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Verfasst: 22.5.2007 - 11:45
von Turbo_Beppe
Klaus und Tony hat geschrieben:Noch zwei Punkte, weil Beppe sie gerade anspricht:

Die Abschreckung der Sponsoren durch Doping im Radsport halte ich für unbewiesen. Auch seit dem 30. Juni 2006, dem Beginn des Generalverdachts, sind Zuschauer zu Hauf an den Strecken und vor den Fernsehern.
...
Dies ist auch recht schwer zu beweisen. Das die Zuschauer weiter an die Rennstrecken strömen, ist aber nicht mit dem Interesse der Sponsoren gleichzusetzen. Klar, so lange die Zuschauerzahlen, Einschaltquoten usw. stimmen, ist es grundsätzlich interessant für potenzielle Sponsoren.

Problem für diese ist halt, dass sie bei Dopingfällen in ihren Teams, an Image verlieren. Das werden künftig wohl weniger riskieren wollen. Es ging mir auch vordergründlich um die Teamsponsoren a la T-Mobile, Liquigas, Discovery Channel usw.

Verfasst: 22.5.2007 - 13:22
von RotRigo
Ist es denn bewiesen, dass ein Dopingfall in einem Rad-Team dem Team-Sponsor schadet?

Ein Beispiel:
Ich kannte nie eine Hörgeräte-Firma bis Phonak Radsportsponsor wurde. Seit dem verbinde ich Hörgeräte mit Phonak Hearing Systems. Dass Landis, Hamilton, Perez und wie sie alle hießen beim dopen erwischt wurden, während sie für dieses Team fuhren ändert daran nichts.
Wenn ich im Laden stehen würde und ein Hörgerät kaufe ohne mich beraten zu lassen, würde ich automatisch zu Phonak greifen - weil ich das kenne.

Verfasst: 22.5.2007 - 14:40
von Hijo Rudicio
Wir kennen die Sponsoren hauptsächlich von den Fernsehübertragungen. Wenn das öffentlich-rechtliche Fernsehen und die Printmedien aussteigen, dann werden auch die Sponsoren der breiten Masse unbekannt bleiben.

Abgesehen davon: Wo sind denn Festina und Phonak jetzt als Sponsoren eines Teams? Und T-mobile hat ja schon gemerkt, dass sie sicherstellen müssen mit ihren Geldern nicht auch systematisches Doping zu unterstützen.

Verfasst: 22.5.2007 - 14:51
von Lance Armstrong Fan
RotRigo hat geschrieben:Ist es denn bewiesen, dass ein Dopingfall in einem Rad-Team dem Team-Sponsor schadet?

Ein Beispiel:
Ich kannte nie eine Hörgeräte-Firma bis Phonak Radsportsponsor wurde. Seit dem verbinde ich Hörgeräte mit Phonak Hearing Systems. Dass Landis, Hamilton, Perez und wie sie alle hießen beim dopen erwischt wurden, während sie für dieses Team fuhren ändert daran nichts.
Wenn ich im Laden stehen würde und ein Hörgerät kaufe ohne mich beraten zu lassen, würde ich automatisch zu Phonak greifen - weil ich das kenne.

Interessante Ausführung, doch ich würde es von genau der anderen Seite sehen. Wenn mir irgend eine Firma ihr Produkt schmackhaft machen will, würde ich mir denken: Die haben schon im Radsport beschissen, also bescheißen sie auch mich.
Ich denke genau diese negative Intuition der Kunden wollen und dürfen sich die großen Unternehmen nicht leisten.

Verfasst: 22.5.2007 - 15:30
von dBruylandts
Phonak-Chef Andy Rihs sieht das aber anders und schlägt in eine ähnliche Kerbe wie RotRigo (Edit: verkuckt) ;) Klick

gefunden im Forum von c4f

Verfasst: 22.5.2007 - 16:38
von Hijo Rudicio
Weil halt alle drüber berichtet haben. Aber die Gefahr, dass Radsport in den Augen der Bevölkerung so was wie Pro Wrestling wird, also abgekartet und unseriös, und wie eine Freakshow langsam aus den Medien verschwindet, die ist gegeben. Radrennen statt Radsport. Und dann springen auch die Sponsoren ab. Keine Öffentlichkeit, keine Werbung.

Verfasst: 22.5.2007 - 17:37
von Escartin
Der gesamte Neuigkeitswert der Dietz-Geschichte besteht darin, dass er Deutscher ist und bei Telekom fuhr. Ich lese keine ausländischen Zeitungen, aber es würde mich wundern, wenn die das groß fahren würden. Wieso auch? Die Fakten über den besagten Zeitraum liegen seit Festina auf dem Tisch. Und seit Festina befindet sich der Radsport stetig im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik. Warum steht er das? Die Idealisten sagen: Weil er keinen Neuanfang geschafft hat, selber schuld also. Die Realisten würden entgegnen, wie dieser berühmte "Neuanfang" denn aussehen soll.

Doping ist lukrativ, wenn man damit mehr Erfolg hat und das Risiko gering ist. Völlig egal wer die handelnden Personen sind. Selbst wenn man also alle Protagonisten der Epo-Hochzeit auf ewig aus dem Radsport aussperren würde - man erzielte keine dauerhafte Säuberung des Sports. Dopingfreien Sport kann es nur dann geben, wenn Doping sich nicht lohnt. Dafür müsste man die aufklärenden Maßnahmen allerdings massiv ausweiten - DNA-Abgabe ist da noch gar nichts. Würde man die Fahrer während einer GT 24 Stunden am Tag unter Aufsicht halten, dann ließe sich wohl etwas erreichen. Wer will das ernsthaft?

Also: Können solche Offenbarungen etwas zur "Säuberung" des Sports beitragen? Nein, weil sie keine Anreize verändern. Und ich finde es durchaus legitim danach zu fragen, warum Herr Dietz seine Geschichte gerade ein paar Wochen nach einer großen Spiegel-Titelgeschichte über dieses Thema an die Öffentlichkeit trägt.

Verfasst: 22.5.2007 - 18:01
von Turbo_Beppe
Nein, viel Neues an Infos bringt es nicht. Aber er ist zumindest der erste deutsche Fahrer der die Karten auf den Tisch legt. Heute hat nun Christian Henn die Dinge bestätigt. Wenn die Aussagen von Dietz den Stein ins Rollen gebracht haben, dann war das schon sehr viel Wert.

Übrigens berichten auch ausländische Medien darüber. Zumindest genauso wie die Deutschen über die Aussagen Manzanos.

Doping wird man nie ganz aus dem Sport bekommen. Das zu glauben ist Träumerei. Wie du sagst, dafür kann man einfach zuviel Geld mit dem Sport machen. Ziel muss es aber doch sein, flächendeckendes systematisches Doping zu unterbinden.

Und noch mal: Ja, ich denke solche Aussagen können zu einem "bereinigten" Sport beitragen. Wenn sich seine Kollegen anschließen und alles auf den Tisch legen, würde das zur Bereinigung des Sports beitragen.

Verfasst: 22.5.2007 - 18:09
von José Miguel
Turbo_Beppe hat geschrieben:Und noch mal: Ja, ich denke solche Aussagen können zu einem "bereinigten" Sport beitragen. Wenn sich seine Kollegen anschließen und alles auf den Tisch legen, würde das zur Bereinigung des Sports beitragen.
Und wie? Ich glaube nicht, dass nun plötzlich Spitzenfahrer aufhören zu dopen, nur weil zwei deutsche Ex-Rennfahrer nun ausgepackt haben. Das ändert an der Motivation doch nichts.

Verfasst: 22.5.2007 - 18:14
von Klaus und Tony
Bist du bekehrt, José Miguel?
Hast du nicht vor kurzem noch von der saubersten Tour seit langem gesprochen, falls Valverde rausgezogen wird?

Verfasst: 22.5.2007 - 18:17
von José Miguel
Daran halte ich weiterhin fest, trotzdem werden aber Spitzenfahrer wenn es so weitergeht mit dem Doping nicht aufhören. Meine Äußerung bezüglich Valverde bezog sich darauf, dass es dann einfach an der Spitze weniger Doper gibt, gleichzeitig werden aber gedopte Fahrer die Rennen gewinnen.

Verfasst: 22.5.2007 - 18:41
von RobRoe
José Miguel hat geschrieben:... dass es dann einfach an der Spitze weniger Doper gibt, gleichzeitig werden aber gedopte Fahrer die Rennen gewinnen.
Diese Logik ist sensationell. Sensationell schlecht, mit Verlaub.

Verfasst: 22.5.2007 - 19:22
von Escartin
Die Meldung hatte ich vorhin noch gar nicht gesehen, sie bestätigt mich aber auf frappierende Art und Weise: Dopingaufklärung wird bestraft, Vertuschung lohnt sich.
LEIPZIG, 22.05.07 (rsn) - Bis zu einer endgültigen allgemeinen Dopingbeichte
"aller Radsportler" sollte das öffentlich-rechtliche Fernsehen die Übertragung von Radrennen boykottieren. Das verlangt der Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag, der SPD-Politiker Peter Danckert, in einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung (Mittwoch-Ausgabe).

Verfasst: 22.5.2007 - 19:32
von Hijo Rudicio
Ja, jetzt ist der Stein losgetreten.

Was haltet ihr von einer Amnestie für die Profis?

Eine Amnestie für die Radprofis fände ich überlegenswert, jetzt sollte es erst mal den Hintermännern an den Kragen gehen, und zwar schmerzhaft. Den Ärzten und Betreuern. Nach einer Säuberung könnte man dann wieder von Null anfangen. Ab da sollte die UCI eine harte Linie fahren. Aber dazu müssten wahrscheinlich auch dort erst mal ein paar Köpfe rollen.

Für alle, die trotzdem noch etwas lachen wollen, wenn auch mit schwarzem Humor: Die aktuelle Bildstrecke der Süddeutschen zum Thema Doping allgemein und Radsport im Besonderen:
http://www.sueddeutsche.de/sport/weiter ... 113147/p0/

Verfasst: 22.5.2007 - 21:09
von José Miguel
RobRoe hat geschrieben:
José Miguel hat geschrieben:... dass es dann einfach an der Spitze weniger Doper gibt, gleichzeitig werden aber gedopte Fahrer die Rennen gewinnen.
Diese Logik ist sensationell. Sensationell schlecht, mit Verlaub.
Warum?

Verfasst: 22.5.2007 - 21:32
von echterborusse
Du sagst,dass die Spitze der Tour dann sauberer sein wird,aber gedopte Fahrer die Spitze bilden werden.
Das wiederspricht sich.

Verfasst: 22.5.2007 - 21:41
von Lance Armstrong Fan
RotRigo hat geschrieben:Ist es denn bewiesen, dass ein Dopingfall in einem Rad-Team dem Team-Sponsor schadet?

Ein Beispiel:
Ich kannte nie eine Hörgeräte-Firma bis Phonak Radsportsponsor wurde. Seit dem verbinde ich Hörgeräte mit Phonak Hearing Systems. Dass Landis, Hamilton, Perez und wie sie alle hießen beim dopen erwischt wurden, während sie für dieses Team fuhren ändert daran nichts.
Wenn ich im Laden stehen würde und ein Hörgerät kaufe ohne mich beraten zu lassen, würde ich automatisch zu Phonak greifen - weil ich das kenne.
Der Frommert von T-Mobile ließ offen, ob T-Mobile auch weiterhin das Sponsoring imRadsport beibehält. Soviel dazu, dass es den Firmen egal wäre.
Im Videotext der Ard hieß es, dass man auf eine komplette Aufklärung hinarbeite und sich danach entscheiden werde. Nach volle Unterstützung sieht das Seitens des Hauptsponsors nicht aus.

Verfasst: 22.5.2007 - 21:49
von echterborusse
Man kann über das Interview denken,wie man will(ich fande es klasse!),aber eine Folge gibt es schon:Der Radsport ist im Moment Thema Nr.1 im deutschen Medialbereich!
Auf jedem Sender(Fernseh-wie Radiosender) ist es das Topthema und das, wird vielleicht doch nochmal einige (Ehemals-)Aktive dazu bringen,jetzt auszupacken.

Verfasst: 22.5.2007 - 22:32
von Turbo_Beppe
Zu den Sponsoren passt vielleicht auch, dass die Telekom-Aktie heute einen schönen Sprung gemacht hat.

Verfasst: 22.5.2007 - 23:55
von Klaus und Tony
Escartin scheint Recht zu behalten.

24 Stunden sind nicht viel, aber die Reaktionen der ersten 24 Stunden nach dem Dietz-Interview sind tatsächlich grausam.

Von der Idee, die ich Dietz weiterhin zugestehe, nämlich dem Wegkommen von den 50 armen Fuentes-Hanseln, ist nicht viel geblieben. Der Name Telekom/T-Mobile ist einfach zu attraktiv, in Deutschland schießt sich alles auf dieses eine Team und seine goldene Vergangenheit ein.
Aldag wird das nächste Opfer sein, danach wird T-Mobile entweder austeigen oder weiterhin abstrusen Anti-Doping-Kampf führen.

Leider hat Dietz wohl genau das erreicht, was er als ihm am meisten verhasst beschrieben hat: Dass wieder jemand über eine Vergangenheit stolpert, in der er das gleiche gemacht hat wie seine ganze Umgebung.
Süddeutsche hat geschrieben:Nach den überraschenden Doping-Geständnissen der früheren Telekom-Profis Bert Dietz und Christian Henn erwägt der Konzern einen Ausstieg aus dem Radsport. Stephan Althoff, Sponsoring-Leiter der Telekom, sagte der Süddeutschen Zeitung, man müsse Konsequenzen ziehen, wenn der Sport nicht ,,sauberzubekommen‘‘ sei.
Ja, T-Mobile hat es versucht, ist aber an perfiden Ärzten und dem Schwein Dietz gescheitert.

1998 klang das etwas anders:
"Wir bleiben dem Radsport treu. Wir sind sicher, daß bei uns alles sauber abläuft. Garanten dafür waren für uns von Beginn an Walter Godefroot und Prof. Keul, unter dessen ständiger medizinischer Kontrolle alle Fahrer stehen. Wir sind weiter davon überzeugt, daß nicht nur unser Team sauber ist, sondern auch die große Mehrheit im Radsport. Schwarze Schafe gibt es leider überall im Leben, auch in jedem Sport."
(Jürgen Kindervater, Vorstandssprecher der Deutschen Telekom AG, der sich halt auskannte bei seinen Garanten mit der blitzsauberen Vita)

Weiter aus der Süddeutschen von heute:
Rudolf Scharping, Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer, verlangte eine schnelle Aufklärung der neuen Doping-Anschuldigungen gegen Telekom. Dies müsse ohne Ansehen der Person geschehen.
Kotz.
,Eine Generalamnestie geht mir zu weit‘‘, sagte hingegen der sportpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, Winfried Hermann, der Netzeitung. Er forderte vielmehr drastische Strafen für Sportler, die manipulieren. ,,Mit dem sensationellen Bekenntnis von Herrn Dietz erweisen sich die Erfolgsserie von Team Telekom und der Tour-Sieg von Jan Ullrich als großer Sportbetrug‘‘, sagte Hermann und fügte hinzu: ,,Wenn zunehmend klar wird, dass hier betrogen wurde, dann müssen die Siege aberkannt werden - auch der Tour-Sieg von Jan Ullrich.‘‘
Tag, Herr Hermann. Über die Chance eines kleinen Netzzeitungs-Interviews haben Sie sich sicher am meisten gefreut. Und wir dachten immer, 1997 wäre alles gut gewesen.

Aus der FAZ:
DOSB-Präsident und IOC-Vizepräsident Thomas Bach erwiderte am Donnerstag, sein Verband verfolge seit langem eine Null-Toleranz-Politik gegen Doping. Doch dabei seien rechtsstaatliche Prinzipien zu beachten und individuelle Verantwortung nachzuweisen; Sportler dürften nicht in Sippenhaft genommen werden. „Wir halten den Kampf des BDR gegen Doping für glaubwürdig“, sagte Bach für den DOSB,
Jawoll, individuelle Verantwortung.
Was heißt: Schnauze halten, Jungs, sonst trifft es euch.

Sorry, Escartin, das ich heute morgen einen Anflug von Romantik hatte.

Verfasst: 23.5.2007 - 10:46
von Mutabor
Mittlerweile glaube ich, wenn noch deutlich mehr (evtl auch noch aktive Fahrer) auspacken, wird nichts anderes als die angesprochene Generalamnestie mehr moeglich sein, da dann klar werden wird, dass so ziemlich jeder etwas nimmt oder genommen hat. Wenn man dann Speren durchzieht, ist das definitiv das Ende des professionellen Radsports.