Als am 09.05. in Belfast der Startschuss zu seiner Lieblingsrundfahrt, dem Giro d'Italia fiel, war Haseras guter Dinge und extremst motiviert.
Nachdem er schon so oft den Sieg knapp verpasste (Anm. d. Red. 3x zweiter, je 1x dritter und vierter), sollte dieses Jahr endlich der Sieg her.
Doch gleich am ersten Tag erfolgte der erste große Rückschlag.
Rabid Franco wurde die Einreise auf Grund des fehlenden, von den italienischen Behörden verschlampten, Reisepasses verwehrt.
Ein kurzer Anruf von Haseras bei seinem alten Weggefährten Timo Beil reichte jedoch aus, um diesen zu reaktivieren und den offenen Platz im Team Telefónica MoviStar einzunehmen.
Als Haseras sich noch schnell bei Beil nach dessen Fitnesszustand erkundigte, teilte dieser ihm mit, dass er noch bei der Trainingsfahrt am vorherigen Abend einer 5-Köpfigen Gruppe mit der Aufschrift "BBC" begegnei sei und dieser problemlos folgen konnte.
Dass dies jedoch nichts zu bedeuten hat, zeigte sich dann im knapp 22 Kilometer langen Mannschaftszeitfahren von Belfast.
Immer wieder musste man das angeschlagene Tempo reduzieren um Beil nicht abzuhängen. Nachdem man schon Leichtgewicht Ikarojano verloren hatte, wäre ein weiterer Verlust zu riskant geworden.
Im Ziel dann die Quittung. Ein ernüchternder neunter Platz und bereits drei Minuten Rückstand auf 'Rosa'.
Haseras war verärgert. So hatte er sich den Start nicht vorgestellt.
Er fragte Beil was los gewesen sei. Dieser verwies auf das komplette Tagesergebnis und brachte den alten Hasen dann doch zum schmunzeln.
Kein Wunder, dass Beil das Tempo der BBC Equipe halten konnte.
Die sind ja noch schlechter. Satte 40 Sekunden brauchten sie länger als das TTM.
Auf den folgenden Etappen galt es dann sturzfrei und ohne Rückstände durch den Tag zu kommen, ehe es auf Etappe fünf ein erstes Mal spannender werden sollte.
MoviStar knallte in Form von Golland und Verdamontes voll in das ansteigenden Etappenfinale. Schliesslich attackierte Ikarojano und keiner konnte folgen. Souveräner Etappensieg für den Venezuelaner.
Haseras überquerte, begleitet von Beil, den Zielstrich mit 89 Sekunden Rückstand als Tagesfünfter.
Was er zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnte, der kurz vor ihm eingerollte Coca A. Valverde sollte im Laufe der Rundfahrt sein größter Widersacher werden.
Jedoch folgte auf dem sechsten Tagesabschnitt erst einmal der nächste Rückschlag.
Massensturz auf regennasser Straße, kurz vor dem Schlussanstieg und Haseras mittendrin statt nur dabei.
Erneut gingen wichtige Sekunden im Kampf um Rosa verloren.
Viel schlimmer waren jedoch die zahlreichen Prellungen und Hautabschürfungen, welche Haseras in den Folgetagen sehr einschränkten.
Auch Beil und Ikarojano wurden schwer mitgenommen.
Nach nur einem Tag zum "erholen", folgte auf Etappe acht die erste echte Prüfung.
Der Schlussanstieg zum Montecopiolo stand auf dem Programm und Haseras fühlte sich schlecht. Sehr schlecht. Am Ende des Tages hieß es 7:31 Minuten Rückstand auf Tagessieger Martador und 5:33 Rückstand auf das Rosane von Coca A. Valverde.
Der einzige Trost an diesem Tag war die erfolgreiche Eroberung des Bergtrikots durch Ikarojano.
In den folgenden Tagen ging das muntere Rückstand kassieren weiter.
So verlor Haseras auf Etappe neun und elf in der Addition 9:11 Minuten auf Coca A. Valverde, welcher in der Form seines Lebens zu sein schien und nun auf der zwöflten Etappe stand auch noch die eigentliche Paradedisziplin Valverdes an.
Ein 42 Kilometer langes Einzelzeitfahren von Barbaresco nach Barolo.
Aufgeben kam jedoch zu keiner Zeit in Frage. Darüberhinaus hatte man mit Verdamontes nun ein heißes Eisen im Feuer.
Nicht nur für das Anstehende Zeitfahren, sondern auch für die Gesamtwertung, denn der junge Italiener hat sich ganz unbemerkt auf Platz elf des Klassements nach vorne gearbeitet.
So ging es also in das angesprochene Zeitfahren und Haseras lag nach der ersten Zwischenzeit extrem gut im Rennen und durfte sich berechtigte Chancen auf den Tagessieg ausrechnen.
Doch dann begann es in der Abfahrt zum wiederholten Male bei dieser Rundfahrt stark zu regnen und so wurde die Straße in der Abfahrt zu einer regelrechten Eisbahn.
Es kam wie es kommen musste.
In einer Kurve verlor Haseras die Kontrolle über seine Maschine und flog im hohen Bogen über die Leitplanke.
Schnell waren einige Helfer zur Stelle und Haseras konnte das Rennen fortsetzen. Die Zeit war jedoch dahin und der Rückstand im Klassement wuchs weiter.
Satte 16:25 Minuten betrug der Rückstand auf Coca A. Valverde nun.
Der Traum vom Gesamtsieg schien endgültig geplatzt.
Trotzdem gab es auch Grund zur Freude.
Verdamontes schnappte sich überlegen den Tagessieg.
Zweiter wurde das von Haseras sehr geschätzte, ehemalige Teammitglied Mi Schuca.
Mit diesem Sieg verbesserte sich Verdamontes auf Platz vier der Gesamtwertung.
Nach einer Sprintankunft auf Etappe 13 folgte auf Etappe 14 die nächste Bergankunft und Haseras hatte überraschend gute Beine.
Am Ende reichte es für einen starken sechsten Platz und ganz wichtig: Er konnte dem bisherigen Leader der Rundfahrt zwei Minuten abnehmen.
Beifreit startete Haseras nun in die 14. Etappe. Einer erneut schweren Bergankunft.
Das Team leistete bis zur Hälfte des Anstieges sehr gute Arbeit für Verdamontes. Schließlich war nur noch Haseras an dessen Seite und Haseras fühlte sich stark, doch Verdamontes schien in Schwierigkeiten.
Harryberto wartete auf seinen Kollegen, doch dann die überraschende Geste. Verdamontes winkte und wollte nich, dass sein nomineller Kapitän auf ihn wartet. "Fahr ohne mich weiter, du wirkst genau so stark wie bei deinem Toursieg. Ich bin mir sicher, dass du bei dieser Rundfahrt noch eine ganz große Rolle spielen wirst."
Dies gab Haseras einen Schub.
Nachdem er Valverde auf dieser Etappe auch noch über sieben Minuten abnehmen konnte, schien Haseras pünktlich zur Königsetappe dieses Giros die alte Leichtigkeit wiederzuerlangen.
Am frühen Morgen jener Etappe jedoch ein erneuter Rückschlag.
Das halbe Team hat sich auf Grund des schlechten Wetters in den ersten beiden Wochen eine Mittelohrentzündung eingefangen.
Haseras gab sich trotzdem kämpferisch.
Schon im Anstieg zum Gavia spannte er sein Team ein und so hatten schon früh im Rennen einige Fahrer ihre Probleme.
Am Stelvio ging das muntere Auscheidungsfahren bei dichtem Schneetreiben weiter.
In der nassen Abfahrt dann die Vorentscheidung. Haseras lies Golland mit enormen Risiko Tempo bolzen und so setzte man sich in der Abfahrt mit ein paar anderen Fahrern vom Rest des Feldes ab.
In der Schlusssteigung distanzierte Haseras schnell seine verbliebenen Mitstreiter und auch die weiter zurückliegende Favoritengruppe um den Mann in Rosa verlor im Laufe des Anstieges eine Sekunde nach der anderen zum wie entfesselt fahrenden Haseras, welcher die hervorragende Vorarbeit seines Teams schließlich mit dem Etappensieg krönte.
Jedoch gab es auch Schatten an diesem großartigen Tag.
Ikarojano setzte die Mittelohrentzündung deutlich zu und so verpasste er das Zeitlimit. Die Rundfahrt war für ihn und zwölf weitere Profis beendet.
Auf der nächsten Bergetappe, nur zwei Tage später, spitze sich die Lage im Kampf um das Rosane dann dramatisch zu.
Der nach Rder hälfte der Rundfahrt fast schon sicher geglaubte Gesamtsieg für Coca A. Valverde wackelte nun dramatisch.
Erneut verlor er an Boden auf die restlichen Konkurrenten und so übernahm Haseras hauchdünn Rosa.
Mit 3 Sekunden Rückstand folgte Valverde bzw nur 19 Sekunden Rückstand für Mi Schuca. Auch Escartin durfte sich zu diesem Zeitpunkt mit nur 3:12 Minuten als Gesamtvierter noch Chancen auf den Rundfahrtsieg ausrechnen.
Auf der folgenden 19. Etappe stand wieder ein Einzelzeitfahren auf dem Programm. Eigentlich Valverdes Paradedisziplin, aber dies war kein gewöhnliches Zeitfahren, sondern ein 27 Kilometer langes Bergzeitfahren.
Beflügelt vom Rosa Trikot gelang es Harryberto tatsächlich den Vorsprung ein wenig auszubauen und so war klar, dass die endgültige Entscheidung am mystischen Zoncolan fallen würde.
In diesen unheimlich steilen Schlussanstig hinein war es dann das Team von Escartin, welches enormes Tempo vorlegte. Plötzlich kam es zu einem Riss und so fuhr Escartin rund 10-15 Sekunden vor den restlichen Kapitänen. Sollte er tatsächlich mit dieser frühen Offensive die mehr als drei Minuten im Klassement aufholen und Harrybertos großen Traum vom Girosieg zunichte machen können? Zunächst erst mal nicht.
Das Loch schloss sich schnell wieder und so gab es ein munteres Ausscheidungsfahren. Als dann die Bergziege Toni Kutenaccio antrat, zerflog die Favoritengruppe. Als ersten erwischte es Mi Schuca und dann kurz vor dem Ziel auch Escartin. Somit war klar, dass der Gesamtsieg nur über Haseras oder Coca A. Valverde gehen kann. Diese schienen jedoch auch beide am Limit und fuhren gemeinsam über den Zielstrich.
Nun war klar, dass Haseras sich nach seinem Vuelta- und Toursieg nun auch Girosieger nennen darf.
Eine spektakuläre Rundfahrt ist heute zuende gegangen.
Großes Kino von Valverde, der hier im Rahmen seiner Möglichkeiten wohl das Optimum rausgeholt hat.
Escartin ist und bleibt der langjährig größte Konkurrent und bei Radilo zeigt sich nun auch, was er zu leisten im Stande, wenn man ihm denn freie Fahrt gibt
Danke für dieses spannende Finale!
Danke an die Organisation für die erneut gelungene Austragung!
Achja. Alle, die es geschafft haben diesen Text komplett zu lesen, sind potenzielle Kandidaten die Tour wieder aktiver im Rollenspiel zu gestalten.
Ich würde mich freuen!
Bis in wenige Wochen, auf einen erneut packenden Kampf in Frankreich!