Frösis Tourtagebuch (7)Frösis Tourtagebuch 2005 hat geschrieben:5.Etappe
"Hektik im Rennen - und wenig Glamour danach"
Eine hektische Etappe war das heute. In der ersten Stunde sind wir einen 55er-Schnitt gefahren, ich kam mir vor wie beim Mannschaftszeitfahren gestern, ich hing wie's Fähnchen im Wind... Heute früh schaue ich aus dem Fenster - Regen, toll! Bis wir vom Hotel am Start waren, hat es aber glücklicherweise wieder abgetrocknet. Im Startbereich waren wir heute das erste Mal im "Village", nachdem wir sonst immer im und am Bus abhängen. Ich war enttäuscht vom Village du Tour. Riesiges Areal und nichts los. Ein paar versprengte Fahrerkollegen und kaum Leute. Beim Giro ist das alles viel enger, hektischer. Aber viel geselliger und gemütlicher. Naja, Italien halt! Am Start rollt Armstrong vorbei - die Nummer 1 im normalen Teamtrikot. Wir haben alle gerätselt: Wieso trägt er nicht das Gelbe? Wie wir dann erfuhren, wollte er ein Zeichen setzen für Zabriskie. Das ist eine merkwürdige Logik. Wir sind hier beim Radrennen. Wenn jeder immer auf ein Trikot verzichten würde, wenn mal einer stürzt... Schwachsinn. Am Ende der Neutralisierungsphase musste sich Armstrong dann doch noch umziehen. 10 Minuten Diskussion, bis es endlich losging. Was ein Theater! Ich habe das nochmal zur Pinkelpause genutzt... Das Rennen begann enorm schnell. Die erste Stunde hatte ich fast nur 60 auf dem Tacho. Ich hing hinten wie ein Fähnchen im Wind in der Reihe. Habe gar nichts mitgekriegt, was vorne passiert. Als dann die Gruppe weg war, hat es sich etwas beruhigt, aber es war trotzdem noch schnell. Ekliges Gelände. Und die Straßen waren sehr rauh, wie es sie in Frankreich oft hat. Da rollt es gar nicht. Das Finale wie zu erwarten hektisch, um so mehr, weil keine Mannschaft richtig kontrolliert hat. Für die letzten 25 km brauchten wir keine halbe Stunde. Paco und ich waren ganz gut positioniert. Bis 3km vor Schluss, da gab es einen Sturz. Ich kam aus dem Pedal raus und bis ich wieder in Fahrt kam, hatte ich schon viele Plätze verloren. Von 20. Position aus haben wir uns wieder mit Macht vorgekämpft bis an die ersten Zehn. Dann kam diese eklige letzte Kurve und auf der ansteigenden Zielgerade ging mir die Kraft aus. Mit Platz 10 bin ich da zufrieden. Da war nicht mehr drin. Aber das geht in Ordnung, schließlich sind wir hier beim größten Rennen der Welt. Dafür, dass es so schnell war und diese Zielgerade gar nichts für mich war, bin ich wirklich zufrieden. Nach dem Rennen standen nochmal 130km Transfer auf dem Programm. Für die ersten 2km im Zielort brauchten wir eine halbe Stunde. Die Organisatoren haben uns vor der Tour versprochen, dass sie uns aus den Zielorten besser rauslotsen wollen. Heute war davon nichts zu spüren. Wir standen im Chaos des Berufsverkehrs. Um halb acht waren wir endlich im Hotel. Massagen bis halb neun. Essen. Um 22 Uhr im Zimmer zur Nachtruhe. Tour de France - die Champions League im Radsport, zwei Köche bedienen die Profis. Wer das so in der Zeitung liest, der stellt sich sicher vor, was wir für ein glamouröses Leben führen. Ihr solltet uns heute mal sehen: Das Hotel - Motel! - ist toll. So'n kleiner Bunker mit Schimmel in den Badezimmern. Paco meinte schon, er übernachtet lieber im Camper. Wir haben ja zwei Köche dabei, da freut man sich immer aufs Abendbrot. Die durften heute aber nicht in die Küche. Der Hotel-Küchenchef hat sein Reich mit dem Schlachtermesser verteidigt. Also gab es blutige Steaks, bei denen man den Pulsschlag noch zu sehen glaubte... Morgen die Etappe wird schwer. Sehr hügelig, Terrain für Ausreißer. Ich hoffe natürlich auf einen Massensprint, aber ich fürchte, morgen hat eine Gruppe gute Chancen. Mal schauen. Bis morgen!
Heute war ein Tag zum vergessen. Die Franzosen nennen das „jour sans“. Ein Tag, an dem rein gar nichts lief, wie es sollte. Ich hatte keine Beine, das Rennen lief falsch, alles an diesem Tag lief falsch. Deshalb fällt auch mein Bericht etwas kürzer aus. Ich bin einfach fertig von der Etappe und brauche mehr Ruhe als sonst. Da bringe ich auch nicht mehr die Kraft auf, viel zu schreiben.
Am Anfang war es heute mal etwas ruhiger, weil vorne gleich die vier weg sind. Wir sind dann bei zehn Minuten Rückstand in die Tempoarbeit eingestiegen. Dann gab es ein gutes, zügiges Tempo bis 45 Kilometer vor Schluss und als der Abstand dann unter drei Minuten gesunken war, haben wir rausgenommen, weil keine Gefahr mehr fürs gelbe bestand. Danach herrschte ein richtig ekliges Tempo. Nicht richtig eingeschlafen, aber auch nicht auf Zug. 20 Kilometer vor dem Ziel wurde es den Sprintermannschaften dann aber zu knapp und die haben noch mal richtig reingetreten. Das hat mich umgehauen. Ich fahre lieber gleichmäßig mit einem guten Rhythmus als dauernd unterschiedlich schnell. Dann kam noch eine kleine Welle und ich bekam richtig schwere Beine. Hasi pilotierte mich zwar wieder vorbildlich bis kurz vor Schluss, aber dann kam diese eklige letzte Kurve und auf der ansteigenden Zielgerade ging mir die Kraft aus. Im Endspurt hatte ich nichts mehr zuzusetzen. Da sind Klassikerfahrer wie Ete und Freire oder so erfahrene Leute wie Cipollini im Vorteil.
Ich weiß gar nicht wievielter ich am Ende geworden bin, aber das ist dann auch egal. Fürs grüne Trikot habe ich bei 40 Punkten Rückstand sowieso keine großen Ambitionen mehr und ob achter oder 14. ist am Ende auch egal. Sprinter misst man eben an Siegen. Wenigstens haben wir das gelbe Trikot verteidigt. Das wollen wir jetzt bis nach Gerardmer halten. Aber dafür muss morgen die ganze Mannschaft arbeiten, vielleicht inklusive mir. Denn morgen die Etappe wird wieder schwer. Natürlich ist sie erneut sehr hügelig, Terrain für Ausreißer. Ich hoffe wie 2005 auf einen Massensprint, aber ich fürchte, diesmal wird sich wirklich meine Prognose erfüllen und eine Gruppe wird das Ziel vor dem Feld erreichen. Wenigstens ist das Hotel besser. Heute gab es statt blutigen Fleisches allerfeinste Pasta. Da macht Radfahren doch gleich viel mehr Spaß, hoffentlich morgen auch.
Drückt uns die Daumen!