergebnisse eingefahren. Jetzt stoppt ihn eine Krankheit auf dem Weg zum Podium – schade!