3. Juni 2006 - GP Schwarzwald
Wie ein Sieg
Juhu, endlich wieder Rennen fahren. Nach meiner knapp zweimonatigen Zwangspause ging es heut für mich wieder richtig los. Man war ich heute heiß. Die letzten Tage konnte ich sehr gut trainieren, und war froh wieder im Wettkampf zu stehen. Natürlich konnte man heute nicht viel erwarten. Das war klar. Dazu war das Profil beim GP Schwarzwald einfach zu anspruchsvoll. Auch wenn nicht die ganz großen Stars am Start standen, so war das Rennen doch gut besetzt. T-Mobile trat mit Eddy Mazzoleni an, Gerolsteiner setzte auf Markus Fothen und wir wollten Karsten Kroon vorne platzieren.
Beim Einschreiben gab es erst einmal die Begrüßung vieler alter Spezis. ,,Na, wieder fit", hörte ich von einigen Kollegen. Man hatte also mein Leid verfolgt. Nicht am Start stand Gerald Ciolek, also gab es heute natürlich auch keine Gespräche. So wie es aussieht, werden wir uns wohl tatsächlich erst bei den Deutschen Meisterschaften treffen.
Nun aber zum Rennen. Vor dem Kurs hatten wohl viele Fahrer Respekt. Nur so kann ich es mir erklären, dass es lange Zeit keine Fluchtversuche gab. Um etwas Schwung in die Bude zu bringen, wurde es unserem Sportlichen Leiter Rolf Aldag zu bunt. Mit Bert De Waele beorderte er einen starken Fahrer in die Offensive. Mit ihm konnten zwei weitere Fahrer mitgehen und so bildete sich die erste Spitzengruppe des Tages, die allerdings schon 70 Kilometer vor dem Ziel wieder eingeholt wurde.
Vor allem Gerolsteiner und das italienische Panaria Team, das für den starken Kletterspezialisten Emanuele Sella fuhr, machten Tempo und sorgten dafür, dass die Ausreißer recht schnell wieder zurückgeholt wurden.
Durch dieses hohe Tempo wurde automatisch auch die Größe des Hauptfeldes dezimiert. Ich selbst hatte bis dato zum Glück noch keine großen Probleme und konnte gemeinsam mit meinen Teamkollegen in dem nun auf knapp 50 Fahrer geschrumpften Hauptfeld verbleiben.
Nach wie vor fuhr ich stets an der Seite von Karsten Kroon. Meine Aufgabe war es so lange wie möglich an seiner Seite zu bleiben und im Notfall, bei Defekt, auf ihn zu warten.
Allerdings merkte ich, dass Karsten heute nicht seinen besten Tag erwischt hatte. Er sah nicht wirklich gut aus und kurz darauf teilte er mit, dass heute bei ihm nichts drin sei.
Kaum hatte er dies gesagt, wurde das Tempo im Feld noch einmal verschärft - und Karsten war weg. Jedoch ging es so noch vielen weiteren Fahrern, so dass nur noch eine acht Fahrer starke Spitzengruppe übrig geblieben war.
Dazu gehörten die Gerolsteiner-Fahrer Markus Fothen, Markus Zberg und Ronny Scholz, Eddy Mazzoleni von T-Mobile, Massimo Codol von Tenax, Cristian Gasperoni von Naturino und schließlich Bert de Waele und ich von Capitol.
Gut 50 Kilometer vor dem Ziel waren also acht Fahrer an der Spitze des Rennens - und ich war dabei. Man, das fühlte sich richtig geil an. Das gab mir so einen Kick, gleich im ersten Rennen wieder vorne mitfahren zu können, dass ich meine Beine überhaupt nicht mehr spührte.
Ich hatte keine Probleme in den nächsten Anstiegen. Bei meinem Teamkollegen Bert war dies jedoch anders. Er hatte in seiner Flucht zu Beginn des Rennens zu viel Kraft verbraucht und musste diesen Strapazen nun Tribut zollen. Nun waren die Gerolsteiner also ganz klar im Vorteil. Drei Fahrer in einer Siebener-Gruppe. Da mussten sie schon viel falsch machen, um das Ding nicht zu gewinnen.
Allerdings bekamen Markus Zberg und Ronny Scholz auch ihre Probleme. Zunächst konnten sie sich noch am Ende der Gruppe halten, doch am vorletzten Anstieg des Tages war bei ihnen Schicht im Schacht.
Allerdings schrumpfte die Gruppe von sieben Fahrern nur auf sechs Fahrer: Von hinten war Bergfloh Emanuele Sella als Solist an die Spitzengruppe herangefahren.
Gut 12 Kilometer vor dem Ziel stand fest, dass der Sieger des Rennens aus dieser sechsköpfigen Spitzengruppe kommen würde. Mit meinem sportlichen Leiter Rolf Aldag besprach ich über Funk noch unsere Herangehensweise. Allerdings würde nicht nur die Taktik über den Ausgang des Rennens entscheiden, sondern auch die Beine. Schließlich war der gut 1,5 Kilometer lange Schlussanstieg bis zu 9% steil.
Als wir in den Anstieg hinein fuhren befand ich mich ziemlich am Ende der Gruppe. Bis 700 Meter vor dem Ziel blieben wir zusammen. Da merkte ich, dass de vor mir fahrende Eddy Mazzoleni in Problemen steckte. Schnell zog ich an ihm vorbei. Ich hatte jedoch so viel Schwung drauf und steckte anscheinend noch so voller Power, dass ich auch gleich direkt an meinen restlichen Kontrahenten vorbeizog.
Ich war nun in Führung und das Ziel kam immer näher. 400 Meter - 300 - 250 - 200 - 150 100 - da sah ich nur wie an mir auf einmal Emanuele Sella vorbeigeflogen kam.
Ich konnte nichts mehr entgegensetzen. Meine Beine waren komplett zu. So konnte Sella das Rennen gewinnen und ich musste mich über Platz zu freuen. Im Ziel schlug ich verärgert auf meinen Lenker. Ich war doch soooo nahe dran am Sieg.
Jetzt im Nachhinein kann ich jedoch mir meinem zweiten Platz hoch zufrieden sein. Das war doch ein Einstand nach Maß. Meine Teamkollegen kamen, als sie im Ziel waren, zu mir und beglückwünschten mich, als ob ich das Rennen gewonnen hätte. Auch wenn ich bei der Siegerehrung nicht auf dem obersten Treppchen stand, so fühlte ich mich doch wie der eigentliche Gewinner des Rennens.
Ein paar meiner Teamkollegen sind in den letzten Tagen bei der Luxembourg Rundfahrt, die heute zu Ende ging, gefahren. Dort konnten wir,außer ein paar Achtungserfolgen, jedoch nichts erben. In der Gesamtwertung war Stef Clement unser bester Fahrer. Er beendete die Rundfahrt auf Rang 7. Den Sieg sicherte sich Kurt Asle Arvesen, der vor wenigen Tagen ncoh beim Giro der wichtigste Helfer von Ivan Basso war. Der scheint also noch gute Reserven zu haben.
Morgen geht es für einen Teil meiner Kollegen schon mit dem nächsten Rennen weiter. Bei der Dauphine Libere treten wir mit Paco Lara, Daniel Atienza, Wim van Huffel, Kenny van Hummel, Oscar Mason, Remmert Wielinga, Julien Smink, Igor Abakoumov und Marten Tjallinigi an.
Wie es bei mir weiter geht, steht noch nicht genau fest. Wenn ich meinen ersten Renneinsatz gut verkraftet habe, dann werde ich bei der Tour de Suisse starten. Wenn nicht, dann geht es zum Ster Elektrotoer.
Ergebnisse:
GP Schwarzwald:
1. Emanuele Sella (Panaria)
2. Christoph Adamietz (Capitol)
3. Markus Fothen (Gerolsteiner) +11
4. Cristian Gasperoni (Naturino)
5. Eddy Mazzoleni (T-Mobile) +27
Endstand Luxembourg Rundfahrt:
1. Kurs Asle Arvesen (CSC)
2. Michael Rogers (T-Mobile) +25
3. Laszlo Bodrogi (Credit Agricole) +33
4. Anthony Charteau (Credit Agricole) +38
5. Kai Reus (Rabobank Continental) +39
7. Stef Clement (Capitol= +51