Eine Reise ins Ungewisse

Ein kleines Rollenspiel

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Eine Reise ins Ungewisse

Beitrag: # 211142Beitrag Artifex
3.2.2005 - 14:11

Schon am Morgen des nächsten Tages nach dem kurzen Telefonat mit der Vodafone-Sekretärin reiste Jens mit leichtem Gepäck nach Köln, wo er am Flughafen von einem Vodafone-Mitarbeiter abgeholt wurde. Die Straßen der Rheinmetropole waren nicht so voll, wie man es von anderen Tagen gewöhnt war, sodass Jens recht schnell das Vodafone-Gebäude betreten konnte.

Die Rezeptionistin sagte ihm, dass er noch eine Weile warten müsse und deshalb machte Jens es sich in der sogenannten Vodafone-Lounge bequem. Schließlich, nach einer knappen Viertelstunde, wurde Jens von einem geschniegelten, jungen Mann abgeholt. Sie begrüßten sich, der Mann stellte sich als Herr Lehmann vor und leitete Jens in sein Büro. Dort angekommen, nahm Herr Lehmann hinter seinem pompösen Schreibtisch Platz. Jens setzte sich ihm gegenüber. Wann kann ich mit Herrn von Zech sprechen?, fragte Jens nach einer Weile. Herr von Zech!?, entgegnete Lehmann überrascht. Herr von Zech ist seit zwei Monaten im Ruhestand, wussten Sie das nicht? Jens war geschockt. Es brauchte eine Weile, bis er seine Stimme wieder fand. Ehm, nein… Ich wurde nicht davon unterrichtet. Naja, dann kann ich ja auch gehen, das muss ein Missverständnis sein, ich dachte, Herr von Zech wollte mich sprechen. Jens stand auf und nahm seine Jacke, die er vorher abgelegt hatte. Warten Sie, Herr Voigt. Es ist kein Missverständnis. Hier…, Lehmann überreichte Jens seine Visitenkarte, …, ich bin von Zechs Nachfolger. Also, setzten Sie sich bitte wieder, Herr Voigt. Wir haben etwas Ernstes zu bereden.
Jens setzte sich langsam. Von diesem Moment an spürte er, dass es sich wirklich um etwas Ernstes handelte…, nur was?

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Beitrag: # 211144Beitrag Artifex
3.2.2005 - 14:26

Herr Voigt…, begann Christian Lehmann, so stand es auf der Visitenkarte, nachdem er sich eine Zigarre angesteckt hatte…,mir ist da einiges zu Ohren gekommen, über das ich gerne mit Ihnen zusammen reden wollte. Ich habe es für notwendig gehalten, dass Sie dafür hierher kommen, damit wir das Ganze in aller Ruhe und mit der notwendigen Ernsthaftigkeit besprechen können. Mit jedem Wort sackte Jens ein Stückchen tiefer in seinen Sessel. Er hatte einen Verdacht, einen schlimmen Verdacht, um was es ging.
Also, wie ich es schon sagte, mir sind einige Dinge zu Ohren gekommen, die mich alles andere als freudig stimmen. Und das Schlimme daran ist: anstatt, dass Sie mich persönlich kontaktierten, musste ich es entweder über die Presse oder durch eigene Recherchen erfahren. Jens wollte sich rechtfertigen, aber sein Gegenüber gab ihm keine Zeit dazu.
Erstens, Herr Voigt, wurde mir gestern von meinem Finanzberater Herrn Wagner berichtet, dass sie das Budget Ihres Teams überstrapaziert haben. Etwas präziser gedrückt: Die Kosten Ihres Teams übertrafen das Ihnen zur Verfügung gestellte Geld um knapp zweitausend Euro. Er legte eine kleine Kunstpause ein und spielte mit seiner Zigarre, doch Jens konnte dies nicht nutzen, um sich zu rechtfertigen. Er war „baff“, so hätte es seine Mutter damals gesagt. In Anbetracht der von Ihrem Team gezeigten Leistung in der beendeten Saison, ist diese Überschreitung des Budgets untragbar. Jens war empört. Wir haben die Teamwertung gewonnen, wir waren das ausgeglichenste Team des ganzen Jahres, was wollen Sie mehr?, reagierte Jens wütend. Die Einzelwertung, Herr Voigt, die Einzelwertung ist für uns von Interesse, den lediglich diese Wertung bietet uns, dem Sponsor ausreichend Werbefläche, was durch langjährige Forschung bestätigt ist.

Das war jedoch noch nicht alles. Außerdem ist mir zu Ohren gekommen, dass Ihr Team, Herr Voigt, und ins Besondere Sie selbst, zu einer Art Revolutionist gegen den Radsportverband, die UCI, geworden sind. Ehemaliger Radsportverband sollte ich wohl sagen.
Jens musste sich zusammenreißen, um nicht auszurasten. Sie haben doch nicht einen blassen Schimmer, um was es sich bei der UCI für einen Haufen von korrupten Funktionären handelt, für diese Leute ging es nur um das Geschäft, genau wie bei Ihnen!, polterte es schließlich aus Jens heraus. Sein Gegenüber blieb regungslos und starrte wieder aus dem Fenster. Nach einer Weile drehte er sich zu Jens um, steckte seine Zigarre aus und begann zu reden:

Sie haben Recht. Für uns geht es nur um das Geschäft und dieses ist im Falle des Radsportteams PBZV-Vodafone nicht profitabel. Aus diesem und den eben genannten Gründen, lösen wir hiermit den Sponsorenkontrakt auf.
Herr Voigt, einen guten Tag!

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Beitrag: # 211308Beitrag Artifex
3.2.2005 - 20:56

Zuhause in Paris angekommen, kontaktierte Jens zuerst seine Teamkollegen und berichtete diesen von der traurigen Nachricht. Dabei fühlte sich Jens wie erschlagen, er hegte nicht einmal Wut gegen das dilettantische Vodafone-Management; nein, er spürte lediglich eine unangenehme Leere in seinem Kopf. Auch seine Kinder und seine Frau, die versuchte aufzumuntern, konnten Jens Stimmung nicht ändern. Die Angst vor einem radsportlosen Jahr 2005 war zu beklemmend, als dass sich Jens einfach so ablenken konnte.

Am nächsten Morgen wachte Jens jedoch voll Enthusiasmus und Motivation auf und inserierte auf einigen Radsportlerseiten im Internet eine Sponsorensuche des Teams. Abschließend schrieb er an diverse Radsportzeitungen eine Mail und kaufte eine Suchanzeige.
Am nächsten Tag hatte er schon diverse Mails im Posteingang. Alleine drei stammten von Versicherungen: Victoria, Generali, Zürich Versicherungen, las Jens und pfiff leise durch die Zähne. Look Radfachhandel, Aerex Baustoffe, Barclays Mastercard, Bosch und Miehle, ging es weiter. Jens war stolz, das Team warf also doch noch Interesse in der Öffentlichkeit auf. Im nächsten Moment ernüchterte Jens jedoch wieder. Er erinnerte sich daran, wie er damals auf Vodafone reagiert hatte und Hals über Kopf einen Vertrag abgeschlossen hatte. Deshalb versuchte Jens ruhig zu bleiben und las sich jede Mail durch. In manchen standen schon konkrete Angebote, sodass Jens am Ende keine Probleme hatte mit Victoria, Bosch, Zürich Versicherungen und Barclays eine engere Auswahl zu treffen. Auf jene Mails antwortete Jens und fragte nach einem Telefongespräch. Als dies geschafft war, nahm er sich ein kühles Bier und setzte sich zufrieden vor den Fernseher. Es war Abend geworden und Jens hatte neuen Mut gewonnen.

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Beitrag: # 211481Beitrag Artifex
4.2.2005 - 18:05

Am nächsten Morgen setzte Jens seine Arbeit fort. Er war fast den ganzen Tag damit beschäftigt, zu telefonieren und Bewerbungen zu schreiben. Am Abend saß er etwas erschöpft an seinem Schreibtisch im Arbeitszimmer und dachte über die Situation nach. Es war wie verhext, Jens wusste nicht so recht, ob er zufrieden sein sollte oder nicht. Zwar hatte er etwas dafür getan, dass es mit dem Team bergauf ging, doch sonderlich vielversprechend klangen die Angebote der Sponsoren nicht. Doch was blieb ihnen anderes übrig? Besser mit einem geizigen Sponsor in die neue Saison als ohne Sponsor, dachte Jens. Bevor er jedoch einen Vertrag abschließen würde, müsste er mit seinen Teamkollegen sprechen und das war auch schon das nächste Problem. Seit dem letzten Weltcup-Rennen, das nun auch schon fast eine Woche zurücklag, hatte er nichts von seinen Kollegen gehört. Vielleicht hatten sie seine Mail noch gar nicht gelesen und trainierten nun schon voller Vorfreude auf die neue Saison, in dem Glauben, dass alles in Butter wäre!? Würden sie Jens als Sündenbock abstempeln, als der, der ihnen den ganzen Schlamassel eingebrockt hatte. Und: Was würde er wohl ohne den Radsport machen, mal angenommen, sie würden keinen Sponsor finden und Jens würde nicht wieder ins Radsportgeschäft einsteigen können. Was würde er dann das ganze Jahr über machen?

All diese Fragen schossen Jens durch den Kopf, als er sich ins Schlafzimmer begab und mit einem schlimmen, mulmigen Gefühl im Bauch einschlief.

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Hoffi
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Beitrag: # 211616Beitrag Hoffi
5.2.2005 - 12:17

Die Notwendigkeit und Bedeutung des Telefons, für viele Haushalte eine Selbstverständlichkeit, hatte Iban in den letzten Tagen mehr als üblich kennen und schätzen gelernt. Heiß gelaufen waren die Drähte, viel zu klären hatte es gegeben - mit Torsten, Samu, Etxe, dem Sponsor, ETXE'ONDO, und auch mit Jens Voigt. Thema waren meist heikle und alles andere als selbstverständlich geltende Fragen, und so hatte sich Iban vor den Gesprächen bereits Argumentationstaktiken zurechtgelegt, um seinen jeweiligen Gesprächspartner von seinem Anliegen zu überzeugen - was sich schnell als überflüssig herausstellte. Denn die Antworten waren stets positiv, niemand lamentierte, niemand wollte die Pläne konterkarieren, und so stand auch der Termin eines Treffens mit Jens Voigt bereits kurz nach der ersten Kontaktaufnahme.

Auf Voigts Anrufbeantworter sprach Iban daher:
Hola Jens,
ich wollte noch einmal wegen des Treffens melden. Bleibt der achte diesen Monats um 14 Uhr im Pariser "Le Coq"-Hotel als Termin unseres Treffens bestehen?
Gruß,
Iban
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Beitrag: # 211623Beitrag Artifex
5.2.2005 - 12:51

Die Gespräche mit Iban waren sehr gut verlaufen, Jens' Bild gegenüber dem Spanier war dasselbe geblieben: Er hielt ihn für einen sehr intelligenten jungen Mann, falls man das einen 27 Jahre alten Mann überhaupt noch nennen darf, und darüberhinaus hielt Jens ihn für den Kletter"gott" der nächsten Jahre.

Als Jens am nächsten Tag nach dem Telefonat mit Mayo seinen Anrufbeantworter abhörte, griff Jens zum Hörer, bestätigte den Termin und nahm sich anschließend sein kleines Adressbuch, das immer auf seinem Schreibtisch lag, zur Hand. Er schlug die Seite mit den Telefonnummern möglicher Sponsoren auf und las sich alles noch einmal aufmerksam durch, ehe er die Seite mit einer schnellen Bewegung herausriss und in den Papierkorb warf.

Marco Pantani
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Beitrag: # 211634Beitrag Marco Pantani
5.2.2005 - 13:30

Fortsetzung aus dem PBZV-Teamthread:

Thomas tippte schnell noch die SMS an Jens:
Hi Jens!
Was ist los mit Vodafone? Gehen die Pleite? Die hatte doch gute Zahlen dieses Jahr? Naja, nichts desto Trotz muss ich dir ein paar wichtige Fragen stellen: Weißt du schon wie es nächstes Jahr weiter gehen soll? Hast du Sponsoren gesucht, oder bei anderen Teams angefragt? Ich wollt dich erstmal fragen, bevor ich mich eventuell selsbt auf die Suche machen muss. Soweit erstmal und trotzdem angenehme Tage wünscht dir
Thomas


Unglaublich für Thomas war, das diese kleine SMS sein zukünftiges Leben unglaublich beeinflussen kann. So blieb er erstmal in der Hoffnung auf eine schnelle Antwort...
Marco Pantani,
Ruhe in Frieden!

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Beitrag: # 211649Beitrag Artifex
5.2.2005 - 15:41

Jens packte gerade bei InterMarché (Pfui, Schleichwerbung :D ) am Place de la Concorde seine Einkäufe auf das Band, als sein Handy ihn mit einem kurzen Tonsignal auf eine neue SMS aufmerksam machte.

Jens versuchte in dieser Situation ruhig zu bleiben, was nicht gerade seinem Naturell entsprach und deshalb ihm auch nicht wirklich gut misslang. Er versuchte, das nervige Piepen in seiner Hosentasche zu verdrängen und bezahlte die Einkäufe. Dann ging er auf den Parkplatz und lud alles in den Kofferraum ein. Als er den Einkaufswagen zurück zur "Sammelstelle" gefahren hatte, setzte er sich ins Auto und zückte sein Handy. Die Höhe des Tons hatte sich wie bei modernen Weckern mit der Zeit erhöht und auch die Frequenz stieg immermehr, sodass Jens das Gefühl hatte, als würde das kleine Ding in jedem Moment explodieren. Er drückte die "Annehmen"-Taste und genoss die plötzliche Ruhe. Er las sich den Text durch und verfasste eine Antwort.

Hi Thomas!
Die Gespräche laufen, mehr kann ich im Moment aber auch noch nicht sagen. Das Einzige, was ich dir versprechen kann ist, dass wir zusammen irgendwo hinwechseln.
Falls wir überhaupt noch ein Team bekommen, dachte Jens weiter, beließ es aber dabei, da er seinen Teamkollegen nicht unnötig weiter beunruhigen wollte.
Du musst bis auf weiteres nicht mithelfen, am besten du trainierst für die neue Saison, sodass wir nächstes Jahr wieder voll angreifen können.
Ich bin mir sicher, dass wir einen Sponsor finden und auch nächstes Jahr dabei sind, Thomas
, schloss er die SMS mitsamt Grüßen ab und klickte auf "Absenden".

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Hoffi
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Beitrag: # 212126Beitrag Hoffi
7.2.2005 - 19:10

Ibans Flug nach Paris war problemlos verlaufen, abgesehen von der einstündigen Startverspätung in Bilbao, und so konnte er gegen drei Uhr sein Zimmer im Le Coq-Hotel, etwas außerhalb der Pariser City gelegen, betreten und müde auf das schneeweiß bezogene Bett fallen. Nach einer zumindest annähnernd versuchten häuslichen Einrichtung kontaktierte er Jens per SMS.

Hi Jens,
bin in Paris angekommen, das Treffen kann folglich planmäßig morgen stattfinden, hast du heute Abend noch nichts geplant, können wir hernach in irgendeinem Restaurant auch schon Abendessen und uns locker 'einquatschen'.
Gruß,
Iban


Kurz danach beschloss er, ein wenig durch Paris zu schlenderrn, vor allem den Arc de Triumphe und den Eiffelturm, zwei Monumente, die er bisweilen zwar schon des öfteren schon zu Gesicht bekommen hatte, für eine adäquate Beschäftigung jedoch stets die Zeit gefehlt hatte, wollte er besichtigen, und so machte er sich auf in die durch den Herbst nasskalten Pariser Straßen.
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Beitrag: # 212133Beitrag Artifex
7.2.2005 - 19:46

Jens schlenderte gerade gedankenversunken nach Hause, als ihm plötzlich die SMS von Iban wieder einfiel. Was war das für ein Debakel gewesen. Er hatte im Kino gesessen, als die SMS eingetroffen war und Jens' schriller Klingelton ihn und auch alle anderen Zuschauer aus dem Bann des wirklich guten Films gerissen hatte.
Sofort hatte Jens einige böse Blicke und empörte Worte geerntet und war auf der Suche nach dem oft zitierten Loch, in dem er sich verstecken konnte.

Da fiel ihm also die SMS wieder ein und sofort stieg Jens die Schamesröte ins Gesicht. Er zog sein Handy aus der Hosentasche und öffnete den Posteingang. Nachdem er die SMS gelesen hatte, brauchte er nicht lange, um sich eine Antwort zu überlegen.

Hi Iban!
Schön, dass alles so gut klappt. Würde mich wirklich freuen, wenn wir uns heute abend schon treffen konnten.


Jens war schon dabei, das sonst immer folgende 'Gruß, Jens' anzuhängen, als ihm einfiel, dass er schon seiner Frau ein Essen in einem französischen Restaurant versprochen hatte. Sein Finger war schon auf der 'Abbrechen'-Taste, als er sich es anders überlegte. Seine Frau war zwar niemals ein großer Fan von Geschäftsessen, bei denen sie meist eher unbeteiligt an der Seite saß, doch da Iban ja von 'Einquatschen' sprach und Jens den jungen Spanier für einen äußerst umgangsbewussten Menschen hielt, hatte Jens keine Bedenken und setzte die SMS folgendermaßen fort:

Eigentlich wollte ich heute mit meiner Frau ein Dinner in einem französischen Restaurant machen, aber ich denke, dass wir uns auch zu Dritt gut amüsieren könnten. Dieser Tage ist sowieso alles anders, ich glaube, der Wirbel um unseren Sponsor nimmt sie ganz schön mit. Naja, wenn es dir nichts ausmacht, dann schreib doch mal eine Uhrzeit und ein Restaurant und dann sehen wir uns dann dort!

Gruß, Jens
[/i]

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Beitrag: # 212203Beitrag Hoffi
7.2.2005 - 22:43

Iban freute sich auf die SMS von Jens in zweierlei Hinsicht: Zum einen, da das Essen zustande kommen konnte, wenngleich er das Ehepaar Voigt nur ungerne bei einem gemeinsamen und geplanten Abendessen stören wollte, und zum anderen, weil seine eingefronenen Hände - er hatte die winterliche Pariser Kälte massiv unterschätzt - ein wenig Bewegung bekamen.

Moin Jens,
ich wollte Euch nicht stören, wenn ihr doch lieber zu Zweit sein wollt, wäre es auch kein Problem. Ihr wolltet es ja französisch haben, und bei meiner kleinen "Besichtigungstour" bin ich auf ein kleines, nettes Restaurant gestoßen, "Le Confort" heißt es. Sagen wir acht Uhr, aber auf die ein oder andere Minuten später kommt es auch nicht an.
Bis gleich,
Iban


Diesen Text mailte er Jens zurück, und kurz darauf machte er sich wieder auf den Weg zurück ins Hotel, eine warme Dusche wäre jetzt das angenehmste - wobei er innerlich hoffte, damals ein Zimmer mit Badewanne reserviert zu haben.
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Beitrag: # 212278Beitrag Hoffi
8.2.2005 - 10:23

Der Abend mit den Voigts war nett gewesen, obschon Iban Jens' späteres Angebot, noch ein wenig durch die Straßen zu ziehen, ablehnen musste, die Müdigkeit hatte ihn ergriffen.

Am nächsten Tag saß er bereits gegen halb zwei im Restaurant des Le Coq-Hotels, denn nach einer langen Nacht wusste er nicht so recht, was er mit dem angebrochenen Tag anfangen sollte, und so widmete er sich noch einmal den zahllosen, hauptsächlich finanzielle Daten beihnhalten Akten, die man ihm mit auf den Weg gegeben hatte. In finanzieller Hinsicht stand es gut um das Team, das war deutlich aus den Akten ersichtlich, doch wie war es mit den PBZVlern? Würde denn wenigstens der zweite Sponsor mit "umziehen"? Kann man das Budget mit den Gehaltsforderungen der PBZVler vereinbaren? Alles offene Fragen, und ausschließlich finanzielle. Die offenen sportlichen Punkte sollten nicht das Problem darstellen, glaubte er.

Nach seinem "Aktenstudium" blickte er auf die Uhr. 14.56 Uhr, und kaum hatte er den Eingang des Rastaurants fixiert, kam der Deutsche hinein, Jens konnte ihn, der nicht weit vom Eingang entfernt saß, schnell und problemlos erkennen. Hola Jens, setz dich, begrüßte er ihn, und nach einem freundschaftlichen Händedruck machten die beiden vorerst dort weiter, wo sie gestern aufgehört hatten: Sie unterhielten sich über Gott und die Welt - bis ein kleiner Wortwechsel (Möchtest du schon etwas essen, Jens? - Das Essen hat Zeit, bei uns in Deutschland gibt es ein Sprichwort: "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen") den Übergang ins geschäftliche markierte.

Nun gut, sagte Iban, nachdem Jens ihn gebeten hatte, mit seinen Ausführungen zu beginnen. Sollten keine drastischen Änderungen mehr auftreten, dürften wir unsere beiden Sponsoren, ETXE'ONDO und gara.net, beibehalten, an unserem Budget dürfte sich ebenfalls kaum etwas ändern, und in der abgelaufenen Saison sind wir problemlos mit diesem zurecht gekommen, zumindest finanzielle Schwierigkeiten sollte es keine allzu großen geben. Wohl aber in Sachen Personalien, solltet ihr eure komplette Mannschaftsstärke von vier Fahrer beibehalten, da der zukünftige Werdegang von Samu Sanchez noch in den Sternen steht. Zwei Fahrer stellen wir allerdings in jedem Fall, denn der Transfer von Torsten Hiekmann ist perfekt, Etxe hatte seine Pläne, die Vuelta a Pais Basque zu fahren bereits publik gemacht, und er meinte, es wäre realisierbar, dass er bei diesem Rennen sozusagen als "Einwechselfahrer" starten könne, aber ich denke, das dürfte euch nicht stören, doch würde ich das zu unseren wenigen "Forderungen"zählen´.

In sportlicher Hinsicht wäre das Team nach einer möglichen Fusion wohl in jeder Kategorie optimal besetzt, einzig würde uns ein Top-Sprinter fehlen - aber du und Luca, ihr habt ja auch schon des Öfteren euren Sprintfähigkeiten unter Beweis gestellt, zudem mangelt es an diesen höchstwahrscheinlich auch heuer im gesamten Peloton. Unter diesem Aspekt wäre eine Fusion das beste, was passieren könnte. Die Frage ist jedoch, wie das mit den weiteren, elementaren Aspekten zu vereinbaren ist.
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Beitrag: # 212451Beitrag Artifex
8.2.2005 - 21:54

Waaaaah, ich hatte gerade eine halbe Stunde an einer Antwort geschrieben, da hängt sich mein Internet Explorer auf. :?

Jens redete eine Weile um den heißen Brei herum, betonte, dass sie im Falle einer Fusion natürlich auch gerne Verantwortung im neuen Team übernehmen wollte, dann kam er schließlich auf das eigentliche Thema zu sprechen.

Iban, wir wollen Radrennen fahren. Nichts anderes! So wie es aussieht, stehen wir ohne ein Team da. Also auch keine nächste Saison. Du bist selbst als Radsportler und kannst dir glaub ich denken, dass dir dieser Gedanke nicht gerade gefallen würde! Jens versuchte nicht so zu klingen, als würde er Iban Vorwürfe machen. Schließlich konnte der auch nichts für die bisherige Misere...

Die elementaren Aspekte. Welche sind das für dich? Wir würden bei einer Fusion in eurem Team eintreten und für euren Sponsoren alles geben. Wir werden uns wie auch sonst ordentlich verhalten und den Sponsoren nicht in schlechtes Licht rücken - das ist ja klar!
Der finanzielle Teil ist dabei nicht so wichtig. Wir würden auch für ein kleines Handgeld fahren, hauptsache, es kommt zu einer Fusion, Hauptsache, wir können nächstes Jahr fahren!

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Beitrag: # 212540Beitrag Hoffi
9.2.2005 - 14:15

Dass ihr euch für eine baskische Mannschaft aufopfern würdet, glaube ich dir, ohne wenn und aber, dafür seid ihr zu anständig. Zu den elementaren Aspekten habe ich vorrangig das finanzielle gezählt, für viele ist das ja die Vorraussetzung eines Vertrages - schön, dass Meinungen wie die deinige noch existieren und auch vertreten werden, und daher dürften wir diese Hürde wohl problemlos meistern.

Ein weiterer Punkt ist die Frage, ob das "Geschäft" eine Fusion oder ein Wechsel im größeren Rahmen wird, wie du zuletzt sagtest - denn was wird aus PBZV?
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Beitrag: # 212601Beitrag Artifex
9.2.2005 - 17:02

Aus PBZV?, fragte Jens und brauchte selber ein bisschen Zeit, um zu verstehen, was Iban jetzt genau meinte. Dann, als er den Gedanken seines Gegenübers endlich erfasst hatte, lachte er kurz auf und erklärte dem Spanier, dass es sich um einen Irrtum handelte und das PBZV lediglich das Kürzel der Fahrernachnamen wäre.

Da also nun auch das geklärt wäre, ist glaube ich klar, dass einer Fusion im Prinzip nichts mehr im Wege steht. Alles was ich zu uns zu sagen habe, habe ich getan. Jens versuchte nicht zu unfreundlich zu klingen, aber er versuchte lediglich, das Gespräch langsam in die allesentscheidende Richtung zu lenken. Er war kein guter Geschäftsmann und er spürte, dass seine Anspannung mit jeder Minute zu nahm.

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Beitrag: # 212661Beitrag Hoffi
9.2.2005 - 21:04

Wie peinlich. PBZV, die Bedeutung dieses Kürzels war Iban das gesamte Jahr über nicht bewusst geworden. Er lief daher ein wenig rot an.

Aber nun neigten sich die Verhandlungen dem Ende zu, was fehlte, war ein Vertrag. Sollen wir auf mein Zimmer gehen, Jens? Dort habe ich einen Laptop stehen, und einen Druckshop gibt es hier in der Gegend mit hoher Sicherheit auch. Uns fehlt allem Anschein nach einzig noch die Formulierung und Signierung eines Vertrages.
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Beitrag: # 212667Beitrag Artifex
9.2.2005 - 21:20

Es war ganz in Jens' Sinne, die Verhandlungen schnell abzuwickeln, deswegen stimmte er sofort Ibans Vorschlag zu. Sie bezahlten ihre Getränke und verließen das hoteleigene Restaurant dann, ehe sie sich zum Fahrstuhl begaben und ins zweite Geschoss fuhren. Dort hatte Iban sein Zimmer gemietet, es war ein großer Raum mit komfortabler Einrichtung. Ein riesiges Bett lud geradezu dazu ein, sich auf es heraufzuschmeißen und in Träumen zu versinken. Das war jedoch das Letzte, was Jens in diesem Moment vor hatte, deshalb nahm er auf einem der beiden Stühle am Schreibtisch Platz und wartete darauf, dass Iban seinen Laptop aus seinem "Versteck" holen würde...

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Beitrag: # 212786Beitrag Hoffi
10.2.2005 - 14:11

Der Reisekoffer war das Versteck des Laptops, den Iban nach vergeblicher Suche eines passendes Tischs provisorisch auf dem Bett positionierte, so dass sich Jens und Iban auf den Boden hocken mussten, was auf Dauer unbequem wurde. Zweieinhalb Stunden lang formulierten und texteten die beiden den am Ende vierseitigen Kontrakt zusammen, und auf dem Rückweg von Druckshop setzten sie sich in das Cuché-Café, um dort die Unterschriften unter den Vertrag zu setzen.

Nachdem sie zunächst einem älteren, am Tisch neben ihnen sitzenden Franzosen, dem ein kleines Porzellangefäß mitsamt Zucker auf den Boden gefallen war, beim Aufsammeln der Scherben behilflich gewesen waren, holte Iban die Papiere raus, legte sie vor Jens auf den Tisch und sagte scherzhaft: Wagen wa's.
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Beitrag: # 212798Beitrag Artifex
10.2.2005 - 15:20

Da lag der Vertrag vor ihm, glänzend weißes und unverbrauchtes Papier, dass sich perfekt von dem Tisch aus dunkler Eiche abhob. Seine Zukunft, ja wahrscheinlich sogar sein ganzes Leben und vielleicht auch das seiner Frau und seiner Kinder, hing von diesem Vertrag ab. Ein schwerer Kloß bildete sich in seinem Hals.

Er dachte an die vergangene Saison. Die Bilder von seinem Sieg bei der Königin der Klassiker, Paris-Roubaix, schossen ihm durch den Kopf, besondere Situationen mit seinen Teamkameraden fielen ihm ein.
Er versuchte, die immense Wichtigkeit, die ihn zu erdrücken schien, etwas beiseite zu schieben und ersuchte die vielen positiven Aspekte der Fusion. Zusammen mit seinen alten Teamkollegen, dazu Leute wie Iban Mayo, Torsten Hiekmann und teilweise auch David Etxebarria..., schoss es ihm durch den Kopf. Besser konnte es eigentlich gar nicht mehr kommen!, versuchte er einen klaren, abschließenden Gedanken zu fassen. Er griff in die Tasche seiner Jacke, die er über den Stuhl gehängt hatte und zückte einen Kugelschreiber.

Dann las er sich die letzten Zeilen noch einmal genau durch:
Hiermit bestätige ich, Jens Voigt, ehemaliger Kapitän der Radsportmannschaft 'Team PBZV-Vodafone' den Wechsel der Radsportprofis, Luca Paolini, Michele Bartoli, Thomas Ziegler einschließlich mir selbst, zu der Radsportmannschaft 'Etxe-Ondo gara.net'.

Ich versichere mit dem Unterschreiben dieses Vertrages außerdem, dass der Kapitän des neuen Teams umgehend die Lizenzen aller Fahrer zugeschickt bekommt. Außerdem versichere ich die sofortige Zerstörung aller vertraglichen Dokumente, die einen der wechselnden Fahrer, an sein altes Team und dessen Sponsoren und Nebensponsoren bindet.
Jens' Blick ging auf dem Blatt weiter nach unten, zu dem Platz, wo seine Unterschrift hinkommen sollte. Keinen einzigen Bruchteil einer Sekunde länger zögerte er, setzte den Kugelschreiber an und setzte seine schwungvolle Unterschrift unter das Dokument.

Bild

Als er fertig "gemalt" hatte, blickte Jens auf. Er lächelte und schaute Iban Mayo, seinem zukünftigen Teamkameraden, in die Augen. Dann breitete sich ein zufriedenes Lächeln auf seinem Gesicht aus...

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Beitrag: # 212897Beitrag Hoffi
10.2.2005 - 21:07

Bild

So hieß es nur wenige Sekunden ein paar Zentimeter neben der Unterschift von Jens, auch Iban musste nun lächeln, und nach einer kurzen Phase des Schweigens, sagte Iban: Ich würde vorschlagen, wir gehen zurück ins Hotel, denn dort ist eine nette kleine Bar, dort können wir Anstoßen auf den Vertrag, Teamkollege.

Iban war glücklich, eine Optimallösung hatte sich nun ergeben, nachdem das baskische Team zeitweise zu einer Zwei-Fahrer-Mannschaft zu degradieren drohte - und nun wechselten vier sportlich starke und überdies charakterlich makellose Radprofis ins Baskenland.
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Beitrag: # 212936Beitrag Artifex
10.2.2005 - 23:07

Zufrieden fuhren die beiden ins Hotel weiter und setzten sich dort in die Bar. Sie stießen dann auf den Vertrag und eine erfolgreiche Saison an und waren fast eine Stunde noch damit beschäftigt, über letztere fachzusimpeln.

Schließlich, als Iban auf Toilette ging, schrieb Jens eine SMS an seine neuen und alten Teamkollegen Bartoli, Paolini, Ziegler:

Der Vertrag ist unterschrieben! Willkommen im neuen alten Team, Etxe-Ondo gara.net :) Prost!

Dann klickte er auf 'Absenden'. Zum ersten Mal seit fast zwei Wochen, spürte er innere Ruhe und Freude, vorallem Vorfreude und diese ist ja bekanntlich die schönste Freude.

Die Reise ins Ungewisse war endlich vorrüber und nun fieberte Jens dem Saisonstart beim Omloop Het Volk entgegen.



[CLOSED]

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