Wodka, Nutten und das Maillot Jaune

FIKTIVE Radsport-Geschichten von Usern, die sich für schreibtalentiert halten

Moderator: Grabba

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arkon
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Beitrag: # 6832110Beitrag arkon
15.9.2010 - 3:34

- der charakter verliert zusehends an farbe. in den ersten posts reichte das noch, ihn als hurenden, trinkenden, arroganten sack darzustellen, hatte auch wirklich was, aber so mit der zeit wird es dann doch etwas oede.
- das hauptproblem erwaechst meiner meinung nach aus der tendenz, die immer gleichen themen aufzugreifen. da waeren seine arroganz, fehlende selbstwahrnehmung, fehlender sachverstand im radsport, vorliebe fuer nutten. sex, alkohol. das charakterisiert deinen aar ganz gut. fueg dem mix was hinzu!
- auch zweifle ich bald etwas an seinem intellekt. also nicht nur ein wenig. das kann ja durchaus gewollt, deswegen fasse das nur als beobachtung auf. die art und weise, wie er konsequent alle hinweise auf seine wahre leistungsfaehigkeit ignoriert, ist beachtlich. und darueber hinaus kann ich mir durchaus vorstellen, dass es seinem formaufbau auf lange sicht wenig zutraeglich ist, sich selbst nicht realistisch einschaetzen zu koennen.

ansonsten lese ich noch, hoffe aber auf mehr.
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Fabian
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Beitrag: # 6832124Beitrag Fabian
15.9.2010 - 11:50

Es wäre schön, wenn du Ruslans Gefühlswelt etwas mehr beschreiben könntest. Wurde er zu Beginn glaubhaft als Rebell und verwöhntes Muttersöhnchen dargestellt, ging mir die Wandlung zum sich unterordnenden Helfer etwas zu schnell. Ich "fühle" bisher kaum Emotionen, kann mich nicht so recht in Ruslan versetzen.
Die Story gefällt mir insgesamt sehr gut; das Leben ausserhalb des Radsports dürftest du aber gerne noch etwas mehr ausschmücken.
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sciby
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Beitrag: # 6832133Beitrag sciby
15.9.2010 - 13:01

Der etwas stupide Charakter ist so durchaus gewollt. Den Sprung des Unterordnens als Helfer ist mir sicherlich nicht sehr gut gelungen, doch einerseits möchte ich auch in der Saison voran kommen. Die Geschichte neben den Rennen wird jedoch spätestens während der Rennpause nach der Baskenland-Rundfahrt wieder weitaus mehr ausgeschmückt. Ideen sind da zahlreich vorhanden.
In den meisten AAR's sind die Protagonisten Vorzeigetypen, mit Freunden und Familie, auf die sie sich verlassen können und die sich für nichts zu schade sind. Ruslan jedoch soll bewusst anders sein. Ein arrogantes Arschloch, der gegen jeden und alles außer sich selbst ist. Selbstverständlich kann das nicht so bleiben, doch in den nun vergangenen 3 Monaten hat er sich noch nicht großartig verändert.
Bei den fehlenden Emotionen muss ich zustimmen, doch auch dies ist gewollt. Ruslan ist nicht der Typ, der seine Gefühle preis gibt, wenn man bei ihm überhaupt von großartigen Gefühlen sprechen kann. Aber auch hier erwartet euch noch etwas.
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Fabian
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Beitrag: # 6832136Beitrag Fabian
15.9.2010 - 13:49

Auf jeden Fall ist es mal ein etwas anderer AAR. Bei Ruslan weiss ich nicht so Recht, ob ich jetzt mit ihm mitfiebern und hoffen soll, dass er gewinnt, oder ob ich ihn abkacken sehen will. Bei vielen der anderen AARs, die sich nur um eine Person drehen, hoffe ich spätestens nach den ersten drei Siegen als Neo-Profi, dass der Charakter mal gründlich auf die Schnauze fliegt. Auch Ruslan ist mir fast schon zu erfolgreich für einen Neo, aber er ist zumindest vom Charakter her nicht so "perfekt" wie viele andere, was ihn mir ganz sympathisch macht.
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arkon
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Beitrag: # 6832146Beitrag arkon
15.9.2010 - 14:49

du machst es dir zu einfach. "das ist so gewollt" mag zwar bei vielen punkten stimmen, adressiert aber nicht das problem. auch wenn ruslan kaum gefuehle zeigt hat man als autor viele moeglichkeiten, diese fuer den leser ersichtlich zu machen. es ist zwar schwerer, aber moeglich. traeume hat jeder, gedanken ueber sicht selbst macht sich auch jeder. lass uns daran teilhaben.
und dann: auch wenn du in der saison vorankommen willst: diese wandlung ist doch eigentlich der wichtigste teil der geschichte und des charakters. warum willst du es dann so schnell abhaken? bei vielen anderen aars waer mir das egal, aber du willst ja sicherlich nicht nur irgendeinen schreiben.

gruesse
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sciby
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Beitrag: # 6832190Beitrag sciby
15.9.2010 - 17:42

Am Ziel angelangt

Noch 3km, noch 2, einer noch – es ging rasend schnell. Wie im Flug verging die Zeit während die letzten 100m langsamer voranschritten als eine Schnecke 15% Steigung herauf kriecht. Links und rechts von mir aufbrausende Zuschauermengen neben der Straße und auf der Straße weit und breit kein Verfolger auf zwei Rädern bis auf lauter Motorräder, deren Kameramänner den perfekten Augenblick meines Jubels erwischten wollten und sekündlich auf den Auslöser drückten.
Im Zeitlupentempo reckte ich die Arme in die Höhe, nachdem ich mein Trikot schloss und auf das kleine Logo über meinem Herzen deutete: 'Goil', die Firma meines Vaters. Klein und unauffällig, doch nun schaute jeder zu dieser Aufschrift und in allen Gazzetten dieser Welt wird vom Unternehmen zu lesen sein. Die Aktienkurse werden in die Höhe schießen und mein Vater wird mir einen großen Batzen Geld gönnen, doch nun werde ich allmählich selber ganz großes Geld verdienen. Und das nicht durch meinen Vater, sondern in meinem großen Traum, dem Profiradsport.
Jeder stürmte auf mich los. Alle wollten sie wissen wie man sich fühlt, wenn man einen solchen Sieg einfährt und ich kann sagen, es ist einfach nur großartig, fantastisch und das Beste, was einem je passieren kann. Nicht vielen wird das Glück zuteil, das Gelbe Trikot überstreifen zu dürfen. 'Credit Lyonnais' sorgt für diese Farbe, die für großen Erfolg und Macht im Radsport steht. Jeder Bürger dieser Welt verbindet den Radsport mit dem Gelben Trikot und nun lag es auf meinen Schultern.
Ich ließ mich feiern und genoss die Aufmerksamkeit, die von nun an nicht mehr abebben wird. Der Trubel um meine Person war riesig. Ich musste jedem ein Interview geben und war unfassbar stolz, so dass ich am liebsten jedem meine Geschichte erzählt hätte. Mit begleitschutzähnlicher Unterstützung von Helfern des Teams gelangte ich nach einiger Zeit zum Teambus. Die Sportliche Leitung und alle Fahrer, die das Ziel schon erreicht hatten, empfingen mich mit lautem Applaus und einem edlen Tropfen.
„Champagner aus der Region. Ich hoffe, er ist dir edel genug. Besseren konnten wir auf die Schnelle nicht auftreiben.“
„Ihr habt also nicht mit meinem Sieg gerechnet und keinen Perrier-Jouet besorgt?“
„Es tut uns Leid...“
„Nein, nein. Ich verzeihe euch und nun lasst uns feiern. Vashe zdorovie!“
Ich versuchte nicht zu übertreiben, doch es viel mir eindeutig schwer. Nach ein paar Gläsern ging es ins Hotel, wo erst einmal die alltägliche Massage wartete. Ich durfte selbstverständlich als Erster ran, immerhin gab es bei mir am wenigstens zu tun, waren meine Beine doch trotz der Anstrengung noch am fittesten. Nach einer dreiviertel Stunde verließ der Physio dann wortlos den Raum, doch ich schaute nicht auf, sondern schlief beinahe ein bis ich durch sanfte Berührungen geweckt wurde.
Eine zärtliche Frauenhand bewegte sich langsam über meinen Rücken. Ich spürte wie etwas Öl auf meinen Hintern tröpfelte. Die Massageliegen haben zwar ein Loch für den Kopf, doch nun fehlte eine (besonders große) Aussparung in der Mitte. Ich war gezwungen mich umzudrehen um keine Schmerzen zu erleiden.
Ich blickte in die Augen einer wunderschönen Latina. Schnell schweifte ich ab und schaute in ihren tiefen Ausschnitt. Eine Kette mit einem Playboyhäschen hing herab auf mein bestes Stück und ich war überrascht, dass ich ein solches Detail erkannte, gab es doch so viele wunderbare Dinge an ihr zu bestaunen. Ich brachte kein Wort aus mir raus und ließ sie gewähren. Sie verwöhnte mich in allen Künsten der Verführung, dabei hätte auch ein einziger Anblick dieses Traumkörper dafür gesorgt, dass ich geil genug war. Sie holte Plüschhandschellen aus ihrer Hose und verband mir die Augen.
Es war einmalig und das Beste, was ich je erlebt hatte. Einfach nur grandios. Nach gefühlten drei Stunden nahm sie mir die Augenbinde wieder ab und langsam gewöhnte ich mich an das helle Licht und blickte mitten in die Sonne, die durch das Fenster schien. Irgendetwas konnte nicht stimmen, denn es sollte Nacht sein.
„Ich sollen Sie wecken. Sie sind viel zu spät.“
'Ach du heilige Scheisse', dachte ich mir als ich eine dicke Frau vor meinem Bett entdeckte. Sie war vom Zimmerservice und es war bereits 10 Uhr.
„Sie scheinen eine gute Nacht gehabt zu haben. Feuchte Träume, nicht wahr?“
„Wie? Was? Oh, ja. Ich habe geträumt...“
„Soll ich Trikot waschen?“
„Welches Trikot?“
„Na das Gelbe da, in dem sie geschlafen haben.“
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sciby
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Beitrag: # 6832354Beitrag sciby
16.9.2010 - 23:22

Am Ende gewinnen immer die Deutschen

Die Chance auf Gelb war am Morgen der ersten Etappe bereits groß. Nachdem Kim Kirchen seine Teilnahme krankheitsbedingt absagen musste, kam Mario Chiesa auf mich zu und übertrug mir etwas überraschend die Rolle des Kapitäns.
„Eigentlich hast du es dir nach deinem Alleingang in Italien nicht verdient, aber du scheinst unser stärkster Fahrer zu sein und da können wir nicht anders als auf dich zu setzen. Enttäusch uns nicht!“
„Danke. Auf mich ist Verlass. Ich fühle mich gut und der Schlussanstieg liegt mir. Ich bin ihn in der letzten Woche zweimal abgefahren.“
„Gut, dann weißt du ja hoffentlich, wann man eine entscheidende Attacke setzen könnte. Das Team steht vollkommen hinter dir. Soll das Rennen möglichst früh schwer gemacht werden?“
„Ich denke, dass eine Tempoverschärfung am Col de l'Ospedale ausreicht.“
„Luca und Gianpaolo werden dir hoffentlich eine große Hilfe sein. Aber das wird kein Selbstläufer. Kreuziger, Rogers, Hesjedal und der 5-malige Sieger Voigt sind eine starke Konkurrenz.“
„Ich vertrau da ganz auf mein Team.“

Bild

Ich war unendlich froh, dass man trotz meines wirklich dummen und kindischem Verhalten bei Tirreno-Adriatico auf mich setzte. Nun war ich gezwungen Leistung zu vollbringen, doch diesen Druck setzte ich mir sowieso bei jedem Rennen. Noch hatte ich den Vorteil des relativ unbekannten Außenseiters, doch das schätzte ich so ziemlich falsch ein. Auf der ersten relativ flachen Hälfte hielt ich einen kleinen Tratsch mit Jens Voigt. Er ist wirklich ein vorbildlicher Mensch, mit dem man immer Reden kann. Es gab wirklich niemanden im Feld, der nicht ein Freund des Jens Voigts war. Bei mir war das wohl schon jetzt ein wenig anders wie er mir erklärte.
„Deine Leistung in der noch jungen Saison ist wirklich beeindruckend. Alle haben ein Auge auf dich geworfen und werden dich wohl nicht mehr leichtfertig ziehen lassen. Ich bin ein Fan deiner Sportlichen Leistung.“
„Danke, von dir kann man ja sowieso nicht schlechtes sagen...“
„Ich bin bestimmt nicht der Vorzeigekerl, wie mich alle sehen, aber bei dir sieht das ja anders aus.“
„Wie meinst du?“
„Ich sag es dir nur einmal, aber du hast einen Ruf dir voraus eilen, der nicht gerade von Vorteil sein sollte.“
„Das arrogante, verwöhnte Arschloch?“
„Wenn du es doch sogar weiß, wieso änderst du es dann nicht?“
„Es ist meine Art, da bin ich ehrlich. Ich kann es einfach nicht abstellen, bin nicht immer der liebe Jung von nebenan.“
„Das sollst du auch nicht sein, aber hör einfach auf meine Worte.“
Mir wurde klar, dass ich mich ändern muss. Es gab bereits einige abschätzige Blicke im Feld, was mir eigentlich vollkommen egal ist, doch so mache ich mir nur unnötig Probleme. Ich wollte nie ein lieber Junge sein und das Arschloch liegt mir einfach mehr, aber ich muss alles dem Erfolg unterstellen, denn das ist das einzige, was mir wichtig ist.

Bis zur letzten Bergwertung war das Tempo sehr moderat, doch dann übernahmen wir die Spitze und versuchte das Feld durch eine Tempoverschärfung etwas zu verkleinern. Unsere russische Fraktion um Khalilov, Trusov, Botcharov und Ignatiev leistete hervorragende Arbeit. Leider hatte Bandiera in der Abfahrt einen Defekt und fiel ins Gruppetto zurück. Nach dem Berg waren nur noch 65 Fahrer im Peloton.
Im der kommenden Abfahrt und dem Flachstück unterstützte uns vor allem Columbia und kurz vor dem Beginn des Schlussanstieges waren die Ausreißer gestellt. Es ging in den konstant, steil ansteigenden Col de l'Ospedale. Garmin erhöhte das Tempo und sehr schnell fielen viele Fahrer zurück. Caruso und Mazzanti waren noch bei mir und gaben mir ihre letzten Trinkflaschen. Der wirklich tückische Berg, an dem es galt eine nicht zu frühe Attacke zu setzen, war schwer genug um großartige Angriffe zu verhindern. Niemand wollte der Erste sein.
5km vor dem Ziel erhöhten Luca und Gianpaolo dann das Tempo. Sofort zog sich die Gruppe sehr lang und nach drei Kilometern versuchte ich etwas anzuziehen. Zwar konnte ich sofort eine Lücken reißen, doch ich wusste genau, dass es immer noch zu früh war. Ich diktierte den anderen Fahrern mein Tempo auf während meine beiden italienischen Kameraden am Ende der nur noch 10-15 Fahrer großen Gruppe zu kämpfen hatten.
Nachdem niemand eine Attacke setzen wollte, lag es an mir und kurz vor der Flame Rouge entwischte ich. Keiner konnte mir folgen. Jeder musste kämpfen. Leider war der letzte Kilometer flach und so konnte ich nur wenig Zeit gut machen, doch die anderen Fahrer waren ohne jede Chance gegen mich. Meine Streckenkenntnis war sehr von Vorteil und das Team hatte mich perfekt vorne gehalten und hatte großes Lob verdient.

Bild
Meine späte, aber erfolgreiche Attacke kurz vor dem Ziel

Etappenwertung
1 Ruslan Goichev Team Katusha 5h15'19
2 Jens Voigt Team Saxo Bank + 9
3 Ryder Hesjedal Garmin - Transitions s.t.
4 Michael Rogers Team HTC - Columbia s.t.
5 Roman Kreuziger Liquigas-Doimo s.t.
6 Markus Eibegger Footon-Servetto s.t.
7 Yury Trofimov Bbox Bouygues Telecom s.t.
8 Kanstantsin Sivtsov Team HTC - Columbia s.t.
9 Hubert Dupont Ag2r La Mondiale s.t.
10 Gianpaolo Caruso Team Katusha s.t.

Gesamtwertung
1 Ruslan Goichev Team Katusha 5h14'59
2 Jens Voigt Team Saxo Bank + 17
3 Ryder Hesjedal Garmin - Transitions + 21
4 Michael Rogers Team HTC - Columbia + 29
5 Roman Kreuziger Liquigas-Doimo s.t.
6 Markus Eibegger Footon-Servetto s.t.
7 Yury Trofimov Bbox Bouygues Telecom s.t.
8 Kanstantsin Sivtsov Team HTC - Columbia s.t.
9 Hubert Dupont Ag2r La Mondiale s.t.
10 Gianpaolo Caruso Team Katusha s.t.


Im Ziel gratulierte Jens mir und sagte, dass er mit so etwas gerechnet hat. Ich bedankte mich vor allem bei Mazzanti und Caruso. Bei der Siegerehrung genoss ich den Jubel und war stolz, das Gelbe Trikot überstreifen zu dürfen. Leider verlief der Abend nicht so wie in meinem Traum, doch ein solcher Sieg steht über allem.

Am Morgen danach musste ich mich beeilen, immerhin stand ein wichtiger Tag an. Als letzter Fahrer kam ich noch so eben zur Einschreibekontrolle. Es war ein ungewohntes Gefühl, an der Startlinie neben all den anderen Führenden zu stehen und die meiste Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ich fühlte mich wohl im Blitzlichtgewitter und wusste, dass die gut 70km am Vormittag eigentlich sehr entspannt werden sollten.

Bild

Von Beginn an versuchten wir das Tempo nicht zu stark abflachen zu lassen und ließen eine vierköpfige Ausreißergruppe nur 2 Minuten gewähren. Im Endeffekt kam nicht allzu viel Arbeit auf uns zu, da sich alle für das kurze Zeitfahren am Nachmittag schonen wollten. Es ging nur um den Etappensieg, der wie zu erwarten war im Sprint geholt wurde.
Da kaum Sprinter im Feld waren, versuchten wir mir Trusov und Khalilov selber den Sieg zu erringen. Sie waren von der Führungsarbeit befreit und sorgten im Sprint für einen erneuten, etwas überraschenden Erfolg. In einem unübersichtlichen Sprint, den HTC ohne einen Sprinter am Start zu haben anfuhr. Khalilov vollendete die mustergültige Arbeit der Amerikaner und nur Duque kam ihm einigermaßen gefährlich nahe.

Etappenwertung
1 Mikhaylo Khalilov Team Katusha 1h43'50
2 Leonardo Duque Cofidis, le Credit en Ligne s.t.
3 Michael Rogers Team HTC - Columbia s.t.
4 Michael Albasini Team HTC - Columbia s.t.
5 Aitor Galdós Euskaltel - Euskadi s.t.
6 Jürgen Roelandts Omega Pharma-Lotto s.t.
7 Jens Voigt Team Saxo Bank s.t.
8 Cyril Lemoine Saur - Sojasun s.t.
9 Peter Velits Team HTC - Columbia s.t.
10 Nikolay Trusov Team Katusha s.t.
...
78 Ruslan Goichev Team Katusha s.t.


Gesamtwertung
1 Ruslan Goichev Team Katusha 6h58'49
2 Jens Voigt Team Saxo Bank + 17
3 Michael Rogers Team HTC - Columbia + 21
4 Ryder Hesjedal Garmin - Transitions s.t.
5 Yury Trofimov Bbox Bouygues Telecom + 29
6 Markus Eibegger Footon-Servetto s.t.
7 Roman Kreuziger Liquigas-Doimo s.t.
8 Hubert Dupont Ag2r La Mondiale s.t.
9 Gianpaolo Caruso Team Katusha s.t.
10 Kanstantsin Sivtsov Team HTC - Columbia s.t.


Für ein Feiern des Erfolges blieb kaum Zeit. Nach einer kurzen Erholung und einem schmackhaften Mittagessen ging es in die Vorbereitung für das Zeitfahren. Es war mein erstes Zeitfahren seit zwei Jahren. In meiner Amateur- und Jugendzeit verabscheute ich diese Art des Rennens. Nie gelangen mir gute Resultate und so nahm ich auch nie an einem Zeitfahren teil. Mario wusste davon Bescheid und riet mir einfach alles zu geben, aber meine Kräfte nicht zu früh zu verschleudern.

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Durch die prologähnliche Länge hatte ich nicht so eine große Angst, doch mein Vorsprung auf die stärksten Zeitfahrer Rogers, Kreuziger und Voigt war nur gering. Etwa eine Stunde vor meinem Start fuhr ich mich auf der Rolle warm. Zu diesem Zeitpunkt war Mikhail bereits im Ziel und hielt die klare Bestzeit. Er gab mir ein paar Tipps und dann war es so weit. Als letzter Fahrer ging es von der Startrampe.
Ich preschte nach vorne und gab alles. Ich versuchte in möglichst aerodynamischer Haltung zu fahren, auch wenn ich das weder gewöhnt war, noch in irgendeiner Form mochte. Mit unserem Mechaniker hatte kurz zuvor noch genau die Maschine auf mich eingestellt und eigentlich lief es auch sehr rund, doch dann erreichte ich den ersten Zeitmesspunkt und Mario teilte mir meinen Rückstand von 17sec auf Voigt mit. Es waren genau die 17sec, die ich in der Gesamtwertung vorne lag. Ich wusste, dass es schwer werden würde, doch ich gab alles um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Ich wollte unbedingt das Trikot nach Hause nehmen und es nicht auf diesen lächerlichen letzten 7km abgeben.
Mikhail lag im Ziel immer noch vorne, doch dann sprengte Rogers und kurz darauf auch Voigt seine Zeit. Der Australier konnte nach langer Zeit mal wieder einen Zeitfahrsieg einfahren und im Kampf um das Gelbe Trikot, aus dem ich leider raus war, ging es nur um wenige Sekunden. Mein Rückstand verdoppelte sich auf 36sec und somit war das Trikot futsch. Ich musste es an Jens übergeben, doch das tat ich gerne.

Etappenwertung
1 Michael Rogers Team HTC - Columbia 10'54
2 Jens Voigt Team Saxo Bank + 3
3 Mikhail Ignatiev Team Katusha + 15
4 Ryder Hesjedal Garmin - Transitions + 17
5 Roman Kreuziger Liquigas-Doimo + 20
6 Rein Taaramäe Cofidis, le Credit en Ligne + 25
7 Alex Rasmussen Team Saxo Bank s.t.
8 Michiel Elijzen Omega Pharma-Lotto + 26
9 Cyril Lemoine Saur - Sojasun + 28
10 Hayden Roulston Team HTC - Columbia s.t.
...
32 Ruslan Goichev Team Katusha + 36

Gesamtwertung
1 Jens Voigt Team Saxo Bank 7h10'03
2 Michael Rogers Team HTC - Columbia + 1
3 Ruslan Goichev Team Katusha + 16
4 Ryder Hesjedal Garmin - Transitions + 18
5 Roman Kreuziger Liquigas-Doimo + 29
6 Yury Trofimov Bbox Bouygues Telecom + 40
7 Markus Eibegger Footon-Servetto s.t.
8 Kanstantsin Sivtsov Team HTC - Columbia + 41
9 Hubert Dupont Ag2r La Mondiale + 59
10 Gianpaolo Caruso Team Katusha + 1'00



„Schade Ruslan, du hättest es sicherlich verdient gehabt, aber der dritte Rang ist doch auch nicht schlecht.“
„Glückwunsch zum Sieg! Ich bin nicht traurig drüber, denn gestern lief es einfach gut. Das mit dem Zeitfahren musst du mir wohl noch beibringen.“
„Kann ich gerne tun. Es war heute wirklich knapp, das ist mein sechster Erfolg. Dieses Rennen liegt mir einfach.“
Wie sagte Gary Lineker noch gleich?


Am Abend gab es dann noch erfreuliche Nachrichten von den anderen, gleichzeitig stattgefundenen Rennen. In Katalonien gewann Purito nicht nur den Prolog, sondern auch zwei der schweren Etappen und somit auch eindeutig die Gesamtwertung vor Vinokourov und Popovych. Damit übernahm er kurzfristig auch die Führung in der Pro Tour, die Filippo durch seinen starken 3. Platz bei Gent-Wevelgem zurückholen konnte. Devolder holte sich vor Flecha den Sieg, aber Pozzato konnte Boonen, Cancellara und andere Spitzenfahrer in Schach halten. Dazu lieferte Ivanov auf Rang 5 eine ebenso starke Vorstellung.
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Grabba
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Beitrag: # 6832368Beitrag Grabba
17.9.2010 - 0:38

Mir wurde klar, dass ich mich ändern muss.
Jetzt wird's aber langsam wirklich flach!

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