Der Gipfelstürmer

FIKTIVE Radsport-Geschichten von Usern, die sich für schreibtalentiert halten

Moderator: Grabba

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Mor!tz
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Beitrag: # 6773359Beitrag Mor!tz
23.6.2009 - 15:38

Kapitel 7 - Auf dem Weg nach oben

02.08.2008


Er hatte die Schuhe ausgezogen. Barfuss erklomm er die Düne. Dann sah er es. Vor ihm lag das Meer. Nur einige wenige Wellen wanderten landeinwärts. Die Sonne begann gerade unterzugehen. Vor wenigen Tagen war er noch in den Bergen, nahe der Schweizer Grenze gewesen. Dann hatte er sich Westwärts Richtung Atlantik gewendet. Jetzt war er da. Aber das hier sollte nicht sein Ziel sein. Morgen würde er wieder Richtung Osten fahren. Zurück in die Berge. Aber vorher hatte er noch etwas anderes vor. Schwimmen.

07.08.2008


Nach dem Frühstück ging es weiter. Er fuhr weiter, irgendwo hin. Dann bog er nach links ab. „Haute Crête“ hörte sich interessant an. Es ging nicht allzu steil bergauf und nach kurzer Zeit gesellte sich ein anderer Radfahrer zu ihm. Besser gesagt: Er bog von einer anderen Straße auf seine ein und fuhr ca. 15m vor ihm. Irgendwo hatte er dieses Trikot schon mal gesehen.
Während Moritz rätselte, woher ihm das Trikot vor ihm so bekannt vorkam, stieg die Sonne hoch genug, um auch ihn zu erreichen. Es würde ein schöner Tag werden. Von seinem Gepäck merkte er nichts mehr. Anfangs hatte er noch gemeint, es würde ihn nach hinten ziehen, aber er hatte sich daran gewöhnt.
Der Radler vor ihm schlug ein ordentliches Tempo an. Es juckte Moritz geradezu in den Fingern. Er wollte ein bisschen spielen!
Er beschleunigte kurz und schloss dann zu seinem Vordermann auf. Jetzt fuhr er ihm einfach nur hinterher. Er nutzte seinen Windschatten, zumindest versuchte er es. Allerdings bemerkte er keinen Unterschied.
Zum ersten Mal blickte sein Vordermann sich um. Dieses Gesicht hatte er schon mal irgendwo gesehen. Unbeirrt fuhr der junge Mann im giftgrünen Trikot weiter.
Dann sah er die Passhöhe. Die „Haute Crête“ war also gar nicht so hoch…
Sein Gegner spielte tatsächlich mit. Kaum hatte Moritz nicht aufgepasst war er aus dem Sattel gegangen und hatte schon 15m zwischen sie gebracht. Das wollte Moritz sich nicht bieten lassen. Er erhöhte ebenfalls das Tempo und kam wieder näher heran.

Auf einmal fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Jetzt wusste er wieder, woher er dieses Trikot kannte. Genauso wie das Gesicht. Von ihm würde er sich nicht abhängen lassen!
Doch es war schon zu spät. Während Moritz die Erleuchtung gekommen war, hatte der Franzose vor ihm noch einmal Gas gegeben und hatte die Passhöhe erreicht. Dort hielt er allerdings an und wartete auf Moritz.
Einmal mehr war Moritz froh Französisch zu sprechen, als der Franzose ihn mit „Salut“ begrüßte. „kennen wir uns nicht irgendwo her?“ fragte der junge Franzose, doch der Tonfall war eher belustigt als fragend. Auch ihm war also ein Licht aufgegangen. Hatte er es womöglich schon viel früher gewusst? „Ich glaube schon“, gab Moritz zurück und reichte seinem Gegenüber die Hand. Es war tatsächlich der Franzose aus Konstanz. Wie hieß er doch gleich? Irgendwas mit „A“
„Herzlich willkommen im Jura… Aber sag mal, was machst du hier?“ Jetzt wusste er es wieder. Arthur hieß der sympathische Franzose.
„Du bist doch nicht etwa wegen dem Coup de l’ Ain hier, oder?“ „Wegen was bitte?“

derottimito
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Beitrag: # 6773361Beitrag derottimito
23.6.2009 - 15:44

Endlich gehts weiter ich freu mich. :D :D :D :D
Wer kämpf kann verlieren wer nicht kämpf hat schon verloren!!!!
Zweiter der Tippspiel Tour de France 2010. :)

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Mor!tz
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Beitrag: # 6773655Beitrag Mor!tz
25.6.2009 - 13:11

„Also nicht…“, folgerte der Franzose. Was konnte das sein? Moritz wollte gerade nachfragen, als Arthur ihm die Antwort gab: „Der Coup de l’Ain ist ein Jugendradrennen im Rahmen des Circuit de l’Ain.“ Der Circuit de l’Ain war eine Profi Rundfahrt, das wusste Moritz. Aber dass es auch ein Jugendrennen gab hatte er bisher nicht gewusst. Gut, es hatte ihn ja bisher auch nicht interessiert, aber jetzt… „Wann ist das denn?“ „In 2 Tagen“ So spät würde er sich sicher nicht mehr anmelden können. „Heute Mittag läuft die Anmeldefrist ab“, fügte der Franzose noch hinzu. Warum eigentlich nicht… Er müsste sich bis zum Rennen eben noch ein bisschen ausruhen…
„Wenn du willst, zeige ich dir, wo du dich anmelden kannst.“ Konnte der etwa Gedanken lesen? Es wurde immer besser. „Gerne“, brachte Moritz nur noch heraus.

Eine halbe Stunde später erreichten sie Oyonnax, der Hauptstadt des Departements Ain.
„Damit wären jetzt Fahrer aus 3 verschiedenen Nationen am Start“, informierte ihn ein älterer Herr, nachdem er sich angemeldet hatte. Außer ihm und den einheimischen Franzosen waren also vermutlich noch Schweizer am Start. Bis Genf war es schließlich nur eine knappe Stunde.

Auf einem Tisch lagen mehrere Flyer. Einer davon war für den Coup de l’Ain:
„…
Der Coup de l’Ain ist eines der härtesten Jugendrennen Frankreichs und wird jedes Jahr im Rahmen des Profi-Rennens „Circuit de l’Ain“ ausgetragen. Auf 75,2km müssen die Teilnehmer fast 2000 Höhenmeter überwinden. Der Col de la Croix de la Serra mit seinen 1049m muss überquert werden, bevor der Finale Anstieg hinauf in den Fôret de l’Ain auf die Fahrer wartet.
Bild

Fakten:
75,2km
1950 Höhenmeter
…“

Da hatte er sich aber auf etwas eingelassen. Bis Sonntag musste er unbedingt wieder regenerieren.

---

Hoffentlich war das kein Fehler gewesen. Unter normalen Umständen würde er mindestens 3. werden. Es gab nur 2 Konkurrenten, die vor ihm ankommen könnten. Wenn es gut lief konnte er gewinnen. Jetzt hatte er allerdings noch einen Konkurrenten. Der sympathische Deutsche - wie hieß er doch gleich? Ach ja, Moritz - könnte ihm gefährlich werden. Andererseits war er echt nett. In seinem Kopf keimte eine Idee. Warum eigentlich nicht?
„Wo schläfst du eigentlich?“, fragte Arthur den Deutschen. „Ich werde irgendwo mein Zelt aufstellen…“ „Wenn du willst, kannst du bei mir schlafen, bis das Rennen vorbei ist.“ Jetzt war es raus. War das nicht eine Schnapsidee gewesen? Egal, jetzt konnte er sowieso keinen Rückzieher mehr machen.
„Das wäre sehr schön“, antwortete Moritz

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Mor!tz
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Beitrag: # 6774289Beitrag Mor!tz
28.6.2009 - 21:36

09.08.2008

„Auf wen muss ich achten?“ Moritz war total nervös. In Konstanz hatte er gedacht, bei seinem zweiten Rennen würde er schon nicht mehr so aufgeregt sein, aber genau das Gegenteil war eingetreten. „Also… Wenn ich keinen schlechten Tag habe, sind maximal zwei vor mir“, begann Arthur: „Der da drüben mit dem roten Trikot“ Er zeigte auf einen stämmigen Jugendlichen. Der sah nicht sehr sympathisch aus. Moritz hatte ihn entdeckt: „Meinst du den mit dem Blauen Helm?“ „Genau, das ist der Departement-Meister. Der andere ist der kleine Schweizer da drüben.“ Moritz entdeckte den Fahrer in seinem himmelblauen Trikot. „Wenn es gut läuft gewinne ich, wenn es nicht ganz so gut läuft werde ich dritter, außer…“ Bis gerade war der Franzose Moritz sehr sicher vorgekommen, aber jetzt… „Außer was?“, fragte er. „Außer du setzt dich dazwischen.“
Moritz begann zu lachen. Mit allem hätte er gerechnet, aber nicht damit. Er war nicht einmal auf die Idee gekommen, sich hier als Favoriten einzustufen. Es erfüllte ihn mit Stolz, dass Arthur ihn für so stark hielt. Er wollte die von ihm erwartete Leistung gerne zeigen, allerdings war er sich nicht so sicher, ob er sie überhaupt bringen konnte.

Wie jeden Tag in den letzten Wochen hatte er sein Vereinstrikot an. Das Rennrad gehörte ebenso seinem Verein. Den Gepäckträger hatte er abmontiert und bei Arthur gelassen. Es war schon außerordentlich nett von dem Franzosen, dass er ihn zu sich eingeladen hatte. Was für eine Wohltat es gewesen war, wieder in einem Bett zu schlafen… Andererseits hatte er sich inzwischen schon so sehr an die Einsamkeit und die Nächte im Zelt gewöhnt, dass ihm der Trubel um ihn herum schon fast zu viel wurde.
Aber eigentlich… Die Stimmung war super. Hier im Startbereich waren viele Fans und lauschten der Rede eines Mannes im mittleren Alter. Der Vertreter eines Sponsors, soviel hatte Moritz verstanden, dann hatte er nicht weiter zugehört. Bald würde es losgehen.

Der Startschuss fiel. Mit einem Mal war die komplette Anspannung von ihm abgefallen. Wie selbstverständlich reihte er sich in die Schlange der Fahrer ein.
Nach den ersten Kurven nahmen die Zuschauer am Straßenrand rapide ab. Sie fuhren leicht bergab durch den Ort Oyonnax. Hinter dem Ortsschild waren gar keine Zuschauer mehr an der Strecke.
Wo war Arthur? Moritz entdeckte mehrere giftgrüne Trikots. Dieses Mal war Arthur nicht so gut zu erkennen wie in Konstanz… Schließlich entdeckte er ihn. Er befand sich schon jetzt relativ weit vorne. Da er die Strecke nicht kannte beschloss Moritz, sich an Arthur zu orientieren.

Als sie durch den nächsten kleinen Ort fuhren waren wieder vereinzelt Zuschauer zu sehen. Moritz schaute kurz zur Seite. Im strahlenden Sonnenschein lagen mehrere Berge. Irgendwo dort war der Col de la Croix de la Serra, hatte Arthur ihm erklärt. Dort würden sie nachher fahren.

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Jimbooo
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Beitrag: # 6774298Beitrag Jimbooo
28.6.2009 - 21:46

liest sich echt gut dein aar. mach weiter so!

commandercharly
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Beitrag: # 6774360Beitrag commandercharly
29.6.2009 - 0:39

Echt Klasse. Mal sehen we es weitergeht.

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Mor!tz
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Beitrag: # 6775009Beitrag Mor!tz
1.7.2009 - 16:40

Sie passierten jetzt einen Kreisverkehr. Das Tempo war nicht gerade langsam, aber auch nicht wahnsinnig schnell. Rechts von ihm zog ein Industriegebiet vorbei. Ein Ortsschild. Jetzt waren auch wieder Zuschauer am Straßenrand. Geradezu euphorisch jubelten sie den Fahrern zu. In Konstanz war die Stimmung an der Strecke nicht so gut gewesen. Viel zu schnell verließen sie den Ort wieder. Vorbei war es mit der Stimmung.
Auf der linken Seite tauchte ein See auf. Eigentlich war die Landschaft hier wunderschön…
„Übrigens…“, eine Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Arthur war neben ihn gefahren: „wundere dich nicht, das Ziel ist mitten im Wald.“ „Warum das?“ Wer kam auf solche Ideen? Warum setzte man das Ziel nicht in einen Ort? Die Antwort kam sofort: „Die Strecke führt soweit in den Fôret de l’Ain, bis die Straße nicht mehr Asphaltiert ist. Auf einer kleinen Lichtung haben sie das Ziel aufgebaut.“ Dazu fiel Moritz nur eines ein: Die spinnen die Franzosen.
In einer scharfen Linkskurve verließen sie die große Straße und bogen auf eine kleinere ein. Nahezu sofort begann die Strecke anzusteigen. Aus dem Profil wusste Moritz, dass später noch viel mehr kommen würde.
Plötzlich ging ein Ruck durch das kleine Feld. Sofort verlor Moritz mehrere Positionen. Es dauerte kurz, bis er erkannte, wer dort das Tempo verschärft hatte. An der spitze fuhren drei Fahrer in giftgrünen Trikots. Sollte dass Rennen schon jetzt zum Ausscheidungsfahren werden?

---

Zufrieden beobachtete Arthur die Folgen der Tempoverschärfung seines Teams. Spätestens nach der Hälfte des Anstiegs zum Col de la Croix de la Serra würden seine Teamkollegen nicht mehr mithalten können. Deshalb hatten sie sich vor dem Rennen darauf geeinigt, schon am ersten Anstieg möglichst viel Ballast zurück zu lassen. Dass das wahrscheinlich auch seine Teamkollegen kosten würde, ließ sich nicht ändern. Julien hielt sich bisher noch zurück, der würde vielleicht etwas länger durchhalten.
Ein kurzer Blick zurück, zeigte bereits den Erfolg der Aktion. Eine ganze Reihe von Fahrern konnte das Tempo schon jetzt nicht mehr halten. Sie kamen jetzt in eine langgezogene Linkskurve. Er wusste, was als nächstes Kommen würde. Ein relativ enger Kreisverkehr, in dem sie die Richtung um 180° ändern würden. Um jeglichem Risiko zu entgehen, sortierte er sich etwas weiter vorne ein.
Nach dem Kreisel ging die Strecke ca. 700m etwas flacher weiter. Sofort passierte es. Genau das hatte er verhindern wollen. Ein stämmiger Fahrer in rotem Trikot trat an und setzte sofort einige Meter zwischen sich und das Feld. Luc Lelau, der amtierende Meister des Departements Ain hatte einen seiner Leute nach vorne geschickt. Kurz zögerte Arthur. Wie sollte er darauf reagieren? Seine Leute würden ein schnelleres Tempo nicht lange durchhalten.
Er schaute nach hinten. In Lucs Gesicht war Anspannung zu sehen. Aber auch noch etwas anderes. Es hatte etwas Abschätziges.
Plötzlich war Arthur klar, was zu tun war. Er fuhr nach vorne und sagte seinen Kollegen, dass sie Sich nicht weiter an der Führungsarbeit beteiligen sollten.
Um den Ausreißer brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Er hatte Luc Lelaus Gesicht gesehen. Er war sich sicher, dass dieser Egoist selbst gewinnen wollte. Im Notfall würde er seinen Teamkollegen selbst wieder einholen.
Das Tempo war sofort eingeschlafen. Schade nur, dass die bisherige Arbeit jetzt wahrscheinlich umsonst gewesen war. Bei diesem Tempo würden fast alle Abgehängten wieder ran kommen. Schade eigentlich.
In diesem Moment attackierte ein anderer Fahrer. Es war einer vom Equipe Tournesol aus Grenoble. Konnte er den auch einfach weglassen?
Markus Randaso nahm ihm die Entscheidung ab. Der Genfer, Arthurs zweiter großer Konkurrent, schickte seine Leute an die Spitze. So würde auch das Tempo hoch bleiben. Eigentlich lief es bisher ganz gut.

---

Nach der nächsten Ortsdurchfahrt ging es wieder bergab. Endlich, denn das Feld war nicht gerade langsam unterwegs. Moritz fragte sich, wie es nachher erst werden würde, wenn er die Abfahrt jetzt schon so herbei sehnte.
Zum Glück gab es nur drei engere Kurven, denn das Schweizer Team fuhr den beiden Ausreißern mit viel Risiko hinterher.
Sie erreichten das Tal. In einer Rechtskurve ging es über eine Brücke auf die andere Seite des Tals. Sie folgten dem Fluss in seinen Biegungen, immer noch leicht bergab. Vor ihm tauchte ein Ort auf. Der Fluss machte eine Rechtskurve, doch die Straße führte geradeaus in den Ort hinein. Leider stand dort eine Absperrung. Moritz ahnte, was jetzt kommen würde. Wie erwartet machten sie eine Linkskurve. Und dann ging es wieder bergauf.

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Mor!tz
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Beitrag: # 6776871Beitrag Mor!tz
6.7.2009 - 20:37

Eigentlich hätte es schon am Freitag weitergehen sollen, doch ein Gewitter hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Seit Freitag mittag war ich blöderweise von der Außenwelt abgeschnitten, zumindest was Telefon und Internet angeht. Wenigstens das Internet funktioniert jetzt wieder. Und ich habe die Zusage von Arcor, dass bis spätestens Mittwoch jemand danach schaut. Was auch immer das heißen mag. Aber egal, jetzt gehts weiter.
____________________________

Wie hieß der Pass noch mal? Col de la Croix de la Serra. Was für ein unaussprechlich langer Name. 15km würde es jetzt bergauf gehen. Und das relativ steil…
Nach der nächsten Kurve konnte er weiter vorne ein rotes Trikot erkennen. Der erste der zwei Ausreißer war also schon fast wieder eingeholt. Moritz schaute sich um. Von den gut 70 Startern waren noch um die 50 vertreten. Auf der langen Abfahrt waren einige wieder rangekommen. Wie schon am letzten Anstieg verlor er plötzlich einige Positionen. Er hatte wieder nicht aufgepasst. Er schaute nach vorne. Wieder waren es die Fahrer in den giftgrünen Trikots, die das Tempo machten. Die Aktion zeigte sofort Folgen. Die ersten Fahrer mussten schon wieder reißen lassen.
Langsam orientierte sich Moritz weiter nach vorne, als er plötzlich überholt wurde. Auf der linken Seite schossen drei Fahrer an ihm vorbei. Etwas spät zog auch noch ein Vierter hinterher. Schnell konnten sie einige Meter zwischen sich und das Feld bringen. Jetzt hatte auch der Vierte den Anschluss geschafft.
Während die Teams im Feld sich wohl uneins waren, wie sie reagieren sollte, stieg der Vorsprung der vier schon auf gute hundert Meter. Dann ging alles ganz schnell.
Plötzlich fand Moritz sich am Ende des Felds wieder. Fünf Fahrer in roten Trikots hatten die Führung übernommen und das Tempo zerrissen. Moritz war nicht als einziger davon überrascht worden. Eine Gruppe von gut 20 Fahrern war bereits fünfzig Meter zurückgefallen. Er musste einfach besser aufpassen, er hätte genauso gut mit abgehängt werden.
Als Moritz wieder nach vorne schaute stellte er zu seinem Erstaunen fest, dass die vier Ausreißer ihren Abstand trotz der Tempoverschärfung vergrößert hatten. Sie waren jetzt schon mehrere hundert Meter vor ihnen. Dazwischen fuhr der andere Ausreißer. Auf seinem Trikot war eine große Sonnenblume zu sehen. In einer scharfen Rechtskurve wurde es jetzt noch steiler.

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Arthur schaute auf den Tacho. Noch nicht einmal die hälfte des Anstiegs war bewältigt, und schon zwei seiner Teamkollegen hatten sich nach hinten verabschiedet. In der nächsten Ortsdurchfahrt wurde es noch einmal kurz flacher, doch dann wurde es schon wieder steil. Der Tournesol Fahrer war inzwischen wieder eingeholt, doch von den anderen vier Ausreißern war nichts zu sehen. Das war zwar gerade durch mehrere Orte sicherlich begünstigt, doch Arthur konnte nur ahnen, wie viel Vorsprung das Quartett hatte.
Patrick reichte ihm eine Flasche. Dann verabschiedete er sich auch. Jetzt hatte er nur noch Julien… und der schien auch schon ziemlich fertig zu sein.

---

Noch 3km bis zum Gipfel. Ungefähr zumindest. Als sie aus der Letzten Kurve gekommen waren, hatte er an der nächsten gerade noch mehrere Fahrer gesehen. Es waren mindestens zwei gewesen. Vielleicht war der Abstand doch nicht so groß, wie er dachte.
Er konnte nicht weiter darüber nachdenken, denn jetzt attackierte schon der nächste Fahrer. Wer war es? Ein Fahrer in rotem Trikot. Sofort schlief das Tempo ein. Ein zweiter Fahrer in rotem Trikot zog hinterher, dann noch drei andere. Dann gingen noch einmal drei Fahrer aus dem Sattel und hetzten hinterher. Was sollte er tun. Moritz schaute sich um, wo war Arthur?
Die Erkenntnis schlug ein wie ein Blitz. Noch ungefähr zehn Fahrer waren um ihn herum. Die Favoriten waren weg. Sollte das Rennen schon gelaufen sein?
Er schaute nach vorne. Die Gruppe hatte schon gut 100m Vorsprung. Er musste hinterher!
Moritz ging aus dem Sattel und beschleunigte das Tempo. Nur ein Fahrer folgte ihm.

---

Was war das für eine Aktion gewesen? Arthur versuchte die Taktik seines Konkurrenten zu durchschauen. Er hatte noch fünf Helfer gehabt. Trotzdem hatte er schon hier attackiert, so dass nur eine Hand voll Fahrer mitgehen konnten. Er zählte. Acht Fahrer. Außer Lelau hatte keiner mehr einen Helfer an der Seite. Überhaupt waren einige so überrascht gewesen, dass sie fast den Anschluss verloren hatten. Einige hatten den Anschluss verloren. Der Schweizer war noch da. Aber wo war Moritz?
Lelau hatte seinen Helfer an die Spitze der Gruppe geschickt. Noch ein Kilometer bis zum Gipfel. Sie bogen um die nächste Kurve und sahen plötzlich wieder zwei der Ausreißer vor sich. In kürzester Zeit waren sie eingeholt – und wurden durchgereicht. Dann kam der Gipfel in Sicht. Erst jetzt nahm Arthur die Zuschauer wahr. Euphorisch jubelten sie ihnen zu. Dann ging es wieder bergab.

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Mor!tz
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Beitrag: # 6777260Beitrag Mor!tz
7.7.2009 - 23:44

Zusammen mit seinem Begleiter erreichte Moritz den Gipfel. Von der Favoritengruppe war nichts zu sehen. Sein Begleiter, ein Fahrer mit gelbem Trikot und auffälligem roten Helm fuhr neben ihn. „Meinst du, die kriegen wir noch mal?“ „Ich denke wir haben eine realistische Chance, wenn wir uns anstrengen.“ So optimistisch war er allerdings nicht. Er ließ den Franzosen wieder nach vorne. Wenigstens ging es bergab.
Die Straße führte immer weiter in das Tal hinein. Sein Begleiter nahm die Kurven mit viel Risiko und Moritz hatte Schwierigkeiten ihm zu folgen. Er wollte hier schließlich nicht Kopf und Kragen riskieren. Vorsichtshalber schaute er erst gar nicht auf den Tacho. Womöglich würde er dann langsamer werden.
Sie durchquerten jetzt einen kleinen Ort. Von den Fahrern weiter vorne war weiterhin nichts zu sehen. Es folgte ein kurzes Stück Kopfsteinpflaster. Moritz hatte das Gefühl geradezu darüber hinweg zu fliegen, trotzdem wurde er ordentlich durchgerüttelt.

Noch 12 Kilometer. Immer noch ging es bergab, allerdings war die Gegend schon nicht mehr so ländlich. Die letzten sieben Kilometer würde es bergauf gehen, also noch knapp acht Kilometer bis dahin. Wieder einmal scherte der Franzose zur Seite aus und ließ Moritz vorbei. Wie automatisch erhöhte er das Tempo. Er wusste nicht, warum, aber er hatte das Gefühl, dass das jetzt einfach sein musste.

---

Die Gruppe um Arthur erreichte jetzt den Stadtrand von Saint-Claude. Noch 9 Kilometer. Selbst auf der Abfahrt hatten seine Konkurrenten versucht sich von der Gruppe abzusetzen. Allerdings war keiner weggekommen. Mit höllischem Tempo waren sie die Abfahrt entlang geprescht und hatten bald die letzten zwei Ausreißer eingeholt. Noch konnten sich die beiden halten, allerdings würde das nicht mehr lange so sein. Denn bald würde es bergauf gehen.
Auf einmal kam ein kleiner Tumult in die Gruppe. Arthur brauchte eine Weile, bis er den Grund dafür entdeckte. Von hinten hatten zwei andere Fahrer den Anschluss geschafft. Wegen des hohen Tempos brauchte Arthur mehrere Blicke um sie zu identifizieren. Der eine war ein ihm unbekannter Franzose mit gelbem Trikot, der andere war - Nein, das konnte doch nicht sein! Der sympathische Deutsche, der bei ihm übernachtet hatte, hatte es tatsächlich geschafft.
Die jetzt 14 Mann starke Gruppe erreichte den Stadtrand. Jetzt würde es nur noch bergauf gehen.
In den ersten Kehren passierte noch nichts. Dann schickte Lelau seinen Helfer an die Spitze. Sofort mussten die beiden ursprünglichen Ausreißer reißen lassen. Kurze Zeit später konnten auch zwei andere Fahrer das Tempo nicht mehr mitgehen. Nach der nächsten Kurve ging Lelaus Helfer aus der Führung und verabschiedete sich mit drei anderen Fahrern nach hinten.
Jetzt waren sie also noch zu sechst. Er, seine beiden großen Favoriten, Moritz, der Fahrer im gelben Trikot und ein kleiner Fahrer mit weißem Trikot. Er sah aus wie ein richtiger Bergfloh. Auf ihn sollte er auch Acht geben.
Zuerst gingen noch alle Fahrer regelmäßig durch die Führung, doch schon bald blieb der Fahrer im gelben Trikot nur noch am Ende der Gruppe und kämpfte um den Anschluss.
In dem Moment, als er endgültig reißen lies, attackierte ein anderer Fahrer.

---

Noch fünf Kilometer. Moritz schaute dem kleinen Fahrer hinterher, der gerade versuchte sich abzusetzen. Er hatte ungefähr 15m Vorsprung herausgefahren, dann wurde es nicht mehr. Die drei anderen Fahrer hatten das Tempo erhöht und auch Moritz ging immer wieder durch die Führung.
Vier Kilometer vor dem Ziel hatten sie den Ausreißer wieder gestellt. Für diesen Gegner war es das gewesen, denn er konnte jetzt dem Tempo nicht mehr standhalten.
Sie erreichten jetzt einen kleinen Ort. Vermutlich der letzte vor dem Ziel. Hier standen vermehrt Zuschauer an der Strecke. Scheinbar beflügelte dass einen seiner Konkurrenten, denn jetzt attackierte der Fahrer im roten Trikot.
Sofort sprang der Schweizer in seinem himmelblauen Trikot hinterher, doch der Departement-Meister hatte schon eine kleine Lücke gerissen. Am Hinterrad von Arthur folgte auch Moritz den beiden.
Kaum hatte der Schweizer die Lücke wieder geschlossen, attackierte der Eingeholte erneut.
Sie hatten den Ort bereits verlassen und die Straße wurde immer schmäler. Hier im Wald war es doch etwas kühler.
Der Schweizer hatte die Lücke wieder zugefahren, doch dieses Mal ließ er seinem Gegner nicht die Möglichkeit erneut zu attackieren.
Der Schweizer zog einfach vorbei. Moritz ging hinterher. Er schaute sich kurz um. Hinter ihm war Arthur, dann kam eine kleine Lücke bis zu dem Fahrer im roten Trikot.

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Mor!tz
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Beitrag: # 6777454Beitrag Mor!tz
8.7.2009 - 18:50

Arthur musste trotz der Anstrengung lächeln. Lelau war so gut wie geschlagen. Jetzt würde er es ihnen zeigen! Er nahm den Schwung einer kleinen Kurve und trat ordentlich in die Pedale. Ein kurzer Blick nach hinten. Er hatte schon ein kleines Loch geschaffen. Dieses Mal jagte Moritz ihm hinterher. Links zweigte eine kleine Straße ab. Es waren also noch ungefähr 1,5km. Würde er das durchhalten? Weiter kam er nicht mit seinen Gedanken.

---

Nie wäre Moritz auf die Idee gekommen, hier so gut mithalten zu können. Jetzt wollte er auch gewinnen. Kaum hatte er Arthur eingeholt ging er aus dem Sattel und trat wie ein Besessener in die Pedale.
Wie im Rausch fuhr er immer weiter. Die inzwischen recht große Zuschauermenge johlte, als er vorbei zog. Er wagte einen Blick nach hinten.
Der Schweizer grinste ihm ins Gesicht. Arthur war nirgends zu sehen. Jetzt würde es ein Duell geben.
Moritz versuchte sich an den Streckenplan zu erinnern. Ihm fiel nur noch ein, dass die Strecke irgendwo mitten im Wald endete. Jetzt würde er Nägel mit Köpfen machen.
Erneut ging er aus dem Sattel und erhöhte das Tempo. Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Er fühlte sich frei. Dann wurde die Idylle zerbrochen. Er nahm wieder die Rufe der Zuschauer wahr und musste zusehen, wie der Schweizer an ihm vorbei zog. Er versuchte mitzugehen. Seine Beine brannten. Moritz wusste, dass er am Limit war. Der Vorsprung des Schweizers wurde immer größer. Noch eine Kurve. Dann sah er es. Das Ziel!
Der Schweizer schaute ihn kurz an. Scheinbar hatte er erkannt, dass Moritz ihn nicht mehr einholen konnte. Er setzte sich wieder hin und streckte die Arme zur Seite. Dann ließ er einen Jubelschrei los.
Am Ende seiner Kräfte fuhr Moritz über den Zielstrich. Er war geschlagen, doch es fühlte sich an wie ein Sieg! Er war Zweiter!

---

Arthur sah, wie der Schweizer jubelte. Er sah, wie Moritz über die Linie rollte. Ein kurzer Blick zurück. Luc Lelau war nirgends zu sehen. Als Dritter rollte er über den Zielstrich. Tosender Jubel empfing ihn. Er war gleich doppelt geschlagen worden. Der letzte Anstieg war einfach zu lange gewesen. Seine Stärken lagen wohl doch wo anders. Trotzdem hatte er das erreicht, was er hatte erreichen wollen. Platz drei, und zwar vor Luc Lelau. Diese Genugtuung war fast so viel wert, wie ein Sieg. Naja, nur fast.
Er wurde immer langsamer. Sein Trainer klopfte ihm auf die Schulter. Arthur nahm nicht viel wahr. Um ihn herum verschmolz alles zu einem einzigen Getöse. Er war sich nicht sicher, ob er sich das nur einbildete, oder ob die Zuschauer wirklich so einen Lärm machten. Eigentlich war es doch auch egal. Kurz gratulierte er dem Sieger, dann bahnte er sich einen Weg zu Moritz.
Der Deutsche hatte sein Fahrrad an einen Zaun gelehnt und sich daneben gesetzt. Er strahlte glücklich, ohne Arthur zu bemerken. Erst als er ihm auf die Schulter klopfte sah er ihn an. „Glückwunsch, ihr wart einfach stärker als ich.“ „Danke“, kam es zurück. Zu mehr schien der Deutsche momentan nicht in der Lage zu sein. Irgendwie machte ihn das noch sympathischer. Das Ergebnis musste gefeiert werden. Aber jetzt kam erst die Siegerehrung.

Endlich kam er dran: „Den dritten Platz belegt Arthur Gaillard aus Oyonnax!“ Applaus. Er stieg auf die Bühne und schüttelte nacheinander allen bereits aufgerufenen Fahrern die Hand. Mit grimmigem Blick gratulierte ihm auch Lelau. Er stieg auf das Podest. Ganz oben wäre es natürlich schöner gewesen… Doch als er seine Medaille umgehängt bekam, hatte er diesen Gedanken schon wieder vergessen.

---

„Platz Zwei belegt: Moritz Oberacker aus Deutschland!“ Applaus brandete auf, als Moritz auf die Bühne stieg. Er schüttelte allen anderen die Hand. Dann stieg er auf die zweite Stufe des Podests. Was für ein überwältigendes Gefühl. Er bekam seine Medaille. Dann wurde noch der Sieger gekürt. Glücklich lächelnd nahm der Schweizer die Glückwünsche entgegen. Dann rückten sie Zusammen. Lächeln für das Siegerfoto.
Moritz ließ den Blick über die Zuschauer schweifen. Hier oben wollte er noch öfters stehen. Hier war er frei. Er war Moritz Frei.

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Beitrag: # 6779066Beitrag Mor!tz
13.7.2009 - 22:02

16.08.2008

Endlich war er wieder daheim. So langsam hatte er genug von der Einsamkeit. Nach dem Rennen vor einer Woche hatte er noch mit Arthur gefeiert. Dann hatten sie sich verabschiedet, mit dem Entschluss sich wieder zu sehen. Und jetzt war er wieder daheim. Er freute sich schon darauf seine Freunde wiederzusehen, und natürlich wollte er im Verein erzählen, wie er in Frankreich abgeschnitten hatte.
Die würden vielleicht Augen machen.
Er setzte sich an den Computer und rief seine Emails ab. Über 60 neue waren seit er das letzte Mal in einem Internetcafé gewesen war gekommen. Eine davon erregte besonderes Interesse bei ihm.

Sehr geehrter Herr Frei

Vielen Dank für ihre Bewerbung zum TalenteCasting des Team Antivirs. Wir freuen uns, sie zu uns nach Tettnang einladen zu dürfen.
Das Casting findet vom 11. - 13.10.2008 statt. Unterkunft und Verpflegung wird von uns Organisiert. Ihr Rennrad sowie sämtliches benötigtes Zubehör müssen sie selbst mitbringen.

Wir freuen uns auf sie!

Mit freundlichem Gruß

Johannes Knauf, Teamchef
Immer noch starte Moritz den Monitor an. Daran hatte er gar nicht mehr gedacht… Er las die kurze Email ein zweites Mal durch. Dann ein drittes. Er konnte es immer noch nicht glauben. Das musste er sofort seinem Freund Clemens erzählen, immerhin hatte der sich auch beworben.

„Clemens Bauer“
„Hallo Clemens, hier ist Moritz“
„Oh, hallo Moritz. Bist du wieder Zuhause?“
„Ja, und du wirst es kaum glauben. Das erste was ich hier bekommen, ist die Einladung zum Casting von Antivir.“
„Im Ernst? Die haben dich wirklich eingeladen?“
„Ja, dich auch?“
„Nein, ich habe gestern eine Absage bekommen… War aber eigentlich klar…“
„Und in Frankreich hab ich an einem Rennen teilgenommen, das muss ich dir unbedingt erzählen“
„Was hältst du davon, dich mit mir zum Laufen zu treffen, dann kannst du mir da alles erzählen.“

Das war eine gute Idee, er hatte sowieso vorgehabt das Fahrrad wieder öfters stehen zu lassen und die Laufschuhe anzuziehen. Er hatte da nämlich noch eine Rechnung offen…

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Beitrag: # 6779522Beitrag Mor!tz
15.7.2009 - 16:25

21.09.2008 Ulm

Unbarmherzig schien die Sonne auf ihn herab. Noch 5 Kilometer. Warum tat er sich so etwas an?
Doch diese Frage war hinfällig, sie würde sich im Ziel von selbst beantworten. Schon vor längerer Zeit hatte er Clemens aus den Augen verloren. Er hatte viel Zeit um nachzudenken, auch wenn er sich nicht sehr darauf konzentrieren konnte. Noch ein Blick auf die Uhr. Er lag voll im Plan.
Fahrrad gefahren war er die letzten Wochen nur noch im Training. Peter, der Angeber hatte damit geprahlt, bald einen Platz in einem Profiteam zu haben. Bald hatte sich jedoch herausgestellt, dass er auch nur eine Einladung zum Talente Casting von Antivir bekommen hatte. Die meiste Zeit war er gelaufen. Meist über 100km in der Woche. Jetzt war er hier. Beim Einsteinmarathon in Ulm.
Noch 3 Kilometer bis zum Ziel. Zuschauer jubelten ihm zu. Er hatte es fast geschafft. Doch würde es reichen? Wenn er das hier hinter sich hatte, würde er sich wieder auf den Radsport konzentrieren. Das Casting war schon in einem Monat.
Er näherte sich der Zielgeraden. Zuschauer säumten den Straßenrand. Der Applaus zog ihn dem Ziel entgegen. Er hörte den Streckensprecher. Die letzte Kurve, dann sah er das Ziel.
„Und auch diese drei Läufer werden die 42 Kilometer in unter zwei Stunden 45 schaffen.“
Er schaute noch einmal die beiden Läufer an, mit denen er die letzten 10 Kilometer kontinuierlich zusammen gewesen war. Dann zog er vorbei.
„Der Erste von ihnen ist Moritz Frei vom AST Süßen“
Es war ein unglaubliches Gefühl. Der Jubel der Massen lies ihn beinahe abheben.
„Was für ein Strahlen hier auf der Zielgerade des Einsteinmarathons. Die Anstrengung hat sich gelohnt! Herzlichen Glückwunsch!“
Moritz lief über die Zielgerade. Er stolperte an den Rand der Strecke und lehnte sich an einen Zaun. Dann schaute er auf die Uhr.
2h41’38’’ Er hatte es geschafft!
3 Minuten später kam Clemens ins Ziel. Lächelnd fielen sie sich in die Arme.
Noch einmal schaute Moritz auf die Uhr. Er hatte es tatsächlich geschafft. Er war schneller als Lance Armstrong!

Andy92
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Beitrag: # 6779577Beitrag Andy92
15.7.2009 - 18:26

Cool, bei einer der Veranstaltungen beim Einsteinmarathon ist meine Mutter letztes Jahr mitgelaufen.
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Mor!tz
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Beitrag: # 6779578Beitrag Mor!tz
15.7.2009 - 18:28

Wenn ich Zeit hab lauf ich im Herbst den Halbmarathon...

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valverde_a
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Beitrag: # 6779686Beitrag valverde_a
15.7.2009 - 23:15

hab mir zwar erst hier die letzte Seite durchgelesen, bin aber absolut überzeugt von diesem AAR! Werde mir in den kommenden Tagen auf jeden Fall die ganze (bisherige) Story durchlesen. Dein Schreibstil ist wirklich grandios --> weiter so :!:

Aber eins noch.. Bitte lass das Wort "eigentlich" öfters weg xD Kommt so oft vor. Was ich dagegen habe? Eigentlich leitet immer eine Lüge ein xD Außer du hast das absichtlich so eingebaut. :D Aber ansonsten habe ich nichts auszusetzen!

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Mor!tz
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Beitrag: # 6779772Beitrag Mor!tz
16.7.2009 - 13:37

Findest du? Ich eigentlich nicht... (Denn das ist eigentlich keine Lüge). Eigentlich steht hier auf dieser Seite auch nur 10 mal eigentlich, bei 4980 Wörtern ist das im Schnitt jedes 498. Wort. Eigentlich nicht furchtbar viel :lol: :lol: :lol:

Danke für das Lob, ich werd mal drauf achten. Vielleicht liegt es auch am Sprachgebrauch, dass ihr das anders verwendet als ich...

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valverde_a
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Beitrag: # 6779788Beitrag valverde_a
16.7.2009 - 14:13

:lol:

Das war jetzt richtiger Denksport mit den vielen "Eigentlichs" xD

Ok, das stimmt. Kommt wirklich nicht so oft vor, aber in letzter Zeit (seitdem mir das gesagt wurde...) achte ich auf jedes Eigentlich so genau, dass mir das sofort auffällt, wenn iwer mal eigentlich sagt oder eigentlich schreibt xD Aber ist nicht weiter schlimm.

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Mor!tz
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Beitrag: # 6780419Beitrag Mor!tz
18.7.2009 - 12:56

11.10.2008

Moritz öffnete die Tür. Ein nicht gerade luxuriöses, aber definitiv gehobenes Zweibettzimmer. Unglaublich. Hier wurden tatsächlich keine Kosten und Mühen gescheut. Am Bahnhof war er abgeholt worden, sein Fahrrad wurde von einem Angestellten irgendwo geparkt worden. Mit wem er das Zimmer wohl teilen würde?
Er schaute auf die Uhr. 17:34 Uhr. Um 18 Uhr sollten sich alle im Konferenzraum einfinden. Er hatte also noch etwas Zeit.
In der Lobby waren bereits einige andere junge Männer. Moritz setzte sich zu ihnen in einen Sessel.
„Was willst du eigentlich hier?“ Oh nein, das konnte doch nicht… „Du hast doch gegen mich eh keine Chance!“ Peter grinste ihn an. Was für ein Idiot. Der würde schon noch sein Fett wegbekommen. Hoffentlich. Moritz verzichtete auf einen Kommentar und machte sich stattdessen lieber auf den Weg in den Konferenzraum.

Punkt 18 Uhr trat ein Mann auf das Podium. Moritz schaute sich um. Wie viele warten da? „Guten Abend meine Herren. Ich darf sie recht herzlich hier in Tettnang begrüßen. Willkommen zum Talente Casting des Team Antivirs.
Mein Name ist Johannes Knauf und ich bin der Manager des Teams. Dieses Wochenende bekommt vielleicht einer von ihnen einen Profivertrag. Vielleicht auch zwei. Insgesamt sind sie im Moment 51, ein Teilnehmer trifft erst etwas später ein, weil er einen sehr weiten Anreiseweg hat. Derjenige unter ihnen, der noch alleine im Zimmer ist, wird sein Zimmer mit ihm teilen.“
Also er. Wer da wohl noch kam? Weit kam Moritz nicht mit seinen Gedanken.
„Wir werden im laufe des Abends noch ein Gespräch mit jedem von ihnen führen, morgen geht es dann auf die Straße. Den Zeitpunkt ihres Gesprächs finden sie auf der Liste am Eingang.“
Ein Blick auf die Liste zeigte ihm, dass er bereits in 20 Minuten dran war. Also direkt vor dem Abendessen.

Mit klopfendem Herzen betrat Moritz das Zimmer. Ein sympathisch aussehender Mann in den Vierzigern begrüßte ihn und stellte sich als Verantwortlicher für die Nachwuchsförderung vor. Es folgten einige allgemeine Fragen. Dann wurde es interessant.
„Wo sehen sie persönlich ihre Stärken?“
„Ich denke, die liegen eher im Gebirge.“
„Wie kommen sie zu dieser Einschätzung?“
„Nun, zum einen aus meinen Trainingsleistungen im Vergleich zu denen meiner Kollegen, zum Anderen aus dem Resultat eines Rennens, das ich vor zwei Monaten bestritten habe.“
Hoffentlich kam das nicht zu angeberisch rüber…
„Was war das für ein Rennen?“
Moritz informierte seinen Gegenüber über sein, seiner Meinung nach, phänomenales Abschneiden beim Coup de l’Ain. Sein Zuhörer machte sich eifrig Notizen.

Nach dem Gespräch verabschiedete Moritz sich für den Moment und ging in die Lobby. Gleich würde es Essen geben. Das Gespräch war eigentlich ganz gut gelaufen. Moritz sinnierte gerade darüber, wie es Morgen weitergehen würde, als ein ihm wohlbekannter junger Mann das Hotel betrat. Das konnte doch nicht sein! Er hätte nicht so schnell damit gerechnet, ihn wiederzusehen. Andererseits war es nur die logische Konsequenz, denn beim Bodesee Cup, wo man ihn eingeladen hatte, waren sie zusammen angekommen. Es war tatsächlich Arthur.

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Mor!tz
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Beitrag: # 6780666Beitrag Mor!tz
19.7.2009 - 10:16

13.10.2008

Moritz quälte sich den Berg hinauf. Er war an sich nicht besonders schwer, allerdings fuhr er ihn jetzt schon das zehnte Mal hoch.
Nachdem Gestern jede Menge Tests auf dem Programm standen, war heute eine Art Rennen dran. Um ihn waren noch drei andere. Es war das letzte Mal bergauf. Wer hier als erstes ankommen würde, hätte sicherlich gute Chancen auf den Vertrag. Allerdings würden da auch noch andere Dinge eine Rolle spielen. Das hier ein Teamplayer gesucht wurde war ihm spätestens nach der Fahrt gestern Mittag klargeworden, als sie in Teams gelost wurden und jeder eine Rolle zugewiesen bekommen hatte. Moritz hatte den Helfer spielen müssen. Heute Morgen waren sie in zwei Gruppen aufgeteilt worden. Wahrscheinlich nach der eigenen Einschätzung der Stärken.

Arthur war auch noch da. Dazu noch Peter, sein Teamkollege und ein anderer, ihm unbekannter. „Viel Glück“, wünschte ihm Arthur. Gleich würde es losgehen. Die Spannung war unübersehbar. Irgendjemand würde dem Druck gleich nicht mehr standhalten können und angreifen. Moritz durfte nur nicht der sein, der als Erster die Geduld verlor.
„Bis später“, rief Peter mit einem Grinsen, dann trat er an. Moritz setzte sofort hinterher. Als er um die nächste Kurve bog, sah er, dass er zu lange gewartet hatte. Sie waren schon fast oben. Er würde nicht mehr an Peter vorbei kommen. Also musste er wenigstens dranbleiben. Arthur war direkt hinter ihm. Der dritte Konkurrent war abgeschlagen. Arthur sah Moritz eigentlich gar nicht als Konkurrent. Nur wenige Sekunden hinter Peter erreichte er das Ziel. Arthur immer noch an seinem Hinterrad.
Peter grinste ihn selbstgefällig an. „Da bist du ja schon, aber ich hab’s dir doch gesagt, gegen mich hast du keine Chance.“

Um Punkt 16 Uhr betrat Moritz den Konferenzraum. Frisch geduscht und gestärkt fühlte er sich schon wieder um einiges besser. Er setzte sich neben Arthur. „Viel Glück“, raunte er ihm zu. Dann ging es los.
„Meine Herren, erst einmal vielen Dank für ihre Teilnahme. Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht.“
Von den nächsten Minuten hing so viel ab. Was, wenn sie ihn nicht nehmen würden?
„Wir waren sehr positiv über ihre Leistungen erstaunt. Letztendlich werden zwei von ihnen einen Vertrag erhalten.“
Hatte er richtig gehört? Zwei? Das steigerte seine Chancen extrem. Moritz konnte kaum mehr stillsitzen. Er zitterte vor Anspannung. Jetzt sag es halt, wollte er rufen, doch er konnte dem Reiz widerstehen.
„Einen Vertrag für die nächste Saison erhalten: Arthur Gaillard und Moritz Frei.“
Moritz konnte es nicht fassen. Er bekam einen Vertrag. Er! Und Arthur auch!
Wütend stampfend verließ Peter den Raum.
„Wir werden uns in den nächsten Wochen bei ihnen melden.“

commandercharly
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Beitrag: # 6780753Beitrag commandercharly
19.7.2009 - 14:05

Naja für meinen Geschmack hättest du da etwas mehr raus machen müssen. Etwas mehr spannung mit dem Konflikt zwischen Peter und Moritz und vielleicht auch ne Begründung wieso Peter nach Hause geschickt wird.

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Beitrag: # 6783998Beitrag Mor!tz
30.7.2009 - 13:25

Schon zwei Wochen waren seit dem Casting vergangen. Immer noch wandelte Moritz wie auf Wolken. Bisher hatte er es noch kaum jemandem gesagt. Seine Eltern wussten davon und im Verein hatte er es natürlich auch erzählt. Seltsamerweise war Peter nicht im Training gewesen… Warum nur?
Seinen besten Freunden hatte er es natürlich auch erzählt. Sie waren zwar skeptisch, aber sie freuten sich für ihn. Sonst wusste es niemand. Moritz war nicht der Typ, der mit solchen Erfolgen hausieren ging. Spätestens, wenn er nach dem Sommersemester die Uni abbrechen würde, würden es die Meisten sowieso mitbekommen.
So langsam könnten sich die aber doch mal bei ihm melden. Immerhin waren schon zwei Wochen seit dem Casting vergangen.

Moritz startete den Computer.

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Moritz war fassungslos. Was, wenn kein neuer Sponsor gefunden wurde? Was würde aus seinem Vertrag werden? Er musste dort anrufen!
„Tut mir leid, Herr Knauf ist gerade nicht im Haus“, wurde er von einer Sekretärin abgewimmelt.

Draußen begann es zu regnen. Das Wetter passte zu seiner Gemütslage. Weltuntergangsstimmung. Verzweifelt klammerte er sich an die winzige Hoffnung, dass doch noch ein neuer Sponsor gefunden werden würde.

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