Tour de Romandie 1. Etappe.
Ich hätte nicht einmal im Traum daran gedacht, dass mein Debüt so gut beginnen würde. Chavanel auf 2, Hunter auf 5, Taylor auf 6. Für heute war klar, dass Chavanel und Taylor jagt auf das gelbe Trikot machten. Das wurde bei der Teambesprechung klar mitgeteilt. Bei Sidney sah ich heute schon am Morgentisch, dass er heiss auf das Rennen war. Irgendetwas verriet mir, dass der heute eine zentrale Rolle spielen sollte. Die Etappe von Fribourg nach La Chaux de Fonds hätte auch ganz starken Sprintern zusagen können, doch dafür hätten sie sehr viel Kraft dafür aufwenden müssen, auf dem hügeligen Terrain. Es wurde schon vor dem Rennen gerätselt, ob die Favoriten bereits heute schon das erste Mal ihre Muskeln spielen lassen. Ich verlangte von meinen drei Topfahrern jedenfalls, dass sie etwas versuchen.
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Ich verlangte aber nicht nur von unseren Spitzenfahrern etwas, sondern wollte auch, dass die Fahrer, die noch um einen Platz beim Giro kämpfen sich zeigten, sich bewiesen. Gleich mit der ersten Attacke ging Calzati mit. Ihm folgten noch drei weitere Fahrer, doch kurz vor der Sprintwertung wurden sie wieder gestellt vom Feld, das von Credit Acricole angeführt wurde. Die Franzosen hofften wohl, dass sich Dean die Punkte holte, was er am Ende auch tat, aber nur die Punkte für den zweiten Platz. Gewonnen hat den Zwischensprint Robert Hunter. Kurz vor der Sprintwertung wies ich Stephane Goubert an, mit Hunter mit zugehen um dann gleich durch zuziehen. Goubert war nicht der einzige, der dies vor hatte. So bildete sich direkt nach dem Zwischensprint eine neue und diesmal erfolgreiche Spitzengruppe. Ich schickte den zweiten sportlichen Leiter nach vorne, wie hiess der nochmal? Genau Gilles Mas. Der ging zu Stephan nach vorne und konnte bereits nach der ersten Bergwertung zu mir nach hinten funken, dass Goubert sehr gut drauf sei und nur noch Rast als Begleiter bei sich habe.
"Der ist wirklich sehr gut in Form", dachte ich, während ich das Renngeschehen auf dem Monitor im Teamwagen verfolgte. In regelmässigen Abständen kamen Krivtsov oder Naibo nach hinten, um neue Flaschen zu holen. Einmal kam sogar der junge Sidney vorbei, er sagte er hätte Hunger, obwohl er schon ein paar Riegel gegessen hätte. Ich musste schmunzeln, war gleichzeitig aber über die Abgeklärtheit von des Jungen erstaunt. Während ich ihm neue Riegel gab fragte er, ob noch angreifen dürfe, seine Beine fühlten sich sehr gut an. In den Augen von Sidney war zu sehen, dass er gewillt war, mir zu beweisen, wie gut er wirklich ist, aber nichts von sich aus unternimmt.
"Im Moment ist es wichtig, dass du noch im Feld bleibst, falls Sylvain dich bräuchte, wir werden in der Schlussphase sehen, wer wie gut drauf ist und etwas versuchen darf", antwortete ich ihm trocken und liess ihn wieder nach vorne fahren. Bis dahin war es eine ruhige Fahrt. André der Techniker, Mike der Betreuer und ich hatten viel Spass im Auto bis zum Flachstück vor der letzten Bergwertung. Die Fahrer im Feld hatten mir immer wieder gefunkt, dass sie sich gut fühlten und natürlich war jetzt langsam die Nervosität zu spühren. Robert hat klar gemacht, dass er das Tempo am letzten Anstieg nicht wir halten können, wenn Attacken kommen würden. Valentin, Sylvain Chavanel und Sidney dagegen waren kaum noch im Sattel zu halten. Alle drei wollte das gelbe Trikot angreifen, wollten sich präsentieren und beweisen. Schon am Fusse des Anstiegs forcierte Saunier Duval das Tempo. Etliche Fahrer mussten schon früh reissen lassen, darunter Juri Krivtsov, Robert und etwas später auch Carl Naibo. Wenn viele Teammanager den jungen Fahrer vorwerfen, dass sie nur noch nach Ansagen und Befehlen von Teammanager fahren und nicht mehr selber wissen, wann sie angreifen sollen, so konnte man das unseren Fahrern nicht vorwerfen. Sidney war der erste, der eine Attacke setzte, wenn auch nur kurz. Doch er riss das Feld nun ganz auseinander. An der Spitze vorne waren zwar immer noch Rast und Stephane, doch ihre Chancen standen nicht allzu gut. Ich konnte mit dem Wagen nun immer näher an unserer Fahrer im Feld fahren, da aus dem grossen Feld nur noch eine kleine Verfolgerguppe geworden war. Dann sah ich auf dem Bildschirm die nächste Attacke. Ich hatte extra den Kommentar angeschaltet, damit ich höre, wenn etwas passiert. Das gelbe Trikot, in Person von Roman Kreuziger, versuchte sich vom Feld zu lösen und das 4 km vor der Bergwertung. Das löste sofort eine Lawine von weiteren Attacken aus. Durch den Funk waren nur noch schnell die Namen derjenigen Fahrer zu hören, die mit gingen. Glücklicherweise konnte mit Valentin, Sidney und Sylvain alle drei mitgehen. Relativ schnell liess mich der Renndirektor nach vorne fahren. Es waren noch 11 Fahrer, wobei Rast und Stephane nicht mehr sehr viel Kraft hatten. Zusammen und mit gut einer halben Minute fuhr man über den Gipfel, wo sich Stephane noch einmal die Bergpunkte sicherte. Wir waren in der komfortablen Situation, gleich mit vier Fahrer vorne vertreten zu sein. Stephane leistete noch einmal ein vorzügliche Arbeit ab und verhalf der Gruppe, den Vorsprung zum Feld zu vergrössern, ehe er sich, kurz vor dem letzten kleinen Anstieg, zurückfallen liess. Mit ihm verabschiedete sich auch Gregory Rast aus der Spitzengruppe. Es folgte das letzte Flachstück nach Chaux de Fonds. Immer wieder kamen Sidney und Sylvain zum Wagen um das Vorgehen zu besprechen. Sidney hätte am liebsten noch einmal angegriffen und gewonnen, doch es war klar, dass der Kapitän Chavanel, der sich immer noch sehr gut fühlte, die Etappe gewinnen sollte und somit ins gelbe Trikot schlüpfen sollte. Valentin gab mir klar an, dass er nicht mehr über die besten Beine verfügte und er zu 100% für Sylvain fahre. So verrichtete der junge Kasache auch am meisten Führungsarbeit auf den letzten Kilometer, ehe er sich ans Ende der Gruppe zurückfallen liess und von dort mit ihn ins Ziel rollte. Sidney dagegen setzte sich mit Sylvain an die Spitze der Gruppe. Mustergültig zog er den Sprint an und es machte den Anschein, als könnte er ihn gleich von vorne gewinnen. Erste Ziel ging Chavanel aus dem Windschatten, von hinten kam noch Fofonov, der Sieg war Sylvain nicht mehr zu nehmen und Sidney machte den Doppelsieg perfekt. Der Einstand nach Mass bei meiner ersten Pro Tour - Rundfahrt war perfekt.
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Chavanel war die Freude so richtig anzusehen. Endlich hatte er einen Pro Tour - Sieg feiern können. Seinen ersten in seiner Karriere. Sofort kam er zum mir und dankte mir, dass ich ihm die Chance bei Ag2r gegeben hatte und inmitten der vielen Presseleute sagte er mir, dass er beim Giro auch starten wolle. Er wolle unter mir fahren, das sei alles, hatte er seinen Entscheid begründet. Ich habe damit die Qual der Wahl beim Giro. Doch die Romandie geht noch weiter und die will ich jetzt auch gewinnen.
Ergebnis 1. Etappe von Fribourg nach La Chaux de Fonds:
1 Sylvain Chavanel AG2R PRÉVOYANCE 4h19'13
2 Sidney Morris Taylor AG2R PRÉVOYANCE s.t.
3 Dmitri Fofonov CRÉDIT AGRICOLE s.t.
4 Frantisek Rabon T-MOBILE TEAM s.t.
5 Vladimir Efimkin CAISSE D'EPARGNE s.t.
6 Valentin Iglinski AG2R PRÉVOYANCE s.t.
7 Roman Kreuziger LIQUIGAS s.t.
8 Koos Moerenhout RABOBANK s.t.
9 Wladimir Gustov TEAM CSC s.t.
10 Assan Bazajev ASTANÁ + 1'06
11 Kurt-Asle Arvesen TEAM CSC s.t.
12 Jens Voigt TEAM CSC s.t.
13 Mauro Santambrogio LAMPRE - FONDITAL s.t.
14 Andrea Moletta GEROLSTEINER s.t.
15 Gilberto Simoni SAUNIER DUVAL - PRODIR s.t.
16 Jakob Piil T-MOBILE TEAM s.t.
17 Manuele Mori SAUNIER DUVAL - PRODIR s.t.
18 José Ivan Gutiérrez Palacios CAISSE D'EPARGNE s.t.
19 Guido Trentin SAUNIER DUVAL - PRODIR s.t.
20 Ronny Scholz GEROLSTEINER s.t.
Gesamtwertung:
1 Sylvain Chavanel AG2R PRÉVOYANCE 4h23'34
2 Sidney Morris Taylor AG2R PRÉVOYANCE + 8
3 Roman Kreuziger LIQUIGAS + 9
4 Valentin Iglinski AG2R PRÉVOYANCE + 18
5 Vladimir Efimkin CAISSE D'EPARGNE + 26
6 Frantisek Rabon T-MOBILE TEAM s.t.
7 Koos Moerenhout RABOBANK + 27
8 Wladimir Gustov TEAM CSC + 35
9 Dmitri Fofonov CRÉDIT AGRICOLE + 38
10 Rik Verbrugghe COFIDIS, LE CRÉDIT PAR TÉLÉPHONE + 1'16
Punktewertung:
1 Sylvain Chavanel AG2R PRÉVOYANCE 37
2 Sidney Morris Taylor AG2R PRÉVOYANCE 27
3 Roman Kreuziger LIQUIGAS 24
4 Dmitri Fofonov CRÉDIT AGRICOLE 16
5 Robert Hunter AG2R PRÉVOYANCE 14
Bergwertung:
1 Stéphane Goubert AG2R PRÉVOYANCE 40
2 Grégory Rast ASTANÁ 28
3 Niki Terpstra TEAM MILRAM 14
4 Nicolas Crosbie BOUYGUES TELECOM 6
5 Vladimir Efimkin CAISSE D'EPARGNE 6