Escartin scheint Recht zu behalten.
24 Stunden sind nicht viel, aber die Reaktionen der ersten 24 Stunden nach dem Dietz-Interview sind tatsächlich grausam.
Von der Idee, die ich Dietz weiterhin zugestehe, nämlich dem Wegkommen von den 50 armen Fuentes-Hanseln, ist nicht viel geblieben. Der Name Telekom/T-Mobile ist einfach zu attraktiv, in Deutschland schießt sich alles auf dieses eine Team und seine goldene Vergangenheit ein.
Aldag wird das nächste Opfer sein, danach wird T-Mobile entweder austeigen oder weiterhin abstrusen Anti-Doping-Kampf führen.
Leider hat Dietz wohl genau das erreicht, was er als ihm am meisten verhasst beschrieben hat: Dass wieder jemand über eine Vergangenheit stolpert, in der er das gleiche gemacht hat wie seine ganze Umgebung.
Süddeutsche hat geschrieben:Nach den überraschenden Doping-Geständnissen der früheren Telekom-Profis Bert Dietz und Christian Henn erwägt der Konzern einen Ausstieg aus dem Radsport. Stephan Althoff, Sponsoring-Leiter der Telekom, sagte der Süddeutschen Zeitung, man müsse Konsequenzen ziehen, wenn der Sport nicht ,,sauberzubekommen‘‘ sei.
Ja, T-Mobile hat es versucht, ist aber an perfiden Ärzten und dem Schwein Dietz gescheitert.
1998 klang das etwas anders:
"Wir bleiben dem Radsport treu. Wir sind sicher, daß bei uns alles sauber abläuft. Garanten dafür waren für uns von Beginn an Walter Godefroot und Prof. Keul, unter dessen ständiger medizinischer Kontrolle alle Fahrer stehen. Wir sind weiter davon überzeugt, daß nicht nur unser Team sauber ist, sondern auch die große Mehrheit im Radsport. Schwarze Schafe gibt es leider überall im Leben, auch in jedem Sport."
(Jürgen Kindervater, Vorstandssprecher der Deutschen Telekom AG, der sich halt auskannte bei seinen Garanten mit der blitzsauberen Vita)
Weiter aus der Süddeutschen von heute:
Rudolf Scharping, Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer, verlangte eine schnelle Aufklärung der neuen Doping-Anschuldigungen gegen Telekom. Dies müsse ohne Ansehen der Person geschehen.
Kotz.
,Eine Generalamnestie geht mir zu weit‘‘, sagte hingegen der sportpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, Winfried Hermann, der Netzeitung. Er forderte vielmehr drastische Strafen für Sportler, die manipulieren. ,,Mit dem sensationellen Bekenntnis von Herrn Dietz erweisen sich die Erfolgsserie von Team Telekom und der Tour-Sieg von Jan Ullrich als großer Sportbetrug‘‘, sagte Hermann und fügte hinzu: ,,Wenn zunehmend klar wird, dass hier betrogen wurde, dann müssen die Siege aberkannt werden - auch der Tour-Sieg von Jan Ullrich.‘‘
Tag, Herr Hermann. Über die Chance eines kleinen Netzzeitungs-Interviews haben Sie sich sicher am meisten gefreut. Und wir dachten immer, 1997 wäre alles gut gewesen.
Aus der FAZ:
DOSB-Präsident und IOC-Vizepräsident Thomas Bach erwiderte am Donnerstag, sein Verband verfolge seit langem eine Null-Toleranz-Politik gegen Doping. Doch dabei seien rechtsstaatliche Prinzipien zu beachten und individuelle Verantwortung nachzuweisen; Sportler dürften nicht in Sippenhaft genommen werden. „Wir halten den Kampf des BDR gegen Doping für glaubwürdig“, sagte Bach für den DOSB,
Jawoll, individuelle Verantwortung.
Was heißt: Schnauze halten, Jungs, sonst trifft es euch.
Sorry, Escartin, das ich heute morgen einen Anflug von Romantik hatte.