Noch klein, aber bald vielleicht ganz groß?

FIKTIVE Radsport-Geschichten von Usern, die sich für schreibtalentiert halten

Moderator: Grabba

lbanMayo
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Beitrag: # 321200Beitrag lbanMayo
3.12.2005 - 17:58

is wirklich ein Klasse AAR!
das einzige was mir fehlt... und darum bitte ich dich mal vll das reinzubringen.... bei den lang beschrieben Etappen mal nen Screen...... das würde deine lange Texte (die super geschrieben sind) ein bissl auflockern
Andreas.... du Heulsuse ... brauchsten Taschentuch? :D

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Henrik
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Beitrag: # 321260Beitrag Henrik
4.12.2005 - 9:37

Als ich morgens aufwachte, wurde ich von Alejandro zu seinem Laptop bugsiert, um mir eine e-Mail durchzulesen. Sie war von Olaf Ludwig, der sich für die Teamzusammensetzung im nächsten Jahr kümmerte, da er die Teamleitung übernehmen würde. Er wollte mit Alejandro in Verhandlungen über einen Wechsel eintreten um den Vinokurov-Abgang zu kompensieren. Und ich verstand, dass Alejandro nicht sofort ablehnen konnte, denn über ein Angebot von T-Mobile, einem der weltbesten Teams mit starken Fahrern, musste man einfach nachdenken. Und er schien hin- und hergerissen, ob er im vertrauten Umfeld bei Euskaltel bleiben sollte, wo er eine ganz starke Tour hingelegt hatte, oder ob er zu den Deutschen gehen würde, wo er einem Jan Ullrich bei der Tour helfen müsste, aber dafür bei der Vuelta wohl freie Hand bekommen würde. Eine schwierige Entscheidung für ihn, und das ganze wurde auch nicht leichter, als kurz darauf noch auch noch Liquigas und Phonak anfragten, weil von seinen „Wechselgedanken“, wie sie es nannten, gehört hätte. Für ihn war es jetzt eine schwere Situation, und ich war ehrlich gesagt froh, nicht in seiner Situation zu stecken. Denn seine Alternativen sahen so aus:
• Bei Euskaltel bzw. ONCE bleiben und Vinokurov vor die Nase gesetzt bekommen, aber sein Umfeld behalten
• Zu T-Mobile wechseln, wo er hinter Ullrich stehen würde, aber die Vuelta als uneingeschränkter Kapitän fahren dürfte und bei Patzern des Kapitäns erster Nachrücker wäre
• Bei Phonak wäre er alleiniger Kapitän, aber nach dem Weggang von Pereiro würden auch Botero und Landis die Mannschaft verlassen. Einziger bisher angekündigter Ersatz war Nozal.
• Liquigas gäbe ihm die Möglichkeit, zwei GTs als Leader zu fahren. Nachteile wären, dass die starken Bergfahrer fast komplett wechseln und er bei Klassikern nicht auf eigene Kappe fahren dürfte, weil Di Luca und Celestino hier die Kapitäne sein würden.

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Henrik
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Beitrag: # 321446Beitrag Henrik
5.12.2005 - 16:18

Nachdem mir der Morgen zu Denken gab, verlebte ich eine ruhige Startphase, in Gedanken über die Angebote vertieft. Auf den 180 topfebenen Kilometern würde es bei 30° auch nicht viel zu tun geben, meine Aufgaben standen in den nächsten Tagen bevor. Schnell fand sich eine hochkarätige neunköpfige Gruppe, in der unter anderem Juan Antonio Flecha, Tom Boonen, Giovanni Lombardi, der scheinbar nie müde wurde, Luciano Pagliarini und Leon van Bon fuhren. Warum der Führende in der Bergwertung, Matthew Hayman, mitgegangen war, blieb mir schleierhaft, denn keine einzige Steigung war zu bewältigen. Im Feld übernahmen Discovery, Gerolsteiner und Credit Agricole die Arbeit, wir rollten gemütlich mit. Als ich einen Seitenblick auf Alejandro warf, bemerkte ich, dass er angespannter schien als sonst. Aber das wäre auch bei mir der Fall gewesen, zu hoffen blieb nur, dass ihn das Wechselangebot nicht in seiner Leistung beeinträchtigen würde.

Die Gruppe wurde schnell weggelassen, Flecha konnte nicht mehr mitgehen und musste sich zurückfallen lassen. 110 Kilometer waren noch zu fahren, als der Abstand die 11-Minuten-Marke passierte. Jetzt wachte das Feld auf, Credit Agricole zog das Tempo zusammen mit T-Mobile und Cofidis an. Flecha wurde nur wenige Minuten später eingeholt, die acht anderen gaben erste Anzeichen von Kräfteverschleiß von sich. Mit der Ruhe war es vorbei, Latasa fiel mit einer Reifenpanne hinter das Feld zurück und würde vermutlich nicht mehr zurückkommen. Der Rückstand wurde permanent verkürzt, bei der letzten Sprintwertung waren es nur noch vier Minuten. Wenig später war der nächste nicht mehr im Stande, dabeizubleiben und die Gruppe schmolz weiter. 12 Kilometer vor dem Ziel konnten nur noch fünf Fahrer dem Feld Wiederstand leisten, und auch für sie waren nur noch 40 Sekunden Abstand vorhanden. Die Rechnung der Sprinter schien perfekt aufzugehen und die Ausreißer wurden 5000 Meter vor dem Ziel gestellt.

Die letzten Kilometer wurden mit einem Höllentempo gefahren, keiner sollte mehr ausreißen. Dennoch versuchte Baguet es 2000 Meter vor der Ziellinie, Lampre Caffitta war an der Spitze des Sprinterzugs. Bennati brachte als letzter Anfahrer zwar seinen Kapitän Mazzoleni wieder heran, doch das hatte ihn viel Kraft gekostet. Und so musste er früh rausfahren, woraufhin Erik Zabel bereits unter dem roten Teufelslappen vorbeiziehen musste. Fast wäre das zu zeitig gewesen, denn Hushovd schien deutlich stärker und auch O’Grady attackierte den deutschen. Es lief auf eine Entscheidung zwischen den dreien hinaus, der australische Meister war als erster geschlagen. Doch zwischen seinen beiden Kontrahenten wurde es ganz knapp, letztendlich gewann Zabel im Fotofinish. Wir rollten geschlossen ins Ziel, gut im Hauptfeld positioniert.

Zabel entschied also die vorerst letzte Sprinteretappe für sich, bevor morgen das Einzelzeitfahren und dann zwei Bergankünfte das Klassement durcheinander würfeln und die ersten Favoriten sich herausstellen würden. Das Zeitfahren war zwar nicht meine Stärke, aber im Gegensatz zur Tour de France ging es auf der Strecke um Barcelona nur 35 Kilometer lang im Kampf gegen die Uhr. Ich würde mich erneut beweisen müssen, und ich brannte auf die nächsten Tage. Alejandro hatte währenddessen ein offenes Gespräch mit Julian Gorospe geführt, in dem er ihn über seine Wechselgedanken informierte. Gorospe würde ihm keine Steine in den Weg legen, aber ihm wäre natürlich eine Entscheidung zugunsten seiner Mannschaft lieber gewesen. In den nächsten Tagen würde es sich herausstellen, aber jetzt war erst einmal Vuelta und wir mussten um vordere Plätze fahren.

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Henrik
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Beitrag: # 321456Beitrag Henrik
5.12.2005 - 17:21

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Ich hatte eine grandiose zweite Hälfte im Zeitfahren hingelegt und nur acht Sekunden auf Gonchar verloren, Alberto hatte Gold übernommen und Oscar war ebenfalls gut durchgekommen. Der einzige Wehmutstropfen war Alejandro, der viel Zeit verloren hatte. Damit war eine völlig neue Situation gegeben, Oscar lag gut platziert, aber Alejandro war kurz davor, seine Chancen einzubüßen. Meine Rolle in dem Spiel konnte man noch nicht wirklich definieren. Alejandro hatte übrigens am Morgen angekündigt, dass er sich schnell entscheiden und am Abend seine Entscheidung über einen Wechsel bekannt geben wollte.

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Henrik
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Beitrag: # 321467Beitrag Henrik
5.12.2005 - 17:51

Ich lag in meinem Zimmer. Gleich würden wir zum Essen gehen, wo Alejandro seine Entscheidung den anderen mitteilen würde. Ich hatte keine Ahnung, wie diese aussehen würde, und ich würde auch zu keinem Ergebnis kommen, bevor er es verraten würde. Dann kam Julian Gorospe herein, er nahm Alejandro zu einem Einzelgespräch zur Seite. Er wollte es vor der Mannschaft wissen, da war ich mir sicher. Aber er kam ohne irgendeine Regung in seinem Gesicht wieder herein, gemeinsam gingen wir zum Essen. Auf dem Speiseplan stand dasselbe wie immer, zwei Wochen müsste ich jeden Abend noch ein ums andere Mal auf Abwechslung beim Essen verzichten. Aber das war jetzt weniger wichtig. Alejandro stand auf, und sofort war es ruhig in dem extra für uns bereitgestellten Raum. Jetzt würden wir mehr wissen, gespannt blickte ich zu ihm auf.

„Bevor ich euch das Ergebnis meiner Planungen offenbare, möchte ich euch noch eins sagen: Es ist mir sehr schwer gefallen, zwischen den guten – sowohl sportlich als auch finanziell – Angeboten auszuwählen. Aber letztendlich habe ich mich entschlossen, nächstes Jahr für T-Mobile an den Start zu gehen. Ich bekomme die Chance, bei einem der weltbesten Teams zu fahren und möchte diese Möglichkeit ergreifen. Ich möchte mich bei euch für das schöne Jahr bedanken, und hoffe, dass ich bei der Vuelta und den nachfolgenden Klassikern noch einmal alles für Euskaltel geben kann.“

Er setzte sich wieder, und beklommenes Schweigen trat ein. Ich hatte es zwar irgendwie erwartet, dass er sich eine solche Gelegenheit nicht entgehen lassen würde, aber trotzdem hatte ich mir Hoffnungen gemacht, dass er sich für das Umfeld entscheiden würde, für die Bedingungen bei Euskaltel. Aber ich konnte es nicht ändern, dass mein bester Freund sich so entschieden hatte. Und es wäre nicht fair gewesen, es als Freundschaftssache hinzustellen, ob er das Team wechselt oder nicht.

Aber was würde jetzt aus meiner Zukunft? Schließlich hatte nur Alejandro dafür gesorgt, dass ich einen Platz bei Euskaltel bekam. Und jetzt, wenn er gehen würde? Müsste ich auch weg? Ein Gespräch mit Julian Gorospe gab mir Auskunft darüber. Und ich war froh, dass er sich so deutlich ausgedrückt hatte: „Du bist ein großes Talent, wir behalten dich. Da brauchst du gar nicht erst zu diskutieren.“ Damit war dieses Problem aus der Welt geschafft. Morgen, so nahm ich mir vor, würde ich wie die gesamten drei Wochen über alles für meine Mannschaft geben, und vielleicht könnte ich Alejandro zum Abschluss ja noch zu einem Sieg verhelfen.

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Henrik
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Beitrag: # 321585Beitrag Henrik
6.12.2005 - 14:54

Nachdem ich begann, den Schock von Alejandros Wechsel zu verdauen, stand direkt der nächste Prüfstein vor mir: Die erste richtig harte Bergetappe von Girona nach Andorra Arcalis. Über die 193 Kilometer verteilt warteten drei harte Anstiege, bevor die Bergankunft zur endgültigen ersten Selektion führen würde.

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Wir hatten zwar das goldene Trikot, doch um uns aus der Arbeit halbwegs herauszuhalten sollte Koldo Fernandez heute in einer Gruppe mitgehen. Und Alberto hatte auch gar nicht das Bedürfnis nach einer Sonderbehandlung, er würde weiter seinen Pflichten nachgehen. Natürlich war es etwas Außergewöhnliches für ihn, aber er war sich im Klaren, dass er nicht lange vorne bleiben würde. So würden wir uns größtenteils ausruhen können und müssten nicht das Feld anführen.

Noch vor dem ersten Berg gab es Angriffe, die das Feld sprengen wollten. Eine Spitzengruppe mit Engels, Mondory und Koldo bildete sich, Grivko und Stangelj waren als Solisten auf der Verfolgung. Der junge Ukrainer kam als guter Bergfahrer schnell nach vorne, auch Stangelj fand den Anschluss im Laufe des ersten Anstiegs. Das Feld schien nicht verwirrt angesichts unserer vorläufigen Abwesenheit in der Führungsarbeit, stattdessen machten sich wie schon auf den Sprinteretappen an den Tagen zuvor verschiedene Teams gemeinsam für die Kontrolle verantwortlich.

Der erste Berg führte trotzdem schon zu einem größeren Abstand, fünf Minuten und 49 Sekunden vor dem in zwei Teile zerfallenen Hauptfeld passierte Stangelj als erster das Transparent, das die Bergwertung anzeigte. Uns ging es noch gut, aufmerksam waren wir bei lockerem Tempo hinaufgefahren. Aber Sevilla, Noe, Karpets, Leipheimer, Klöden, Mayo, McGee und Landis gehörten zu denen, die nicht mehr im Hauptfeld waren, wobei ich das nicht als Schwäche, sondern als Unachtsamkeit interpretierte. Und die Abfahrt gab mir Recht, alle fanden wieder in die große Meute zurück.

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Der zweite Anstieg kündigte sich bereits 30 Kilometer vor dem Erreichen des Gipfels an, die Straße führte ständig leicht bergauf, während der Abstand sich seit der ersten Passhöhe erneut verdoppelt hatte. Im Feld übernahm jetzt Heras Liberty-Mannschaft die Federführung, da sonst niemand für eine ordentliche Geschwindigkeit sorgte. Wir hatten die Nerven behalten und waren weiter zurückhaltend gefahren, erster Erfolg zeigte sich. Und uns zeigte sofort, dass bei Manolo Saiz heute das Abschneiden von Heras alleinige Priorität genoss, alle anderen erledigten Helferdienste. Sofort fanden sich auch die Fahrer von Illes Balears in der zweiten Reihe neben uns ein, keiner wollte bei der ersten wirklich harten Bergetappe verschlafen.

Doch zu unserer Überraschung stiegen sie schon hier in die Arbeit mit ein, jetzt wurde ordentlich auf die Geschwindigkeit gedrückt, was wir direkt zu spüren bekamen: David Herrero Llorente und Unai Etxebarria, die wohl am wenigsten versierten Kletterer unseres Teams, bekamen Schwierigkeiten. Inigo biss sich dagegen für seine Verletzung erstaunlich gut durch, eine starke Leistung bis hier hin. Und er war auch nicht der nächste, der sich vorläufig in hintere Regionen verabschiedete, sondern unser Gold-Trikot und Samuel Sanchez Gonzales. Doch kurz vor dem Ende der hinten heraus doch heftig steilen Bergpassage musste er sich ebenfalls eine kurze Ruhepause gönnen, die er nicht an unserer Seite verbachte. Ich dagegen kam noch gut mit und war der einzige, der vollständig bei Alejandro und Oscar bleiben konnte, ein Pluspunkt für mein Selbstvertrauen.

Den Gipfel überquerte eine 34-köpfige Gruppe, die sich leicht vom Feld abgesetzt hatte, eine halbe Minute vor ebendiesem und nur noch fünf Minuten hinter den Ausreißern. Wir waren in dieser von Liberty und Illes Balears initiierten Verfolgergruppe vierfach vertreten, aber viele Favoriten hatten schon wieder den Anschluss verpasst. Und da sich das Feld nun in viele Gruppen aufgeteilt hatte, konnte man nicht mehr sicher vom Wiederanschluss der anderen ausgehen. „Ihr habt auf viele starke Fahrer einiges an Vorsprung, aber behaltet die Nerven und lasst die anderen arbeiten. Noch haben wir einen Mann in der Ausreißergruppe“, sagte uns Julian Gorospe aus dem Begleitwagen an. Da er schon hinter der Gruppe fuhr, was Inigo mir mitteilte, nachdem er Wasser geholt hatte, deutete darauf hin, dass der Abstand tatsächlich schon beträchtlich war. Und Liberty sorgte mit Illes Balears weiter für Tempo, sodass der auch unser Rückstand zu dem Quintett vorne beachtlich schmolz. Noch vor dem Ende der langen Abfahrt waren die fünf eingeholt, nach hinten teilte uns Gorospe mittlerweile drei Minuten Abstand mit. Es sah also danach aus, als würden die Favoriten wir Klöden, Garate, Gomez Marchante, Sevilla oder Azevedo nicht mehr vorne mit in den Kampf um den Sieg mit eingreifen können.

Der vorletzte Berg war erneut eine unangenehme Steigung, der wirklich anspruchsvolle Teil streckte sich über 20 Kilometer hin. Hier war nicht nur für Koldo Schluss mit lustig, auch Inigo ließ sich zurückfallen. Eine Spitzengruppe mit Montgomery, Beltran, Mercado und Pecharromman setzte sich jetzt ab, dahinter folgte die noch 13-köpfige Favoritengruppe. Beunruhigend war zu diesem Zeitpunkt nur die Tatsache, dass Quickstep direkt zwei gute Kletterer in der vorderen Gruppe platziert hatte und mit Rogers einen dritten Aussichtsreichen in unserer Verfolgerformation besaß. Aus dieser fielen jetzt auch Beloki und van Huffel heraus, Heras war endgültig isoliert. Illes Balears war dagegen wie wir mit Colom, Karpets und Mayo noch dreifach vertreten, letztgenannter trat kurz aufs Gaspedal. Sofort merkte ich, dass meine Beine mehr beansprucht wurden, doch schnell hatte Mayo sein Ziel erreicht: Der Rückstand zur Spitzengruppe war wie weggeblasen, die von Quickstep ausgehende Gefahr also vorerst gebannt. Aber es wurden auch negative Auswirkungen für den Illes Balears-Kapitän deutlich: Sein Helfer Colom musste sich verabschieden, auch Karpets geriet in Schwierigkeiten. Zusammen mit Rogers ließ er eine kleine Lücke entstehen, die er nicht wieder schließen konnte. Den nächsten Angriff fuhr erneut Beltran, der sich dieses Mal mit Mazzoleni absetzte.

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Patxi Vila brach jetzt ein, er musste uns genau so wie Montgomery und Pecharroman ziehen lassen. Auf den letzten Metern des Anstiegs konnten wir Mazzoleni und Beltran wieder einholen, jetzt war also unsere Neunergruppe vorne. „Eins-zwanzig auf die nächsten vier, Montgomery, Vila, Pecharroman und Rogers, dann einzelne andere abgefallene. Sieht bisher gut aus.“ Also schon eine Lücke zu den nächsten Verfolgern, und ganz vorne waren neben uns nur noch Mayo, Gonchar, Mercado, Mazzoleni, Heras und Beltran. Quickstep hatte also seine vielversprechende Dreierspitze verloren, wir hatten noch die meisten taktischen Optionen. Dann, in der Abfahrt, versteuerte Oscar sich vor mir und ich musste bremsen. Alejandro und die anderen rauschten vorbei und hängten uns ab, wir waren hinten gefangen. Jetzt hatten auch wir unsere Chancen leichtfertig verspielt, ich war schrecklich angefressen. Drei Berge Arbeit, um dann so zu verlieren? Das konnte nicht angehen, und ich trat voll in die Pedale, um wieder aufzuschließen. Oscar war nicht direkt hinter mir, eine kleine Lücke war zwischen uns. Die Steigung begann schon wieder leicht, Alejandro tat alles, um Uneinigkeit zu provozieren. Halbwegs erfolgreich war er, ich kam näher und näher. Dann hatte ich den Anschluss wieder, eine kurze Pause musste ich mir gönnen.

Doch bevor ich zur Ruhe kommen konnte, begann der Anstieg nach Andorra Arcalis. Und es ging nicht gemächlich los, Beltran war sofort abgehängt. Und dann traten sie an, die Favoriten. Mayo und Heras gingen aus dem Sattel und ließen uns stehen, jetzt musste ich beißen. Doch ich konnte nicht direkt wieder ranfahren, es ging einfach nicht. Mazzoleni organisierte stattdessen unsere Gruppe, aus der jetzt auch Gonchar zu fallen schien. Aber der Ukrainer biss sich fest an meinem Hinterrad, genau wie ich an dem von Alejandro. Anderthalb Minuten betrug der Abstand nach vorne, und uns blieben nur noch drei Kilometer. Alejandro merkte, dass ich nicht mehr im Stande war, um zu führen und ging jetzt selbst an die Spitze. Ich versuchte mit aller Kraft, dranzubleiben, und es gelang mir zumindest länger als den anderen. Gonchar war das erste Opfer, das Abreißen von Mercado und Mazzoleni ließ nicht lange auf sich warten. Aber ich, ich konnte noch dranbleiben, der letzte Kilometer. Ein letztes Mal beißen, alles geben. Mayo kam näher, er schien eingebrochen zu sein. Heras gewann, wir kamen näher heran. Und ich verlor nicht den Kontakt, ich biss mich weiter fest. Alejandro konnte fast noch mit mir im Schlepptau zu Mayo aufschließen, aber zehn Sekunden fehlten dann doch noch. Heras hatte 31 Sekunden auf seinen Kontrahenten gutgemacht und übernahm damit das Führungstrikot. Der zweite hatte nur acht Sekunden Rückstand, und dieser zweite hieß Jose Romero. Acht Sekunden hinter Heras! In den ersten Momenten frustrierte mich das, aber dann wurde mir die Stärke dieser Leistung bewusst. Ich war nach der ersten Bergetappe nur so knapp hinter Roberto Heras zurück, und ich hatte das weiße Trikot.

10.Etappe: Girona – Andorra Arcalis:
1 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS - WURTH TEAM 5h06'13
2 Iban Mayo ILLES BALEARS + 31
3 Alejandro Valverde EUSKALTEL - EUSKADI + 41
4 Jose Romero EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
5 Eddy Mazzoleni LAMPRE - CAFFITA + 1'51
6 Sergei Gonchar DOMINA VACANZE + 2'17
7 Juan Miguel Mercado QUICK STEP s.t.
8 Óscar Pereiro EUSKALTEL - EUSKADI + 4'51
9 Manuel Beltran DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 5'06
10 Michael Rogers QUICK STEP + 5'43

11 José Antonio Pecharroman QUICK STEP + 7'40
12 Vladimir Karpets ILLES BALEARS + 8'12
13 Patxi Vila LAMPRE - CAFFITA s.t.
18 Isidro Nozal LIBERTY SEGUROS - WURTH TEAM + 9'56
19 José Azevedo DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM s.t.
20 Igor Gonzalez De Galdeano LIBERTY SEGUROS - WURTH TEAM s.t.
24 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM + 10'28
31 Iñigo Landaluze EUSKALTEL - EUSKADI + 10'44
32 Joseba Beloki LIBERTY SEGUROS - WURTH TEAM s.t.
35 José Angel Gomez Marchante SAUNIER DUVAL - PRODIR s.t.
80 Alberto Lopez De Munain EUSKALTEL - EUSKADI + 20'36


Gesamtwertung:
1 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS - WURTH TEAM 36h26'56
2 Jose Romero EUSKALTEL - EUSKADI + 8
3 Sergei Gonchar DOMINA VACANZE + 44
4 Iban Mayo ILLES BALEARS + 1'45
5 Alejandro Valverde EUSKALTEL - EUSKADI + 3'51
6 Óscar Pereiro EUSKALTEL - EUSKADI +4'00
7 Eddy Mazzoleni LAMPRE - CAFFITA + 4'33
8 Manuel Beltran DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 4'34
9 Michael Rogers QUICK STEP + 5'12
10 Juan Miguel Mercado QUICK STEP + 6'07

11 Vladimir Karpets ILLES BALEARS + 8'46
12 Igor Gonzalez De Galdeano LIBERTY SEGUROS - WURTH TEAM + 9'53
13 Alberto Lopez De Munain EUSKALTEL - EUSKADI + 10'02
14 José Azevedo DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 10'16
15 Santos Gonzalez Capilla PHONAK HEARING SYSTEMS + 10'37
16 Sven Montgomery GEROLSTEINER + 11'07
17 José Luis Rubiera DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 11'46
18 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM + 12'02
19 José Enrique Gutiérrez Cataluña PHONAK HEARING SYSTEMS + 12'05
20 Chris Horner SAUNIER DUVAL - PRODIR + 12'24


Oscar hatte durch unser Missgeschick fünf Minuten verloren, die ihn jetzt von der Führung trennten. Ärgerlich, aber leider nicht mehr zu ändern. Alberto hatte seinen Tag in Gold als 80. mit zwanzig Minuten Rückstand beendet und war auf den 13. Gesamtrang zurückgerutscht. Im Gesamtklassement lag Gonchar jetzt 44 Sekunden zurück, Mayo eine Minute mehr und Alejandro bereits fast vier Minuten, fast zeitgleich mit Oscar. Mazzoleni, Beltran und Mercado waren allesamt offensiv gefahren, aber keiner hatte die Früchte ernten können.

Ein toller Tag war für mich zu Ende, morgen wäre mein Ziel, das weiße Trikot zumindest noch zwischenzeitlich zu verteidigen. Denn langfristig müsste ich meinen Kapitän schlagen, und obwohl ich heute an Alejandro dranbleiben konnte, würde es in den nächsten Tagen sicher nicht so toll auf dem zweiten Gesamtplatz weitergehen. Denn morgen stand schon die nächste Bergankunft in Cerler bevor, und vorher würden uns erneut mehrere harte Berge das Leben erschweren. Und wenn Liberty das Feld wieder so früh sprengen würde, dann konnte man erneut ein extrem spannendes und hartes Rennen erwarten.

Übrigens hatte ich einmal gesagt, nach dem heutigen Tag könnte man mehr über die Gesamtwertung sagen. Mein Favorit blieb Roberto Heras, der seine Rolle eindrucksvoll untermauert hatte. Wenn Sergey Gonchar sich im Gebirge noch etwas steigern würde, wäre er sicher auch einer der Sieganwärter, Iban Mayo schien ebenfalls in Form zu sein. Alejandro müsste noch einmal deutlich zulegen, denn im Zeitfahren war Heras klar der Stärkere, Oscar hätte ich einen Podestplatz zugetraut, doch der heutige Tag brachte mir Zweifel. In Mazzoleni sah ich den letzten Kandidaten auf eine Top-Drei Platzierung, da er heute aktiv und stark gefahren war. Beltran hatte sich zwar am vorletzten Berg mehrmals gezeigt, war aber schon vor den Attacken von Heras und Mayo zurückgefallen, Rogers schätzte ich im Gebirge ebenfalls als zu schwach ein. Der Rückstand seines Teamkollegen Mercado belief sich bereits auf sechs Minuten, und er war zwar ein guter Bergfahrer, doch auch dieser Position fehlten ihm die Qualitäten im Kampf gegen die Uhr. Die Vuelta würde auf jeden Fall spannend bleiben, falls Heras nicht erneut dominieren könnte.

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Henrik
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Beitrag: # 321648Beitrag Henrik
6.12.2005 - 19:44

Von Anorra ging es heute über nicht weniger als vier harte Berge zum Anstieg hinauf nach Cerler, wo dann das Ziel der heutigen Etappe liegen würde. Und wenn Liberty wie tags zuvor erneut schnell die Tempoarbeit ergreifen würde, war erneut mit einer schnellen Selektion zu rechnen.

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Unsere Aufgabe war heute, im Feld zu bleiben und das komplette Augenmerk auf unsere Kapitäne zu werfen. Die Favoriten würden die sein, die auch gestern schon vorne zu sehen gewesen waren, mit großen Überraschungen würden wir es wohl nicht zu tun bekommen, wenn es an den Schlussanstieg ging. Aber die Frage war natürlich die Taktik von Liberty: Würden sie das Feld erneut früh auseinandernehmen oder heute länger warten? Ich rechnete eher mit letzterer Variante, da das Profil frühe Attacken mit Flachstücken zwischen den Bergen eher weniger begünstigte und Heras bis zum letzten Anstieg auf seine Helfer angewiesen sein würde.

Nach der harten Etappe nach Andorra Arcalis machten sich heute erstaunlich wenige auf die Flucht, am Beginn des ersten Anstiegs war das Feld noch geschlossen. Doch dann attackierten Gustov, De Jongh und Garrido. Das Trio konnte sich unter der Kontrolle der Blauen Liberty-Trikots etwas lösen, der Abstand begann langsam zu wachsen. Das Feld beruhigte sich endgültig, vor der Bergwertung griffen Montgomery und Garcia Quesada an, um sich die Bergpunkte zu sichern. Leicht über drei Minuten betrug der Abstand nach vorne, angesichts der schwachen Kletterer vorne absolut keine Gefahr. Bis zum Fuß des nächsten Berges konnten sie auf fünf Minuten erhöhen, am Anstieg erneut um anderthalb weitere. Aber das virtuelle goldene Trikot war trotzdem noch weit entfernt, De Jongh lag eine halbe Stunde zurück und war damit am besten positioniert.

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Doch jetzt begann die Jagd auf die Gruppe langsam, Illes Balears stieg mit in die Arbeit ein und erhöhte die Geschwindigkeit. Das Feld zog sich augenblicklich in die Länge, ein Großteil unseres Teams bekam erste Schwierigkeiten. Wie gestern bildete sich kurz vor dem Gipfel des dritten Anstiegs zu meiner Überraschung eine mittelgroße Verfolgergruppe, etwas unter fünfzig Fahrer waren beteiligt, wir jedoch erneut nur durch Oscar, Alejandro, Inigo und mich vertreten. Inigo schien sich erstaunlich erholt zu haben, seine Blessuren behinderten ihn immer weniger. Aber noch ein Debakel wie gestern, als Liberty die Ambitionen vieler Favoriten schnell ausgelöscht hatte, wollten sich viele nicht erlauben, und so wurde die Lücke wieder geschlossen, woraufhin wir nun auch wieder komplett waren. Garcia Quesada attackierte plötzlich, nachdem er sich auch vor den Bergwertungen schon aktiv gezeigt hatte.

Schnell kam er vorne heran und ließ die Gruppe mit Ausnahme von Grivko stehen, der erst einmal mitging. Aber auch er musste nach kurzer Zeit abreißen und sich einholen lassen. Um eine Minute pendelte der Vorsprung des Spaniers, während Liberty sich komplett zurückgezogen hatte. Doch auch Illes Balears konnte dafür sorgen, dass sich das gesamte Euskaltel-Team, abgesehen von den beiden Kapitänen und mir, ins hintere Feld zurückfallen lassen musste. Der vorletzte Anstieg war erklommen, 80 Fahrer befanden sich auf der Verfolgung des inzwischen um fast drei Minuten enteilten Garcia Quesada, ich schaute meinen Kapitänen ins Gesicht. Bei Oscar war ich beruhigt, doch Alejandro sah nicht mehr topfit aus. Hoffentlich könnte er sich noch einmal erholen. Und wie ging es mir? Eigentlich noch recht gut, zumindest fühlte ich mich besser als Alejandro aussah. Der Schlussanstieg würde uns über meine Verfassung aufklären.

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Inigo schloss wieder zu uns auf, aber ich rechnete nicht mit einer langen Unterstützung, denn es war nicht mehr weit bis zum Zielberg. Früh kündigten sich die ersten ansteigenden Passagen an, noch lange bevor der eigentliche Berg begann. Und schon verwirklichte sich meine Prognose: Als ich mich zu Inigo umdrehte, fand ich ihn nirgends. Er war schon wieder nach hinten verschwunden. Der Abstand nach vorne schmolz, pünktlich zu Beginn des Schlussanstieges war Garcia Quesada eingefangen. Ein erneuter Blick in Alejandros Gesicht erschreckte mich, er sah schon extrem leer aus. Er schien meinen erschreckten Ausdruck zu bemerken und meinte: „Mir geht’s nicht so gut, hast schon Recht. Aber ich beiße mich durch, ihr beide wartet nicht.“ Zweifelnd sah ich ihn an, doch er guckte weiter bestimmt zu uns herüber, und er hatte ja eigentlich das richtige getan: Er wollte nicht das Beste für sich, sondern für das Team. Eine edle Geste, wenn ich es mir überlegte, ein Team, für das man vielleicht sein letztes Rennen bestreitet, über die eigenen Ambitionen zu stellen.

Aber ich wurde aus meinen Gedanken gerissen: Die Favoriten attackierten. Ich warf noch einen kurzen Blick zu Alejandro, er bedeutete mir, mit Oscar nachzugehen. Er selbst versuchte es zwar auch, doch schnell waren meine letzten Hoffnungen zerstört. Jetzt musste ich mich festbeißen, alle Kräfte in die Wagschale werfen. Noch zehn Kilometer, zehn Mann umfasste auch unsere Gruppe: Gonchar, Beltran, Mercado, Gonzales Capilla, Mayo, Mazzoleni, Heras, Oscar und mich, und überraschend war auch noch Weening dabei. Aus meinem Ohr erfuhr ich, dass sich eine fünfköpfige Verfolgertruppe mit Montgomery, Perez Rodriguez, Klöden, Trentin und Horner gefunden hatte, die anderthalb Minuten hinter uns lag. Etwa 50 Sekunden später folgte die erste größere Gruppe, auch mit Alejandro.

Fünf Kilometer noch, weiter keine Angriffe. Meine Beine bekamen auf einem kurzen flacheren Abschnitt Gelegenheit, sich etwas zu erholen. Dieses Stück nutzte Mercado zu einer Attacke, eine kleine Lücke schob er zwischen sich und uns. Mayo versuchte, die Nachführarbeit zu übernehmen, doch auch ihm ging es nicht mehr so gut. Jetzt mussten wir uns durchbeißen, der letzte Kilometer kam. Neben mir attackierte Heras, ich schnappte mir das Hinterrad. Es fühlte sich an, als ob meine Beine jeden Moment explodieren würden, aber ich ließ nicht abreißen. Mercado kriegten wir nicht mehr, neun Sekunden fehlten letztendlich. Aber als ich mich umdrehte, sah ich nur Oscar und Mayo, die nächste Lücke folgte. Nach und nach trudelten weitere Favoriten ein, Alejandro ließ verdammt lange auf sich warten. Genau fünf Minuten und 40 Sekunden verlor er heute, seine Ambitionen auf den Gesamtsieg konnte er wohl begraben. Aber bei mir keimte Hoffnung auf einen vorderen Platz auf, denn ich war erneut stark gefahren und hatte meinen zweiten Gesamtrang verteidigt. Das weiße Trikot rückte ebenfalls näher, aber darüber wollte ich mir keine Gedanken machen.

11.Etappe: Andorra – Cerler:
1 Juan Miguel Mercado QUICK STEP 5h26'15
2 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS - WURTH TEAM + 9
3 Jose Romero EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
4 Óscar Pereiro EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
5 Iban Mayo ILLES BALEARS s.t.
6 Eddy Mazzoleni LAMPRE - CAFFITA + 35
7 Santos Gonzalez Capilla PHONAK HEARING SYSTEMS s.t.
8 Pieter Weening RABOBANK s.t.
9 Sergei Gonchar DOMINA VACANZE s.t.
10 Manuel Beltran DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 1'18

12 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM + 2'48
16 Vladimir Karpets ILLES BALEARS + 3'40
38 Alejandro Valverde EUSKALTEL - EUSKADI + 5'40



Gesamtwertung:
1 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS - WURTH TEAM 41h53'08
2 Jose Romero EUSKALTEL - EUSKADI + 12
3 Sergei Gonchar DOMINA VACANZE + 1'22
4 Iban Mayo ILLES BALEARS + 1'57
5 Óscar Pereiro EUSKALTEL - EUSKADI + 4'12
6 Eddy Mazzoleni LAMPRE - CAFFITA + 5'11
7 Juan Miguel Mercado QUICK STEP + 5'50
8 Manuel Beltran DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 5'55
9 Michael Rogers QUICK STEP + 9'11
10 Alejandro Valverde EUSKALTEL - EUSKADI + 9'34

11 Santos Gonzalez Capilla PHONAK HEARING SYSTEMS + 11'15
12 Vladimir Karpets ILLES BALEARS + 12'29
13 Sven Montgomery GEROLSTEINER + 13'48
14 Igor Gonzalez De Galdeano LIBERTY SEGUROS - WURTH TEAM + 13'52
15 Pieter Weening RABOBANK + 14'20
16 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM + 14'49
17 José Luis Rubiera DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 15'29
18 Chris Horner SAUNIER DUVAL - PRODIR + 15'32
19 José Azevedo DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 15'51
20 Patxi Vila LAMPRE - CAFFITA + 16'10


Im Gesamtklassement hatte Heras seine Rolle des Topfavoriten bestätigt, ich war zwar dran geblieben, aber mir war klar, dass das nur eine sehr gute Phase bei dieser Vuelta war und sich in einigen Tagen schon wieder geändert haben könnte. Gonchar war heute stark gefahren, und ihm traute ich ebenfalls zu, in den Kampf um die Podestplätze mit einzugreifen. Mayo gehörte natürlich auch zu den Anwärtern, aber zu Oscar folgte schon eine große Lücke. Mazzoleni, noch weiter hinten, war wohl im Zeitfahren zu schwach, Mercado müsste weitere Erfolge wie heute feiern und Beltran war erneut auf dem absteigenden Ast gewesen. Rogers würde sich genau wie Alejandro deutlich steigern müssen, aber er hatte den Vorteil seiner guten Zeitfahrerqualitäten, die er vielleicht am vorletzten Tag noch einmal ausspielen könnte. Aber neun Minuten waren wohl zu viel, da würden schon einige einbrechen müssen.

Morgen erwartete uns eine mit 145 Kilometern erneut kürzere Etappe, für uns wohl zum Ausruhen perfekt. Doch ich wollte mit dieser Form gerne noch eine Bergetappe fahren, ich war endlich richtig weit vorne angekommen. In der Teamwertung lagen wir übrigens mehr als 25 Minuten vorne, ein Ziel, dass wir im Auge behalten würden.

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Henrik
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Beitrag: # 321721Beitrag Henrik
7.12.2005 - 15:39

Heute stand wieder eine Flachetappe an. Also für uns eine perfekte Möglichkeit zum Erholen. Doch dieses Vorhaben hatten auch noch andere, lange gab es keine Attacken, doch dann griffen endlich sieben Fahrer an. Darunter waren Hunter, van Petegem, Arvesen und Sacchi, der zwei Tage das goldene Trikot getragen hatte. Also eine Gruppe mit drei halbwegs guten Sprintern, das Renngeschehen nahm seinen normalen Lauf. Ich durfte übrigens nicht im Trikot des besten Jungprofis fahren, da ich in der Bergwertung hinter Gesamtleader Roberto Heras zweiter war, hatte ich heute ein rotes Trikot an. Der Abstand begann schnell zu wachsen, und als nach der Hälfte der Distanz zehn Minuten angesagt wurden, war immer noch keine Reaktion im Feld zu bemerken, Liberty war nicht an einem Massensprint interessiert und die anderen Teams setzten nicht in der Führung mit ein. Also gab es zumindest keine anstrengende Aufholjagd, aber für Probleme sorgte etwas anderes: Nach den Bergen war das Sturzpech zurück, Benoit Vaugrenard hatte es erwischt. Doch der junge Franzose kam zurück ins Feld, ein Indiz für das langsame Tempo. Etwa fünfzig Kilometer vor dem Ziel stand das einzige Hindernis an, ein acht Kilometer langer Anstieg. Illes Balears zeigte sich sofort mit vorne, aber das Rennen blieb weiter ruhig. Siebzehn Minuten waren es inzwischen zu den Ausreißern, also die Chancen auf das Einholen und einen damit verbundenen Massensprint waren endgültig verschwunden. Stattdessen läutete sich vorne langsam die Entscheidung ein, Kern verlor als erster den Anschluss. Dann lancierte van Petegem eine Attacke, er setzte sich leicht ab und erzielte auch noch einen zweiten Erfolg: Servais Knaven konnte nicht mehr mitgehen. Weit war es nicht mehr, und der Abstand pendelte sich bei 20 Sekunden ein. Würde das gegen den Antritt von einem der stärkeren Sprinter reichen? Dazu kam es gar nicht mehr, van Petegem wurde 3000 Meter vor der Ziellinie eingeholt. Zeitgleich verlor Arvesen seine Chancen, jetzt waren nur noch drei Sieganwärter übrig. Guidi trat an und ließ den anderen keine Chance, van Petegem wurde zweiter vor Sacchi. Während vorne der Sieg vergeben wurde, hatten wir hinten noch zehn Kilometer vor uns. Und jetzt war auch im Feld das Tempo erhöht worden, die Sprinter würden sich um die verbleibenden Punkte streiten. De Jongh kam überraschend vor Hushovd, Hinault und O’Grady ins Ziel. In der Gesamtwertung änderte sich nichts, Sacchi schob sich als Ausreißer auf Platz 29 vor, aber sonst blieb alles beim Alten. Morgen würde es eine kleine Hügelankunft geben, vielleicht eine Chance für Alejandro, seine Endschnelligkeit auszuspielen.

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Henrik
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Beitrag: # 321859Beitrag Henrik
8.12.2005 - 16:56

Die 13.Etappe gehörte zu den großen unbekannten. Würde ein Sprinter den Schlusshügel überstehen, würde ein Klassikerfahrer siegen oder könnten die Gesamtfahrer Zeit gutmachen? Alles war möglich, wir würden vielleicht die Chance haben, Alejandro in Szene zu setzen. Um das Finale vorzubereiten, ging bereits zu Beginn der Etappe Alberto in einer Gruppe mit, unter seinen Mitstreitern waren die guten Sprinter Gasparotto, Flickinger und Bossoni, Perdiguero hatten wir als Favorit für den Schlussanstieg eingestuft. Daher dauerte es vergleichsweise lange, bis die Gruppe sich absetzen konnte und im Feld Ruhe einkehrte. Der Abstand wuchs zwar nicht so schnell wie tags zuvor noch, aber trotzdem konstant. Als dann jedoch neun Minuten drohten, überschritten zu werden, wurde das Peloton nervös und Quickstep, Liberty und Illes Balears begannen, zu arbeiten. Der längste Anstieg für heute stand bevor, es wurde ordentlich Dampf gemacht. Aber nicht so, dass ich ernsthafte Probleme bekommen hätte, noch ging es mir gut. Und auch der Großteil der zurückgefallenen Fahrer fand wieder an das Feld heran. Währenddessen wagte Garcia Quesada eine Attacke und setzte sich ab, erneut eine sehr aktive Fahrweise des Kelme-Fahrers. Am letzten Hügel vor dem Ziel wurde er dann gestellt, 25 Kilometer vor dem Schlussanstieg war der Abstand der Ausreißer auf anderthalb Minuten gesenkt worden. Das Feld hatte sich auf 80 Fahrer verkleinert, auch wir mussten Verluste beklagen. Doch bis zum Beginn der 5000 Meter langen Steigung geschah abgesehen vom Einholen der Angreifer nichts Aufregendes, jetzt galt es, wachsam zu fahren. Jetzt traten alle an, es wurde komplett unübersichtlich. Auch wir gingen aus dem Sattel, um vorne anzukommen, Alejandros Position war nicht gut. Doch Platz um Platz schob er sich vorbei, ich hielt mich an seinem Hinterrad. Jetzt gingen Zaballa und Mayo in den Wind, Alejandro kam zwar noch an dem Saunier Duval-Mann vorbei, aber für Mayo reichte es nicht mehr. Der Illes Balears-Profi gewann vor seinen Landsmännern, die weiteren Plätze belegten Mazzoleni, Hushovd und Heras. Oscar wurde achter, zwischen ihm und mir lagen vier Fahrer. In den Klassements veränderte sich nicht viel, Hushovd übernahm die Führung in der Punktwertung und Mayo bekam 20 Sekunden gutgeschrieben. Ein mittelmäßiger Tag für uns, der erhoffte Sieg war ausgeblieben, aber der zweite Rang machte Hoffnung auf einen Etappensieg in den nächsten Tagen. Doch morgen nach Lagos de Covadonga würde etwas anderes zählen: Könnten wir unsere guten Platzierungen halten oder sogar verbessern? Ich wohl eher nicht, aber ein Platz unter den besten zehn, von dem ich vor der Vuelta nicht einmal zu träumen gewagt hätte, war längst mein Minimalziel geworden. Aber ein schlechter Tag, das war mir auch klar, würde schon alles zunichte machen, was ich mir erarbeitet hatte.

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Henrik
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Beitrag: # 322132Beitrag Henrik
10.12.2005 - 16:49

Die vierzehnte Etappe führte wieder in die Berge, der Schlussanstieg zum Lagos de Covadonga würde weitere Verschiebungen herbeiführen und vielleicht auch meinen Traum beenden. Aber ich würde weiter kämpfen um weit vorne zu bleiben. Das Profil war einfacher als nach Andorra Arcalis und nach Cerler, nur leichtere Berge standen bereit, bevor der Showdown in den Bergen beginnen würde. Angenehme 23° und schönster Sonnenschein würden unsere Quälerei heute begleiten, gutes Wetter und immer noch recht warm. Die Aufwärmphase dauerte bis zum ersten Sprint an, den einige Fahrer zur Attacke nutzten. Sieben Fahrer um das Rabobank-Talent Vastaranta und den Dauerausreißer Flecha suchten ihr Heil in der Flucht und kamen schnell weg, da der junge Finne als bester in der Gesamtwertung nur Platz 84 mit 40 Minuten Rückstand belegte und so keine Gefahr mehr von ihnen ausging. David Loosli gewann die erste Bergwertung, fünf Minuten vor dem Feld, in dem wir noch einen ruhigen Tag verlebten. Siebzehn Kilometer später war es erneut der Schweizer in italienischen Diensten, der die Punkte abräumen konnte, die gut funktionierende Gruppe hatte sich noch einmal drei weitere Minuten erarbeitet.

Bild

Elf Minuten wurden es bis zum Fuß des dritten Anstiegs, doch jetzt wachte das Feld auf, um den Ausreißversuch früh genug vor dem Schlussberg zu beenden. Das mussten auch unsere Beine erkennen, Unai, David, Alberto und Koldo fielen in den zweiten Teil des kurzzeitig gebrochenen Feldes zurück. Die Lücke wurde jedoch unter dem Tempodiktat von Liberty und Illes Balears, wie wir es schon in den Tagen zuvor erlebt hatten, eher größer als kleiner und wir mussten auch den Verlust von Samuel verzeichnen. Doch es war noch ein zu langes Flachstück bis zu Anstieg Nummer drei, und so fand wieder ein Zusammenschluss statt. Der letzte Hügel war kürzer und flacher als die vorhergehenden, wir konnten geschlossen den Gipfel passieren. Also würden unsere Helfer fürs Flache ihre Aufgaben bis zum Schlussanstieg während der Jagd auf die Gruppe, nur noch fünf Minuten vorne, erfüllen können. Aber ich wurde sogleich eines besseren belehrt: Unai hatte seine Körner verbraucht und war wieder weg.

Das Feld raste auf den Schlussanstieg zu, die Spannung stieg. Keiner wollte sich jetzt noch Fehltritte erlauben, das Rennen war geladen und jederzeit zur Explosion bereit. Noch vor dem ersten ansteigenden Stück mussten wir auf David und Alberto verzichten, der Berg zum Lagos de Covadonga begann. Vier Fahrer waren noch vorne, der Rest hatte abreißen lassen müssen. Zwei Minuten und dreißig Sekunden betrug der Abstand zur Spitze, aber uns interessierte vorrangig das Rennen um die Gesamtwertung. Wann würden die Favoriten ihre Karten offen legen? Früh ging es los, bereits 11 Kilometer vor dem Ziel. Und erneut war es Roberto Heras, der das Finale eröffnete. Jetzt mussten wir ranfahren, aus dem Sattel gehen, alles geben. Die Ausreißer waren schnell gestellt, ich hielt Oscars Hinterrad. Das goldene Trikot war etwas enteilt, ich suchte Alejandro. Doch das spanische Meistertrikot leuchtete mir in meiner Gruppe nicht entgegen, er war erneut zu weit zurück. Mit Oscar und mir fuhren Klöden, Garcia Quesada und Beltran, das Feld kam wieder näher.

Gonchar, Mazzoleni und Mercado stürmten vorbei, wo war das Peloton? Fast dran, auch Mayo schloss auf. Der Baske setzte sich an die Spitze der Verfolger, Gonzales Capilla schoss aus unserem Windschatten und fuhr zu Heras, etwa vierzig Sekunden weiter vorne, auf. Die Lücke schien kleiner zu werden, Gonchar übernahm das Ruder. Ich musste schon lange auf die Zähne beißen, mich nicht von den Schmerzen zum Zurückfallen zwingen lassen. Weiter ging es, unermüdlich bergauf. Die Rufe von Julian Gorospe stachelten mich an, alles, aber auch wirklich alles zu geben. Heras griff vorne wieder an und setzte sich ab, jetzt zog Oscar den Berg hinauf.

Bild

Jetzt begann er wieder, der Kampf gegen den Berg, gegen mich selbst. Der letzte Kilometer, Oscar trat weiter wie ein Verrückter in die Pedale. Die nächste Attacke, Mayo ging aus dem Sattel. Aber er kam nicht weg, ich zog mit den anderen mit. Die Ziellinie kam näher, genau wie Gonzales Capilla. Aber wir holten ihn nicht mehr ein, mit 1:33 min Rückstand auf Heras wurde Mayo dritter. Auch Oscar und ich kamen mit dieser Zeit an, ein gutes Ergebnis, wir hatten nur auf den Dominator Zeit verloren. Alejandro dagegen bekam erneut sechs Minuten aufgebrummt und verabschiedete sich mehr und mehr von der Spitze. Ich behielt meinen Platz, Mayo war nur unwesentlich näher gekommen.


1 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS - WURTH TEAM 4h27'55
2 Santos Gonzalez Capilla PHONAK HEARING SYSTEMS + 1'24
3 Iban Mayo ILLES BALEARS + 1'33
4 Eddy Mazzoleni LAMPRE - CAFFITA s.t.
5 Óscar Pereiro EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
6 Manuel Beltran DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM s.t.
7 Jose Romero EUSKALTEL - EUSKADI s.t.
8 Sergei Gonchar DOMINA VACANZE + 2'04
9 Juan Miguel Mercado QUICK STEP + 2'18
10 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM + 2'42



1 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS - WURTH TEAM 53h54'49
2 Jose Romero EUSKALTEL - EUSKADI + 2'05
3 Iban Mayo ILLES BALEARS + 3'22
4 Sergei Gonchar DOMINA VACANZE + 3'46
5 Óscar Pereiro EUSKALTEL - EUSKADI + 6'05
6 Eddy Mazzoleni LAMPRE - CAFFITA + 7'04
7 Manuel Beltran DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 7'48
8 Juan Miguel Mercado QUICK STEP + 8'28
9 Santos Gonzalez Capilla PHONAK HEARING SYSTEMS + 12'47
10 Alejandro Valverde EUSKALTEL - EUSKADI + 15'55


Morgen nach Valgrande Pajares würde ich wieder mein weißes Trikot tragen, während Mayo in Rot auftreten dürfte, da er nun zweiter in der Bergwertung war. Die Etappe würde erneut richtig schwer werden, und es könnte eine der letzten Möglichkeiten zum Gutmachen von größeren Zeitabständen werden. Daher rechnete ich mit einem spannenden und aktiven Rennen, ein harter Schlussanstieg würde erneut selektieren.

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Henrik
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Beitrag: # 322225Beitrag Henrik
11.12.2005 - 8:59

Die letzte Etappe mit Bergankunft, das fünfzehnte Teilstück. Zwar würde es noch zwei weitere Tagesabschnitte mit schweren Anstiegen geben, aber am Ende der siebzehnten und achtzehnten Etappe stand eine Abfahrt. Also würde sich heute die letzte große Chance auf Abstände darstellen vor dem Zeitfahren am vorletzten Tag. Ein hartes Rennen stand bevor. Schnell setzte sich das in der Gesamtwertung ungefährliche Trio Russ, Larsson und Di Gregorino ab, das Feld ließ sie gewähren. Bis zur ersten Bergwertung konnten sie sich mehr als acht Minuten auf das bummelnde Feld erarbeiten, ein ganz schönes Polster schon. Aber es waren erst fünfzig der fast 200 Kilometer gefahren, also noch kein Grund zur Sorge. Und so wurden es noch vier Minuten mehr, bevor das Feld aufzuwachen schien. Permanent schrumpfte der Abstand jetzt auf der Strecke mit mehreren mittelschweren Anstiegen, wir kamen näher und würden wohl noch vor dem Schlussanstieg an den Ausreißern wieder dran sein. Di Gregorino fiel zurück und musste sich vor der vorletzten Bergwertung einholen lassen, nur noch ein Duo war vorne. Dann wagte der Gesamt-Zwölfte, Pieter Weening, eine Attacke, doch es ging ihm offenbar nur um die Punkte. Schnell war er wieder in der etwa 35-köpfigen Verfolgergruppe, die sich vom Feld abgesetzt hatte. Wir waren noch zu fünft vertreten, Oscar, Alejandro, Inigo und Samuel fuhren neben oder hinter mir. Auch die anderen Angreifer wurden gestellt, Russ rettete sich noch über die Sprintwertung, bevor er überholt wurde, aber dann war auch für ihn Schluss.

Die ersten Vorläufer des Schlussanstiegs zeigten sich, wir orientierten uns an Roberto Heras. Denn von ihm erwarteten wir eine erneute Attacke, um im Zeitfahren die absolute Sicherheit zu haben, nicht mehr zu verlieren. Denn Gonchar war zwar weit weg, aber an einem guten Tag könnte er die vier Minuten vielleicht aufholen, also musste Heras erneut seine Stärke demonstrieren. Auch Gonchar und Mayo sowie die anderen Favoriten befanden sich in unserer Nähe, noch war alles im Grünen Bereich. 18 Kilometer vor dem Ziel war der wirkliche Beginn des Berges angesiedelt, und sofort strebten alle weiter nach vorne. Und direkt gab es erste Attacken, Mayo eröffnete den Angriff. Beltran, Mercado und Mazzoleni beteiligten sich, wir suchten Heras. Er fuhr immer noch ruhig vor uns, erst auf Gonchar reagierte er. Und auch wir, Alejandro, Oscar und ich, gingen aus dem Sattel, um die Frequenz zu erhöhen, wie auch mehrere andere. Eine größere Gruppe bildete sich, und nur Heras konnte entwischen. Oscar fuhr an die Spitze, um die Verfolgung zu organisieren, ich war momentan nicht zu Helferdiensten im Stande. Stattdessen mühte ich mich, den Kontakt zu halten, den Alejandro schon wieder verloren hatte.

Immer schwerer wurde es, aber ich hielt noch mit. Der letzte Kilometer, Heras war weg. Aber ich gab noch einmal alles, lancierte für Oscar. Er schoss aus meinem Windschatten, schob mit Gonchar eine kleine Lücke zwischen uns. Kam noch jemand von hinten? Mayo näherte sich, aber das reichte zu Platz vier! Wieder eine Top-Platzierung in den Bergen. Und Oscar hatte minimal Zeit gutmachen können, sicherte seinen fünften Gesamtrang ab. Mein zweiter würde noch einmal hart auf dem Prüfstein stehen, aber ich würde alles für die Verteidigung tun. Alejandro war aus den besten zehn herausgefallen, schade für ihn, aber das hatte sich in den Tagen zuvor schon angedeutet. Morgen würde es eine Erholungsetappe geben, bevor es noch zwei Mal ins Hochgebirge gehen würde.

1 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS - WURTH TEAM 5h13'31
2 Óscar Pereiro EUSKALTEL - EUSKADI + 56
3 Sergei Gonchar DOMINA VACANZE s.t.
4 Jose Romero EUSKALTEL - EUSKADI + 1'10
5 Iban Mayo ILLES BALEARS s.t.
6 Juan Miguel Mercado QUICK STEP s.t.
7 Manuel Beltran DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM s.t.
8 Eddy Mazzoleni LAMPRE - CAFFITA + 1'31
9 José Enrique Gutiérrez Cataluña PHONAK HEARING SYSTEMS + 1'55
10 Santos Gonzalez Capilla PHONAK HEARING SYSTEMS s.t.
11 Patxi Vila LAMPRE - CAFFITA s.t.
12 Pieter Weening RABOBANK s.t.
13 Constantino Zaballa SAUNIER DUVAL - PRODIR + 3'20
14 Vladimir Karpets ILLES BALEARS + 4'10
15 Alejandro Valverde EUSKALTEL - EUSKADI s.t.



1 Roberto Heras LIBERTY SEGUROS - WURTH TEAM 59h08'00
2 Jose Romero EUSKALTEL - EUSKADI + 3'35
3 Iban Mayo ILLES BALEARS + 4'52
4 Sergei Gonchar DOMINA VACANZE + 4'54
5 Óscar Pereiro EUSKALTEL - EUSKADI + 7'09
6 Eddy Mazzoleni LAMPRE - CAFFITA + 8'55
7 Manuel Beltran DISCOVERY CHANNEL PRO CYCLING TEAM + 9'18
8 Juan Miguel Mercado QUICK STEP + 9'58
9 Santos Gonzalez Capilla PHONAK HEARING SYSTEMS + 15'02
10 Pieter Weening RABOBANK + 19'48
11 Alejandro Valverde EUSKALTEL - EUSKADI + 20'25
12 Michael Rogers QUICK STEP + 20'38
13 Vladimir Karpets ILLES BALEARS s.t.
14 Andreas Klöden T-MOBILE TEAM + 23'41
15 Patxi Vila LAMPRE - CAFFITA + 24'18


Bei der ersten Etappe der Polen-Rundfahrt hatte währenddessen wieder einmal der Supersprinter Petacchi zugeschlagen, während wir mit einem Team ohne Ambitionen angetreten waren.

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Henrik
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Beitrag: # 322599Beitrag Henrik
14.12.2005 - 16:03

Ruhepause zwischen den Bergen

Die sechzehnte Etappe wurde zur Erholung vor den beiden entscheidenden Etappen genutzt, die Favoriten hielten sich erwartungsgemäß zurück. Dagegen wollte eine siebenköpfige Gruppe ohne unsere Beteiligung die Chance zum Ausreißer-Sieg nutzen. Doch schnell wurde klar, dass die Sprintermannschaften sich nicht schlagen lassen würden. Und so kam es früh genug zum Zusammenschluss, Alejandro fühlte sich gut und wollte im Sprint heute voll reinhalten. Bis 200 Meter vor dem Ziel sah es nach der Überraschung, einem Tagessieg, aus, aber dann schob O’Grady sich in letzter Sekunde vorbei und machte Alejandros durch eine gute Ausgangsposition am Hinterrad des Tagesdritten Hushovd erreichte Chance zunichte. O’Grady kam in der Sprintwertung an Hushovd bis auf sechs Punkte heran, eine Spannung versprechende Situation, in die vielleicht auch Pedro Horillo, der nur einen Punkt weniger als der australische Meister auf seinem Konto hatte, eingreifen könnte. Für mich ging ein ruhiger Tag zu Ende, aber morgen und übermorgen in den Bergen würde meine Platzierung in Gefahr geraten, das schien klar.
In Polen war Iker Flores knapp am Sieg vorbeigefahren, im Sprint einer Gruppe reichte es beim Sieg von Carlos da Cruz nur zu Platz vier. Vielleicht hätten wir in den nächsten Tagen noch Glück, aber unser Hauptaugenmerk lag klar auf der Vuelta, alles andere war vorerst nebensächlich.

CSC
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Beitrag: # 322606Beitrag CSC
14.12.2005 - 16:46

Na endlich gehts weiter ;)
Freu mich schon wieder auf die Berge =)
ALLEZ TEAM CSC

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Henrik
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Beitrag: # 322951Beitrag Henrik
17.12.2005 - 13:06

Die vorletzte Bergetappe, mein Ziel rückte näher. Madrid, noch zweimal an den spanischen Pässen schinden. Und ich konnte mir der Angriffe meiner Konkurrenten beinahe sicher sein, Mayo würde es mit der einen Minute Rückstand nicht auf den Kampf gegen die Uhr ankommen lassen, dagegen stand auch ich unter Zugzwang: Der Ukrainer Gonchar drohte von hinten, keine anderthalb Minuten betrug mein Polster. Also versprach die heutige Etappe über vier schwierige Pässe Spannung viel Spannung.

Bild

Schnell bildete sich eine ungefährliche Fünfer-Gruppe mit Sörensen als Gesamtbesten. Der Däne war fast eine Stunde zurück und belegte Platz 58. Im Feld übernahm Liberty die Kontrolle, aber noch war es ein ruhiger Tag. Das blieb so, bis wir die steileren Passagen des zweiten Berges erreichten. Der Rückstand belief sich mittlerweile auf acht Minuten, und jetzt galt es, aufmerksam zu fahren. Doch die Heras-Truppe und jetzt auch Davitamon hielten das Tempo noch gering, wir kamen daher ohne wirkliche Schwierigkeiten geschlossen über den Gipfel, wo uns mitgeteilt wurde, dass der Abstand auf die inzwischen um Geslin geschrumpfte Spitzengruppe konstant geblieben war. Der Franzose fand wieder heran, und in der Abfahrt holten wir eine Minute auf, jetzt begann die entscheidende Phase.

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Und die arbeitenden Mannschaften zogen weiter durch, was zwei Konsequenzen hatte: Unser Team schien dezimiert zu werden, genauso der Rückstand nach vorne auf die inzwischen wieder geschlossenen Ausreißer. Unai, David, Koldo und Alberto waren unsere anfänglichen Verluste, als dann auch Illes Balears mit einstieg, bekam Samuel Schwierigkeiten. Doch mit großem Kampfgeist gelang es ihm, in der noch etwa 60 Fahrer umfassenden Gruppe zu verweilen, während die anderen im Gruppetto weiterfuhren. Das längere Flachstück nach der Abfahrt wurde von Liberty, Illes Balears und Domina Vacanze kontrolliert, und der Rückstand zur Spitzengruppe sank weiter. Zu Beginn des letzten Berges waren sie fast gestellt, lange waren sie nicht mehr vorne. Acht Kilometer vor der Passhöhe gingen die ersten Angriffe los. Mercado, Fernandez und Zaballa waren die ersten Mutigen, Alejandro versuchte einen Konter. Aber er kam nicht weg und musste sich anschließend mit Samuel und Inigo zurückfallen lassen. Jetzt waren Oscar und ich alleine, Heras attackierte. Wir mussten wohl oder übel mitgehen, auch wenn es wehtat. Aber bei mir ging nichts, wo war Mayo? Zwei Plätze vor mir, er hatte nicht reagiert. Oscar war mit Heras, Mazzoleni und leider auch mit Gonchar vorne, ich fuhr an Mayos Hinterrad. Der Gipfel kam näher, würden noch Angriffe gehen? Keiner traute sich, noch eine Attacke zu riskieren, wir gingen eine Minute nach der Spitze über die Bergwertung.

Bild

Wer war noch in der acht Fahrer umfassenden ersten Verfolgergruppe mit dabei? Karpets war meinem Konkurrenten als Helfer geblieben, Mercado, Garcia Quesada, Gonzales Capilla und Zaballa waren die Spanier, die sich abgesehen von Mayo und mir in der Gruppe hatten halten können, Codol komplettierte unsere Formation. Meine Konkurrenten lagen also besser oder genauso gut wie ich, eine schwierige Situation. Ich musste jedoch kein Tempo machen, da Oscar vorne war, und konnte mich so etwas ausruhen. Die letzten Kilometer kamen, vorne taktierte Oscar und brachte so den Schwung etwas aus der Gruppe. Die Chance für uns, Zeit gutzumachen. Ich hing an Mayos Hinterrad, eine gute Position, wie ich mir erhoffte. Gonzales Capilla zog an, vorne verschwanden die anderen hinter einer Biegung. Zaballa folgte, dann Mayo und ich. Die Gruppe kam näher, der letzte Kilometer, alle Reserven mobilisieren, um die Plätze und Sekunden kämpfen. Mazzoleni jubelte vorne vor Heras und Oscar, ich ging in den Wind. Aber weder an Mayo noch an Zaballa kam ich vorbei, ein siebter Platz wurde es. Doch das wichtige waren der Rückstand und die Gesamtwertung. 37 Sekunden, Position zwei hatte Bestand. Vierzig Sekunden zu Gonchar, etwas mehr als eine Minute zu Mayo. Oscar war fünfter, Alejandro dreizehnter. Noch hatte ich also den zweiten Platz, aber Gonchar war stark im Kampf gegen die Uhr, sehr stark, aber zu stark? Auf jeden Fall würde sich jede Sekunde lohnen, die ich noch morgen draufpacken könnte. Die Vuelta war noch lange nicht entschieden, zwar im Kampf um den Sieg, aber weder der zweite Platz noch das Punktetrikot waren vergeben. Also erwarteten uns spannende Tage, hoffentlich auch für mich erfolgreiche…

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Henrik
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Beitrag: # 323036Beitrag Henrik
18.12.2005 - 8:51

Die letzte Bergetappe, die letzte Chance für Angriffe oder Zeitverluste. Für mich eine brisante, da Gonchar nicht mehr weit weg war und ich um meinen zweiten Platz kämpfen müsste an den Bergen, die heute bevorstanden. Ruhig ging es los, Liberty kontrollierte das Feld und lange gab es keine ernsthaften Angriffe. Doch schließlich fand sich ein Trio mit Facci, Bouyer und Loosli, das sich absetzte und bis zum Fuß des zweiten und vom Profil her wohl schwersten Anstieg des Tages vier Minuten erarbeitete. Doch der Berg wurde ruhig gefahren, Liberty und Rabobank beschränkten sich auf die Kontrolle und verkleinerte den Rückstand vorerst nicht. Kurz vor dem Gipfel attackierten dann Gutierrez Cataluna und Noval, um sich alleine auf die Verfolgung zu machen. Bis zum Ende der Abfahrt setzten sie sich um drei Minuten ab (genau so groß war ihr Rückstand), wo dann Noval etwas an Boden zu verlieren schien. Doch schnell war er wieder dran und die beiden Spanier arbeiteten wieder zusammen. Im großen Feld stieg Domina Vacanze in die Arbeit mit ein, ich musste schlucken: Gonchar schien sich gut zu fühlen, das deutete auf die Vorbereitung einer erneuten Attacke auf meinen zweiten Platz hin.

Der Rückstand an der ersten Bergwertung des Doppelanstiegs betrug anderthalb Minuten für das Verfolgerduo und fünf Minuten für das Feld. Unai, David und Koldo bekamen erste Probleme, jetzt begann das Rennen langsam wirklich. Wenig später mussten auch Samuel und Alberto in hinteren Regionen weiterfahren, wir waren wie so oft nur noch zu viert. Die beiden Spitzengruppen schlossen vor dem letzten Berg zusammen, Bouyer und Facci wurden sofort abgehängt. Die anderen lagen noch rund drei Minuten vor dem noch etwa 60 Fahrer umfassenden Feld. Die beiden Zurückgefallenen waren schnell eingeholt, als der letzte Berg der Vuelta 2005 begann. Mir ging es schon nicht mehr gut, mein Kampf begann schon vor den Attacken. Die Spitzenreiter wurden eingeholt, noch 23 Fahrer vorne, und Alejandros Probleme waren noch größer als meine. Aber das musste ich jetzt ausblenden, mich auf mein Rennen konzentrieren. Die Spitzengruppe flog jetzt auseinander, ich war nicht mehr vorne. Wo war Gonchar? An meinem Hinterrad, also noch alles gut. Doch konnte man da eine Chance wittern? Zeigte er eine Schwäche? Nein, schnell gab es seine Attacke. Jetzt musste ich beißen, es würde ganz hart werden.

Der Gipfel kam, wie groß war der Rückstand? „Oscar ist ganz vorne, Gonchar nur 18 Sekunden vor dir.“ Also noch nicht alles verloren, noch 15 Kilometer bergab. Und auch Alejandro war wieder da, jetzt konnte er mir helfen, wieder heranzufahren. Doch trotzdem wuchs der Rückstand auf Gonchar, könnte ich das noch retten? Die ersten Zweifel kamen, aber ich musste jetzt alles geben, was ich noch hatte. Wir könnten die Gruppe nicht mehr einholen, das schien festzustehen. Aber den Rückstand mussten wir gering halten, und so hängten wir uns noch einmal voll rein, während Oscar den Tagessieg holte. Aber wie viel hatten wir verloren, würde es noch zu Platz zwei reichen? Eine Minute und fünf Sekunden, ich hatte verloren. Zeitgleich mit Mayo der dritte Rang, 20 Sekunden auf den Ukrainer, der noch nach vorne aufgeschlossen hatte. Ein Tag der Niederlage für mich, übermorgen müsste ich im Zeitfahren noch einmal alles geben, um Mayo zu schlagen und das Podium zu erreichen. Aber eins konnte mich doch etwas aufmuntern: Vor der Vuelta wäre ich über Platz 20 glücklich gewesen, ein solches Ergebnis hatte ich nicht erwartet. Und auch der erste Tagessieg meiner Mannschaft besserte meine Laune zumindest etwas auf.

1 Óscar Pereiro Euskaltel - Euskadi 4h20'52
2 Iban Mayo Illes Balears s.t.
3 Roberto Heras Liberty Seguros s.t.
4 Juan Miguel Mercado Quick Step - Innergetic s.t.
5 Sergei Gonchar Domina Vacanze s.t.
6 Eddy Mazzoleni Lampre - Caffita s.t.
7 Manuel Beltran Discovery Channel s.t.
8 Constantino Zaballa Saunier Duval + 1'05
9 Santos Gonzalez Capilla Phonak Hearing Systems s.t.
10 Vladimir Karpets Illes Balears s.t.
11 Alejandro Valverde Euskaltel - Euskadi s.t.
12 Jose Romero Euskaltel - Euskadi s.t. Player
13 Koldo Gil Liberty Seguros s.t.
14 Pieter Weening Rabobank s.t.
15 Andreas Klöden T-Mobile Team s.t.




1 Roberto Heras Liberty Seguros 71h04'50
2 Sergei Gonchar Domina Vacanze + 5'14
3 Iban Mayo Illes Balears + 5'37
4 Jose Romero Euskaltel - Euskadi s.t.
5 Óscar Pereiro Euskaltel - Euskadi + 7'01
6 Eddy Mazzoleni Lampre - Caffita + 8'55
7 Manuel Beltran Discovery Channel + 10'15
8 Juan Miguel Mercado Quick Step - Innergetic + 10'55
9 Santos Gonzalez Capilla Phonak Hearing Systems + 17'04
10 Pieter Weening Rabobank + 23'01

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Henrik
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Registriert: 19.4.2005 - 19:35
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Beitrag: # 323234Beitrag Henrik
19.12.2005 - 14:07

Sprinter triumphieren vor dem Zeitfahren

Auf den 140 Kilometern zwischen San Martin de Valdeiglesias und Alcobendas würde es entweder zu einem Massensprint oder einer Gruppenankunft kommen, das schien klar. Für mich galt es Kräfte für das Zeitfahren zu sparen um morgen vielleicht aufs Podium zu klettern. Die wenigen Hügel waren nicht wirklich anspruchsvoll und weit genug vom Ziel entfernt, Unai sollte heute eine Gruppe erwischen. Der erste Zwischensprint ging an Pagliarini, Horillo sicherte sich zwei Punkte und kam wieder näher an Heras, der auch hier die Führung übernommen hatte, heran. Jetzt gab es endlich die erste Attacke, Unai ging sofort mit Hunter, van Bon und Hoste mit. Die vier setzten sich ab und hatten am ersten Gipfel drei Minuten und dreißig Sekunden Vorsprung, der weiterhin wuchs. Doch siebzig Kilometer vor dem Ziel, die fünf Minuten waren gerade überschritten worden, übernahmen Lampre und T-Mobile die Arbeit im Feld, um einen Massensprint herbeizuführen. 30 Kilometer später war der Abstand halbiert, auch Liquigas schaltete sich mit ein. So war die Gruppe an der Zehntausend-Meter-Marke gestellt und alles lief auf einen großen Sprint hinaus. Diesen fuhr Credit Agricole für Hushovd an, an dessen Hinterrad sich die restliche Elite tummelte. Doch früh zeigte sich, dass der Norweger heute nicht die Kraft hatte, Erik Zabel und Luciano Pagliarini zogen aus seinem Windschatten. Der Brasilianer gewann, Hushovd kam durch eine kleine Schwäche seines deutschen Gegners, der dritter wurde, noch auf Platz zwei. Wir rollten sicher im Feld ins Ziel, kein ereignisreicher Tag für uns. Hushovd holte die Punktwertung zurück, ein Fahrer musste das Rennen jedoch nur zwei Tage vor Madrid aufgeben: Für Jose Angel Gomez Marchante, nicht in der Form aus Frankreich angetreten, stieg nach einer schwächeren Vuelta aus. Morgen würde sich die Besetzung des Podiums entscheiden, der für mich entscheidende Tag stand an.

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Henrik
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Beitrag: # 323503Beitrag Henrik
22.12.2005 - 16:42

Die letzten 40 Kilometer Kampf, alleine gegen die Uhr zwischen Guadalajara und Alcalá de Henares, die Entscheidung über das Podium in Madrid. Würde ich noch auf Platz drei kommen oder müsste ich mich nach den tollen Tagen mit einem Platz neben dem Podest begnügen müssen? Den ganzen Morgen über beschäftigte mich diese Frage, doch erst heute Abend würde ich sie beantworten können.

Oscar fuhr vor mir auf die Strecke, wünschte mir noch viel Glück und weg war er. Jetzt war ich alleine, musste mich auf den Kampf, die letzten harten Kilometer vorbereiten. Dann auf die Startrampe, letzte Kontrollen, der Start. Schnell merkte ich, dass es heute ganz hart werden würde, das Zeitfahren würde meinen müden Beinen alles abverlangen. Ich kämpfte mich durch die Hitze, immer darauf bedacht, nicht zu überziehen und nicht zu langsam zu fahren.

Die erste Zwischenzeit kam schon nach zwölf Kilometern. Wie lag ich, was würden die anderen schaffen? „25.Platz, Oscar ist dritter, Mayo kommt gleich.“ Verdammt, das hörte sich nicht gut an. Drei Minuten später der Vergleich: „Mayo hat drei Sekunden gutgemacht, das schaffst du noch.“ Gonchar kam mit Bestzeit, er war endgültig weg, Heras reihte sich als Zwölfter ein.

Für mich kam der nächste Messpunkt schon näher, wie sah es jetzt aus? Ähnlich wie vorher: „26., 1:13 min auf Oscar, jetzt gib noch mal alles.“ Mayo kam, hatte ich schon zu viel verloren? „Acht Sekunden, das kriegst du hin. Gib Gas, tu noch mal alles, das ist nicht zu viel…“ Gonchar und Heras interessierten mich nicht mehr wirklich, nur das Duell gegen Mayo war noch wichtig. Acht Sekunden, war das zu viel für 14 Kilometer? Egal, ich musste es versuchen, ich konnte nur verlieren.

Das Ziel kam näher, wie sah meine Zeit aus? Eine Minute und sieben Sekunden betrug mein Rückstand auf Zabriskie, ich hatte Zeit gutgemacht! Das musste ein guter letzter Abschnitt gewesen sein, aber wie gut? Mayo ließ auf sich warten, mehr als drei Minuten? Die Uhr lief darauf zu, das würde reichen, ich war dritter! Mayo kam, und neben mir zitterte Oscar. Für ihn würde es noch einmal knapp werden, konnte er noch vierter werden? Mayo rollte ins Ziel, und es waren fünf Sekunden, die er im Gesamtklassement langsamer war als Oscar. Er schrie auf, der sonst so ruhige und bedachte Oscar war völlig aus dem Häuschen. Gemeinsam feierten wir, merkten gar nicht wirklich, dass Gonchar noch zweiter wurde, empfingen Gratulationen der anderen. Ein tolles Rennen war vorbei, morgen in Madrid noch die abschließende Etappe und ich würde auf dem Podium stehen, noch konnte ich es gar nicht glauben. Platz drei bei der Vuelta, dem bedeutendsten spanischen Rennen, es würde noch dauern, bis ich das endgültig realisieren würde.
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Ich habe Probleme mit dem Savegame und der DB, aller Voraussicht nach ist dieser AAR nach der letzten Etappe der Vuelta leider beendet.

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Henrik
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Beitrag: # 323722Beitrag Henrik
24.12.2005 - 8:05

Schaulaufen auf dem WM-Kurs

Auf dem Kurs, auf dem einige Tage später der Weltmeister gekürt werden würde, fand die letzte Etappe der Vuelta statt, allerdings nur auf der Hälfte der Distanz, 133 Kilometer trennten uns noch vom Ziel. Schon am ersten kleinen Hügel gab es Angriffe, wann würde sich die erste Gruppe absetzen? Die starke neunköpfige Gruppe, in der auch David dabei war, kam weg, ebenfalls beteiligt waren Ekimov, Knaven, van Bon, Gerdemann und Hunter. Auf der ersten der fünf Runden holte die Gruppe drei Minuten heraus, nach der zweiten waren es schon sieben. Das Feld müsste langsam aufwachen, wenn man die Ausreißer noch stellen wollte, aber noch pokerten die Mannschaften und eine Mischung verschiedener Teams sorgte für mittelmäßige Geschwindigkeit. Mitte der Runde waren es dann acht Minuten, wieder einmal gingen T-Mobile und Lampre-Caffitta in die Führung. In den Steigungen merkte man das erhöhte Tempo, und sofort zeigten sich erste Konsequenzen: Der Abstand betrug zwei Runden vor Schluss nur noch fünf Minuten und fiel stetig weiter. Zwei Minuten schmolzen auf der nächsten, die Mannschaften vorne schienen alles im Griff zu haben. Doch dabei blieb es auch, die Arbeit setzte plötzlich wieder aus. Die Fahrer vorne witterten die Chance und begannen zu taktieren, Gerdemann trat an, daraufhin verlor David leider den Anschluss. Aber der junge Deutsche hatte nicht genug Kraft, um seine Attacke durchzubringen, 1500 Meter vor dem Ziel wurde er gestellt. Hunter war der stärkste der anderen, er holte den Sieg. Im Feld war O’Grady der schnellste, doch das Punktetrikot konnte er nicht mehr gefährden. Jetzt gab es die Siegerehrung, drei Wochen harter Arbeit brachten endlich den Lohn. Ich wurde aufs Podest gerufen, stand neben Radsport-Größen wie Heras und Gonchar, ein wahnsinniges Gefühl. Ich konnte kaum ihre Glückwünsche erwidern, mein Hals war zu. Viel zu schnell war es vorbei, doch ich durfte noch zwei weitere Male hinauf: Ich hatte das weiße Trikot gewonnen und Euskaltel hatte in der Mannschaftswertung mit 40 Minuten Vorsprung gewonnen. Ein perfekter Tag für mich, vielleicht dürfte ich in einigen Tagen bei der WM noch einmal hier starten. Aber jetzt genoss ich den Moment, ich hatte die Saisonziele mehr als erfüllt, die Zukunft konnte kommen. Übrigens hatte ich mich in der Pro Tour auf Platz 39 verbessert, ein achtbares Ergebnis. Euskaltel war jetzt siebter im Team-Klassement, aber um diesen Platz würden wir noch kämpfen müssen.
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Hier gibt es keinen Kampf von Euskaltel mehr, vielleicht verfolgt ihr ja meinen neuen AAR. Zum Abschluss würde ich mich übrigens über ein paar Kommentare freuen.

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Kim Kirchen
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Beitrag: # 323782Beitrag Kim Kirchen
24.12.2005 - 15:10

Manoman, Henrik! Respekt wie du das Ding durchgezogen hast. Wirklich tolles AAr-Kino! Ich freu mich schon auf deinen neuen AAR, aber ein bisschen Wehmut, dass dieser AAR ein Ende hat, hab ich schon ;)

Danke für diesen AAR! (Und schöne Weihnachten)

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Henrik
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Beitrag: # 383685Beitrag Henrik
11.9.2006 - 17:19

So, nach mehreren mehr oder weniger gescheiterten Versuchen hat mich das Schreib-Fieber wieder gepackt und ich versuche mich daran, diesen AAR fortzusetzen.

Es wird sicher einige Unebenheiten im Übergang geben, beispielsweise verschwinden alle Dopingsünder von der Bühne. Ohne genauer darauf einzugehen, gilt deren Karriere als beendet. Auch bei den Teams, wie beispielsweise bei Milram, werde ich nicht viel Wert auf die Entstehung legen. Ich spiele mit der German DB Team Realname - Database (einige kleine Änderungen) und werde in den ersten Posts eine recht kurze Überleitung schreiben. Hier bitte ich euch einfach, über die paar Schwierigkeiten hinwegzusehen, nur die wichtigsten Dinge werden kurz angesprochen.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und freue mich wie immer über Kommentare und Anregungen.

Ich weise noch einmal kurz darauf hin: Natürlich ist wie immer alles fiktiv.

So, und jetzt kann es im Grunde mit den ersten Berichten losgehen... Viel Spaß!
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Henrik
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Beitrag: # 383745Beitrag Henrik
11.9.2006 - 21:36

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Liberty Seguros beendet Engagement – Nachfolge Team Astana um Vinokurov

Das Team Liberty Seguros wird ab dem Saisonende nicht mehr im Profiradsport aktiv sein. Gemeinsam mit Teammanager Manolo Saiz und Kapitän Roberto Heras tritt der Sponsor ab und wird durch Astana, eine Gemeinschaft der mächtigsten kasachischen Firmen, ersetzt. Als neuer Kapitän konnte der Toursieger Alexander Vinokurov gewonnen werden. „Viele Fahrer werden übernommen. Wir wollen eine Mannschaft aufbauen, um den Titel zu verteidigen“, wurden die Ziele für die neue Saison klar definiert.

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