Ein langer Weg

FIKTIVE Radsport-Geschichten von Usern, die sich für schreibtalentiert halten

Moderator: Grabba

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arkon
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Beitrag: # 6747091Beitrag arkon
1.12.2008 - 19:21

Es heißt, dass die Narben der Seele mehr Zeit zum verheilen bräuchten als die des Körpers. Ob diese Weisheit allgemein gültig ist sei dahin gestellt. Aber als Lalo im Warteraum der Besserungsanstalt im Highland Park, Ryan Road Ecke East McNichols Road, der eigentlichen Six Mile Road, wartete, wurde ihm klar, dass es für ihn stimmte. Er ertappte sich dabei wie sein Hand unter seinem Shirt nach der Narbe tastete, der Narbe die von jenem Messer stammte welches Eusébio Bernardo Augusto Pineda ihn in seine Magengrube gerammt hatte. Er hatte überlebt, überlebt nachdem ihn Eusébio ins Krankenhaus gefahren hatte. Vielleicht hatte er erwartet dass es sich Lalo danach noch einmal anders überlegen würde. Und ihn aus lauter Dankbarkeit, dass er ihn lächerlich gemacht, abgestochen und dann das Leben gerettet hatte das seine schenken würde. Vielleicht war Eusébio einfach nur eine rare Gestalt in den Bronx von Detroit. Und wenn es nach Lalo ging dann war er bald eine tote.
Eine Wache erschien in der Tür, rief seinen Namen und er trottete in das Besucherzimmer. Aus vielen Filmen kannte er diesen Raum, aber auch aus noch mehr eigenen Erfahrungen. Die Wand in der Mitte, unterbrochen von kleinen, kugelsicheren Plexiglas Scheiben. Die Holzwände daneben, die ein wenig Privatsphäre garantieren sollten, alles in demselben, verwaschenen Türkiston gestrichen, der schwach an die Farbgebung eines längst vergangenen Jahrzehnts erinnerte. Die Wachen, welche zahlreich auf beiden Seiten des Raumes postiert waren. Und die kleinen, schwarzen Telefone, welche neben den Glasscheiben hingen.
Die Wache wies ihn ein zu seinem Platz. Er setzte sich, sein Gegenüber war noch nicht da. Er nutzte den Moment und schaute sich um. Er kannte eine ganze Reihe an Leuten, auf beiden Seiten der Wand. Aber im Augenblick kam ihm kein Gesicht bekannt vor.
Ein lautes Hupen verkündete die Öffnung der Tür auf der anderen Seite des Raumes. Eine Wache erschien, und dann die Gestalt, auf die er wartete. Trotz seiner untersetzten Statur, vielleicht auch gerade deshalb, erfüllte er sofort den Raum, welchen er gerade betreten hatte. Seine orangene Häftlingskleidung minderte seine Aura nicht, sein aufrechter Gang und sein hoch erhobener Kopf karikierten sie eher. Er blieb einen Moment stehen, sah sich um. Die Wache, welche ihn begleitete, trieb ihn nicht zu dem für ihn vorgesehenen Platz, wie sie es vielleicht bei anderen Häftlingen getan hätte. Würdigen Schrittes ging er schließlich hinterher und setzte sich auf den Platz ihm gegenüber. Lalo schluckte.
Carlito sah nicht überrascht aus. Hatte er über irgendwelche Kanäle erfahren, wer ihn heute sprechen wollte? Außerhalb dieser Mauern hatten sie viel miteinander zu tun gehabt. Lalo hatte viele Freund, Carlito noch mehr. Sie gingen sich aus dem Weg, so, wie zwei mächtige Männer eben taten, wenn ihre Interessen sich nicht überschnitten. Doch das hatte sich geändert.
Carlito nahm den Hörer an sich.
„Hallo“ begrüßte er seinen Gast, und so obskur es schien, genau so fühlte sich Lalo in diesem Moment. Er war sein Gast. Er brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. Einen Moment des Schweigens. Dann konnte auch er wieder Lächeln.
„Einsam hier drinnen? Oder hast du genug Gesellschaft – unter der Dusche?“
Der Blick seines Gegenübers wurde noch durchdringender als ohnehin schon.
„Was willst du?“
„Ich will dir ein bisschen Gesellschaft leisten. Nicht, das du die Welt vergisst, die draußen auf dich wartet.“
Schweigen.
„Auch wenn du es vielleicht schon gemerkt hast – ich habe eine Menge Freunde. Und viele von ihnen waren so dumm wie du und wurden erwischt. Das macht mich zu einem Mann der die nächsten zwei Jahre deines Lebens beeinflussen kann. Ob zum Guten oder zum Schlechten, das hängt von dir ab.“
Wieder Schweigen. Lalo seufzte.
„Ich sehe du hast nichts von deiner Sturheit verloren – noch nicht.“
„Komm zum Punkt.“
„Oh, du hast es eilig? Na ja, wegrennen wirst du mir schon nicht.“ Sein Grinsen wurde ein bisschen breiter. „Du weißt genau, was ich will.“ Nun wurde auch sein Blick hart und leer. Das Vorgeplänkel war vorbei. „Wo ist er?“
Nun war Carlito mit dem Lächeln dran. „Glaubst du, ich werde dir genau das sagen, weswegen ich hier sitze? Wenn ich reden würde, dann wärst du schon ein toter Mann.“
„Drohungen, die wohl noch zwei Jahre werden warten müssen. Zwei lange Jahre.“
Sie blickten sich an, keiner bereit, auch nur einen Millimeter nach zu geben.
„Du beschützt einen Jungen, der vielleicht sogar dich verraten hat. Oder hätte. Der weggerannt ist und jetzt das Leben genießt während du hier für ihn im Gefängnis sitzt. Ist es das wert? Ist er es wert, die nächsten zwei Jahre durch die Hölle zu gehen?“
Keine schlagfertige Antwort, kein Kopfnicken, noch nicht einmal ein leichtes zucken. Carlito starrte sein Gegenüber unverwandt an.
„Freunde dich besser mit den Jungs auf der Krankenstation an. Du wirst sie in nächster Zeit öfter sehen. Und ich komme später noch einmal wieder. Ich hoffe, du lässt es dir durch den Kopf gehen. Ich kann dir deine Zeit hier auch versüßen. Ich hoffe, das ist dir klar.“
Wieder dieses ausdruckslose Starren, das Lalo irgendwie langsam verrückt machte.
„Träum was süßes“ flüsterte Carlito, legte den Hörer langsam auf die Gabel, richtete sich auf und stolzierte zurück. Zurück durch die Tür, aus der er gekommen war. Lalo schüttelte den Kopf. Was um Gottes Willen trieb Carlito so sehr an? Warum glaubte er, das Eusébio das alles wert war?
Eigentlich konnte es ihm egal sein. In zwei Wochen würde er wiederkommen. Und er würde Carlito verquollen und vor Schmerzen stöhnend vorfinden. Vielleicht würde er es sich dann noch einmal überlegen. Aber irgendwas sagte ihm das er sich irrte.
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arkon
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Beitrag: # 6747176Beitrag arkon
2.12.2008 - 20:43

Große Erkenntnisse haben die Angewohnheit uns nicht immer dann zu ereilen wenn wir sie erwarten. Es kann unter der Dusche passieren, auf dem Klo, beim Essen, beim Einkaufen, überall. Manchmal, und das ist wahrscheinlich die grausamste und angenehmste Art gleichzeitig, passiert es im Schlaf. Wir träumen davon. Die Situation spielt sich vor unseren Augen ab, die Lösung, der Einfall oder was auch immer ist auf einmal da. Und am nächsten Morgen haben wir es wieder vergessen. Zurück bleibt das diffuse Gefühl, dass das Problem in Wahrheit keines mehr ist, die Lösung steht ja nun parat.
Van Sleeken kannte diese Situation. Und da er solches schon öfter erlebt hatte war ihm die Problematik bekannt. So träumte er also, schlief tief und fest und wusste es auf einmal. Er riss die Augen auf, schrak empor und schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. Wie hatte er das übersehen können!
Fieberhaft überlegte er, wog mögliche Konsequenzen ab und während er, wie ein greiser Mann, mitten in der Nacht auf die Toilette schlich, seiner Umgebung nur halb gewahr, wuchs die Idee vom einer Skizze zu einem Plan.
Schließlich lag er wieder in seinem Bett, hatte sich alles zu Recht gelegt. Sein Blick wanderte herüber zu seiner Nachttischuhr, deren rote Ziffern im Dunkeln zu schweben schienen. Es war kurz nach vier. Und so munter er auf einmal war, so verschlafen waren wahrscheinlich noch alle seine Untergebenen. Daher zwang er sich dazu, mit geschlossenen Augen gegen den Sturm in seinem Kopf an zu kämpfen, nach etwas Ruhe zu suchen und schließlich Schlaf zu finden.
Sobald er erwachte stürmte er zu seinem Telefon. Belegte, verschlafene Stimmen wurden angerufen, der Plan erwachte zum Leben. Und noch während die Sonne sich über den Horizont mühte und Roderick die erste Nahrung des Tages zu sich nahm, fuhren schon einige Dienstwagen durch den frühen Morgen um die Wünsche seines Kopfes um zu setzen.
Wenn man Zeit verliert, so ist das immer ärgerlich. Wenn man aber viel Zeit verliert, darüber hinaus noch ausschließlich durch eigene Versäumnisse, so ist das unverzeihlich. So oder so ähnlich hätte van Sleeken jedenfalls jeden anderen zusammen gestutzt der so spät wie er auf so etwas Offensichtliches gestoßen wäre.
Der Unbekannte. Er war nicht sonderlich unbekannt. Die meisten Gruppierungen entstanden in Detroit nun einmal im schulischen Umfeld. Daher kannte er die Schule, auf der er mit hoher Wahrscheinlichkeit suchen musste. Ein südamerikanischer Junge, wahrscheinlich flüchtig, oft mit Carlito zusammen. Die Optionen schwanden. Und um zwischen den wenigen verbleibenden mit Sicherheit den Richtigen heraus zu suchen, dabei würden ihm die Zeugen helfen, die schon bald auf den Weg zu der Schule sein mussten. Die Empfangsdame aus dem Krankenhaus. Und Lisa Freeman.
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Beitrag: # 6747705Beitrag arkon
7.12.2008 - 16:21

Der erste Teil seines Planes gestaltete sich einfacher, als er sich es vorgestellt hatte. Er erreichte die Schule noch vor dem Beginn der ersten Stunde. Nachdem er kurz mit seiner FBI-Dienstmarke herum gewedelt hatte wurde er auch direkt in das Lehrerzimmer gebeten, wo ihm eigens ein etwas abgelegener Tisch freigeräumt wurde. Perfekt.
Er richtete sich auf eine lange Abfolge von Verhören ein, aber er hatte Glück: Direkt die zweite Lehrerin kannte Carlito offenbar gut und vermisste gleichzeitig in ihren Klassen einen südamerikanischen Jungen, der offenbar gut befreundet mit Carlito war. Eusébio Hernandez, so war sein Name, war ein talentierter Sportler und offenbar viel mit seinem Sportlehrer, Marc Stevenson, zugegen. Er bedankte sich, wurde aber, als er sich nach Mr. Stevenson erkundigen wollte, von einem klingelndem Handy unterbrochen.
„Van Sleeken“ meldete er sich.
Das Büro war dran. Lleyton Noland meldete sich etwas zögernd.
„Wir haben rumtelefoniert. Die Eltern von Lisa Freeman weigern sich strikt, sie aus dem Haus zu lassen. Und die Empfangsdame ist schon auf der Arbeit und hat uns ebenfalls eine Abfuhr erteilt.“
Seine Stimme zitterte, offenbar in Erwartung des bevorstehenden Ausbruchs von Roderick van Sleeken. Dieser jedoch kommentierte kühl und knapp.
„Ok. Ich hab eine Spur. Kommen Sie in der Schule vorbei. Sie werden die Ehre haben, die beiden Zeugen mit einem Foto zu besuchen.“
Die Erleichterung war hörbar.
„Geht klar, ich komme sofort. Bis dann“
Kommentarlos klappte van Sleeken sein Handy zu. Das er die Zeugen nicht vor Ort hatte war zwar ein bisschen ärgerlich aber es hätte schlimmer kommen können. Natürlich kratzte ihn die Tatsache ein wenig, das er nicht persönlich würde dabei sein können wenn die Zeugen die Fotos sahen. Gerade bei Lisa Freeman war er sich noch nicht so sicher, inwieweit man ihr vertrauen konnte. Aber die Geschwindigkeit war seine Hauptsorge, daher musste er wohl damit leben.
Wie sich zeigte, konnte er sogar sehr gut damit leben. Marc Stevenson kam gerade zur Tür herein und wurde sofort zum Tisch zitiert. Ohne große Umschweife erzählte er von Eusébios Radkarriere und seinem Trainingsaufenthalt in seinem Ferienhaus. Fast hätte van Sleeken vergessen, nach dem Foto zu fragen. Auch ohne die beiden Zeugen war er sich sicher: Das war er.
Mit dem Handy in der Hand stürmte er aus dem Lehrerzimmer, gerade als ihm Noland entgegen kam.
„Tut mir leid das ich…“
Mit einer Handbewegung schnitt Roderick ihm im Satz ab.
„Hier, das Foto. Marsch, marsch!“ sagte er, während sich am Handy die Polizeidienststelle Grattan meldete. Er drängte sich an seinem etwas verdutzt schauenden Untergebenen vorbei, ohne auf seinen fragenden Blick näher einzugehen.
„ Agent van Sleeken, FBI, hier. Ich bin gerade in Detroit in Ermittlungen in einem Mordfall unterwegs, die Spur führt zu ihnen. Ich komme auf dem schnellsten Weg zu ihnen, sie wissen wahrscheinlich besser wie lange es dauern wird. Halten Sie zwei Beamte für mich bereit, bewaffnet. Ich werde ein Objekt in dem sich mutmaßlich ein Verdächtiger aufhält sicher müssen und versuchen die Person fest zu setzen. Am besten wäre auch noch jemand ortskundiges. Die Adresse ist East Ab Avenue 112.“
Er machte eine kurze Pause um seinem Gegenüber die Gelegenheit zu geben zu antworten. Es kam nichts.
„Haben Sie verstanden?“
„Aus Detroit also, ja?“
„Hören Sie, es handelt sich um Ermittlungen in einem Mordfall, über Staatsgrenzen hinweg. Entweder Sie kooperieren vorbehaltslos mit mir oder ich werde Sie vor ihre verdammte Tür setzen lassen. Wir haben keine Zeit für Spielchen. Also helfen Sie mir oder ich werde Ihnen zeigen wie wirksam Beziehungen doch sein können.“
Diesmal wartete er nur kurz, bis ein „Ja, aber...“ Zu hören war und legte auf. Er hatte besseres zu tun als sich mit irgendwelchen machtgeilen Idioten in der Provinz herum zu ärgern. Mit wehendem Mantel rauschte er durch Eingangstür der Schule, gerade als ein Schwung Schüler von einem Bus abgesetzt wurde. Entnervt drängelte er sich durch die wuselnde Schaar.
Noch bevor er sein Auto sah kramte er schon seinen Schlüssel heraus und entriegelte seinen Wagen. Ohne das Navigationsgerät zu programmieren rauschte er mit quietschenden Reifen vom Parkplatz herunter, verfehlte zwei Kinder nur knapp und dampfte dann ab durch den morgendlichen Verkehr der erwachenden Stadt.
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Beitrag: # 6747886Beitrag arkon
8.12.2008 - 20:22

Grattan war noch kleiner als der Name es vermuten ließ. Van Sleeken brauchte die Polizeistation nicht zu suchen. Die wenigen Häuser, die wirklich in der Ortschaft lagen, waren um ein kurzes Stück einer breiten, offenbar wenig befahrenen Straße angeordnet, die durch die Region führte. In einem Telefonat auf dem Weg hierher hatte er von seiner Sekretärin erfahren, das wohl der größte Teil von dem, was hier als „Bewohner“ verzeichnet war, in Höfen in der Umgebung wohnte. Im Kern der Ortschaft gab es einige Bars und Geschäfte, eine Polizeistation, eine Arztpraxis und wenig sonst. Sogar die Feuerwehr, die auch für einige andere Orte in der Umgebung zuständig war, hatte sich außerhalb eingenistet.
Da die Straße hier Kurven wohl nur aus Erzählungen kannte sah er das Emblem der Polizeistation, das auf einem Blechschild aufgebracht war und großspurig heraus gehangen worden war, schon von weitem. Eine große Staubwolke hinter sich herziehend jagte er am Ortsschild vorbei. Weiße Buchstaben auf einer kotzgrünen Fläche, unterzeichnet von einer Einwohnerzahl. Er machte sich nicht die Mühe, diese zu entziffern. Dreistellig war sie gewesen, und alles andere würde nur seine Abneigung noch mehr erhöhen.
Mit quietschenden Reifen kam er zum Stehen. Soweit er sehen konnte war er das einzige Auto weit und breit. Ekelhaft. Er überprüfte seine Pistole, seine Marke und sein Portmonee. Dann hetzte er in die Polizeistation hinein.
Der am Telefon etwas langsame Polizeibeamte stellte sich als dumm, aber begeisterungsfähig heraus. So war die Besprechung kurz und informativ. Zusammen mit einem Kollegen von ihm hingen sie an seinen Lippen. Offenbar war er eine willkommene Abwechslung von der hier sonst herrschenden Langeweile. Marc Stevenson, der Sportlehrer von Eusébio Pineda, war kein Unbekannter. Er besuchte die Gegend öfter, trieb viel Sport und war bekannt und beliebt. Dass seine Hütte im Augenblick bewohnt war hatte man hier bemerkt. Ein Junge, vielleicht 18 Jahre alt, südamerikanischer Typ, untersetzt. Oft sah man ihn mit seinem Fahrrad durch die Gegen fahren.
Roderick zeigte ihnen das Foto, welches Lleyton Noland mittlerweile gescannt und ihm auf sein Handy geschickt hatte. Nicken. Er schaute selber noch einmal hin, prägte sich das Gesicht ein. Dann blickten sie sich zusammen Karten der Umgebung an. Er wollte das Haus zunächst alleine durchsuchen, während die beiden Polizisten ihn von draußen absicherten. Sie würden das Objekt auch observieren, wenn er den kleinen Bastard nicht antreffen würde.
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arkon
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Beitrag: # 6748062Beitrag arkon
10.12.2008 - 16:18

Für einen Ermittlungsbeamten wie van Sleeken kam es nicht so oft vor, selber an der Speerspitze zu sein, die Action aus erster Hand mit zu erleben. Die praktischsten Dinge in seinem Job waren Hausdurchsuchungen, Verhöre, Observationen und dergleichen. Sicherlich, ab und zu musste er auch mal ein Hotelzimmer sicher, einen Verdächtigen jagen oder ähnliches, aber es war selten. Verdammt selten. Genau genommen konnte er sich nicht daran erinnern, wann er zum letzten Mal seine Waffe benutzt hatte. Es war über ein Jahr her. Auch konnte man argumentieren, dass Streifenpolizisten ebenfalls selten in Schusswechsel verwickelt wurden. Aber wenn Roderick van Sleeken seine Waffe zog, dann um sich gegen bundesweit gesuchte Schwerverbrecher zu schützen. Keine Kleinkriminellen, die einen Schnappsladen überfallen hatten.
Er fuhr in seinem Auto hinter einem Streifenwagen her, in dem die beiden Polizisten saßen. Alleine hätte er den Weg wahrscheinlich nie gefunden. Er versuchte nicht daran zu denken, wie viel ihn die Reinigung des Wagens kosten würde, als er durch den in dieser Jahreszeit wohl immer feuchten Schlamm eines kleinen Weges fuhr. Er freute sich schon auf den Moment, wenn er wieder nach Detroit fahren konnte, weg von dieser unterentwickelten Brachlandschaft. Hoffentlich mit einem Beifahrer.
Endlich wurde der vorausfahrende Wagen langsamer. Einer der beiden Männer stieg aus, wartete am Wegrand, während der andere langsam weiterfuhr. „Ich schlage mich von hier aus in die Wälder. Wenn er nach hinten Ausbüchsen will, hat er keine Chance. Das Haus ist um die nächste Kurve, ein paar hundert Meter. Officer Jensen fährt weiter und wird dann zurück laufen, um Sie zu sichern. Sie halten einfach auf der Wiese davor. Bis gleich!“ Officer Rankens schlug sich in die Büsche und war kurz darauf verschwunden. Ungewöhnlich fleißig. Er hatte eigentlich erwartet, dass die beiden sich im Auto verkriechen und erst aussteigen würden, wenn sie Schüsse hörten.
Er blickte dem Mann einen Moment nach, nahm dann den Fuß von der Bremse und spürte wie der Wagen langsam im Standgas weiterrollte. Er schloss das Fenster wieder und fuhr bedächtig um die letzte Kurve. Das Haus, wie sie es nannten, war eher eine Hütte. Unansehnlich, aber gut erhalten stand es geduckt unter den überstehenden Baumwipfeln des nahen Waldes. Wenn der Junge seine Ankunft bemerkte konnte er wirklich spielend einfach nach hinten verschwinden.
Roderick parkte den Wagen dicht vor dem Haus und zog seine Waffe aus dem Schulterhalfter. Schon auf der Wache hatte er sie durchgecheckt und neu geladen. Wie aus Reflex zog er den Schlitten nochmals nach hinten, löste die Sicherung und fuhr unbewusst mit der Hand über das kühle, mattschwarz glänzende Metall. Er hatte sie erst die Tage wieder neu geölt, was er zufrieden am satten Geräusch des Schlittens bemerkte. Kurz ging er noch einmal den Plan durch, rief sich die Karte ins Gedächtnis und versuchte, die Positionen der beiden Kollegen in die Wirklichkeit einzupassen. Die vermeidbarsten Fehler bei solchen Einsätzen war die fehlende Orientierung in der Situation. Und er hatte sein Leben noch nie durch solche Kindereien aufs Spiel gesetzt.
Er stieg langsam aus, schloss die Wagentür ein wenig zögernd hinter sich. Dann fiel irgendwo in seinem Gehirn ein Schalter um. Er griff die Waffe mit beiden Händen, richtete sie gen Boden und eilte den kurzen, ausgetretenen Pfad zur Tür empor. Er widerstand dem Reflex, durch die Scheiben zu lugen und pochte mit der Faust gegen die Tür.
„Polizei, aufmachen!“ rief er gut hörbar. Er schlich beiseite, wartete nicht im Türrahmen. Er beäugte kurz die Angeln der Tür. Er stand auf der richtigen Seite, wenn die Tür sich öffnen würde. Die Sekunden verrannen und nichts tat sich. Angestrengt lauschte er auf ein Geräusch, aber er vernahm keins. Lauerte Eusébio? War er schon geflohen?
Roderick schlich um die Hütte herum, kam zu der Rückseite und entdeckte die Hintertür. Verdammt, er hätte dem Sportlehrer, Stevenson, die Schlüssel wegnehmen sollen. Dann könnte er jetzt lautlos eindringen. Aber man lernt bekanntlich aus Fehlern. Die Hintertür wirkte noch morsch und zerfallen. Offenbar hatte sich Stevenson damit begnügt eine stabil aussehende Fronttür zu haben. In dieser Gegend wohl auch völlig ausreichend.
Er hatte in seiner Grundausbildung zum letzten Mal eine Tür eingetreten. Und jetzt würde er es wieder machen müssen. Ein einfaches Vorhängeschloss sicherte die Hintertür, und es war abgeschlossen. Vorsichtig ging er zur Tür, nahm mit seiner Schulter maß, trat dann einige Schritt zurück, nahm Anlauf und krachte mit einem lauten Knall gegen die feuchte Holztür. Die Angeln gaben augenblicklich nach, ebenso wie das Schloss das mit ihm und der Tür gemeinsam nach innen in die Hütte fiel. Krachend schlug die Tür auf einer harten Kante auf und zersplitterte in tausend Stücke. Van Sleeken, der sich auf dem Boden wiederfand, stellte fest, das sein Kopf nur um eine Handbreite verschont geblieben war.
Er rappelte sich auf. Die plötzliche Dunkelheit nahm ihm die Sicht, erst langsam gewöhnten sich seine Augen daran. Seine ohne Ziel und Sicht in die muffige Ungewissheit der Hütte gerichtete Waffe wurde erst nach und nach mit Sinn belegt. Ein Ziel gab es jedoch auch nicht, nachdem er auf die Füße gekommen, sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt und die Hütte durchsucht hatte. Der Vogel war ausgeflogen.
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Beitrag: # 6748067Beitrag $$_gibo_$$
10.12.2008 - 16:54

Einsame Spitze deine Story, auch wenn sie momentan noch nicht arg viel mit dem Radsport zu tun hat. Du solltest wirklich ein Buch schreiben, das Talent dazu hättest du auf jeden Fall.
Du schaffst es immer wieder aufs Neue deinen Leser zu bannen, bin echt schon gespannt auf die nächsten Teile. Ist mal was anderes, als die anderen AAR´s hier :lol:
Ich sah den Himmel und mein eigenes Grab,
Ich feierte Siege triumphierte und verlor,
Ich starb aus Liebe.

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arkon
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Beitrag: # 6748224Beitrag arkon
11.12.2008 - 17:22

Regen. Immer nur Regen. Dieser verdammte Regen. Missmutig sah Jarrod Phillips durch die Windschutzscheibe nach draußen. Eine endlose, graue Straße, die sich langsam an einem schier endlosen Berg nach oben arbeitete, zeichnete sich ab. Er hatte den Punkt, an dem er sich über das Wetter aufgeregt hatte, längst überschritten. Jetzt fühlte es sich eher an, als ob die Tropfen von den Wolken hoch oben durch die Frontscheibe hindurch direkt in seine Brust fallen würden. Es war scheiße. Er fühlte sich scheiße.
Der Fahrer, heute war es Santino Cattaneo, griff nach dem Mikrofon und bestätigte irgendwelche Anweisungen. Er drückte auf die Hupe, versuchte sich den Weg durch die Zuschauer zu bahnen. Hier, irgendwo über zehn Minuten hinter der Spitze des Rennens, war die Strecke des Giros in Chaos aufgefächert. Während vorne zumindest noch einige Ordner und Polizisten die Massen zu bändigen versuchten, misslang dies hier völlig. Leute, die nach Hause wollten, Menschen, die sich einen Unterstand suchten, Fans, die die vereinzelten Fahrer um den Autobus herum anfeuerten und Verrückte, die mitten im Pulk der Fahrer mit zu laufen versuchten. Er hätte kotzen können.
Der Grund, warum er heute hier so weit hinten mitfahren musste war ganz einfach: Caetano Carrara hatte schon seit einigen Tagen Schwierigkeiten. Gestern hatte er sich noch vor dem Zeitlimit über den Zielstrich gequält, aber heute, auch mit leichterem Profil, würde es noch einmal schwerer werden. Beim Giro war Emirates ohne Kandidat für die Gesamtwertung angetreten. Lediglich Stefano Guidi, der absolute Topsprinter des Teams und wahrscheinlich auch der beste weltweit, war angetreten. Die Teamleitung hatte ihm einige Helfer an die Seite gestellt, unter anderem eben auch Caetano Carrara. Caetano war stark genug um selber beim Giro um Siege fahren zu können, aber er war nun einmal als Anfahrer hier dabei. Zum einen bedeutete das für ihn, das er selber keine Etappe würde holen können, zum andern aber auch, das ihm keine Helfer an die Seite gestellt wurden, wenn es ihm schlecht ging.
Jarrod hatte schon mehr als einmal energisch dagegen protestiert. Caetano war ein wirklich guter Fahrer. Das ihm die Teamleitung so wenig Freiheiten und Chancen auf eigene Triumphe gab war für ihn schon immer ein Stein des Anstoßes gewesen. Aber nun wollte sie ihm noch nicht einmal durch die Berge helfen.
Das Gehupe hörte auf, ein Fahrer mit gesenktem Kopf im weiß-roten Trikot von Emirates schleppte sich mühsam den Berg hinauf, wurde bald eingeholt.
„He, wie siehts aus?“ fragte Santino in holprigem Englisch.
„Na, es geht“ log Caetano in nicht besserer Sprache.
Die Internationalität der Truppe war Phillips von Anfang an ein Dorn im Auge gewesen, umso mehr als die Teamleitung die vereinzelten Vorschläge einer Sprachschulung abgelehnt hatte. Spanisch, Italienisch, Portugiesisch, Dänisch, Niederländisch und Englisch, das waren nur die Sprachen der Topstars des Teams. Russisch, Französisch, Deutsch und einige andere kamen noch wie selbstverständlich hinzu. Die meisten wussten nicht voneinander, welche Sprachen sie, außer ihrer Heimatsprache, beherrschten, und so wurde meistens auf Englisch gesprochen. Dass die Sprache dabei mit Füßen getreten wurde kümmerte ihn nicht so sehr. Aber dass offensichtlich immer wieder Information auf der Strecke blieb, das nervte Jarrod ganz gewaltig.
„He, Caetano, halt noch durch. Du musst nur noch den Berg durchstehen, nur noch vier Kilometer.“ Log er „Dann ist es flach und du kannst dich hinten reinhängen. Hier“ er tastete nach einer der Spezialtrinkflaschen, die er vor jedem Rennen selber mixte und reichte sie an Santino vorbei. „Halt durch. Du schaffst das!“
Er mochte zwar nicht der sensibelste Mensch der Welt sein. Aber er verstand dafür besser als die meisten, wie Sportler sich fühlten. Und was er ihnen erzählen musste, damit sie besser funktionierten. Sobald die Scheibe wieder geschlossen war fluchte er schon los.
„Diese verdammte Schweine. Die sollen jemanden zurück schicken. Funk nochmal Venegas an. Er hat da vorne mindestens vier Helfer, die er wirklich entbehren kann. Sowas kann doch echt nicht wahr sein.“ Fernando Venegas war der verantwortliche Teamleiter. Jarrod hielt sich mit seiner Meinung über dieses dumme, fette Schwein mittlerweile nicht mehr hinterm Berg. Dementsprechend schlecht zu sprechen war Venegas auf ihn. Den Platz in diesem Auto hatte er sich aber freiwillig ausgesucht. Irgendwie hatte er das Gefühl, das er der einzige war, der sich ernsthaft noch für Carrara interessierte. Die anderen hatten ihn schon abgehackt.
Doch wie Jarrod Phillips es erwartet hatte kam keiner. Carrara kämpfte sich zurück in den Bus und dann Meter für Meter den Berg hoch. Es war keiner der ganz großen Dinger des Giros, aber auch nicht zu verachten. Schließlich waren sie oben. Zu Jarrods besonderer Abscheu war aus dem ewig feuchten und kalten Regen hier oben Schnee geworden. Weiß in Grau, noch nässer und noch kälter, so sah die Welt hier oben aus. Er meinte, den Geschmack von Magensäure in seinem Mund zu schmecken.
Als auf dem Weg zum Ziel dann Carrara an einem kleinen Hügel, über 15 Kilometer vor dem rettendem Ziel, auch noch aus dem kleinen Fahrerfeld gespült wurde, auf weiter Flur alleine, da platzte ihm der Kragen. Wild fluchend schnappte er sich das Mikrofon, brüllte zuerst Venegas zusammen und dann jeden weiteren, der sich traute, den Funkkanal zu benutzen. Ein Helfer ließ sich trotzdem nicht zurück fallen.
Caetano Carrara kämpfte wie ein Löwe. Mit zusammengebissenen Zähnen quälte er sich Meter um Meter dem Ziel entgegen, die Augen rot und zugeschwollen, die Haut weiß und nass, von Regen, Schnee, aber auch Tränen und Schweiß. Ein Blick auf die Uhr verriet Jarrod, das der Kampf, zu bewundernswert er auch war, letztlich vergebens sein würde. Das Zeitlimit war schon verstrichen. Dann, zu allem Überfluss, rollte Carrara auch noch aus und blieb stehen, zwei Kilometer vor dem Ziel. Er riss sich los aus den Pedalen, dehnte sich an der Bande und sah mit schmerzverzerrtem Gesicht zu dem Teamauto herüber, das neben ihm gehalten hatte.
Jarrod blieb sitzen. Er hatte keine Kraft mehr. Er hatte keine Lust mehr. Hier stand Caetano Carrara, einer der vielleicht besten kommenden Sprinter der Welt, und er war am Ende, weil das Team ihm die Unterstützung entsagt hatte. Völlig unnötigerweise. Er starrte auf den Beifahrerairbag, das Handschuhfach. Graues Plastik. Grau in Grau.
Als der Wagen schließlich vor dem Hotel hielt blieb er immer noch sitzen. Er ließ sich Zeit. Langsam hob er den Kopf, schaute griesgrämig auf den Parkplatz hinaus. Wie in Zeitlupe öffnete er die Tür, stieg aus, blieb stehen. Santino Cattaneo, der ihn bisher angeschwiegen hatte, kam zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Alles in Ordnung?“
Jarrod antwortete nicht.
Santino nickte, klopfte ihm nochmal auf die Schulter und ging dann ins Hotel hinein. Jarrod blieb noch stehen. Er fühlte, wie der Regen ihn langsam durchnässte. Wie die Kälte in seine Kleidung kroch. Er fühlte sich elend. Er war am Ende.
Er kramte sein Handy aus der Tasche, drückte eine der Kurzwahltasten. Es dauerte einen Moment bis die Verbindung zum anderen Ende der Welt hergestellt war. Dann verschwand das Knacken und es ertönte ein gleichmäßiges Tuten.
„He Schatz, wie geht’s? Schön das du anrufst“
„Ich kündige“ beichtete er ohne Umwege seiner Frau.
„Wie? Bist du bescheuert? Hast du schon gekündigt oder hast du es vor?“
„Ich gehe jetzt gleich ins Hotel und werde meinen Chef anrufen. Ich hab die Schnauze voll“
Ein Seufzen.
„Das wirst du nicht tun. Der Job bei Emirates ist dein Traum. Das weißt du ganz genau. Du verdienst ein irres Geld und machst nur das, was dir Spaß macht.“
„Es war mein Traum. Die Realität sieht anders aus. Kein Geld der Welt könnte mich hier halten.“
„Schatz, immer mit der Ruhe. Ist der Gira schon vorbei?“
„Nein“ Sie interessierte sich für ihn, nicht für Radsport.
„Hör zu, gib dir noch die Tage, quäl dich ein bisschen. Dann nimmst du den nächsten Flieger nach Kalifornien und entspannst mit mir ein bisschen in der Sonne. Was meinst du?“
„Ich kündige. Jetzt gleich. Und dann nehm ich den nächsten Flieger nach Kalifornien und leg mich in die Sonne. Ich hör auf mit dem Radsport“
Er legte auf. Wenn man Anfang 30 ist sagt sich so etwas noch leicht. Kündigen. Neue Karriere wählen und verfolgen. Man ist noch jung und kann etwas erreichen. Mit 40 sah das schon anders aus. Jarrod Phillips war weltweit einer der renommiertesten Sportwissenschaftler, eine Koryphäe. Als er in den Radsport gewechselt war hatte die Fachwelt den Atem angehalten. Was würde er wohl bewegen können? Wie würde er das Training revolutionieren? Am gespanntesten war er selber. Wie immer, wenn er sich etwas Neues suchte.
Aber jetzt, sieben Jahre später, hatte er genug. Er war der bestbezahlteste Trainer im reichsten Team des Sportes. Er hatte die Spitze erreicht. Und jetzt hatte er keinen Bock mehr. Als er den Haupteingang des Hotels erreichte und auf die Sportler blickte, die mit ihren Rädern durch den Eingang trampelten, wurde ihm klar, dass er den Sport hasste. Er hasste Fahrräder.

so, jetzt geht es langsam los. Die Fahrradwelt, die ihr in den nächsten... hundert posts (oder mehr...) vorgestellt bekommt, ist meine eigene. Das war eigentlich die entscheidende idee hinter dem aar: eine eigene Radsportwelt zu erschaffen. Eigene Fahrer, eigene Teams, die originalen Rennen. Das Jahr, in dem alles spielt, ist nicht festgelegt. Ich nenne es einfach nur die Gegenwart. Aber der Kalender wird nicht übernommen, sondern selber zusammen gebastelt. Keinen bock auf die uci...
Die masse der fahrer wird groß sein. sehr groß. ich behalte den überblick mit tabellen. für euch, die leser, stelle ich zur zeit eine kleine auswahl an texten zusammen, die die fahrer und teams beschreiben werden. das alle kommt auch noch auf einen extra webspace, wie es da gemanagt wird kommt auf ;).
so, nun viel spaß noch


edit: er heißt natürlich Caetano Carrara. Die Sufu hat wohl nicht alles erwischt ;)
edit2: manche leute sind wohl echt zu blöd... die nächsten namen denk ich mir vorher aus.... vielleicht...
Zuletzt geändert von arkon am 11.12.2008 - 22:07, insgesamt 2-mal geändert.
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Fabian
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Beitrag: # 6748249Beitrag Fabian
11.12.2008 - 19:47

Na, dann könntest du mir schon mal einen kleinen Überblick verschaffen. Wie heisst der Fahrer denn nun? Eros Caetano, Caetano Carrara oder Eros Caetano Carrara?

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Grabba
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Beitrag: # 6748257Beitrag Grabba
11.12.2008 - 21:57

Dumm nur, dass er mittlerweile meist Caetano Caetano heißt. :P

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arkon
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Beitrag: # 6748691Beitrag arkon
15.12.2008 - 15:13

Während Carlito nach draußen sah, wo die Reihenhäuser einer anonymen Mittelschichtwohngegend von Detroit vorbei zogen, fiel ihm ein, dass es irgendwo ein Zeichen für Niederlage gab, welches dem Zeichen für Hoffnung glich. War es chinesisch? Er vermochte es nicht zu sagen. Aber er meinte sich schwach an eine Unterrichtsstunde zu erinnern in der ihnen der Lehrer mit diesem Beispiel deutlich machen wollte, das jede Niederlage gleichzeitig die Möglichkeit bot, Boden gut zu machen und aus seinen Fehlern zu lernen.
Im Laufe der Jahre hatte dieses Prinzip mit Erfolg für verschiedene Streitigkeiten zu nutzen gewusst. Auch wenn damals der Lehrer vielleicht eine andere Anwendung im Sinn gehabt hatte so konnte sich Carlito an dieses Beispiel immer noch deutlich erinnern als eines der wenigen Male, bei denen er in der Schule wirklich wichtige Sachen gelernt hatte.
Als er nun die vorbeiziehenden Häuser aus dem Gefangenentransport heraus betrachtete, fiel es ihm wieder ein. Zum einen weil die Niederlage nicht lange zurück lag. Er hatte es für einige Tage erfolgreich geschafft sich immer unter Leute zu mischen, immer eine Wache in der Nähe zu haben. Schon bald nach Lalos Drohung waren ihm diverse Gestalten öfter und öfter aufgefallen. Die Geier kreisten und warteten auf ihre Chance. Da er sie ihnen nicht bot, mussten sie sie selbst erschaffen.
Bei der Arbeit bot sich ihnen die Gelegenheit: Sie bauten Deckenlampen zusammen, eine eintönige und stumpfe Beschäftigung. Im Vorrübergehen schlug ihm einer der anderen seinen Schraubenzieher aus den Händen. Die Wache kam herüber und da in der üblichen Kiste das Werkzeug mysteriöser weise im selben Moment ausgegangen war musste er es sich selber holen. Im Hinterzimmer hatten sie dann auf ihn gewartet. Zuerst hatte er mit dem Gedanken gespielt, um Hilfe zu schreien. Aber das ging dann doch über das hinaus, was sein Stolz aushalten konnte. So hatte er die Prügel eingesteckt. Nicht ohne einen Kampf, aber dieses Mal nur einen kurzen, eher symbolischen.
Er wurde später von den Wachen gefunden, blutend, aber ohne gebrochene Knochen. Man fuhr ihn in die Krankenstation, da die eigene gerade renoviert wurde. Hier wurde Carlito zum ersten Mal aufmerksam. Es war ein kleines, altes Gebäude welches ein Stück von der Straße nach hinten versetzt war. Kaum Gitter, dafür viele Kameras. Alte, hohe Fenster, wuchernde Pflanzen, ein wirklich schönes Objekt. Der Arzt behandelte hier Kranke aus vielen Einrichtungen in der Umgebung, die sich keine eigene Krankenstation leisten konnten. Neben Knastbrüdern saßen viele Irre in weißen Zwangsjacken herum, einige durften auch herum laufen, ohne Handschellen, ohne Zwangsjacken. Insgesamt waren nie mehr als sechs Wachen zu sehen gewesen, vielleicht gab es noch ein oder zwei andere im Haus verteilt.
Nun, als er zum zweiten Mal erwischt worden war, begriff er die Chance dahinter. Die Anspannung, die sich in ihm aufbaute, als sie sich der Klinik näherten, verhinderte automatisch, dass er zu grinsen anfing. Als der Wagen schließlich anhielt und die zwei Wachen aus dem Gefängnis ihn hinaus beförderten, schlug sein Herz schon bis zum Hals. Mit der Kaltschnäuzigkeit, die ihm Detroit gelehrt hatte, verbarg er jegliche Nervosität und schlurfte, immer noch mit Handschellen, den Wachen hinterher zum Eingang des Hauses.
Der Warteraum war heute wesentlich leerer als noch beim letzten Mal. Die beiden Uniformierten nahmen links und rechts neben ihm Platz und starrten stur geradeaus. Sie mussten nur ungefähr zehn Minuten warten bis sie in das Behandlungszimmer gerufen wurden. Hier, endlich, wurden ihm die Handschellen abgenommen. Der Doktor, ein älterer Herr mit ergrautem Haar und Brille, schüttelte ihm freundlich die Hand. Wer länger in diesem Job arbeitete, anstatt mit einer normalen Praxis das große Geld zu verdienen, musste wohl eine gehörige Portion Idealismus mitbringen. Und dieser Herr, Doktor Nader, hatte wohl noch einige Wagenladungen davon übrig.
Carlito setzte sich auf den Behandlungstisch, die beiden Wachen nahmen neben der Tür Platz. Der eine der beiden war wohl schon etwas länger dabei und vertiefte sich augenblicklich in die Lektüre irgendeiner Zeitschrift, der andere sah gelangweilt herüber. Carlito dachte darüber nach, in wie vielen Dienstjahren er sich wohl ebenfalls in eine Zeitschrift würde vertiefen können. Trotz aller Übung im verschleiern seiner Absichten konnte er einen kurzen Blick aus dem Fenster heraus nicht unterdrücken. Unwillkürlich folge Nader seinem Blick, sah jedoch nur den grünen Garten außen vor dem Haus.
Nader wollte gerade wieder mit dem Tupfer eine der Wunden von Carlito desinfizieren als der erste Schuss krachte. Carlito blickte zu den Wachen herüber, diese starrten wiederum aus dem Fenster. Es dauerte eine Schrecksekunde bis sie nach ihren Pistolen tasteten. Der Schütze nutzte diese Zeit, zielte besser und Carlito sah, wie der zweite Schuss von einem Schwall Blut begleitet wurde: Der Kopf des vorderen Wachmannes schien wie ein Ei zu platzen. Der hintere Wachmann hatte mittlerweile seine Waffe gezogen und warf sich nach vorne auf den Boden, die Augen weit aufgerissen, das Gesicht weiß wie die Wand.
Carlito packte den Kopf des Arztes mit beiden Händen, zuckte vorwärts und ließ seine Stirn mit voller Wucht auf die Nase seines Gegenüber knallen. Kurz meinte er das Geräusch brechender Knochen zu hören, dann spürte er deutlich wie Blut über sein Gesicht floss. Der Arzt tastete mit beiden Händen nach der Stelle, an der eben noch seine Nase gewesen war, taumelte, vor Schmerz schreiend, rückwärts durch den Raum und krachte schließlich in einen Beistelltisch.
Die andere Wache wandte nun ihren Blick dem Mexikaner zu, brauchte aber eine Sekunde, bis er die Waffe auf ihn richtete. Diese Zeitspanne genügte dem anderen Schützen. Dieses Mal konnte Carlito das Geräusch des zerbrechenden Glases deutlich von dem ohrenbetäubend lauten Knall der Waffe unterscheiden. Zum ersten Mal erlebte er aus nächster Nähe und mit vollem Bewusstsein wie eine Kugel einen Körper durchschlug. Die kugelsichere Weste, die beide Wachen vorschriftsmäßig trugen, hielt das zweieinhalb Zentimeter lange Projektil nicht auf: Mit einem hörbarem Ratschen durchschlug es zuerst die Weste und dann den Oberkörper des immer noch liegenden Wachmannes.
Carlito war wie versteinert. Selber schon Menschen getötet zu haben machte ihn nicht immun gegen die plötzlich über ihn hereinbrechende Welle an Gewalt. Unfähig, seinen Blick von der auf dem Boden liegenden, von der Gewalt des Schusses seltsam verdrehten Leiche zu wenden, fühlte er erst langsam, dann plötzlich die natürlichste aller Reaktion in ihm aufwallen. In einem Schwall erbrach er sich über einen Instrumententisch, tastete blindlings nach Halt und fiel schließlich wimmernd auf die Knie.
Das hatte er am allerwenigsten erwartet. Er, der in nicht wenigen Schießereien beteiligt gewesen war, Messerstechereien hinter sich hatte, Leuten die Beine und Arme mit den bloßen Händen gebrochen hatte, er kam mit der Gewalt der Situation nicht klar. Eilig wischte er sich die Tränen aus den Augen und rappelte sich auf. Gerade rechtzeitig, denn just in diesem Moment kam Rafael durch die zertrümmerte Scheibe in den Raum gestürmt, eine Waffe in den Händen und auf die Tür gerichtet.
„Alle klar?“ bellte er seinem Anführer zu.
Statt einer Antwort stürzte dieser vor und nahm die ihm dargebotene Waffe in die Hand. Kurz sah er sich im Raum um, sah die beiden übel zugerichteten Leichen, den immer noch auf dem Boden liegenden Arzt, das Blut, das Erbrochene, die Gewalt. Für einen Moment erstarrte er. Gerade als Rafael ihn aus dem Raum zerren wollte öffnete sich die Tür. Bevor der mit vorgehaltener Waffe hinein stürmende Wachmann auch nur ein Ziel im Raum ausmachen konnte krachten schon die Schüsse. Von der Wucht der Einschläge zurück geworfen fiel der leblose Körper im Flur zu Boden, die Gliedmaßen von sich gestreckt.
Wie als ob ein Schalter umgefallen wäre kehrte das Leben in Carlito zurück. Ohne zu überlegen sprang er aus dem Fenster hinaus in den Garten. Den Schmerz der Schnittwunden spürte er nicht einmal mehr. Die Sirenengeräusche, die die Stille des Vorortes endgültig zerrissen, hörte er nicht. Die Schmerzen in der Lunge, als er nach einem kurzen Sprint die Gartenmauer in Windeseile empor kletterte, nahm er nicht wahr.
Er fiel auf das Laub hinter der Mauer. Celso stand plötzlich neben ihnen, das riesige Jagdgewehr über der Schulter. Ohne ein Wort zu sagen rannten sie, um ihr Leben. Die beiden kannten offenbar die Route durch die Vorgärten gut. Ohne Pause sprangen sie über niedrige Lattenzäune, sprinteten durch das grüne Gras der Reihenhäuser, stampften durch einen Sandkasten und tauchten unter trocknender Wäsche hindurch. Schließlich erreichten sie eine Straße. Der Motor des Wagens lief und bevor sie die Türen schließen konnten beschleunigten sie auch schon mit quietschenden Reifen.
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synchronfuzzy
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Beitrag: # 6750460Beitrag synchronfuzzy
3.1.2009 - 13:27

Dass ich nochmal (neue) Geschichten von dir würde lesen dürfen- diese Hoffnung gab ich auf, als du Jerdona beendetest.
Nur durch Zufall, beim Aufräumen meiner Lesezeichen bin ich nun wieder auf deine Geschichte gestoßen. Du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich gefreut habe, dich wieder unter den AAR-Schreibern zu wissen.
Denn das verspricht Lesespannung auf hohem Niveau. :D

Nunja, jedenfalls freue ich mich auf jeden weiteren Post und bin natürlich wieder sehr gespannt, wie du die zwei Welten, die du erschaffen hast, miteinander verknüpfen willst.

Du fragtest nach Sympathien für bestimmte Personen- natürlich gibt es die bei mir, aber ich finde, jede deiner Personen gehört zu der Geschichte und ist einfach richtig! Nur dass die zwei Frauen beide nur relativ kurz auftauchten finde ich nicht so gut- diese Handlungsstränge solltest du weiter verfolgen :D



So denn, mach weiter! Das ist klasse, was du hier schreibst.

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arkon
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Beitrag: # 6752158Beitrag arkon
18.1.2009 - 23:12

Ein Gefängnisausbruch ist für die zuständigen, lokalen Polizeibehörden Ehrensache. Ein Häftling, eben noch von der Zivilisation gewaltsam getrennt, rennt frei umher und bedroht die friedliche Existenz aller. So wie für das FBI Entführungen, so fühlten sich in Detroit die lokalen Behörden durch ein solches Ereignis ganz besonders angestachelt. In Detroit selbst gab es, dank eines stetig hohen Nachschubs an Häftlingen, relativ hohe Ausbruchsraten. Die Gefängnisse waren nicht unsicherer als im Rest des Landes, alleine die Zahl der potentiellen Kandidaten sorgte immer wieder für einen der spektakulären Jagden durch die Stadt. Besonders die Verstreuung der einzelnen Organe des „State Department of Corrections“ sorgte immer wieder für die entscheidenden Lücken im System.
Auch wenn die Polizei die Verfolgung von Carlito Hernandez als Ehrensache ansah, so wurde Roderick van Sleeken dennoch in Kenntnis gesetzt. Es dauerte rund eine halbe Stunde bis das unauffällige Bürotelefon auf seinem Platz zu klingeln begann. Van Sleeken, der sich just in diesem Moment einen Kaffee holte, hörte das Telefon nicht. Seine Sekretärin stellte den Anruf auf sein Mobiltelefon durch. So störte ihn das Klingeln, als er gerade mit der einen Hand seinen Kaffee balancierte und mit der anderen das Wechselgeld in der Hose zu verstauen suchte.
Er murmelte etwas vor sich hin, das einen vorbeieilenden Kollegen im grauen Anzug und blauem Hemd zu einem vorwurfsvollen Blick und einem Kopfschütteln veranlasste. Van Sleeken beachtete ihn nicht weiter, stopfte sich die Münzen in die Tasche und fummelte dann an der anderen herum, bis er das Telefon schließlich in den Händen hielt.
„Van Sleeken“ blaffte er schlecht gelaunt während er vorsichtig an dem viel zu heißem Gesöff im viel zu heißem Plastikbecher nippte. Seine Bewegungen erstarrten, sein Mund öffnete sich, doch er überlegte es sich besser. Bedächtig nickte er, als die Person am anderen Ende in allen Einzelheiten die in die Wege geleiteten Bemühungen der Polizei darlegte.
„Danke“ verabschiedete er sich kurz, wartete nicht auf einen Gruß der Gegenseite sondern drückte sofort den kleinen roten Knopf und starrte noch eine Weile auf das Display.
Dass die Jungs von der Haftbehörde nicht die Hellsten waren hatte sich im FBI mittlerweile herum gesprochen. Aber das sie seinen Häftling schon nach drei Wochen wieder hatten ausbrechen lassen, das war nun doch etwas zu viel. Er fühlte deutlich, wie in ihm der Zorn hochkochte. Seine Zähne knirschten unter der Anspannung seiner Wangenknochen. Vor ihm an der Wand hing der Feuerschutzkasten mit einer Axt. Einen Moment lang überlegte er ob er nicht mit der Hand die Scheibe zertrümmern, die Axt herausreißen und damit den Kaffeeautomaten zerlegen sollte. Aber nur einen Moment.
Er stapfte, immer noch kochend vor Wut, zurück zu seinem Büro und ordnete im Geiste schon die Schritte, die er selber in die Wege leiten würde um diesen kleinen Gauner möglichst schnell wieder hinter Schloss und Riegel zu bekommen. Um keinen Preis der Welt würde er der Polizei diese Aufgabe alleine überlassen.
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Beitrag: # 6752338Beitrag arkon
20.1.2009 - 17:29

Zur Jagd auf Carlito bliesen noch zwei andere Herren: Zum einen war da Lalo. Lalo, der mit Carlito seine beste Chance verloren hatte, Eusébio wieder zu treffen. Nachdem er von dem Ausbruch gehört hatte trommelte er sofort alle seine Vertrauten aus Detroit zusammen, und das waren nicht wenige. Der Ausbruch mochte für ihn einfach gewesen sein, doch wer immer sich in dieser Stadt in den Slums verstecken wollte, der lief zwangsläufig einem seiner Leute über den Weg. Und in diesem Moment würde er sich wünschen, im Gefängnis geblieben zu sein.
Der andere war Peter Edwards. Natürlich war das nicht sein richtiger Name, aber es war ein Name unter dem er momentan Geschäfte machte. Und das alleine zählte. Nach seiner Flucht aus jenem Motelzimmer in der schicksalshaften Nacht vor einigen Wochen war er zunächst sauer gewesen, sehr sauer. Er war nicht der Mann der verarscht wurde, er war nicht der Mann auf den geschossen wurde. Aber er blieb nicht lange wütend, das war einfach nicht sein Stil.
Nachdem der erste Ärger verflogen war fing er an, nach dem zu suchen, der hinter dieser Sache steckte. Es ging ihm nicht um die Drogen, nicht um das Geld. Es war die Respektlosigkeit, die aus diesem Plan sprach, die ihn wütend machte. Jemand hatte eine ganze Reihe seiner Leute getötet, hatte versucht auch ihn umzubringen, hatte ihm mutwillig die Polizei auf den Hals gehetzt, sein Eigentum gestohlen und all das ohne die geringste Vorwarnung.
Vielleicht war es der Racheakt einer seiner zahlreichen Feinde. Aber zum einen war sein Tod nicht im Zentrum der Operation gestanden und zum anderen auch nicht seine Gefangennahme. Zu einfach war seine Flucht gewesen, zu vereinzelt die Schüsse, die auf ihn abgefeuert worden waren. Also ging es nur um das Geld, die Drogen, die pure Bereicherung?
Was war an diesem Abend anders gewesen? Die beiden Jungs aus Detroit. Aber der eine wirkte sehr professionell für so ein Himmelfahrtskommando, und der andere mindestens zu intelligent. Sie würden niemals den Raum betreten, vom Hinterhalt wissend. Es blieb dieser Kleinkriminelle, dieser Bill. Er hatte offensichtlich das Feuer eröffnet, jedenfalls so weit sich Peter erinnerte. Aber nun war er tot, und damit die einzige Spur verwischt. Die einzige? Es blieben diese beiden Jungs aus Detroit.
Und dies war der Punkt gewesen an dem sich Peter vermehrt für Carlito interessiert hatte. Als dann die Kontakte, die Bill kannten, nichts erbracht hatten, konzentrierten sich alle Hoffnungen von Peter, all sein Zorn und seine Rachegelüste auf eben jenen Carlito. Und Eusébio natürlich.
Durch gute Verdrahtungen mit der Polizei hatte er von der Inhaftierung des ersteren erfahren und war seitdem bestrebt, ihm einen Besuch abzustatten. Bevor er jedoch dazu kam war der Bengel schon wieder ausgebüchst. Ein echtes Ärgernis. Aber er würde ihn finden. Carlito machte ihn auf den Eindruck ein zwar ambitionierten, aber doch sehr lokalen Gauners. Und er würde Detroit nicht verlassen. Er würde sich in dieser Stadt zu verstecken versuchen.
Peter Edwards lächelte still in sich hinein. Carlito würde versuchen, sich zu verstecken. Und er würde versuchen, ihn aufzustöbern.

ja, mal wieder ein bisschen kürzer. aber wenigstens bekommt ihr was zu lesen. ich muss mich selber wieder ein bisschen einfühlen. und hoffentlich ein bisschen feuer fangen. oder auch ein bisschen mehr ;)
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arkon
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Beitrag: # 6753165Beitrag arkon
26.1.2009 - 20:52

Noch unterhaltsamer als eine Landung in starkem Seitenwind war, einen offensichtlich unerfahrenen Fluggast dabei zu beobachten. Jarrod Phillips schaute abwechselnd aus dem Fenster und in das Gesicht seines Sitznachbarn. Der Wind kam schräg von der Seite und das Flugzeug versuchte, in die Richtung des Windes zu drehen. Da der Pilot natürlich alles tat, um dagegen an zu kämpfen, stand Boeing 777 der United Airlines schräg zu ihrer Fortbewegungsrichtung, als sie in den Endanflug des Los Angeles International Airport einschwenkte. Ganz gelang das Manöver nicht, ein leichtes Wackeln deutete darauf hin, das der Pilot nachkorrigieren musste. Oder der Wind böig war.
Die Augen weit aufgerissen starrte sein Sitznachbar auf die Vorderlehne. Das Unterhaltungsprogramm war mittlerweile auch in der First Class eingestellt worden, so dass er nicht, wie auf dem Rest des Fluges, einen Film nach dem anderen schauen und dabei vorsichtig an seinem Wasser nippen konnte. Für manche Menschen war das Fliegen eben doch kein Vergnügen.
Der Boden rückte immer näher, und mittlerweile konnte man auch einfach am Boden sehen, wie sehr sich das Flugzeug in den Wind hinein zu drehen versuchte. Die Bäume wurden vom Wind deutlich gebeugt. Am Himmel war keine Wolke zu sehen. Ideales Segelwetter dachte Jarrod bei sich und grinste. Sollte er heute noch raus? Oder bis morgen warten? Der Jetlag würde sich bald bemerkbar machen, da könnte er doch Morgen früh die Zeit nutzen statt sich Schlafpillen rein zuknallen und die Welt zu verfluchen. Im Dunkeln noch raus auf das Meer, mit Positionslichtern und Suchscheinwerfern, dann schnell hinaus Distanz auf die Küste gut machen bevor er dann den Sonnenaufgang über die Hügel hinweg draußen auf dem Ozean verfolgen konnte… das hörte sich doch nach einem Plan an.
Der Zaun des Flughafens wischte unter ihnen hinweg. Aus dem Fenster hinaus konnte er die Landebahn sehen. Wenn er sich ein wenig vorlehnte mochte er vielleicht sogar einen guten Blick auf die Landelichter am Anfang der Startbahn erhaschen. Aber dafür saß er zu weit vorne im Flieger, wie er enttäuscht feststellen musste. Mit einem entschiedenen Ruckler setzte die Boeing auf und wurde durch die Räder fast augenblicklich wieder in Fahrtrichtung gedreht. Wieder musste der Pilot einiges an Arbeit leisten, bis das Flugzeug stabil rollte. Sein Nebenmann hielt sich an der Lehne des Vordersitzes fest, die Kotztüte, welche er schon länger in den Händen hielt, vor den Mund geklemmt. Das schlimmste hatte er jedoch schon überstanden und so klopfte Jarrod ihm mit einem breiten Grinsen auf die Schultern.
„Wir haben`s überlebt“
Sein Nachbar, der schon länger mitbekommen hatte, dass der Fensterplatz von einem Flugzeugenthusiasten belegt, winkte entnervt ab und vertiefte sich dann wieder in seine Tüte hinein. Benutzen würde er sie nicht mehr.
Das Beste an einem First Class Sitz war, das man als erster aussteigen konnte. Nach kurzem Gedrängel fädelte er sich zwischen den Leuten hindurch und machte sich auf den Weg zu den Einreisekontrollen. So nervig diese auch waren, sie hatten auch ihr Gutes: Er würde auf sein Gepäck nicht warten müssen. Nach einigen Suchläufen mit Fingerabdrücken und Reisepass durch verschiedene Computerdatenbanken durfte er sich auf den Weg machen.
Wie auf jedem Internationalen Flughafen dauerte es auch in Los Angeles seine Zeit, bis man endlich ins Freie entlassen wurde. Und wie erwartet traf ihn, trotz Frühlingswetter und starkem Wind, die Hitze wie die Front eines Lastwagens. Die Klimaanlagen in Flughafen und Flugzeug schufen fast eine perfekte Abriegelung gegen die Hitze der Stadt.
Er winkte ein Taxi herbei und fiel dann Dankbar in den Rücksitz. Der Fahrer fädelte sich in den Verkehr ein. „Rolling Hills bitte“ brachte Jarrod noch heraus bevor er einnickte. Er hatte schon immer gut in Flugzeugen, Bussen und Autos schlafen können. Eigentlich war es für ihn schon mitten in der Nacht, und da das Bordprogramm gute Filme gespielt und ihn so seinen Schlaf geraubt hatte übermannte ihn nun die Müdigkeit und er ließ sich nur zu gerne fallen.
Zuletzt geändert von arkon am 20.3.2009 - 11:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag: # 6753224Beitrag arkon
27.1.2009 - 18:04

Jarrot und Heather Phillips hatten sich auf der Universität kennen gelernt. Heather war von ihren schwer reichen Eltern gezwungen worden, ein Studium abzuschließen, um ihren Platz in der Familienerbfolge einnehmen zu dürfen. Sie hatte gebockt, aber sich schließlich getrollt, wie man es von verzogenen, schwerreichen Gören nicht anders kannte. Ihre Wahl war auf Biologie gefallen, wo sie dann ihrem zukünftigen Mann in Gestalt eines Tutors über den Weg lief.
Ihre Großeltern hatten in der Nachkriegszeit mit Dichtungen ein Vermögen gemacht und sich in Kalifornien zur Ruhe gesetzt. Ihr Vermögen war beachtlich, aber nicht schwindelerregend. Das änderte sich als Stuart Holden, der ambitionierte Sohn und Erbe des Familienunternehmens, anfing die Firma auf Vordermann zu bringen. Er stieg groß ein, kaufte andere Firmen auf, investierte jeden Cent und vergrößerte das Imperium stetig. Doch irgendwie fehlte ihm die zündende Idee, die große Triebfeder hinter allem. Es war Anfang der Sechziger Jahre als er dann seine wahre Bestimmung erkannte: Der kalte Krieg war zu voller Pracht erblüht, der amerikanische Eingriff in Vietnam stand kurz bevor, als sich Mr. Holden in die Geschicke der Waffenindustrie einmischte. Als Anteilseigner verschiedener Firmen und Zulieferer von Materialien begann er seinen Siegeszug durch die blutige Industrie. Es war eine gute Zeit für Waffenproduzenten und ganz besonders für Stuart Holden.
Als seine Tochter auf dem College diesen Sportwissenschaftler kennenlernte hatte er zunächst nichts dagegen. Der junge Jarrot Phillips genoss den Luxus, mochte das Segeln und kam offensichtlich gut mit Holden Senior aus. Als Heather Holden jedoch ihren Namen ablegen und den jungen Mann heiraten wollte riskierte sie einen Eklat in der Familie. Das Holden-Imperium würde auf eine Phillips übergehen. Schließlich aber setzte sie sich durch, ehelichte den Wissenschaftler und übernahm die Firma.
Neben dem Milliarden-Dollar-Imperium erbte sie jedoch auch den geschäftlichen Spürsinn von ihrem Vaters. Als sie mit Anfang 30 die Geschicke der Firma in die Hände gelegt bekam sah sie, dass die Gewinnmargen in der Waffenindustrie nicht mehr so hoch waren wie noch vor einiger Zeit. Sie stieg aus und bunkerte das Geld, immerhin einige Milliarden Dollar, in Aktien, Fonds und hauptsächlich Edelmetallen. Das war Mitte 2001. Als sie noch auf der Suche nach einer neuen, lohnenden Investition war schlug das Schicksal zu, bzw. ein: Der 11. September brachte das World Trade Center und die Börsenkurse zum Einstürzen und machte viele Leute arm. Als die Werte der Aktien, insbesondere der Airlines, am Boden waren schlug die Stunde derer, die sich am Crash bereichern wollten und gerade genügend Geld auf der hohen Kante hatten: Heather Phillips stieg groß bei verschiedenen Airlines ein. Als sich die Kurse dann allmählich erholten kontrollierte sie den größten Teil des Flugverkehrs in Nordamerika. Sie legte Linien scheinbar nach Belieben zusammen und konnte ihre bedeutende Stellung beispielsweise bei Preisverhandlungen mit Boeing geschickt ausspielen. Schnell wurde sie die reichste Frau Nordamerikas.
Ihr Mann machte auch Karriere, aber langsamer. Nach dem er verschiedene Studien an der Uni betreut hatte zog es ihn in den Sport. Seine Leidenschaft war zunächst die langfristige Entwicklung von Sportlern. Um einen Job zu bekommen verlagerte er sich auf gezielte Vorbereitung auf ein einzelnes Großereignis und heuerte beim amerikanischen Beachvolleyball Olympiateam an. Nachdem er sich hier unter Sportwissenschaftlern einen Namen gemacht hatte bekam er ein Angebot aus der NHL, welches er sofort annahm. Einige Jahre lang arbeitete er mit großem Erfolg bei verschiedenen Teams, beriet Trainer, Spieler, Mediziner.
Gerade als es so aussah, als ob er mit einem Riesenvertrag für den Rest seines Lebens Geld drucken würde verließ er den Sport. Finanziell war er ohnehin abgesichert. Ihn reizte vielmehr eine fachliche Herausforderung als nur gut zu verdienen. Er hatte vor sich mehr auf Ausdauersportarten zu verlagern. So war er dann auf den Radsport gestoßen, hatte sich zunächst mit einigen kleineren Teams rumgeschlagen bevor ihn dann der große Fisch, Emirates, gefressen hatte. Die Scheiche versuchten mit aller Kraft ein riesiges Radsportteam aufzubauen, und neben den besten Fahrer brauchten sie auch die besten Betreuer. Als sie versuchten, Jarrot als Arzt anzuheuern hatte er sie ausgelacht. Ein paar Tage später kam der Designierte Teamchef, Ron Zuiverloon, zu ihm, entschuldigte sich und bot ihm einen gut bezahlten Platz im Trainerstab an. Jarrot konnte nicht nein sagen.
Und jetzt? Jetzt hatte er auch diesen Karriereabschnitt hinter sich gelassen. Und so stark er doch versuchte, die Schuld dafür in den anderen zu sehen, so wurde ihm doch bewusst wie sein Lebenslauf mittlerweile aussehen musste. Er konnte nichts zu Ende bringen. Er flüchtete bei Schwierigkeiten, hinein in den Milliarden-Dollar schweren Schoß seiner Frau. War er feige? War er zu anspruchsvoll? War er ein Traumtänzer?
Diese Fragen wollte er sich selber beantworten. Dafür war er hier. Er schielte durch die Gläser seiner Sonnenbrille auf den eiskalten Mojito und streckte langsam seine Hand nach ihm aus. Vielleicht war es ein wenig dekadent in der Mittagssonne von Los Angeles zwischen Pool und Liege hin und her zu wechseln, sich von seinem Pagen neue Getränke bringen zu lassen und Musik zu hören. Aber es war genau das, was Jarrot brauchte. Normalerweise brauchte es zwei bis drei Tage dieser Behandlung und er spürte seinen Jetlag kaum noch. Abends würde er sich vielleicht mit ein paar Freunden treffen die ihn wachhalten würden. So ließ es sich aushalten.
„Schatz bist du zu Hause?“
Oh, verdammt. Heather hatte sich frei genommen. Er nahm noch einen letzten Schluck vom aus dem eiskalten, bulligen Glas bevor seine Frau auf die sonnenüberflutete Terrasse hinaus trat. Wenn man sie als blinder Mann kennen lernte würde man vermuten, das sie schwarz sei. Jarrot war nicht der Typ Ehemann, der sich herum schubsen ließ, aber Heather war der Typ Ehefrau, der ihre Männer herum schubste. Und schon an ihrem Gang konnte er erkennen, dass es Ärger gab.
Ihre langen Beine stolzierten arrogant in schwarzen Schuhen mit, für eine Büroumgebung, hohen Absätzen über die rotbraunen Fließen der Terrasse. Ihr strenges Nadelstreifenkostüm saß, wie immer, perfekt, ebenso die Hochsteckfrisur. Auch wenn ihr jeden Morgen eine Friseurin half, so auszusehen, so hatte Jarrot doch seine Probleme damit. Nicht, das er eifersüchtig war. Nicht auf die ergrauten Herren aus den Aufsichtsräten und die hohlköpfigen Sekretäre. Aber er gefiel ihm einfach nicht das eine Frau, die so klug und bestimmt war wie Heather, auf ihr Aussehen reduziert werden konnte. Und sie sah gut aus. Mit einer Brille hätte man sie vielleicht für eine Schauspielerin in einem nicht jugendfreien Film halten können. Ihre Brüste waren echt, aber wenn die Eltern Milliardäre sind dann ist man als Kind nicht einfach mit seiner Nase unzufrieden. Ein wenig missfiel es ihm schon, dass ihre blendende, ebenmäßige Schönheit künstlich war, aber letztlich gab es schlimmeres. Seit sie sich kannten hatte sich Heather nicht mehr unters Messer gelegt. Dafür wuselte ein Stab von fünf Ärzten täglich um sie herum. Ernährungswissenschaftler, Dermatologen und andere Spezialisten. Lächerlich.
Ihr Gesicht strahlte in der Sonne, die schwarzen, dauergewellten Haare saßen perfekt in einem Knäul auf ihrem Hinterkopf. Ihr Makeup war dezent und dennoch unterstrich es gut die Linien ihres Gesichtes. Ihre vollen Lippen luden zum Küssen geradezu ein. Doch momentan sah es wohl nicht danach aus.
„Hallo Liebling. Du siehst klasse au…“
Sie fiel ihm augenblicklich ins Wort. „Meinst du nicht du solltest mich anrufen, wenn du gelandet bist?“
Er hätte am liebsten mit den Augen gerollt, ihr einen Klaps auf den Po gegeben und sie leidenschaftlich geküsst. Es half bei vielen Frauen, bei dieser half es nicht. Dafür hatte er es schon zu oft ausprobiert. Stattdessen stand er auf, ging, während sie weiter mit ihm schimpfte, auf sie zu, küsste sie zärtlich auf den Mund und umarmte sie dann sanft. Eine Frau zu kennen bedeutet, ihre Schalter zu kennen. Und obwohl Jarrot in seinem Leben nie viele Frauen hatte, so war er doch immer imstande gewesen, sie relativ schnell zu durchschauen. Jedenfalls bis zu einem gewissen Grad.
„Jarrot, Jarrot, hör zu“ fing sie wieder an, während sie sich von ihm losriss, ihre Kleidung glatt strich und ihre Haare sortierte. „Ich bin froh, das du wieder da bist. Du kannst hier gerne bleiben. Genieß die Sonne, die Coktails, das Segeln, schlaf dich aus, entspann ein bisschen. Und dann“ sieh sah ihm direkt in die Augen. „dann wirst du zurück nach Italien gehen.“
Er seufzte. Sie hatte immer noch nicht aufgegeben.
„Du gibst schon wieder auf, läufst davon wenn die Aufgabe gerade spannend wird. Du kannst nicht ewig von deiner Reputation und meinem Geld leben. Du musst dein Talent nutzen und dir selbst einen Job suchen. Und ihn auch behalten.“
Er lächelte um zu überspielen, wie tief sie ihn mit ihren Worten getroffen hatte.
„Ich weiß, was ich tue“
„Und genau das glaub ich nämlich nicht. Du könntest hier in Nordamerika in der NHL arbeiten, in jeder Stadt die dir gefällt zu den Konditionen, die dir Recht sind. In meiner Nähe. Oder in Europa für ein Heidengeld in einer Sportart und einem Job, die dir Spaß machen. Oder hier in den USA an einer beliebigen Hochschule Studien durchführen, die dich interessieren.“
Sie seufzte, trat einen Schritt auf ihn zu. Wenn sie bisher noch nicht wie seine Mutter geklungen hatte dann spätestens jetzt, als sie ihn an den Schultern fasste.
„Es geht nicht um das Geld, ich unterstütze dich gerne. Ich sehe dich nur nicht gerne Leiden, und das wirst du. Das weißt du so gut wie ich. Noch zwei Wochen und du langweilst dich wieder zu Tode hier. Dann geht das Theater von vorne los, du suchst dir etwas neues, wirst gut, bekommst einen Job angeboten, steigst irgendwo ein, aber dann... dann fehlt dir der nötige Wille um es ganz durch zu ziehen. Du kannst nicht ewig umdrehen wenn die ersten Steine in deinen Weg gelegt werden. Das macht dich nicht glücklich.“
Er schaute herab. Normalerweise hätte er ihr die Stirn geboten, argumentiert, diskutiert. Aber nicht jetzt. Nicht jetzt da ihre Worte genau das aussprachen was er dachte, was er fürchtete. Er spürte Tränen in sich aufkeimen. Schnell schluckte er sie herunter, drehte sich um und ging einige Schritte in Richtung des Geländers. Er ließ seinen Blick über den Ozean streichen.
„Du hast Recht. Aber ich werde um keinen Preis zurück zu Emirates gehen. Ich habe gekündigt und dabei bleibe ich. Die Teamleitung besteht aus einem großen Haufen Scheiße. Und ich werde nicht unter Idioten arbeiten solange ich es nicht muss.“
Er spürte wie sie neben ihn trat.
„Ich werde mir etwas suchen. Und ich werde es durchziehen. Der Mensch lernt aus Fehlern, manche schneller, manche langsamer“
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arkon
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Beitrag: # 6753423Beitrag arkon
29.1.2009 - 18:43

Sie saßen auf Holzkisten herum, spielten Karten und tranken eine bräunlich-goldene Flüssigkeit aus einer Glasflasche, die im Kreis herum ging. Einige rauchten, andere reinigten ihre Waffen. Als Carlito durch die Tür kam erinnerte ihn die Szenarie an einen Kriegsfilm. Es war wie ein Haufen Soldaten, die sich zwischen den Schlachten ausruhten, langweilten. Diese Männer, seine Männer, sie saßen herum und warteten nur auf den nächsten Einsatz.
Als er gegen den Rahmen der Holztür klopfte sprangen einige auf, die Köpfe schwangen herum. Auf den Gesichtern erschien ein Lächeln. Jorge kam auf ihn zu, umarmte ihn und küsste ihn auf beide Backen.
„Ich bin froh, dass es dir gut geht.“
Einen Moment blickte Carlito seinen Untergebenen, seinen ehemals engsten Vertrauten an und lächelte. Er war froh wieder hier zu sein, froh, wieder nur Leute um sich zu haben, die er sich ausgesucht hatte. Leute, die seinen Befehl erwarteten und erhofften.
„Ich auch“ antwortete er.
Dann ging er in die Mitte des Raumes, begrüßte die übrigen per Handschlag und bat sich dann mit beiden Händen Ruhe aus.
„Hallo Los Pepes. Ich freue mich, das ich wieder hier sein kann“
Klatschen und lautes Grölen unterbrach ihn. Wieder wartete er, bis es ruhig war um ihn herum.
„Leider habe ich keine guten Nachrichten für euch. Wir wurden in einen Hinterhalt gelockt. Eusèbio musste fliehen, er ist aus der Stadt verschwunden. Ich selber wurde angeschossen und dann, als ich gerade überlebt hatte, festgenommen und ins Gefängniss gesteckt. Doch...“ er machte eine kleine Pause. „Ich bin zurück!“ Wieder keimte der Lärm der Beigesterung auf, wieder wartete er.
„Ich bin heute vor allem aus einem Grund zu euch gekommen. Ich werde die Los Pepes wieder anführen. Ich werde uns wieder stark machen. Wir werden uns für diesen Hinterhalt rächen und zusammen...“ er streckte beide Arme in die Höhe. „werden wir diese Stadt beherrschen!“
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Exelero
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Beitrag: # 6754125Beitrag Exelero
4.2.2009 - 17:15

bin eben durch zufall auf dein neues projekt gestoßen und hab es sofort durchgelsen...sensationell etwas anderes fällt mir dazu nicht ein...wieder einmal eine unglaubliche schriftstellerische leistung von dir...

unglaublich spannend bis hierher...wobei ich auch die beiden weiblichen geschöpfe ein wenig vermisse und euseèbio auch schon....bin gespannt wie sich die story weiterentwickelt wobei sie sich ja ein wenig schon abzeichnet...
ich muss aber auch sagen das ich ein paar mal schmunzeln musste weil mich die ein oder andere szene oder der ein oder andere character doch sehr an filme und serien erinnert hat...dennoch großartige leistung...

ps: eine frage zum schluss...wie viel von dir selbst steckt eigentlich in den protagonisten deiner geschichten?

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arkon
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Beitrag: # 6754131Beitrag arkon
4.2.2009 - 17:32

danke!
eusébio vermisst man weil die szene, in der er wieder auftaucht, schon begonnen aber noch nicht beendet ist.dafür muss noch einiges anderes passieren, was mir aber erst aufgefallen ist, als ich die szene geschrieben habe... in einem fertigen buch würde ich an dieser stelle also kräftigst umsortieren und umschreiben. abgesehen davon dient es durchaus zur spannungserzeugung. nur solange sollte die pause eben nicht werden...
in den figuren steckt hin und wieder mal ein teil von mir oder auch anderen leuten, die ich kenne und treffe. grundsätzlich ist eigentlich jede geschichte, die man schreibt, mehr oder weniger ein traum eines selber. insofern dürfte es nicht schwerfallen zu erkennen, mit welchen charakteren ich mich mehr und mit welchen ich mich weniger identifiziere ;)
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Beitrag: # 6754169Beitrag Exelero
5.2.2009 - 15:14

--- Anmerkung der Moderation: Hiervor wurde auf Wunsch des AAR-Autos ein Beitrag entfernt. Das Folgende ist also etwas aus dem Kontext gerissen. ---

ja nein das er das so macht ist klar...irgendwoher musst du ja den character kennen um es so umzusetzen...ich meinte das halt nur weil ich finde das die hauptpersonen von arkon aus jerdona zeres und jetzt schon ziemlich gleich wirken hier und da...daher wollte ich wissen ob er sich selbst als vorbild nimmt oder wen anderes... :idea:

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Beitrag: # 6754191Beitrag arkon
5.2.2009 - 17:48

die ähnlichkeit entspringt vor allem der popularität des charakters von jerdona. letztlich sind es in der tat ähnliche personen. ich war von der geschichte abgefuckt, nicht von der person. und da habe ich mir halt einen anderen kontext für fast die gleiche person ausgedacht. zum einen für mehr hintergrund zum anderen für mehr glaubhaftigkeit.
mir ist gerade etwas anderes aufgefallen: ich werde hier eine pause einlegen müssen. ich bin gerade mitten in der klausurphase und werde danach, mit zwei wochen pause, in urlaub fahren (1 monat china. YEAH!). dementsprechend werde ich hier bis anfang april nichts mehr schreiben. keine sorge: die geschichte entsteht weiter und wird auch dann fortgesetzt.
für lob&kritik danke ich den betreffenden personen, für alles andere nicht ;).
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Beitrag: # 6758090Beitrag arkon
2.3.2009 - 11:19

Der Motor heulte auf als der Fahrer des Greyhound-Busses das Gaspedal des MCI D4500 durchdrückte und die mächtige Dieselmaschine den behäbigen Bus aus der Haltestelle heraus beschleunigte. Eine große, sich schnell mit dem Wind verstreuende, schwarze Wolke blieb zurück und Eusébio musste kurz schlucken. Er gehörte nicht zu den Leuten die sich leicht von einer Aufgabe emotional berühren ließen. Aber diese Aufgabe hatte er sich selbst ausgesucht, ausschließlich wegen seiner Emotionen. Er schulterte seine Tragetasche und stapfte zu der Karte, die an einem Informationsschild unweit der Bushaltestelle aushing.
‚Flint, Michigan‘ stand in großen, schwarzen Lettern oben in dem Kasten. Darunter hingen zahlreiche Werbeausdrucke verschiedener Geschäfte, Hotels, Motels und anderen Dingen, die sich für Touristen hier anzubieten versuchten. Daneben, besser gesagt darunter, war eine Karte sichtbar, die das Stadtgebiet abbildete. Am Rande, teilweise verdeckt von den farbigen Blättern, war das Straßenverzeichnis.
Eusébio kramte einen Zettel aus seiner Hose, auf die er in seiner leicht mädchenhaften Schrift mit Kugelschreiber eine Adresse geschrieben hatte. Die leicht zittrigen Striche deuten die Nervosität oder Erregung an, die ihn beim Schreiben durchflossen haben mochte. Seine Finger glitten über das Glas des Schaukastens, die lange Liste der Straßennamen durchtastend. Endlich hatte er sein Ziel gefunden. „AB3“ murmelte er, den Blick suchend über die Karte wandernd. Obwohl Flint beileibe nicht die Größe Detroits hatte erschwerte das Fehlen jeglicher Nummerierung der Straße die Orientierung doch erheblich. Aber schließlich hatte er gefunden was er suchte. Er schätzte grob die Entfernung ab und entschied sich dann zu laufen. Grob pauste er sich einige Straßen auf die Rückseite des Zettels, dann lief er los.
Die Sonne stand zwar mittlerweile hoch am Himmel, doch der Frühling war mild und Michigan ohnehin nicht bekannt für pralle Sonne. Eusébio versuchte, seine Gedanken wandern zu lassen. Er versuchte an das Training der vergangenen Tage zu denken, an die Wettkämpfe, die kommen würden, an seinen Job in dem kleinen Supermarkt, der ihm sein Leben finanzierte, an Carlito. An alles. Nur nicht an das, was ihn am Ende seines Fußmarsches wohl erwarten würde.
Wer sich einmal in amerikanischen Städten ohne Auto, Fahrrad oder Bus bewegt hat wird wissen, wie Eusébio sich fühlte: Breite, menschenleere Straßen, Haus an Haus, friedliche, nichtssagende Vorgärten, Gartenzaun an Gartenzaun. Überall sah es gleich aus, ein Meer an anonymen Behausungen mit einer gefühlten Ausbreitung nahe an unendlich.
Schließlich erreichte er die Straße, dann, nach einem weiteren, langen Fußmarsch die Hausnummer. Besser gesagt: Er kam in die Nähe. Bei Haus 1401 angekommen stoppte er und lugte die Straße entlang. Da war es! 1407.
Er blieb wie angewurzelt stehen, mit der Realität konfrontiert. In seiner Vorstellung, seiner Planung wenn man es so nennen mochte, war alles so einfach gewesen. Er kam hierher, klingelte und hörte eifriges Getrappel während er darauf wartete, dass die Tür geöffnet wurde. Schließlich ein kurzer Moment Stille, bevor atemlos die Tür aufgestoßen wurde und sie vor ihm stand. Die blonden, langen Haare ihr Gesicht umrahmend, leuchtend im Sonnenlicht, ihre blinkenden Augen, die vollen Lippen… Lisa Freeman.
An diesem Punkt hörten seine Vorstellungen immer auf. Er hatte, bis zu diesem Moment, nie darüber nachgedacht, was er sagen sollte. Würde sie sich an ihn erinnern? Wie würde sie reagieren, wenn sie es tat? Was würden ihre Eltern von ihm halten? Und vor allem: Was war verdammt noch mal überhaupt sein Plan?
Das Haus war weiß und freundlich. Ein typisches eingeschossiges Haus. Das Dach braun, die Wände aus weiß angestrichenem Holz, die Fenster gesäumt von weißen spitzenbesetzten Vorhängen. Der kleine Vorgarten ordentlich getrimmt, fast militärisch. Ein einzelner Springbrunnen versuchte verzweifelt etwas Gemütlichkeit zu verbreiten – und scheiterte kläglich. Die niedrige Hecke, ebenfalls frisch getrimmt. Keine Büsche, keine Bäume. Von den Nachbarn rankte reichlich Gewächs herüber, der Garten der Freemans aber blieb sauber. Die Hausnummer 1407 blinkte in ihren goldenen Lettern stolz wie die Galionsfigur einer viel zu klein geratenen Yacht in die stille See vor sich.
Es war ein Heiligtum, eine enge, unangetastete Welt. Wörter wie ‚Drogen’, ‚Waffen’ oder ‚Vergewaltigung’ schienen hier fehl am Platze. Das hier wirklich die Lisa Freeman wohnte, die er suchte, schien passend. Und so, wie sie in seinem Leben ein Eindringling, ein einsamer Bote aus einer besseren Welt war, so war er hier alleine und auf sich gestellt. Unerwünscht.
Seufzend setzte er sich auf den Bordstein des gegenüberliegenden Bürgersteigs. Was sollte er tun?


so, da habt ihr euren helden wieder.
gibt, mal wieder, ein paar neuigkeiten: ich habe jetzt den kompletten rest der storyline im kopf und werde die geschichte wohl in den nächsten tagen runtertippen. da meine motivation bezüglich radsportgeschichten gerade ein wenig leidet werde ich die geschichte um eusebio an diesem punkt dann beenden. vorerst.
das radsportuniversum, in dem die geschichte spielt, bleibt vorerst offen und damit auch dieser aar. mit ev wiederkehrender motivation traue ich mir zu, dann diverse andere geschichten in die welt hinein zu basteln. wie genau, das kommt auf.
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