Der Griff nach den Sternen

FIKTIVE Radsport-Geschichten von Usern, die sich für schreibtalentiert halten

Moderator: Grabba

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Grabba
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Der Griff nach den Sternen

Beitrag: # 6721509Beitrag Grabba
19.7.2008 - 14:52

Bitte keine Kommentare oder Feedback in diesem Thread! Dafür ist der Diskussions-Thread (Link) da.



Der Griff nach den Sternen
Dies ist ein Gemeinschafts-AAR einiger User dieses Forums. Er erzählt die Geschichte einiger Nachwuchstalente auf ihrem Weg an die Spitze. Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen und hoffen, dass euch der AAR gefällt.

Teilnehmer
eisel92
Grabba
Henrik
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Ricardo84
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tobikaka
TOM Boonen
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Diskussionen
Bitte verwendet den Diskussions-Thread (Link) , um über den AAR zu diskutieren, Kommentare loszuwerden oder uns irgendwelches Feedback zu geben. Da knapp zehn Leute an diesem AAR schreiben droht so schon leicht Unübersichtlichkeit. Deshalb die große Bitte an jeden: Schreibt eure Kommentare nicht hierher, sondern in den Diskussions-Thread. Dort sind sie herzlich erwünscht.
Auch die Teilnehmer des AARs dürfen hier nur die eigentlichen, dem AAR zuträglichen, Beiträge schreiben. Alles Andere gehört in den Diskussionsthread.

Schreib-Standards
Um ein einigermaßen einheitliches Bild erreichen zu können müssen einige Standards festgelegt werden, an die alle Teilnehmer sich bitte bestmöglich halten mögen. Wenn jemand noch etwas Anderes festgelegt haben will: Bitte einfach bei mir melden.
Alle Fahrerberichte werden mit schwarz geschrieben. Die Teamleitung und die Rahmenbedingungen werden in dunkelblau geschrieben. Alle anderen Farben werden für andere Dinge freigehalten. Wer besondere Farben verwenden will mag sich bitte vorher bei mir melden. Die Zitatfunktion ist für Newsblogs und ähnliches vorbehalten. Sie darf in den Fahrerberichten nicht verwendet werden. Zitiert mit Anführungszeichen und kursiv oder macht es sonst irgendwie.
Jedem User steht es frei, visuelle Mittel wie unterstreichen, fettdrucken, kursivschreiben und Textgrößenänderungen in angemessenem Rahmen zu benutzen. Wörtliche Reden sollen wenn möglich kursiv geschrieben werden. Über jedem Beitrag prangert eine Überschrift in normaler Schriftgröße, jedoch fettgeschrieben. Nach der Überschrift folgt eine Leerzeile.
Screenshots und andere Bilder sollen in einem gesunden Maß eingesetzt werden. Sie dürfen das Maß von 800x600 Pixeln nicht überschreiten. Größere Bilder dürfen jedoch gerne verlinkt werden. Rennergebnisse werden in textueller Form wiedergegeben; Screenshots von Resultaten sind nicht zulässig.
Jeder Autor darf jederzeit einen Beitrag zu einem Thema schreiben, das ihm gerade gefällt. Es gibt keine Vorgaben, wann welcher Beitrag geschrieben werden muss.

AAR-Aufbau
Diskussionen finden im Diskussions-Thread (Link) statt.
Dieser erste Post enthält allgemeine Hinweise. Der zweite Post dient als inhaltliche Übersicht über die Fahrer, ihr Leben und ihre Erfolge, sowie über das Team und über alle anderen, am AAR beteiligten Personen. Im driten Post werden die Teamvorstellungen der einzelnen Jahre, die jedoch auch an anderen Stellen im AAR zu finden sind, gesammelt.
Danach beginnt der AAR mit den Vorgeschichten der Rennfahrer. In der Folge wechseln sich Rennberichte, Storyelemente und andere Dinge so ab, wie die Autoren schreiben.

Technisches
Wir spielen mit PepsiLights Datenbank vom XX.XX.2008. Die DB wurde für den AAR angepasst. Der Schwierigkeitsgrad ist „normal“.



Abschließend noch einmal: Bitte keine Kommentare oder Feedback in diesem Thread! Dafür ist der Diskussions-Thread (Link) da.
Zuletzt geändert von Grabba am 30.7.2008 - 0:36, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag: # 6721510Beitrag Grabba
19.7.2008 - 14:52

Platzhalter für AAR-Übersicht
- Fahrer (Facts; kurze Zusammenfassung; Erfolge; Ziele)
- Team (Sponsor; Erfolge; Ziele; Struktur)
- Sonstige wichtige Dinge





Fahrer

Bild René Bauer
Autor: sciby
Geburtstag: 03.09.1985
Körpergröße: 1,98 m
Fahrertyp: Zeitfahrspezialist
Lieblingsrennen: Deutsche Meisterschaften ITT, Weltmeisterschaften ITT, Tour de France
Beschreibung: -
Erfolge: -


Bild Juan Manuel Beloki
Autor: Ricardo84
Geburtstag: 19.06.1987
Körpergröße: 1,74 m
Körpergewicht: 63 kg
Fahrertyp: Rundfahrer
Lieblingsrennen: Vuelta a Espana, Vuelta Ciclista a Burgos, Subida Urkiola
Beschreibung: -
Erfolge: -


Bild Andrea Canfora
Autor: eisel92
Geburtstag: 31.10.1988
Körpergröße: 1,83 m
Fahrertyp: Sprinter
Lieblingsrennen: Giro d'Italia, Mailand San Remo, Vuelta a Espana
Beschreibung: -
Erfolge: -


Bild Christopher Jobb
Autor: tusberg
Geburtstag: 23.01.1984
Körpergröße: 1,80 m
Körpergewicht: 74 kg
Fahrertyp: Allrounder
Lieblingsrennen: Rund um Köln, Deutsche Meisterschaften, Deutschlandtour
Beschreibung: -
Erfolge: -


Bild Pepe Lararája Jiménez
Autor: PepsiLight
Geburtstag: 26.03.1984
Körpergröße: 1,69 m
Fahrertyp: Kletterer
Lieblingsrennen: Giro d'Italia, Tour de France, Weltmeisterschaften
Beschreibung: -
Erfolge: -


Bild Julien Armand Lino
Autor: tobikaka
Geburtstag: 05.12.1987
Körpergröße: 1,77 m
Körpergewicht: 68 kg
Fahrertyp: Herbstallrounder
Lieblingsrennen: GP de Finestre, Französische Meisterschaften, Tour de France
Beschreibung: -
Erfolge: -


Bild Marco van Maarchant
Autor: Henrik
Geburtstag: 29.04.1986
Körpergröße: 1,79 m
Fahrertyp: Klassikerspezialist
Lieblingsrennen: Lüttlich-Bastogne-Lüttich, Fleche Wallone, Lombardei Rundfahrt
Beschreibung: -
Erfolge: -


Bild Niklas Siewert
Autor: TOM Booonen
Geburtstag: 15.11.1987
Körpergröße: 1,90 m
Körpgergewicht: 90 kg
Fahrertyp: Sprinter
Lieblingsrennen: Mailand San Remo, Tour de France, Deutschlandtour
Beschreibung: -
Erfolge: -


Bild Willie Trimboli
Autor: Grabba
Geburtstag: 21.10.1985
Körpergröße: 1,85 m
Fahrertyp: Frühjahrsallrounder
Lieblingsrennen: Monte Paschi Eroica, Trophée Bro Léon, GP Herning
Beschreibung: -
Erfolge: -





Funktionäre

Bild Steve Edwards
Autor: Grabba
Funktion: Teammanager
Beschreibung: -


Bild Ted Foster
Autor: Österreicher
Funktion: Scout und Mentor
Beschreibung: -


Bild Frank Beier
Autor: sciby
Funktion: Persönlicher Trainer
Beschreibung: -
Zuletzt geändert von Grabba am 30.7.2008 - 12:32, insgesamt 7-mal geändert.

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Beitrag: # 6721511Beitrag Grabba
19.7.2008 - 14:52

Teamvorstellung 2008 - Credit Suisse



Ob konventionell oder nicht, das bleibt sich gleich

Blitzlichtgewitter. Steve mochte es nicht sonderlich. Aber es gehörte einfach dazu. Das hatte er eingesehen und akzeptiert. Er schloss für einen Moment die Augen, um den grellen Lichtern zu entgehen. Dann setzte er sich in Bewegung, nahm Platz in der Mitte des langen Tisches. Hinter ihm prangerte das Logo von Credit Suisse an einer Großleinwand, vor ihm saßen über 200 Journalisten. Auch drei Fernsehteams waren da. Nervosität verspürte er nicht. Er hatte schon vor viel mehr Leuten gesessen. Überhaupt war es ihm nie schwergefallen, zu einer großen Menschenmenge zu reden. Das würde auch heute nicht anders sein.
Langsam kehrte Ruhe ein. Er ergriff das Wasserglas, das vor ihm stand, nahm einen kleinen Schluck. Es waren nicht mehr als ein paar Tropfen. Trotzdem bereiteten sie ihm ein angenehmes Gefühl im Mund. Es war nun völlig still geworden. Gebannt blickten alle auf ihn. Es war offensichtlich, dass er der Kopf hinter der ganzen Sache war. Also fiel ihm auch das Reden zu.
Er überlegte kurz. Vorbereitet hatte er sich nicht. Wofür auch? Es würde ihm schon zu gegebener Zeit das Richtige einfallen. Keine langweiligen Begrüßungen, keine öden Einleitungen. Direkt zum Punkt kommen. Das war seine Devise für heute. Er stand auf. Ein Mikrofon brauchte er nicht.

„Hiermit präsentiere ich ihnen offiziell das Team Credit Suisse.“

„Wir stellen ein internationales Radsportteam dar, dessen oberstes Ziel es ist, junge Talente an die Weltspitze zu heranzuführen. Wir haben keine Weltstars verpflichtet. Die Mannschaft besteht aus erfahrenen Helfern und Nachwuchshoffnungen, von denen manche in diesem Jahr den Durchbruch schaffen können und werden.“

„Wir fahren in der Pro Tour und nehmen somit an allen wichtigen Rennen des Jahres teil. Wir erwarten keine Wunderdinge von unseren Fahrern. Dennoch wird im Laufe des Jahres mit uns zu rechnen sein, und auch der Erfolg wird nicht ausbleiben. Machen Sie sich auf starke Auftritte unserer Mannschaft gefasst.“

„An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei allen bedanken, die uns auf diesem Weg unterstützt haben. Sie werden die Namen unserer Sponsoren noch oft genug lesen dürfen in diesem Jahr.“

„Um meine Worte zu untermauern wird ihnen nun das Team in einem kurzen Video präsentiert.“


Team Credit Suisse – Präsentationsvideo

Ted setzte sich. Hinter ihm lief das Video. Er kannte es zur Genüge. Er hatte es schließlich selbst bearbeitet, geschnitten und fertiggestellt. Ein wenig selbstgefällig lächelte er, als es Beifall klatschte. Nun würde es also beginnen.

„Wie kommt es, dass Sie ganz offensichtlich eine Pro Tour Lizenz besitzen?“
„Wissen Sie, es gibt Dinge, die werden einem förmlich hinterhergeworfen. Die Zukunft der Pro Tour steht in den Sternen. Für uns war dies die ideale Möglichkeit, gleich richtig in den Radsport einzusteigen und den jungen Fahrern ihre Chancen zu geben. Nächstes Jahr sehen wir weiter.“

„Ihnen ist schon bewusst, dass die Pro Tour Lizenz alleine keine Garantie für eine Einladung zu den großen Rennen, vor allem den drei großen Landesrundfahrten, ist?“
„Wir werden bei allen drei großen Landesrundfahrten und bei allen anderen Rennen ambitioniert am Start stehen. Wie das letztlich zustande kommen wird darf Ihnen getrost egal sein. Wir werden dort fahren. Allein darauf kommt es an.“

„Wie konnten Sie Credit Suisse als Sponsor gewinnen? Warum sind Mapei und Adidas bei Ihnen eingestiegen?“
„Ich bin bei Credit Suisse persönlich bekannt. Es war mehr ein glücklicher Zufall, dass mein geplantes Radteam zum Gespräch kam, aber als es einmal ausgesprochen war fehlte nicht mehr viel bis zum Vertragsabschluss. Adidas war zwischenzeitlich sogar als Hauptsponsor im Gespräch, wird uns nun aber ausrüsten. Man will seine Produktpallete erweitern und vor allem den Verkauf der Herbstkollektion in Deutschland ankurbeln. Und bei Mapei sehnte man sich wohl einfach danach, endlich wieder Erfolge im Radsport zu feiern. Die Sponsoren passen perfekt zu unserem Team.“

„Und Ihr Material? Im Video konnte man sehen, dass Sie Rahmen der Firma Specialized benutzen?“
„Das ist richtig. Ted Foster, seines Zeichens Mitbegründer und Sportlicher Manager der Mannschaft, war vor seinem Engagement für unser Team bei Specialized in führender Position beschäftigt. Auch hier fiel es also nicht schwer, einen hervorragenden Ausrüster zu gewinnen.“

„Kann es sein, dass Sie all ihre Sponsoren nur durch persönliche Beziehungen gewinnen konnten?“
„Selbst wenn Sie Recht hätten: Wäre das schlimm? Ist es nicht völlig egal, woher wir unsere Sponsoren nehmen? Würde nun mein Name auf den Trikots stehen – wäre das Team dann etwa ein Anderes? Würden die Fahrer anders fahren? Wären wir weniger erfolgsversprechend? Ich glaube es kaum. Wie wir unsere Sponsoren gewonnen haben tut nichts zur Sache. Fakt ist, dass sie unser Team unterstützen. Das allein ist von Bedeutung.“

„Was sind ihre konkreten Ziele für die nächste Saison?“
„Wir wollen auf uns aufmerksam machen und Rennen gewinnen. Konkrete Ziele zu formulieren ist nicht einfach. Natürlich wollen wir bei der Tour ein oder zwei Etappen gewinnen. Auch bei den beiden anderen großen Landesrundfahrten wollen wir uns zeigen und wenn möglich eine Etappe gewinnen. Dazu stehen mit der Tour de Suisse, der Deutschlandtour und der Tour de Romandie drei wichtige Ziele im Sprachraum des Sponsors an. Ansonsten wollen wir vorne dabei sein und den Stars zeigen, wer wir sind. Dabei werden auch die Erfolge nicht ausbleiben.“

„Wie stellen Sie sich das vor? Sie wollen einfach so in die Weltspitze hineinplatzen und die Superstars besiegen?“
„Ja. Warum sollte das nicht möglich sein? Dass es zum Toursieg nicht reichen wird ist uns allen klar. Es kommt aber vor allem auf die richtige Einstellung an, darauf, es zu versuchen. Wie gut wir am Ende wirklich sein werden muss sich erst noch zeigen. Aber hinterherfahren werden wir nicht. Das ist sicher.“

„Was sind das für Fahrer, die ihre Mannschaft anführen werden? Was sollen diese Fahrer gewinnen? Von den allermeisten hat man noch nie etwas gehört.“
„Dass Sie noch nie etwas von diesen Fahrern gehört haben ist kein Indiz für mangelnde Leistungsfähigkeit. Wir haben hervorragende Scouts im Team. Diese Fahrer wurden auf der ganzen Welt gesucht. Es sind nicht diejenigen, die man bisher am höchsten gelobt hat. Es sind nicht diejenigen, die bisher das beste Training genossen haben. Doch es sind zweifelsohne diejenigen mit dem größten Potential. Wir werden ihnen helfen, dieses Potential auszuschöpfen. Die Erfolge werden nicht auf sich warten lassen.“

„Wo wir schon über die Fahrer reden – was haben Sie zu den Kapitänen und Helfern zu sagen?“
„Wir haben Helfer für jedes Terrain. Starke Sprintanfahrer, gute Kletterer, Männer für welliges Terrain, Tempodrücker für die Ebene. Dazu Mannschaftshelfer, erfahrene Altmeister und talentierte Nachwuchsfahrer auf jedem Gebiet. Es wird kaum ein Rennen während der Saison geben, in das wir ohne Ambitionen starten werden. Wenn Sie mehr über die Fahrer erfahren wollen empfehle ich Ihnen das Internet oder Gespräche mit dem Betreuerstab und den Fahrern selbst.“

„Finden Sie nicht, dass diese Pressekonferenz etwas unkonventionell war? Und wer sind Sie eigentlich? Woher haben Sie die Qualifikationen zur Führung eines Radteams?“
„Ich heiße Steve Edwards. Ob Ihnen der Name etwas sagt oder nicht bleibt sich gleich. Ich nehme jedoch für mich in Anspruch, es in meinem Leben bereits deutlich weiter gebracht zu haben, als das bei Ihnen je der Fall sein wird. Viel Ahnung vom Radsport habe und brauche ich nicht. Dafür ist das Team um mich herum da. Ob eine Pressekonferenz konventionell abläuft oder ob man sie anders angeht ist egal. Was zählt sind die Informationen, und die haben wir vermittelt.“


Steve lächelte. Er hatte mit solchen Stimmen gerechnet und sich seine Worte zurechtgelegt. Nun sah er die Zeit gekommen, die Konferenz zu beenden. Noch einmal stand er auf und schaute mit festem Blick in die Runde der Journalisten.

„Ihre Fragen sollten nun geklärt sein. Die Pressekonferenz ist hiermit beendet. Weitere Erkundigungen dürfen Sie gerne in Einzelgesprächen mit den Vertretern der Sponsoren, mit meinem Team oder mit den anwesenden Fahrern einholen. Im großen Empfangssaal ist ein Buffet aufgebaut. Ich wünsche einen guten Appetit und noch einen angenehmen Abend.“

Er setzte sich wieder. Es war völlig zufriedenstellend gelaufen. Er hatte alle Fragen beantworten und jegliche Kritik im Keim ersticken können. Um mehr war es heute nicht gegangen. Er wartete einige Augenblicke, bis der Raum sich zu leeren begann. Die Journalisten würden nun im festlichen Empfangssaal das Buffet genießen und den Rest seiner Mannschaft mit ebenso lästigen wie sinnlosen Fragen löchern. Das wollte er sich nun wirklich nicht mehr antun.
Er zog sich hinter die Bühne zurück. Schnell hatte er seinen alten Joggingdress wieder angezogen. Wofür diese ach so feinen Anzüge gut waren wollte ihm noch immer nicht einleuchten. Dazu in die bequemen Turnschuhe geschlüpft, den Rucksack aufgesetzt, die Cappy auf den Kopf. Er verließ den Konferenzraum durch eine Hintertür, ging mitten durch den festlichen Empfangssaal, nahm sich noch einige Happen zu essen mit und verließ dann, von den herabwürdigenden Blicken der meisten Anwesenden begleitet, das Gebäude. Man hatte ihn nicht erkannt. Bald säße er wieder im Flugzeug. Seine Arbeit wartete auf ihn.
Zuletzt geändert von Grabba am 16.8.2008 - 17:23, insgesamt 4-mal geändert.

sciby
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Beitrag: # 6721514Beitrag sciby
19.7.2008 - 15:00

Der, der mit der Zeit fährt

44, 45, 46, 48… Ich erhöhte noch einmal das Tempo. Mein Tacho versprühte nahezu die Energie, als er mir meine ansteigende Geschwindigkeit anzeigte. Dann erreichte ich völlig erschöpft und ausgepowert die Kreuzung und somit mein Ziel, welches gleichzeitig auch mein Start war. Ich nahm den Tacho vom Lenker und steckte ihn in die Rückentasche, sodass er keinen Kontakt zum Rad aufnahm. Ich fuhr sicherlich nur noch weniger als 30 Stundenkilometer. Ich wusste, dass es noch drei Kilometer bis zu mir nach Hause seien, immerhin genügend Zeit zum Ausruhen.
Nach einiger Zeit erreichte ich mein Zuhause. Ich klippte aus den Pedalen und spürte kaum Bodenkontakt, als ich meine Füße zu Boden bewegte. Ich stieg ab und konnte mich kaum halten und musste mich auf das Rad stützen. Zwölf verdammte Stufen waren es, die ich in den Keller heruntergehen musste, um mein Rennrad dort sicher zu verschließen. Danach waren es sogar sechsundreizig Stufen, die ich hinauf zu meiner Wohnung stiefeln musste. Und stiefeln war das richtige Wort. Schwerfällig schleppte ich mich nach oben und hatte das Gefühl, dass die Clips unter meinen Schuhen mit jeder Stufe mehr und mehr Belag verloren. Ich suchte meinen Schlüssel und versuchte das Schlüsselloch zu treffen. Nach kurzer Zeit war mir das gelungen und sofort schmiss ich mich auf mein Sofa. Ich war fertig.
Über eine halbe Stunde saß ich nur da und erholte mich. Erst dann konnte ich mich aufraffen und zog meine Kleidung aus. Ich schaute auf meinen Tacho: 47km | 47km/h | 1h. Meine beste Zeit, die ich je gefahren bin. Die Runde fahre ich jede Woche am Donnerstag einmal und ich fahre sie mit voller Kraft und ohne Verschnaufpausen. Das erste Mal kam ich an die Zeit von einer Stunde heran. Die Strecke war nicht gerade sehr schwer, was auch rund um Bremen selbstverständlich ist. Es gab lediglich zwei kleine Anstiege. Der Wind spielt auf der Strecke ebenfalls wenig Rolle, da es eine Runde ist und ich so immer mal Gegenwind und mal Rückenwind habe. So langsam hatte ich wieder einen Puls unter hundert und ging dann sofort unter die Dusche.
Das warme Wasser plätscherte an meinem gesamten Körper herunter und ich schloss kurze Zeit die Augen und genoss die Wärme, die meine Haut erspürte. Als ich bemerkte, dass meine Haut an den Händen schon aufgeweicht war und ich mir weder die Haare noch den Körper eingeschäumt hatte, begann ich dies sofort nachzuholen. Nach dem Abtrocknen zog ich nur einen Bademantel über und setzte mich vor den Fernseher.
Ich war gerade richtig gekommen. Kurz nachdem ich Eurosport einschaltete, rollte Fabian Cancellara von der Startrampe, nein er rollte nicht, er stürmte. Schon bei der ersten Zwischenzeit lag er bereits fast uneinholbar auf dem ersten Platz. Selbstverständlich hielt er sein hohes Tempo und siegte am Ende eindeutig mit einem Vorsprung von 52 Sekunden auf Platz zwei. Ich schaute sofort auf seine Durchschnittsgeschwindigkeit. Er fuhr gerade mal einen Kilometer pro Stunde schneller als ich. Aber mir war klar, dass die Strecke viel schwieriger war. Trotzdem hoffte ich, irgendwann auch einmal bei der Zeitfahr-WM zu starten und zu siegen. Gold im Zeitfahren bei der WM ist mein größter Traum. Doch wie soll ich auch nur in die Nähe der Nationalmannschaft kommen? Ich bin ja noch nicht mal Profi. Derzeit fahre ich lediglich in einem Verein hier in Bremen. Zwar konnte ich schon zum vierten Mal hintereinander Stadtmeister im Zeitfahren werden und konnte dieses Jahr auch den regionalen Titel Niedersachsens im Zeitfahren holen, doch bisher hat niemand auch nur den Anstand gemacht, mit mir Kontakt aufzunehmen und mir einen Vertrag in seinem Team anzubieten. Nichts kam. Auch nach meinen Siegen gab es nur wenige, die Interesse an mir zeigten. Ich war mir sicher, dass es an meiner Orientierung lag. Im Prinzip kann ich nur Zeitfahren und in der Ebene Tempo drücken. An jedem kleinen Anstieg habe ich große Probleme und auch in Sprints erreiche ich nie eine hohe Geschwindigkeit. Einzig allein das konstante schnelle Fahren im Flachen liegt mir. Dadurch hab ich wenige Erfolge im Jahr und ich habe das Gefühl, dass Leute wie ich immer weniger gefragt sind. Bei der Tour de France gab es immerhin auch kein Mannschaftszeitfahren mehr. Wozu sollte ein Profiteam mich auch unter Vertrag nehmen? Das war eine Frage, die ich mir immer wieder stellte. Noch vor zwei Jahren habe ich nur an Zeitfahren teilgenommen. Nur selten fuhr ich normale Rennen. Doch als mir nach und nach klar wurde, dass ich so nie Profi werde, nahm ich auch an vielen anderen Rennen teil und half einigen Fahrern aus unserem Verein. Leider waren die nur selten wirklich stark und so war mein Helfen so gut wie nie mit einem Sieg gekrönt worden. Ich war oft enttäuscht und überlegte häufig, ob ich wirklich weiter Teamarbeit für Teamkollegen verrichten solle. Doch dann kam vor einem Jahr Marius in unseren Verein. Er war einer der besten in Bremen. An jedem Anstieg konnte er attackieren und gewann im letzten Jahr alle Rennen, die in einem Sprint endeten und ich konnte ihm helfen. Die Rolle des Edelhelfers gefiel mir sehr. Ich machte bei jedem Rennen, bei dem wir zusammen mitfuhren, von Anfang an hohes Tempo und die letzten Kilometer fuhr Marius dann von vorne. Er holte noch mehr Erfolge als im Vorjahr und seitdem gratulierten auch mir die anderen Fahrer und Trainer zum Erfolg, obwohl ich selbst nie gewonnen hatte. Trotzdem wollte ich auch selber Siege herausfahren und so nutzte ich immer meine einzige Siegchance- das Zeitfahren. Alle fünf Zeitfahren in diesem Jahr konnte ich für mich entscheiden. Mein Ansehen im Verein und bei den anderen stieg allerdings nicht durch diese Erfolge, die ich ja immerhin schon einige Jahre lang feierte, nein ich wurde durch meine Helferarbeit bekannt. Ein Trainer sagte mir sogar einmal, dass er es beeindruckend fände, dass im Amateurbereich bereits für Teamkollegen Tempo gedrückt wird und dass er sehr stolz auf mich sei. All das machte mich glücklich. Am Sonntag ist das Abschlussrennen der Saison- am Tag der Radweltmeisterschaft. Ich schlug Marius vor, direkt nach dem Rennen zu mir nach Hause zu gehen und unsere tolle Saison, am besten mit einem Sieg beim letzten Rennen, zu feiern und dabei die letzten Kilometer der WM zu genießen.
Marius wohnte noch bei seinen Eltern- ich nicht. Schon vor vier Jahren, als ich gerade volljährig wurde, zog ich aus dem Haus meiner Eltern aus. Ich hatte mir bereits genug Geld für eine eigene Wohnung in Bremen angespart, welches ich während meiner Ausbildung zum Koch verdiente. Koch ist sicherlich ein ungewöhnlicher Beruf für einen Radsportler, allerdings ist es auch kein normales Restaurant, indem ich meine Ausbildung gemacht habe und seit diesem Jahr auch angestellt bin. Es ist ein Vegetarier-Restaurant am Stadtrand Bremens. Wir kochen ohne Fleisch und teilweise auch ohne andere tierische Produkte. Wir haben viele Gäste und das Geschäft mit dem Grün im Topf läuft gut. Ich selbst esse auch sehr viel Gemüse und Salate, aber ich bin froh, wenn ich nach meiner Mittagschicht nach Hause komme, eine Runde mit dem Rad fahre und mir dann ein deftiges Steak in die Pfanne haue, bevor ich wieder zur Arbeit fahre. Allgemein ist der Beruf des Kochs, aufgrund der Arbeitszeit, nicht gerade wohltuend für meinen Sport. Meistens kann ich nur zwei kleinere Strecken- einmal morgens und einmal mittags- fahren, da ich von 11 bis 13 und von 18 bis 22 Uhr arbeite. Doch dieses Training kommt mir auch zugute, so kann ich morgens eine kleine, schnelle Runde fahren und mittags Ausdauertraining machen.
Zu meinen Eltern pflege ich selbstverständlich jederzeit Kontakt, doch wir sehen uns immer seltener, da sie vor zwei Jahren in ihre alte Heimatstadt Bremerhaven gezogen sind. Wir sehen uns daher immer nur am Wochenende, wenn ich da kein Rennen habe, denn dann fahre ich die gut 70km mit meinem Rennrad zu ihnen. Zurück nehme ich meistens den Zug, aber im Sommer fahre ich auch wieder mit dem Rad nach Bremen. Meine Eltern verstehen meine Entscheidung, dass ich Koch geworden bin und sind froh, dass ich eine feste Stelle habe und mein Geld alleine verdiene. Derzeit wohne ich in einer zwei ein halb Zimmer Mietwohnung im Zentrum Bremens. Zur Arbeit habe ich es nicht weit und die Strecke fahre ich meistens mit meinem Rennrad und nehme Trainingskleidung mit, um nach der Mittagsschicht sofort meine Strecke zu fahren, erst danach geht’s nach Hause und ich habe eine kurze Pause. Die Wohnung ist sicherlich nicht die Größte, aber mir reicht sie allemal, da sie in einem Topzustand ist und ich alleine genügend Platz habe. Richtig, alleine. Das Glück in der Liebe war mir bisher noch nicht vergönnt. Immer wieder hatte ich die richtige Frau an meiner Seite und das bisher vier Mal, doch immer stellte es sich anders heraus. Sara, meine letzte Freundin, machte einen Rückzieher, als wir in eine gemeinsame Wohnung ziehen wollten. Ein Zusammenleben mit ihr wäre für mich wohl auch zu schön gewesen. Sie war einfach traumhaft. Lange blonde Haare, blaue glänzende Augen, ein süßes Lächeln, eine knackige Topfigur, witzigen Humor und eine Granate im Bett. Sie war ein Jahr jünger als ich und arbeitete als Kellnerin in einem Edelrestaurant, wo sie nicht nur viel verdiente, sondern auch durch ihren perfekten Körper in der Kellneruniform perfekt aussah. Nebenbei arbeitete sie sogar als Fotomodel. Wir waren das perfekte Paar- das sagten zumindest alle Außenstehenden. Doch als wir dann zusammenziehen wollten, war alles anders. Sie wollte einfach nicht mehr. Das alles ist jetzt bereits drei Monate her. Seitdem bin ich ununterbrochen Single- sie auch. Ich hoffe jederzeit, dass sie zu mir zurückkommt und wieder so ist, wie damals. Ja ich hoffte sogar, dass sie sich auf die in unserem Restaurant ausgeschriebene Stelle als Kellnerin meldete, damit wir uns wieder näher kommen. Meine Hoffnungen waren allerdings sinnlos, da sie dort sehr viel weniger verdienen würde und sie sich auch normal bei mir melden würde, wenn sie zu mir zurückkommen wolle.
Aber ich lege mich jetzt schlafen und werde die kommenden Tage bis Sonntag noch hart trainieren, um Marius den Sieg zu ermöglichen.
Ex-Profi Cédric Vasseur via Twitter: "Der Radsport wurde wieder einmal vor der ganzen Welt lächerlich gemacht...Bravo!!!"

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Beitrag: # 6721601Beitrag Grabba
19.7.2008 - 17:44

Das perfekte Leben des Willie Trimboli

Willies Leben war perfekt. Die Schule lief locker nebenher, weder besonders gut, noch besonders schlecht. Seine Eltern ließen ihm Freiheiten. Er hatte gute Freunde. Eine feste Freundin hatte und brauchte er nicht. Wenn er eine haben wollte kriegte er sie auch – genau so lange, wie er sie haben wollte, das heißt, bis er eine andere fand, die ihm gerade besser gefiel. Und wollte er sie irgendwann zurückhaben, so würde er sie eben erneut verführen müssen. Die Abende verbrachte er mit seinen Freunden in Discos, Bars und Clubs, die Nächte zusammen mit den Schönen. Und auch in seinem Sport war er überaus erfolgreich. Wenn er an Radrennen teilnahm, egal ob mit dem Mountainbike durchs Gelände oder über die Straße, so gewann er oft. Ob Erfolg sexy macht? Ganz sicher ja, das war Willie klar. Wenngleich er den Erfolg dafür nicht brauchte. Er war 1,85 groß, hatte einen austrainierten Körper und mit seinen blonden Haaren und blauen Augen verbreitete er einen unglaublichen Charme. Wie sollte ein Mädchen ihm auch nicht erliegen können?

So vergingen die Monate und Jahre, und nichts schien die Freude, die er an seinem perfekten Leben hatte, trüben zu können. Und doch fehlte ihm etwas. Er trainierte zwar fleißig, aber irgendwie spürte er, dass er kaum wirklich vorankam. Der Beste war er noch immer, aber seinen Ansprüchen, einmal in Europa als Radprofi Fuß zu fassen, würde er so nicht gerecht werden können. Und das wurmte ihn gewaltig. Er trainierte härter. Er verließ die Schule nach Jahr zwölf. Und doch wurde er das Gefühl nicht loß, er trete in seiner Entwicklung auf der Stelle. Aber mit wem sollte er darüber reden? Die Mädchen, mit denen er weiter nichts als das Bett teilte? Wohl kaum! Mit seinen Freunden? Er war der coole, alle schauten zu ihm auf. Unsicherheit durfte er nicht zeigen. Mit seinen Eltern? Zu sehr hatten sie sich in den letzten zwei, drei Jahren voneinander entfremdet. Sie verstanden ihn nie; wollten nie. Sein Bruder Tommey? Der war gerade einmal elf und bewunderte ihn für alles, was er tat. Aber helfen können würde er ihm sicher nicht. Seine Schwester Megan? Die war zwar zwei Jahre älter als er und ihr konnte er fast alles erzählen. Leider teilte sie all seine Leidenschaften, bis auf eine – den Radsport. Da kam Jayla gerade recht.

Jayla, die süße kleine Jayla. Sie war seit einigen Jahren schon seine beste Freundin. Sie war der einzige Mensch, bei dem er sich wirklich in allem verstanden fühlte. Selbst über seine Erlebnisse mit anderen Mädchen, wenngleich noch so intim, konnte er ihr berichten. Sie hörte ihm zu, und sie zeigte echtes Interesse für alles, was er erzählte, und nahm Anteil an seinen Problemen. Das einzige was ihn störte: Sie war das einzige Mädchen in ganz Neuseeland, das seinem Charme standhielt. Sie hatten noch nie miteinander geschlafen, und an ihm hatte es ganz sicher nicht gelegen. Warum er sie nie verführen konnte wusste er nicht. Oft genug versucht hatte er es, aber sie hatte ihn immer lächelnd zurückgestoßen. Überhaupt verstand er sie in dieser Hinsicht überhaupt nicht. So heiß wie sie aussah hätte sie noch so ziemlich jeden Kerl abgekriegt und war bisher doch nie über Küsse und leichtes Kuscheln in Discos hinausgekommen. Eines Tages musste er sie kriegen. Aber darum ging es heute Abend nicht, sondern um seine Probleme. Willie eröffnete ihr seine Gedanken, und sie schien ihn zu verstehen.

„Vielleicht musst du deine Einstellung zum Leben einfach ändern?“, sagte Jayla, als er geendet hatte.
„Wie meinst du das?“
„Na schau, du quälst dich irgendwann mittags aus dem Bett, hast meistens noch ein Mädchen neben dir, das du jetzt irgendwie loswerden musst. Dann schwingst du dich auf dein Rad, fährst einige Runden, und dann geht es schon wieder los, feiern mit deinen Kumpels, wieder Alkohol trinken und die nächste klarmachen. Jeden Abend das Gleiche Spielchen.“
„Nicht jeden Abend“
, verbesserte Willie sie.
„Na aber fast!“
„Heute Abend habe ich zum Beispiel noch keine. Du siehst übrigens wieder hinreißend aus.“
„Du auch, mein Lieber. Aber schlafen wirst du trotzdem alleine.“

Sie beugte sich zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Ihre perfekt geformten Brüste drückten sich an ihn. Er genoss den Augenblick.
„Aber jetzt mal ernsthaft. Dieser Lebensstil ist dir wirklich nicht hilfreich. Du kannst dich gar nicht auf dein Training und deinen Sport konzentrieren. Du fährst und denkst schon wieder an dein abendliches Date. Du liegst nachts im Bett, und anstatt darüber zu grübeln, wo du morgen am besten trainieren kannst, hast du den Kopf voller Alkohol. Der Radsport sollte dein Leben bestimmen, verstehst du, nicht irgendeine Randerscheinung sein.“
„Hmm...“
„Ja?“
„Ja, also, vielleicht könnte da sogar was dran sein... Irgendwie befürchte ich, du könntest mal wieder Recht haben... Aber was sind meine Alternativen? Verstehst du, was kann ich dagegen machen?“
„Na das ist doch einfach. Sag deinen Freunden einfach mal ab. Bleib einfach mal einen Abend zu Hause. Verzichte einfach mal auf den Alkohol, auf die Frauen.“
„Das fällt dir natürlich leicht zu sagen. Du weißt ja nicht, wie es ist. Was machst du schon? Du hockst doch eh nur zu Hause und...“
„Willie!“
, unterbrach sie ihn mit einem aufgebrachten Blick. Er war still und blickte einige Zeit zu Boden. Dann schaute er sie wieder an.
„’tschuldigung, ich wollte nicht...“
„Schon gut.“
Sie lächelte wieder, so wie er sie kannte. Er war erleichtert. „Ich weiß ja, dass ich nicht wenig von dir fordere, und dass so etwas nicht von heute auf morgen geht. Vielleicht auch gar nicht, so lange du in diesem Umfeld bleibst.“
„Aber was soll ich machen?“
„Diese Hilflosigkeit steht dir gar nicht. Wo ist heute Abend nur der coole, selbstbewusste William Trimboli geblieben?“

Er hasste es, wenn sie ihre Überlegenheit ausspielte. Und wenn sie ihn William nannte. Und doch würde er ihr niemals böse sein können.
„Ach, bitte... Mach doch wenigstens einen Vorschlag.“
Jayla grübelte einige Zeit. Dann huschte dieser typische kurze Anflug eines triumphalen Lächelns über ihr Gesicht.
„Arthur’s Pass.“

Sie schaute ihn erwartungsvoll an. Es dauerte einen Moment, doch dann begriff er. Und es traf ihn wie ein Schlag. Die Freunde zurücklassen. Keine schönen Mädchen mehr an seiner Seite. Keine abendlichen Vergnügungen mehr. Auch Jayla wäre weg. Und was ihn in diesem Moment zu seiner eigenen Überraschung am meisten traf: Er wäre nicht mehr bei seiner Familie. Jayla merkte, dass er schluckte. Sie nahm seine Hand. So saßen sie einige Minuten still beisammen. Dann blickte Willie ihr tief in die schönen Augen und fand dort die Entschlossenheit, an der es ihm selbst mangelte. Er atmete noch einmal tief durch. Dann nickte er.

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TOM Booonen
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Beitrag: # 6721671Beitrag TOM Booonen
19.7.2008 - 19:18

Die Karriere des Niklas Siewert

Es war 6:30 Uhr und mein Wecker klingelte mich aus dem Bett. Ich wollte, wie jeden Tag in den Sommerferien um 8 Uhr auf dem Rad sitzen und meine Rudne durch die Umgebung von Mönchengladbach drehen. Als ich meine Zähne geputzt hatte, mein neues "Team Columbia"-Trikot aus der Verpackung nahm um es anzuziehen, fiel mir auf, dass meine Radbrille kaputt ist. Ich fing fast an zu weinen, denn es war doch schon eine sehr teure Brille, es war die Gleiche, die auch Kim Kirchen bei der Tour trägt. Also suchte ich in meinem Zimmer nach meiner zweiten Brille, die ich nach 5 Minuten langen Suchens auch fand. Sie war zwar völlig verstaubt, aber kurz mit Mamas Brillentuch drüber und sie sah wieder aus wie neu. Das geschah alles ganz still, denn ich wollte meine Eltern nicht wecken, die zur Zeit immer Nachtdienst hatten. Meine Mutter war Krankenschwester und mein Vater arbeitete im Ford-Werk in Köln. Ich lebe zwar nicht in einer wohlhabenden Familie, doch lebten wir schon im mittleren Gesellschaftsstand. Ich hatte neben der Schule auch einen Nebenjob, besser gesagt zwei. Montags und Freitags nachmittags, nach der Schule arbeitete ich in einem nahe gelegenen Getränkemarkt und Mittwochs trug ich immer die kostenlose Wochenzeitung mit Edeka-Prospekten aus. So verdiente ich pro Monat um die 300-400 €. Davon gönnte ich mir einmal in der Woche einen Discobesuch mit meinen Kumpels und sonst sparte ich imer noch für das neue Trek-Rennrad, das ich mir schon immer gewünscht hatte. Ich brauche noch rund 600 €, also noch 1-2 Monate Zeitungen austragen und Wasserkästen schleppen.
Mein Marmeladenbrot aß ich langsam und genüsslich und las dabei die Rheinische Post, die wieder einmal im Sportteil riesengroß über das Thema Doping schrieb. Mich reizte es, denn immer nur Doping, wenn man nur von dem Thema Radsport anfängt. Das merke ich schon bei meinen Kumpels, wenn ich wie sooft vom Radsport Manager und meinen Erfolgen erzählte.
Ich ging nach draußen spielte etwas mit meinem Hund und kam zum Gartenhäuschen, wo mein Rennrad schon auf die täglich Ausfahrt wartete. Helm an, Brille an und ab zur Strasse. Es war ein sehr sonniger Tag, doch in der Nacht hatte es wieder einmal geregnet, leider!
Ich prüfte noch, ob ich auch mein Handy, die zwei Energieriegel und die Trinkflasche dabei hatte und fuhr dann los.
20 km ruhte ich mich noch etwas aus, bis ich auf eine 6 km lange Strasse kam, die nur geradeaus geht. Ich erhähte langsam das Tempo. Immer wieder wurde ich von Autofahrern angehupt, weil ich doch den Radweg benutzen solle für meine Radtour. Es war eine 70-Zone, also hatte ein Radfahrer eigentlich nichts dort verloren. Doch ich winkte nur ab. Nach 2 km wurde aus der 70-Zone eine 50-Zone und ich sah auf meinen Tacho. Ich hatte 45 km/h drauf. Ich dachte mir:"Hmm...heute guck ich mal wie meine Beine sind!" Gesagt, getan. Ich wartete auf das nächste Auto, dass mich anhupte. Es dauerte nicht lange da fuhr schon der nächste an mir vorbei, die Scheibe heruntergekurbelt und brüllte:"Wenn du nicht schneller fährst, dann benutz gefälligst den Radweg!" Das ließ ich nicht auf mir sitzen. Ich beschleunigte auf 50. Ich klebte sofort an der Stoßstange des Wagens und dann zog ich aus dem Wiindaschatten. Im Sprint zog ich vorbei und zeigte beim Vorbeifahren dem Prollo den Stinkefinger. Der beschleunigte und wollte mich einholen doch ich war zu flott unterwegs. Aus der Geschwindigkeitsanzeige neben der Strasse sah ich nur eine helle 70 aufleuchten und ich wusste, dass das nicht zu langsam sei. Mein Glück war es, dass ich nun in eine 30-Zone kam und der Autofahrer drastisch langsamer wurde, da in 100 m Entfernung eine Polizeistreife stand.
Also bremste auch ich, zwar hatte ich noch 40 km/h drauf, doch ich winkte den Polizisten freundlich zu und sie grüßten zurück. Also fuhr ich meine RUdne noch zu Ende, sodass ich am Ende 50 km geschafft hatte und ich kam zufrieden zu Hause an.
Meine Mutter bemerkte mich schon, als ich noch auf der Strasse war und winkte mich zu ihr.
Sie sagte:"Niklas, vorhin hat eine Manager eines Radteams angerufen. Er würde gerne mal mit dir sprechen." Ich fragte:"Von welchem Team?" Sie antwortete:"Irgendwas mit Stern." "Kenn ich kein Team", sagte ich" Egal, meldet er sich nochmal oder soll ich mich mal melden?"
Sie gab mir einen Zettel mit einer Telefonnummer, eher gesagt einer Handynummer.
Ersteinmal stellte ich mein Rennrad in das Häuschen, ging duschen und zog mir frische Kleidung an.
Nach dem Mittagessen wollte ich dort anrufen.
Es gab Spaghetti Bolognese, denn ich brauchte nun wieder Kohlenhydrate und meine Eltern unterstützten mich bei meinem Ziel auch tatkräftig, Radprofi zu werden.
Als ich meine 2 Porrtionen aufgegessen hatte ging ich zum Telefon und wählte die Nummer, die auf dem Zettel stand...

sciby
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Beitrag: # 6721943Beitrag sciby
20.7.2008 - 14:15

Der Tag, der alles veränderte

Heute war das letzte Rennen der Saison. Es sollte ein schöner Abschluss eines tollen Jahres für mich und Marius werden. Doch dann kam alles anders…
Zunächst begann das Rennen auf dem 17km flachen Rundkurs, der fünf Mal befahren wurde, ruhig und normal. Marius erzählte mir vor dem Rennen etwas Wunderbares. Er teilte mir mit, dass der Manager eines Profiteams mit ihm gesprochen habe und ihn unter Vertrag nehmen wolle. Ich war nicht gerade überrascht, immerhin war er der beste Fahrer in Bremen und Umgebung. Er war unheimlich stolz und sagte mir, dass einer der Scouts des Teams heute beim Rennen dabei sei. Nächste Woche solle er dann einen Vertrag unterschreiben. Ich freute mich sehr für ihn und ging um Längen motivierter ins Rennen. Ich wollte ihm den Weg bereiten, um einen eindrucksvollen Sieg zu holen. Er sollte sein stärkstes Rennen fahren und so dem Scout beweisen, dass ein Weg an ihm vorbei nicht möglich sein wird. Die erste Rennrunde fuhren alle sehr locker und ich ging ein paar Mal kurz durch die Führung. Auf der zweiten Runde attackierten dann zwei Fahrer am einzigen Anstieg. Sofort nach dem kleinen Hügel ging ich an die Spitze und erhöhte das Tempo. Ich fuhr die Runde die ganze Zeit von vorne und schnell waren die beiden an der Spitze eingeholt. In der dritten Runde verlangsamte ich das Tempo wieder, aber führte das Feld trotzdem weiter an. Erst in der vorletzten Runde drückte ich richtig Tempo und sah, wie viele Fahrer nicht mehr folgen konnten. Die Gruppe war am Ende der Runde nur noch ca. 10 Mann groß. Meine Kraft neigte sich währenddessen langsam dem Ende entgegen, doch ich erhöhte weiter das Tempo und ging ans Ende meiner Kräfte und bei Hälfte der Runde war ich dann völlig am Ende. Das Wort Ende überragte. Kurz nachdem ich die Gruppe nicht mehr halten konnte, klopfte ich Marius auf die Schulter und sagte ihm: „Los, deine Zeit ist gekommen. Hol dir den Sieg und die Unterschrift auf dem Vertrag!“ Sofort sprintete er los und löste sich von der Gruppe. Kurz danach sah ich ihn nicht mehr. Ich verlor viel an Boden und hoffte, dass er es durchziehen konnte und sich den Sieg holt. Ich fuhr die restlichen Kilometer locker zu Ende, doch zwei Kilometer vor dem Ziel sah ich, dass ein Fahrer nach einer Kurve schwer gestürzt sein musste. Eine Menschenmenge hatte sich um den Fahrer versammelt. Den Fahrer selber konnte ich nicht sehen, doch es musste dort einer liegen. Als ich vorbeifuhr, kamen gerade zwei Sanitäter und wühlten sich durch die Leuten und knieten sich neben den Fahrer. Jedoch hielt ich nicht an, sondern fuhr weiter, da ich so schnell wie möglich Marius gratulieren wollte, es sei denn er habe nicht gewonnen. Doch dann hörte ich einen der Leute „Das ist Marius Schneider“ sagen und sofort hielt ich an und fuhr zu dem gestürzten Fahrer zurück. Die Leute wurden von den Sanitätern zurückgeschickt und der Fahrer war zu erkennen. Ich konnte es nicht fassen. Mein Rad, welches ich neben mir her schob, fiel zu Boden und machte lautstark die Zuschauer auf mich aufmerksam. Alle starrten mich an. Ich starrte nur auf Marius, der ohne jede Bewegung am Boden lag und von den beiden Sanitätern hektisch versorgt wurde. Eine längere Zeit stand ich nur da und schaute ungläubig und ohne auch nur meinen Blick von ihm zu nehmen auf Marius. Leblos lag er dort. Langsam näherte ich mich ihm.
„Du kannst hier nicht hin. Bitte geh hinter die Absperrung.“
„Aber… ich kenne ihn. Ich bin ein guter Freund und sein Teamkollege. Was ist mit ihm los?“

Gerade wollte der Sanitäter mir erklären, was Marius habe, doch da kam Frank Beier, unser Trainer, zu mir und legte seine Hand auf meine Schulter.
„René, das ist jetzt schwer für dich, ich weiß. Marius ist aus der Kurve geraten und an den Bordstein geschliddert. Er war sofort bewusstlos. Er war weit vor allen anderen, doch hat die Kurve unterschätzt. Glücklicherweise waren die Sanitäter schnell da. Er hat eine große Platzwunde oder einen Riss am Kopf. Leider ist er nicht ansprechbar. Hoffen wir alle, dass es nur diese Wunde ist.“
„Wie…wie kann das sein? Er…er…“

Ich war geschockt und fand keine Worte mehr. Das Rennen und möglicherweise viel mehr war für mich beendet. Ich setzte mich auf einen Bordstein und kam den Tränen nahe. Kurze Zeit später hörte ich aus der Ferne einen Helikopter. Er landete auf einem Parkplatz ganz in der Nähe des Sturzes. Zwei Sanitäter rannten mit einer Trage an mir vorbei. Ich stand auf und sah, wie sie Marius auf die Trage hoben, ihn anschnallten und sofort wieder in Richtung des Helikopters liefen. Ich war so gefasst, dass all dies an mit vorbeilief und ich kaum reagieren konnte. Gerne wäre ich mitgeflogen und bei ihm gewesen. Frank kam kurz darauf zu mir und sagte mir, dass sie ihn in ein Krankenhaus fliegen würden und er dort sofort operiert werden würde. Höchstwahrscheinlich hat er einen Schädelbruch erlitten. Mein Zustand änderte sich nicht. Der Schock war noch nicht verwunden und ich bekam kaum mit, dass ich mit Frank in ein Auto einstieg und mit ihm zum Krankenhaus fuhr.
Dort warteten bereits Marius’ Eltern. Seine Mutter hatte das ganze Gesicht verschmiert. Ihr Make-Up lief durch ihre Tränen durch das ganze Gesicht. Ihr Mann umarmte sie und Frank versuchte sie ebenfalls zu trösten. Im Krankenhaus wies uns eine Krankenschwester sofort ein und wir nahmen in einem Wartezimmer in der Notaufnahme Platz. Lange Zeit schwiegen alle, bis eine Krankenschwester rein kam und uns erklärte, was mit Marius ist.
„Ihr Sohn wurde soeben erneut untersucht und wir konnten eine Schädelfraktur und Blutungen im Hirn feststellen. Derzeit wird er operiert. Die OP wird einige Zeit dauern. Wenn sie wollen, können sie gerne hier warten. Derzeit schwebt er nicht in Lebensgefahr und sein Zustand ist sicher. Die Operation ist allerdings dringend notwendig. Wir hoffen, dass keine Komplikationen auftreten.“
Sie verließ wieder den Raum und seine Mutter weinte lautstark los. Ihr Mann versuchte sie mit aufmunternden Worten zu trösten. Ich zeigte keinerlei Reaktionen. Ich dachte darüber nach, wie wunderbar es hätte sein könne. Er hätte gewonnen und wir hätten uns in Ruhe das ein oder andere Bier gegönnt und gleich den Weltmeister und uns gefeiert. Die triste Stimmung in dem Warteraum war unerträglich. Allgemein gefielen mir diese Krankenhäuser nie. Das Weiß machte mich kirre und ich fragte Frank, ob er mich nach Hause fahren könne. Ich hielt es dort nicht mehr aus und wollte nach Hause und in Ruhe über die Situation nachdenken. Er stimmte sofort zu und erklärte den Eltern von Marius, dass ich in Ruhe nachdenken wolle und er in einer halben Stunde wieder da sei.
Im Auto sagte Frank mir andauernd, dass er hofft, Marius wird keine größeren Folgen davontragen. An seine sportliche Karriere, so sagte er mir, dachte er jetzt erst einmal gar nicht. Sofort musste ich an den möglichen Vertrag, den er unterschreiben wollte, denken. Ich fragte mich, was der Scout nun machen würde und überhaupt wie seine Karriere jetzt weiter gehen soll, doch als ich merkte, dass er erst mal wieder gesund werden muss und seine Karriere zunächst mal zweitrangig ist, hoffte ich nur noch, dass er wieder gesund werden würde.
Als ich aus dem Auto stieg, rief mir Frank noch zu: „Das wird schon.“ Ich hoffte, dass er Recht behalten würde. Ich setzte mich sofort auf die Couch und wollte einfach nur an etwas anderes denken. Ich schaltete somit den Fernseher an und sah, wie Bettini die vordere Gruppe bei der WM dominierte und den Sprint gewann. Ich bekam das alles nicht so ganz mit und sah Marius bei der Siegerehrung auf dem Treppchen, nicht Bettini bekam das Trikot über, sondern Marius. Ich bemerkte, dass ich träumte. Ich schaltete den Fernseher wieder aus und legte mich hin. Ich stellte mir vor, wie Marius gerade operiert wurde und auf einmal wurde alles dunkel… ich schlief ein.
Ex-Profi Cédric Vasseur via Twitter: "Der Radsport wurde wieder einmal vor der ganzen Welt lächerlich gemacht...Bravo!!!"

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TOM Booonen
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Beitrag: # 6721973Beitrag TOM Booonen
20.7.2008 - 15:29

...Ich wählte die Nummer 0174/12345654 und setzte den Hörer an das Ohr an. Fünf mal wollte ich klingeln lassen, doch nach dem zweiten Mal hörte ich eine weibliche Stimme:

“Körzig?“
„Hallo, mein Name ist Niklas Siewert und heute Vormittag hat jemand von diesem Handy aus bei mir angerufen.“
„Nette Stimme haben sie Herr Siewert.“
„Oh, danke!“
„Aber ich habe heute nicht bei ihnen angerufen!“
„Wie? Meine Mutter hat die Nummer doch extra auf einen Zettel geschrieben?!“
„Dann hat sie sich wohl verhört! Aber ich finde es gut, dass sie sich verhört hat, denn nun lerne ich sie kennen.“
„Das freut mich. Wie heißen sie?“
„Linda Körzig heiße ich. Wir könnten „du“ sagen, wenn dir das nichts ausmacht.“
„Ne, das ist schon ok. Und wo wohnst du?“
„Ich wohne in Mönchengladbach, auf der Bismarckstraße. Wieso fragst du?“
„Zufälle gibt’s. Ich wohne in Wegberg. Ich frage nur, weil vielleicht können wir uns vielleicht mal treffen?“
„Gerne, ich bin Freitag im Cheetah in Oberbruch. Kennst du den Laden? Der ist echt angesagt.“
„Ja, den kenne ich. Da bin ich öfters mal mit Kumpels. Freitag bin ich wieder da, vielleicht sehen wir uns dann dort.“
„Ja, das wäre schön, denn du bist mir direkt sympathisch, wenn ich so mit dir rede.“
„Du mir auch.“
„Also war schön mit dir zu plaudern, aber ich muss jetzt wieder Tour de France gucken gehen. Ist gerade richtig spannend. Bis dann.“
„Ok, tschatschau.“


So lernte ich durch Zufall hoffentlich eine genau so schöne Frau kennen, wie sie sich anhörte.
Ich setzte mich also vor den Fernseher und nahm trotzdem die Vorberichterstattung des ARD nicht so richtig wahr, weil mein Vater nicht auf Eurosport steht. Vielleicht auch wegen dieses Mädchens?!
Um 14:30 Uhr fingen sie an das Rennen zu senden. Es war sehr spannend und ich stellte mir vor, wie es sei, wenn ich einer dieser 170 Fahrer sei. Seite an Seite mit Fahrern wie Erik Zabel oder auch Kim Kirchen. 30 km vor dem Ziel ging ich nochmal raus, um zu sehen wie das Wetter werden wird, denn ich wollte noch ein Ründchen drehen. So 20-30 km. Doch die riesigen, schwarzen Regenwolken die aus dem Osten kamen hielten mich von der Fahrt ab und ich ging dann mal in mein Zimmer um meine E-Mails zu checken und im Internet ein wenig zu surfen. Myspace, Schülervz, cyclingmanager, Sport1, usw., Alle diese Seiten besuchte ich und in meinen E-Mails war nur ein Meldebogen für das nächste Juniorenrennen. Es sollte Sonntag stattfinden. Also druckte ich den Bogen aus und füllte ihn aus. Packte ihn in ein Briefumschlag, Briefmarke drauf und gab ihn meiner Mutter, damit sie ihn in den Briefkasten schmeißt, wenn sie heute Abend mit dem Hund rausgeht.
Den Computer machte ich an, denn ich wollte heute Abend noch was mit Freunden unternehmen und ich mache daher ICQ an.
Ich schaltete danach den Bildschirm aus und ging wieder ins Wohnzimmer um die Etappe zu schauen, die nunmehr 10 km lang war. Langsam formierten sich die Sprinterzüge. Wieder versetzte ich mich in die Lage von Erik Zabel. Ich dachte mir, was er nun denken würde und was ich nun denken würde. Ich war auch Sprinter. In meinem Team der Allerbeste. Letztes Jahr war ich deutscher U17-Meister. Es war der größte Erfolg meiner Karriere. Ich wartete jeden Tag auf einen Anruf eines Profirennstalls, denn nach den Rennen kamen schon einige auf mich zu und fragten nach meiner Telefonnummer. Als ich nun aus den Gedanken gerissen wurde, sah ich wie Ete die Etappe bravourös gewann und ch freute mich richtig, denn er hatte nicht nur die Etappe gewonnen, sondern auch das grüne Trikot ergattern können. Ich ging danach wieder hoch an meinen PC und kontrollierte, ob mir jemand per ICQ etwas geschrieben hatte. Mein Kumpel Eric schrieb mir, dass wir uns heute mal treffen sollten, so gegen 20 Uhr in der Bar, die letzte Woche erst seine Pforten öffnete. Ich antwortete ihm, dass ich dann da sein werde. Danach spielte ich noch bis 18:30 Uhr meinen Radsport Manager bis meine Mutter mich zum Abendessen rief. Ich setzte mich an den Tisch und sofort kam ich mit meinen Eltern ins Gespräch:

„Na Junge, heute was Besonderes auf deiner Fahrt passiert?“
„Ja.“
„Erzähl!“
„Also das war so: ich fuhr auf der Landstrasse und plötzlich machte mich so ein Autofahrer an, von wegen ich solle doch besser auf dem Radweg fahren. Joar, da habe ich dann einfach mal per Sprint das Auto überholt.“
“Mensch Niklas, du machst Sachen...Pass lieber auf, wenn du keine Rennen hast, dann ist die Strasse nicht abgesperrt und es kann immer etwas passieren!“
„Das weiß ich auch, aber das hat mich gewurmt, dass man so angemacht wird!“
„Und was hatte es nun mit der Telefonnummer auf sich?“
„Du hast die falsche Nummer aufgeschrieben. Es hat sich ein Mädchen gemeldet, ein sehr Nettes. Ich treffe sie Freitag in der Disco.“
“Das kann gar nicht sein, dass ich die falsche Nummer aufgeschrieben habe. Ich habe extra noch einmal nachgefragt. Aber wie heißt sie denn?“
„Lisa heißt sie, Lisa Körzig. Sie wohnt in Mönchengladbach, also nicht weit von hier.“
„Ich freu mich für dich. Wird auch langsam Zeit, dass du mal eine feste Freundin bekommst, denn ich möchte am Wochenende nicht immer andere Mädchen hier am Frühstückstisch sitzen haben.“
„Mama, nicht so voreilig, ich habe sie doch noch nicht einmal gesehen. Und außerdem, lass mir doch den Spaß mit den Mädchen!“
“Du machst das schon Junge.“


Ich räumte noch meinen Teller weg und verabschiedete mich von meinen Eltern um mich auf den Weg zu Jonas zu machen, denn ich wollte mit ihm zusammen in die neue Bar gehen...

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Beitrag: # 6722141Beitrag Grabba
20.7.2008 - 20:10

Arthur’s Pass

Arthur’s Pass, West Coast, Südinsel, Neuseeland. Genauer: Arthur’s Pass Village. Nicht viel mehr als eine Ansammlung einiger Häuser, oder vielmehr Hütten. Bis 1923 grub man hier den Otira-Tunnel, einen der damals längsten Eisenbahntunnel der Welt. Die TranzAlpine verkehrt seither zwischen Christchurch und Greymouth. Man errichtete damals kleinere Hütten für die Arbeiter. Sein Urgroßvater, Warren Trimbolie, war trotz seines jungen Alter der Vorarbeiter gewesen. Die Hütte stand abseits der anderen. Nach der Fertigstellung wurden den Arbeitern ihre Hütten geschenkt. Heute wohnen kaum noch Leute dort, und die Häuser werden vor allem als Feriendomizile benutzt. So auch das der Trimbolies. Bis vor rund drei Jahren machten sie dort regelmäßig Urlaub. Als sie das letzte Mal dortgewesen waren hatte Jayla sie begleitet. Sie kannte die Hütte. Nun also fuhren sie und Willie in das kleine Dorf ein und Jayla parkte ihren Wagen.
„Na dann mal los.“, zwinkerte sie ihn an.
„Wollen wir mal hoffen, dass es noch nicht ganz zerfallen ist.“
„Ach Unsinn. Du wirst schon sehen.“
„Woher nimmst du nur immer diese Zuversicht?“
„Warum hast du sie nicht?“
„Weil... ach komm, fang doch nicht schon wieder an, mich zu belehren.“
„Na, also gut. Dann aber los jetzt.“


Sie hakte sich bei ihm ein und gemeinsam betraten sie die Hütte. Obwohl seit über drei Jahren niemand mehr hiergewesen war befand sich noch alles in einem leidlichen Zustand. Nachdem sie jeden Raum inspiziert hatten konnten sie zufrieden sein. Es gab zwar noch eine Menge zu richten, aber es hätte schlimmer kommen können.
„Und, was ist jetzt? Hier lässt es sich doch gut genug leben, oder nicht?“
Jayla blickte ihn erwartungsvoll an. Was hätte er jetzt sagen sollen? Vermutlich hatte sie sogar recht. Er nickte nur.
„Es fällt dir noch immer nicht leicht, oder? Komm, setz dich.“
Das war es, was sie so einzigartig machte. Sie verstand ihn, auch ohne dass er seine Gedanken aussprach. Langsam setzte er sich neben sie auf das alte Sofa. Doch es folgten keine langen Worte. Sie nahm ihn in die Arme, denn sie wusste, was ihm nun half. Geborgenheit. Und er dachte zurück an die letzten drei Monate seit dem Gespräch mit ihr. Einfach war es nicht gewesen. Er hatte sich einen Job gesucht und Geld verdient. Hatte an den Wochenenden versucht, Rennen zu gewinnen, um die Prämien zu sparen. Da musste er seinem bisherigen Lebensstil bereits entsagen. Und nun sollte es bald soweit sein, dass er hierher in diese völlige Einsamkeit zöge. Weg aus der Großstadt Christchurch. Weg von den Freunden, von der Familie. Auch weg von Jayla. Es fiel ihm auch jetzt noch nicht einfach, das zu akzeptieren. Schon gar nicht, als er hier nun tatsächlich alleine in diesem Haus saß. Fast alleine. Und bald ganz alleine.
Aber Jayla hatte Recht. Es war genau das, was er für sein Training brauchte. Ruhe. Konzentration auf nichts als den Radsport. Keine wilden Partys oder Eskapaden mehr. Keine Freunde oder Frauen, die ihn ablenkten. Und dazu hügeliges, fast schon bergiges Gelände. Dazu die Luft auf rund 900 Metern Höhe, inmitten der Südalpen Neuseelands. Der Ort war wie geschaffen für seine radsportliche Entwicklung. Doch das konnte den Schmerz, den er um all die anderen Dinge empfand, kaum bezwingen.

Er begann leise zu schluchzen. Anstatt nutzlose Worte zu verlieren drückte sie ihn nur noch etwas fester an sich und streichelte sanft seinen Rücken. Einige Minuten lang, bis er sich schließlich aufrichtete. Mit einem demütigen Blick schaute er sie an und hauchte nur das eine Wort über seine Lippen: „Danke.“
Jayla lächelte ihn liebevoll an und nickte. Die folgenden Stunden verbrachten sie damit, die Hütte an einigen Stellen auszubessern, zu säubern, Dinge umzuräumen und sie so gut wie möglich für Willie einzurichten. Als sie am Abend durchgingen kam es ihm schon gleich viel gemütlicher vor. Jetzt fuhren sie zurück nach Christchurch, doch nächstes Wochenende würden sie den Rest herrichten müssen, und dann würde er von zu Hause ausziehen, um ganz alleine in der Abgeschiedenheit der neuseeländischen Alpen zu wohnen. Mit nicht ganz 21 Jahren. Aus dem einzigen Grund, sich voll und ganz dem Radsport hinzugeben. Ganz wohl war ihm dabei noch immer nicht.

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Beitrag: # 6722447Beitrag Grabba
21.7.2008 - 16:53

Freud und Leid

„Ich kann gerne mitkommen, wenn du willst. Ich denke, ihr könnt jede Hilfe gebrauchen?“
„Ach, weißt du, ich denke wir beide schaffen das schon alleine.“
„Du magst sie sehr gerne, nicht?“
„Naja, sie, du weißt, sie...“
„Schon gut. Fahrt ihr beiden nur alleine.“

Sie lächelte ihn an. Ja, so war Willies Schwester Megan. Sie kannte ihn zu gut. Vermutlich besser als er selbst sich kannte. Ob er Jayla liebte? Hatte er schon jemals ein Mädchen geliebt? Hätte er es jemals nötig gehabt? Natürlich nicht. Sie lagen ihm ja schließlich zu Füßen. Wenn Jayla nicht wollte, dann war es ihr eigenes Problem, nicht seins. Aber vielleicht... Schnell verwarf er den Gedanken wieder. Sie war seine beste Freundin, und sie sah verdammt heiß aus. Das war alles.

Zwei Stunden später stand Jayla bei ihm vor der Tür und holte ihn ab. Seine Schwester half ihnen beim Beladen des Autos. Bevor sie wieder ins Haus ging zwinkerte sie ihm noch einmal wissend zu. Er glaubte, leicht zu erröten. Nein, das konnte nur Einbildung sein.
Knappe drei Stunden später luden sie die Sachen in Arthur’s Pass aus. Noch begann es nicht zu dunkeln, aber viel würde der Tag auch nicht mehr hergeben. Sie hatten noch genug zu tun, heute und an den beiden folgenden Tagen. Aber das würde schon klappen. So war er immerhin abgelenkt, von dem, was ihm bevorstünde: Der Abschied von allen, die er liebte und mochte.
Von den Freunden, die er auf unbestimmte Zeit nicht mehr sehen würde. Die meisten von ihnen waren wirklich bedrückt gewesen, als er ihnen mitgeteilt hatte, was er plante. Ob sie es um seinetwillen waren oder ob es ihnen nur um die Vorteile ging, die ihnen an seiner Seite stets zuteil geworden waren – er wusste es nicht. Vor drei Monaten noch hätte er solche Gedanken niemals gehegt, doch nun schienen sie ihm gar nicht mehr so abwegig. Auch von seinem letzten Mädchen, Laura, hatte er sich verabschiedet. Seitdem er abends seltener wegging waren es zumindest weniger verschiedene Frauen gewesen. Von einer festen Beziehung mit Laura zu reden wäre sicherlich vermessen gewesen, aber immerhin waren sie nun schon seit über drei Wochen immer wieder zusammengewesen. Zwischendrin hatte er noch ein paar andere gehabt, sicher, aber Laura war die immer wiederkehrende Konstante in dieser Zeit. Doch auch das wäre nun vorbei. Er wusste es. Ob sie es wirklich verstanden hatte bezweifelte er noch. Aber immerhin hatte er sich gebührend verabschiedet von ihr. Letzte Nacht.

„Was stehst du da so rum, du Tagträumer? Wohl wieder eine lange Nacht gehabt?“
Willie antwortete ihr nicht. Was hätte er auch sagen sollen? Dass er Laura das schuldig gewesen war? Dass sie es nicht verdient gehabt hätte, sie ohne Weiteres sitzenzulassen? Wieder erwischte er sich bei einem Gedanken, der ihm vor wenigen Wochen sicher nicht gekommen wäre.
In dem Moment stupste Jayla ihn in die Seite und zwinkerte ihm zu. Er folgte ihr ins Haus. Es gab noch einiges auszubessern. Die Tür des Toilettenhäuschens im Garten ließ sich nicht verschließen. Wenn man draufsaß ging sie immer wieder auf. So hatte er letztes Mal die Tür zuhalten müssen, als Jayla dort ihr Geschäft verrichtete. Und das hatte ihn ja mal gar nicht angeturnt. Also schraubte er jetzt ein Schloss an. Auch der kleine „Badeschuppen“, wie sie ihn nannten, bedurfte seiner Arbeit. Es schien, als hätten sowohl das kleine Wassersilo als auch das Rohr in Richtung Badewanne im Laufe der Zeit etwas gelitten. Es gab also genug zu tun.
Nach einigen Stunden war er dann endlich mit allem fertig. Erschöpft und verdreckt ging er ins Haus. Er starrte einen Moment in die Küche, und dann zu Jayla, die dort ganz gemütlich mit einem zufriedenen Lächeln am Tisch saß. Er hätte es nicht für möglich gehalten, diese alte Küche wieder so auf Vordermann zu bringen. Und wie hübsch sie den Tisch gedeckt hatte. Er begann wirklich, sich hier wohlzufühlen.
„Da kommst du ja endlich, Herzchen. Ich dachte schon, du wärest ertrunken.“
„Na, wie du siehst lebe ich noch. Etwas dreckig vielleicht, aber...“
„Etwas? Du bist gut. Geh dich mal säubern, ich mache uns eben was zu essen.“
„Essen? Das ist gut. Ich habe einen Bärenhunger.“
„Was ja auch nicht verwunderlich ist. So verwöhnt wie du bist...“
„Was soll das denn schon wieder heißen?“
„Na da denk' mal drüber nach.“
„Nein, du sagst es mir jetzt!“

Jayla musterte ihn mit einem skeptischen, beinahe herabwürdigenden Blick.
„Wann musstest du schon je zu Hause mithelfen?“
„Was?! Wie oft ich früher stundenlang mit Papa im Garten stand und irgendwelche Sträucher geschnitten habe. Wie oft ich für Mama irgendwas in der Küche gemacht habe. Oder die Wäsche aufgehängt habe. Oder auf Tommey aufgepasst habe, oder...“
„Und wie lange ist das her? Das war früher einmal. Das war der William Trimboli, den ich damals kennengelernt habe. Und was ist aus dir geworden? In den letzten Jahren haben deine Eltern dir alle Freiheiten gegeben, dir alles sonstwohin geschoben. Du musstest nichts machen. Du hast ein Lotterleben sondergleichen geführt. Das Leben genossen, aber was hast du dafür getan?! Du hast dich wirklich sehr verändert, seitdem ich dich kennengelernt habe.“

Zwar war ihre Stimme ruhig und sachlich geblieben, doch hatte sie ihre innere Erregung keinesfalls verbergen können. Doch das war Willie gar nicht aufgefallen. Er war außer sich.
„Ja und warum bist du dann überhaupt hier?! Dann verschwinde doch endlich! Du sitzt ja eh nur dumm hier herum während ich mir da draußen einen abschufte!“
Er schrie sie förmlich an. Er sah, wie eine Träne ihr Gesicht hinabkullerte. Das hatte sie verdient. Er wusste, dass er im Recht war. Er drehte sich um und schlug die Gartentür hinter sich zu. Er war stinksauer, als er die Badewanne mit Wasser volllaufen ließ. Er ging nochmal aus dem Badeschuppen hinaus und lief eine Runde im Garten umher. Es war kalt geworden draußen. Seine Gedanken kühlten sich langsam ab. Als er den Schuppen wieder betrat zündete er sich eine Kerze an und legte sich in das erhitzte Wasser in der Badewanne. Es begann zu regnen. Die Tropfen pochten laut auf das Wellblechdach des Schuppens. Er dachte über Jaylas Worte nach. So im Unrecht war sie nicht gewesen. Ja, je mehr er darüber nachdachte, desto mehr musste er ihr am Ende Recht geben. Und doch fiel es ihm schwer, sich das einzugestehen. Noch schwerer aber fiel ihm das, was ihm nun bevorstand. Was hatte er nur wieder angestellt.

Als er das Haus wieder betrat saß Jayla am Küchentisch. Zwei wunderschön zubereitete Teller standen dort. Aber glücklich sah sie nicht aus. Ganz und gar nicht. Es war, als wollte sich sein Hals verschließen. Er brachte keine Worte hervor. Er ging langsam auf sie zu und versuchte sich zu fassen.
„Ent...schuldigung. Jayla. Es tut mir so leid. Du...“
„Schon ok.“

Sie guckte ihn traurig an. Nein, es war nicht ok. Da musste er jetzt durch.
„Nein, ich war ungerecht. Du hast das hier traumhaft schön gemacht. Wenn ich dich nicht hätte... Als ich vorhin ins Haus kam da fühlte ich mich zehnmal wohler als zuvor. Du bist wirklich die Beste. Bitte verzeih mir. Ich...“
Er kam nicht weiter. Sie stand auf, umarmte ihn, und küsste ihn dann auf den Mund. Das hatte sie noch nie gemacht. Sie umarmte ihn wieder und flüsterte ihm ins Ohr.
„Ist Schon gut. Ich war ja auch nicht gerade nett mit dir, nicht?“
Sie lehnte sich ein wenig zurück. Er hielt sie an der Hüfte. Sie lehnte sich noch weiter nach hinten und schaute ihn an. Eine kleine Träne kullerte ihr wunderschönes Gesicht hinab, doch sie konnte schon wieder lachen. Es war wirklich wieder alles gut. Noch einmal nahmen sie sich in die Arme. Dann setzten sie sich hin und ließen es sich schmecken.

Nach dem Essen legte Willie sich direkt in sein Bett. Morgen gäbe es noch genug zu tun. Jayla zog sich noch ihre Schlafsachen an. Sie mache das Licht aus. Dass sie ihm, bevor sie sich in ihr Bett legte, nicht gute Nacht sagte, beunruhigte ihn. War sie vielleicht doch noch sauer? Es hatte nicht so ausgesehen. War... Doch seine Bedenken lösten sich in Luft auf, als ihm eine Stimme plötzlich ins Ohr flüsterte:
„Komm, rutsch ein wenig.“
Sie kroch zu ihm unter die Decke und schmiegte ihren Rücke an ihn. Und ihren süßen Hintern. Er legte seinen rechten Arm über sie. Er ließ ihn zärtlich an ihr heruntergleiten. Als er ihren Bauch erreicht hatte hielt sie ihn fest und zog ihn langsam und sanft wieder nach oben. Sie hielt seine Hand in ihrer. Gemeinsam schliefen sie ein.

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Beitrag: # 6723035Beitrag Österreicher
22.7.2008 - 18:52

Ted Foster
August 2006
Wie ein Verbrecher

Er blickte in den Rückspiegel. Blaues Licht. Das musste die Polizei sein, dachte er und fuhr rechts ran. Zwei Officer stiegen aus dem Streifenwagen aus. Es war etwa 6 Uhr am Abend. Eine etwas ungewöhnliche Zeit für eine routinemäßige Polizeikontrolle. Er stellte den Motor ab und ließ die linke Scheibe hinunter. Der größere der beiden Officer war an seinem Fenster angelangt. „Steigen Sie bitte aus!“ Ted gehorchte dem Befehl und verließ sein Auto. Der zweite Officer hatte sich bis jetzt im Hintergrund gehalten. Nun schritt er an Ted heran und drückte ihn ans Auto. Auf einen Schlag kam Ted sich wie ein Verbrecher vor. Dann sprach der größere der beiden Officer wieder: „Sind Sie Ted Foster?“ Ted nickte und der Officer fuhr fort. „Mein Name ist Tom Richards. Ich bin der leitende Officer dieses Departments. Das ist mein Kollege Bobby Walters. Wir haben einen anonymen Anruf erhalten, dass sie verbotene Substanzen mit sich führen. Wir werden nun ihr Auto untersuchen.“ Mittlerweile war der kleinere der beiden Officer, Walters, damit fertig, Ted von Kopf bis Fuß zu untersuchen. „Nichts!“ murmelte er Richards zu.

Ted wusste nicht wie ihm geschah. Er war gerade auf dem Weg von einem Nachwuchsrennen nach Hause gewesen, als er hier plötzlich und ohne einen für ihn erklärlichen Grund angehalten wurde. Er brachte kein Wort heraus. Das war überhaupt nicht seine Art, doch seine Lippen waren wie zugenäht. Langsam bekam er etwas Angst. Erste Schweißperlen sammelten sich auf seiner Stirn und liefen ihm die Wangen herunter. Richards begann das Auto zu inspizieren, während Walters ihm nicht von der Stelle rückte. Erst suchte er vorne, dann auf der Rückbank. Er fand nichts außer einen kleine leere Tasche, in der Ted für gewöhnlich sein Essen aufbewahrte, wenn er zu irgendwelchen Rennen unterwegs war. Der Officer stieg aus dem Wagen aus. Sein Blick war etwas erbost als er Richtung Kofferraum ging. „Wieder eine Nullnummer!“ maulte er seinem Kollegen entgegen. Dieser nickte nur und richtete seinen Blick danach sofort wieder auf Ted. Der Kofferraum ging auf. Ted hatte dort nur sein Bike und seinen Erste-Hilfe-Koffer verstaut. Das glaubte er zumindest. Richards hob den Stoff auf, unter dem sich der Ersatzreifen befand. Er schmunzelte. Ted wusste nicht was das zu bedeuten hatte. „Da haben wir ja unser Päckchen!“ Er zeigte es Ted und Walters. Dieser lachte. „EPO. Gehe ich recht in der Annahme?“ Ted durchfuhr ein kalter Schauer. EPO? In seinem Auto? Wie konnte das sein? All diese Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Er sah sich das Päckchen genauer an. 5 oder 6 Ampullen mussten es sein. Ganz genau konnte er es auf diese Distanz nicht sagen. Richards kam näher an Ted heran. „Ist das ihr EPO?“ Sein EPO, die Frage war gut. Natürlich nicht, wie käme er auch dazu. „Nein!“ antwortete er prompt. „Das habe ich mir gedacht“, entgegnete ihm Richards „aber das sollte Sie sich noch einmal überlegen, ob sie das auch noch auf dem Revier sagen.“

Richards grinste siegessicher und stieg in den Wagen ein. Walters der die ganze Zeit über geschwiegen hatte, öffnete nun die Hintertür und drückte Ted, wie für die Polizei üblich am Kopf, in den Streifenwagen hinein. Dann stieg er auf der anderen Seite des Wagens ein. Ted nahm das alles nur mehr bedingt war. In Gedanken ging er den Tag noch einmal durch. Wie wäre er zu EPO gekommen. Unmöglich, jemand musste es ihm untergejubelt haben. Er blickte nach vorne. Senk- und waagrechte Stäbe versperrten ihm die Sicht. In Kürze würden sie das Polizeirevier erreicht haben. Er kannte es, oft war er an dem abschreckend wirkenden Gebäude vorbei gefahren. Selten hatte er es betreten, nur wenn es unbedingt notwendig gewesen war. Es widerte ihn an. Doch nun würde er in kurzer Zeit als Straftäter in eben diesem Gebäude sitzen und über seine Vergangenheit aussagen müssen, um damit seine Zukunft zu retten. Man hatte ihn in Gewahrsam genommen. Er dachte er würde träumen. Zwicken!, schoss es ihm durch den Kopf. Doch es ging nicht. Die Handschellen an seinen Gelenken hinderten ihn daran. Er war machtlos. Geschlagen ließ er sich in den Sitz zurückfallen und wartete die Ankunft ab. Denn was sollte er anderes tun. Heute war gelaufen, er war ein Verbrecher, doch was würde morgen kommen?
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DanyHilarious
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sciby
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22.7.2008 - 19:57

Die Tat, die alles verändern mag

Rrrrrring rrrrring rrrrring. Die Türschelle weckte mich. Ich sprang auf, schaute kurz auf die Uhr, 22, und rannte zur Türe. Ohne durch den Türspion zu sehen, öffnete ich sie. Ich hatte keinerlei Vorahnung, wer es sein könnte. Sofort fiel sie mir in die Arme. Es war Sara. Ich umarmte sie fest. Sie flüsterte mir ins Ohr:
„Ich habe von Marius gehört. Eine schreckliche Sache. Dein Trainer hat mir gesagt, du könntest jetzt Unterstützung gebrauchen.“
„Ja. Das kann ich. Danke, dass du gekommen bist. Komm doch bitte rein.“

Sie war wieder da. Sie kam zurück zu mir. Ich folgte ihr ins Wohnzimmer und wir setzten uns auf die Couch. Wir schauten uns lange Zeit ohne Wort an. Ich betrachtete ihr wundervolles süßes Gesicht. Ein Traum.
„Em achja. Willst du etwas trinken?“
Ich war ein wenig durchgewühlt und vergaß ganz, sie vernünftig zu begrüßen, und holte dann zwei Gläser und eine Flasche Wasser. Sie lächelte mir zu, als ich ihr das Glas hinstellte.
„Möchtest du darüber sprechen?“
„Ich weiß nicht. Eigentlich möchte ich am liebsten die Operation abwarten. Frank wollte mich anrufen, wenn er aus dem OP ist.“
„Okay. Ich hoffe, dass er schnell wieder gesund wird und es nicht ganz so schlimm ist.“
„Ja, das hoffe ich auch. Und du bist jetzt wieder zurück zu mir gekommen?“
„Ich dachte, ein wenig Unterstützung würde dir gut tun.“
„Das ist nett von dir. Aber war das der einzige Grund?“
„…Wenn ich ehrlich bin: Nein. Ich wollte schon immer wieder zu dir zurückkommen. Ich habe einen großen Fehler gemacht. Es tut mir so Leid. Mir ist damals alles über den Kopf gestiegen, doch ich habe eingesehen, dass es Schwachsinn war und du immer für mich da gewesen wärst. Ich habe dich so vermisst, doch habe mich nie aufraffen können, zu dir zurückzukehren und habe auf die richtige Situation gewartet. Als dein Trainer mich dann anrief, wusste ich, dass es jetzt Zeit dafür wäre. Ich dachte mir, ich könne dich ein wenig auf andere Gedanken bringen…“

Wir rutschten näher aneinander und schließlich küssten wir uns. Ich konnte sagen, wir sind wieder zusammen. Es war leidenschaftlicher denn je. Sie flüsterte mir ins Ohr, ob wir nicht ins Schlafzimmer wechseln sollten und nachdem wir noch einige Zeit weiterküssten, gingen wir zusammen ins Schlafzimmer.


Es war die beste Nacht meines Lebens. Es war besser als je zuvor in unserer Beziehung. Wir blieben noch bis 10 Uhr im Bett liegen, bis Sara mich fragte, ob ich heute nicht arbeiten müsse. Sofort sprang ich auf. Ich hätte es noch locker geschafft, doch dann sagte Sara mir, dass ich doch anrufen könne und ihnen sage, was passiert ist. Die Idee war klasse und so teilte ich meinem Chef mit, dass Marius, ein guter Freund und Teamkollege, gestern schwer gestürzt ist und operiert wurde. Glücklicherweise hatte er dafür Verständnis und gab mir sogar noch den morgigen Dienstag frei.
„Möchtest du etwas frühstücken?“
„Ich würde viel lieber dich frühstücken.“

Ich legte mich wieder neben Sara und sie rollten sich auf mich. Doch dann wurden wir unterbrochen. Das Telefon klingelte.
„Willst du rangehen?“
„Eigentlich blüht mir hier ja was besseres, aber ich glaube, es ist Frank.“

Ich ging also ran und es war, wie erwartet, Frank.
„René?“
„Ja, ich bin’s.“
„Wo warst du? Ich habe dich die halbe Nacht über versucht zu erreichen.“
„Entschuldigung. Sara war hier…“
„Achso. Ja dann ist ja klar, aber ich habe seit 23 Uhr immer wieder versucht, dich anzurufen.“
„Ich habe das Telefon wohl nicht gehört. Wir hatten eine tolle Nacht.“
„Das freut mich für dich.“
„Aber jetzt zu Marius. Was ist mit ihm?“
„Er wurde gestern noch mehrere Stunden operiert. Er hat eine Schädelfraktur und eine größere Platzwunde. Glücklicherweise haben sich die Hirnblutungen nicht bestätigt. Seine Schädeldecke ist allerdings gebrochen und er muss nun eine Zeit lang eine Stabilisierungshelm tragen.“
„Ist er wach? Kann ich ihn besuchen?“
„Nein. Er liegt noch in einer Art Koma und wird erst heute Abend aufwachen. Besuch darf er erst ab morgen früh empfangen. Ich denke, du solltest seine Eltern mal kontaktieren, wenn du ihn besuchen willst.“
„Okay. Also wird er schnell wieder gesund?“
„Schnell nicht, aber gesund schon. Diesen Helm muss er nun solange tragen, bis die Schädeldecke wieder einigermaßen zusammengewachsen ist. Die Ärzte meinen, dass dies mindestens ein bis zwei Monate dauern wird. Diese Zeit muss er auch im Krankenhaus bleiben. Danach kann er zwar nach Hause, aber Sport wird er nicht mehr betreiben können.“
„Was? Ein bis zwei Monate im Krankenhaus und kein Sport mehr? Das kann nicht wahr sein.“
„Doch leider schon. Doch erst einmal ist es wichtig, dass er vollkommen gesund wird. Ich werde jetzt allen anderen im Verein Bescheid sagen. Das mag ich nicht, aber ich muss es ihnen mitteilen.“
„Okay. Wir sehen uns.“

Ich setzte mich auf einen Stuhl. Der Traum von Marius, Radprofi zu werden, war beendet. Er hat eine schwerwiegende Verletzung und wird lange Zeit brauchen, um wieder gesund zu werden. Sein Leben hat sich von einer auf die andere Minute komplett verändert. Er wird nie mehr so leben, wie vorher. Sara kam zu mir und ich sagte ihr, was mit Marius ist. Ich musste den Kopf frei bekommen und so fragte ich Sara, ob ich etwas mit dem Rennrad fahren könne. Sie sagte ja und hatte die grandiose Idee, dass sie etwas Leckeres kocht und wir dann zusammen etwas essen, wenn ich wiederkomme.
Also machte ich mich auf und fuhr ca. 50km rund um Bremen. Ich haute richtig rein und fuhr mir meinen ganzen Frust aus dem Bauch. Ich hatte meinen Tacho vergessen, doch ich fuhr schneller als je zuvor. Ich fuhr schnell und bremste nie, wenn ich es nicht musste. Außerdem fuhr nicht vorsichtiger als sonst. Ich habe nie aufgehört zu treten und am Ende war ich kaum ausgepowert. Ich hatte das Gefühl, dass ich durchschnittlich 50km/h gefahren bin, doch es konnte auch sein, dass ich mich getäuscht habe.
Wieder zu Hause wurde ich herzlich von Sara empfangen. Es duftete schon im Treppenhaus. Nicht nur ich konnte gut kochen, nein sie war teilweise sogar besser. Ihre Gerichte waren wunderbar. Sie hatte leckeren Zander auf einer Kartoffel-Paprika Soße mit einem schmackhaften Schokopudding als Nachtisch gemacht. Es schmeckte hinreißend. Nach dem Essen bedankte ich mich bei Sara und sagte ihr, dass sie im Bett auf mich warten solle und ich in der Zeit das Geschirr spüle.
Unsere liebe war neu entfacht. Es war traumhaft. Wir waren bis 18 Uhr zusammen im Bett und verwöhnten uns gegenseitig. Danach rief ich Marius’ Eltern an. Ich vertröstete sie und sagte ihnen, dass alles wieder in Ordnung und Marius gesund wird. Außerdem fragte ich, ob ich ihn mal besuchen könne. Sie sagten mir, dass sie selbst gleich erst zu ihm fahren werden und ich sicherlich morgen Mittag ihn besuchen könnte. Danach überlegte ich, was ich mit Sara noch machen könnte und so fragte ich sie, ob wir ins Kino gehen sollen. Sie stimmte zu und so gingen wir in einen romantischen Liebesfilm. So Filme sind zwar nicht gerade mein Ding, aber ich wusste, dass Sara total auf so etwas steht. Viel vom Film bekam ich sowieso nicht mit. Ich war viel zu sehr mit Sara beschäftigt…
Ex-Profi Cédric Vasseur via Twitter: "Der Radsport wurde wieder einmal vor der ganzen Welt lächerlich gemacht...Bravo!!!"

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Grabba
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23.7.2008 - 0:19

Kraft des Geistes, Herzensfeuer

Es folgten die harten Wochen und Monate der Entbehrungen. Training, Training und noch mehr Training. Anfang Oktober, mit Beginn des Sommers, war er zu Hause ausgezogen. Die ersten Tage waren ihm unendlich schwer gefallen. Mitten in der Nacht hatte er bei Jayla angerufen, um sich die Einsamkeit zu vertreiben. Sie hatte sogar Verständnis dafür gefunden. Am nächsten Tag hatte er sich die Seele aus dem Leib gefahren, und so machte er es an jedem weiteren Tag. Die Einsamkeit war nicht mehr so unerträglich. Am ersten Wochenende hatte Jayla ihn besucht. Auch das hatte geholfen. Und so gewöhnte er sich langsam an sein einsames Leben.
Am folgenden Donnerstag war sein Geburtstag. Zum ersten Mal alleine. Alleine, weil er es so haben wollte. Auch da musste er durch. Früher waren ihm diese Tage immer gleichgültig gewesen. Wie seine Familie sie für ihn feierte, wie alle um ihn herum waren. Es hatte ihn fast schon genervt. Einzig und allein die abendlichen Partys versüßten ihm die Geburtstage. Nicht nur, dass er noch mehr als sonst im Mittelpunkt stand. Es lief an solchen Abenden einfach alles noch besser. Er war noch sicherer, noch überlegener, noch anziehender. Das gefiel ihm jedes Jahr aufs Neue.
Aber das war es nicht, was er in diesem Jahr vermisste. Er vermisste genau das, was er sich sonst immer am liebsten weggewünscht hätte – die gemeinsame Zeit mit der Familie, das schöne Beisammensein mit den Eltern und Geschwistern. Überhaupt hatte sich in dieser Hinsicht viel verändert. Seitdem festgestanden hatte, dass er bald ausziehen würde, war er den Eltern wieder viel näher gekommen. Er hatte angefangen zu realisieren, was er an ihnen hatte, und er hatte gemerkt, wie sehr er sie doch liebte. Man hatte wieder miteinander geredet, manchmal ganze Abende beisammengesessen. Noch vor einem halben Jahr wäre das undenkbar gewesen. Und er begann zu akzeptieren, dass es nicht seine Eltern waren, die ihn nicht verstanden hatten, sondern dass er selbst der Unverständige gewesen war. Noch war er nicht so weit, das endgültig einzusehen, aber er war auf dem besten Weg dazu. Er konnte offener mit ihnen umgehen, sie auch an seinem Leben, an seinen Gedanken und seinen Problemen teilhaben lassen. Dass dies der richtige Weg war, dass es ihm gut tat, das hatte er begriffen. Und er hatte die Familie wieder liebgewonnen. Wirklich liebgewonnen. Die Eltern fehlten ihm. Auch jetzt noch.

Doch rückblickend waren die ersten elf Monate nach seinem Auszug die besten seines Lebens gewesen. Er hatte sich endgültig von seinem alten Lebensstil verabschiedet. Verabschieden können. Tag für Tag leistete er Neues im Training. Und er spürte richtig, wie er in Riesenschritten vorankam. Für ihn gab es nichts Anderes als den Radsport. Er trainierte auf dem Rad, er trainierte im eigens eingerichteten kleinen Kraftraum, oder bestieg die Südalpen und unterzog sich noch ganz anderen Härtetests. Neben dem aktiven Fahren schrieb er sich Ernährungs- und Trainingspläne, verfolgte seinen Leistungsstand und seine Fortschritte akribisch in Tabellen und Graphen, die er sich in mühevoller Arbeit an seinem Computer anlegte. Und wenn dann noch Zeit blieb, dann schaute er in den Nächten auch manchmal Radrennen, die aus Europa übertragen wurden. Wenn diese vorbei waren graute meist schon der Morgen, was er zu einer Runde mit dem Rennrad benutzte, bevor er den Schlaf der Nacht nacholte. Nie zuvor war er so zufrieden gewesen, hatte so im Einklang mit sich selbst gestanden. Jeden Abend fiel er ins Bett und wusste, was er am Tag geleistet hatte. Und immer freute er sich auf den nächsten.

Sein früheres Leben fehlte ihm wenig. Natürlich vermisste er die Abende mit den Freunden und auch die schönen Frauen. Aber es gab auch Dinge, die ihn nachdenklich stimmten. Seitdem klar war, dass er so schnell nicht zurückkommen würde, hatte er von seinen Freunden nichts mehr gehört. Gar nichts. Niemand war ihn je besuchen gekommen. Er hatte nie auf Jayla oder seine Schwester hören wollen, und auf seine Eltern schon gar nicht, die ihm alle immer genau das prophezeit hatten, was nun für ihn selbst zur Gewissheit wurde: Echte Freunde hatte er nicht gehabt, sondern nur diejenigen, die sich um ihn scharten, weil sie den eigenen Vorteil darin sahen. Doch er hatte daraus gelernt. Sobald er weltweiten Erfolg als Radprofi hätte würde er keine Profiteure dulden, die sich einzig und allein im Glanze seines Ruhmes sonnen und sich bei Misserfolgen von ihm abwenden würden. Er wusste mittlerweile, wem er vertrauen konnte und wem nicht.
Auch seine nächtlichen Liebschaften fehlten ihm gelegentlich. Zu Anfang seiner Zeit im Arthur’s Pass Village waren gelegentlich Mädchen mit ihren Familien in den Ferienhäusern oder bei ihren Großeltern, die hier lebten, zu Besuch in der Ansiedlung gewesen. Natürlich hatte er diese Chancen genutzt. Alle. Doch dann, gegen Ende des Sommers, als er ein knappes halbes Jahr hier gewohnt hatte, geriet er auch in dieser Hinsicht an sich selbst ins Zweifeln. Er war gerade viele Stunden mit dem Rennrad auf seiner härtesten Runde unterwegs gewesen und kam völlig erschöpft durch das Dorf gefahren. Da sah er an einem Auto ein Mädchen stehen, wie er selten eins gesehen hatte. Sie lud gerade ihren Koffer aus und musterte ihn mit einem geringschätzigen Blick, wie er in seinen dreckigen Radleranzug völlig ausgelaugt an ihr vorbeifuhr. Als er sie eine Stunde später, gewaschen, gestylt und mit seinen besten Klamotten, ansprach war sie wie ausgewechselt und verfiel ihm ohne jedes Wenn und Aber. Es schien fast, als sehe sie in ihm eine andere Person als jene, die vorhin an ihr vorbeigeradelt war.
Dass auch sein Stil zu seinem Erfolg beitrug war ihm schon immer bewusst gewesen, aber dass es so bedeutend war? Dass es nur sein Äußeres war, auf das man Wert legte? Oder war es sein selbstbewusstes Auftreten, das er fremden Mädchen gegenüber stets zeigte? Wenn er ein Mädchen ansprach, so zweifelte er zu keiner Zeit am Erfolg. Ob es das war, was ihn unwiderstehlich machte? Doch bei allem Nachdenken wurde es ihm zur Gewissheit, dass die Mädchen nicht den Menschen Willie Trimboli, der er war, liebten, sondern dass es Äußerlichkeiten waren, sein Aussehen und Stil, seine Art, sein Auftreten, die die Frauen faszinierten. Wer oder was er wirklich war schien irrelevant. Er grübelte viel und intensiv und war in jener Nacht wohl nur wenig bei der Sache. Am nächsten Morgen ging sie ohne große Worte. Das nervte ihn tierisch. Um sich abzureagieren fuhr er wieder. Und er bemerkte, dass ihm das weitaus größere Befriedigung bereitete als die Nacht zuvor. Zwar nutzte er auch in der Folge noch die wenigen Chancen, die sich ihm boten, doch sogar dieser Aspekt seines Lebens hatte an Bedeutung verloren. Auch und vor allem, weil er langsam aber sicher einzusehen begann, dass dies nicht alles sein konnte.

Als er nach einigen Monaten harten, intensiven und effektiven Trainings in der Einsamkeit einige Rennen bestritt konnte er den Erfolg seiner Bemühungen deutlich erkennen. Er war bereits jetzt einer der besten Radsportler Neuseelands geworden. Vielleicht der beste überhaupt, neben Julian Dean. Und genau den galt es in einigen Monaten bei den Meisterschaften zu schlagen, und sich so für Europa zu empfehlen. Er setzte sein Training fort, so wie bisher, doch mit noch größerer Intensität. Pausen gönnte er sich selten.
Auch Jayla hatte seine Fortschritte bemerkt. Zwar verstand sie wenig davon, doch wenn sie ihn gelgentlich bei den Rennen begleitete merkte sie, dass er mental ganz anders an die Sachen heranging. Seine Coolness war nicht mehr nur wie früher eine Maske, hinter der sich ein nervöser Junge verbarg, sondern sie war echt. Er wusste um seine enorme Stärke. Und was sie auch sehen konnte waren die Ergebnisse: Nicht nur, dass er fast immer gewann. Das war früher auch schon so gewesen, wenngleich nicht in dieser Häufigkeit. Es war die Art und Weise, wie er gewann. Entweder er kam mit riesigem Vorsprung vor allen anderen an. Oder er setzte sich einige Hundert Meter vor dem Ziel vom Rest ab, der ihn dann nichtmehr zurückholen konnte. Solche Kunststücke gelangen nur ihm. Er fuhr wirklich außergewöhnlich, das sah auch sie.
Auch ihr gegenüber trat er selbstbewusster auf, als das früher der Fall gewesen war. Sie hatte sich schon oft darüber gewundert. Bei anderen Mädchen, und überhaupt im Umgang mit anderen Menschen, zeigte er niemals Selbstzweifel, strahlte dabei eine ungeheure Autorität und Anziehungskraft aus, wirkte polarisierend. Viele folgten ihm automatisch, ohne zu fragen, warum. Ob diese Selbstsicherheit echt war, aus seinem Inneren herauskam, oder vielleicht doch zumindest zum Teil nur geschickt zur Schau getragen war, das hatte sie noch nicht ergründen können. Doch was sie noch weniger verstand war, dass er ihr gegenüber so offen, ja beinahe hilfsbedürftig war. Warum war er in ihrer Gegenwart, beziehungsweise vielmehr wenn sie beide allein waren, so anders? Eine plausible Erklärung hatte sie noch nicht gefunden.
Doch auch in dieser Hinsicht war Willie gewachsen. Auch ihr gegenüber trat er nun deutlich sicherer auf. Ob sie Gefallen daran finden sollte wusste sie noch nicht.

Auf Willies ersten Sommer im Gebirge war ein extremer Winter gefolgt. Zumindest hatte er ihn als solchen empfunden. Noch nie hatte er etwas Ähnliches erlebt. In den Alpen kam er mit seiner gesamten Kraft und Härte. Er trainierte. Nach wie vor. Wie ein Besessener. Doch er tat auch Anderes, und wagte dabei vielleicht sogar sein Leben, wenn er teils Nächte ganz alleine im Gebirge verbrachte, nur um sich abzuhärten. Doch er wusste, dass er nur durch diese Wagnisse erfolgreich würde sein können. Und Erfolg müsste er haben, denn nach dem Winter blieben ihm noch drei Monate, um sich voll und ganz auf die nationalen Meisterschaften vorzubereiten.
Ein Sieg gegen Julian Dean und den Rest von Neuseeland würde ihn in ein europäisches Team bringen. Dessen war er sich sicher. Dass er früher oder später in einem solchen landen würde stand sowieso außer Frage. Es ging nur darum, dieses Ziel so früh wie möglich zu erreichen. Und das sollte im Januar 2007 geschehen. Er war bereit.

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23.7.2008 - 18:14

Ted Foster
August 2006
Columbus

Er nahm alles nur mehr bedingt war. Es war ihm auch einfach egal. Er hatte abgeschlossen. Doping war das Letzte, mit dem er in Verbindung gebracht werden wollte.
Angekommen am Polizeirevier wurden ihm zuerst seine Rechte erklärt. Er kannte diese Prozedur aus vielen Filmen. Doch er hätte nie gedacht, dass ihm diese „Ehre“ jemals zuteil werden sollte. Der anonyme Anrufer hatte auch über möglicherweise von Ted gedopte Fahrer gesprochen. Doch auch das ließ ihn kalt. Er hatte bereits seinen Schlussstrich gezogen. Er wusste, dass er keine Fehler gemacht hatte.

Die Fragen prasselten wie Fäuste auf ihn ein. Von Antwort zu Antwort sah er sich mehr und mehr gedemütigt. Dann war es plötzlich vorbei. Er vermutete, dass es auch Officer Richards genug war. Er begleitete Ted zur Tür und zeigte dort auf die gegenüberliegende Straßenseite. Es war bereits dunkel, aber Ted konnte seinen Wagen ausmachen. Gemeinsam überquerten sie die Straße. Wieder ging Richards zum Kofferraum. Eine kleine Beule am unteren Ende des Kofferraums war auszumachen. Richards fragte Ted, ob er das gewesen sei. Ted verneinte die Frage. Ohne ein weiteres Wort zu sagen verabschiedete sich Officer Richards von Ted.

Er begann nun wieder zu überlegen. Doch insgeheim war seine Entscheidung schon gefallen. Dessen war er sich selbst aber noch nicht ganz klar. Er fuhr nicht nach Hause, dort wollte er nicht hin. Nein, er entschied sich in sein Stammpub zu gehen. Zum vermutlich letzten Mal. Verstreut saßen noch einige Leute. Doch es war ruhig. Das war Ted im Moment wichtig. Er ging zur Theke und bestellte ein Bier, dann ließ er sich in einen der Hocker fallen. Er wollte niemand sehen und verlor sich in seinem plötzlich aufkeimenden Hass über Gott und die Welt. Er fühlte sich verraten. Er würde Jacksonville verlassen, das wurde ihm mehr und mehr klar. Kein leichter Zeitgenoss war er gewesen, dass wusste er. Doch er war niemals hinterhältig oder falsch gewesen. Aber in genau diesem Licht stand er momentan da. Nachdem er sein Bier getrunken hatte, bezahlte er, und verließ ohne sich zu verabschieden das Pub. Er stieg wieder in seinen Wagen und fuhr nach Hause.

Dort angekommen ließ er sich in seine Couch fallen. Er überlegte wo er hinsollte. Viele Orte gingen ihm durch den Kopf. Immer schon war er ein Weltenbummler gewesen. Das machte ihn zu dem der er heute war. Kenntnisse wie kein Zweiter in den USA hatte er im englischsprachigen Radsport. Auch bedingt durch seine Arbeit, das war ihm klar. Im Moment noch arbeitete er als Scout für die US Cycling Development Foundation, dessen Chef kein geringerer als Lance Armstrong war. Zudem hatte er aber kaum Kontakt gehabt. Er hatte es aber nicht darauf angelegt. Natürlich war Armstrong auch für ihn ein Mensch wie kein Zweiter gewesen, doch seine Konzentration galt den jungen aufstrebenden Profi- und Amateurcracks, und nicht den Vollprofis wie Armstrong oder Hincapie. Sein Leben hatte er der Nachwuchsforschung gewidmet, und er war gut darin gewesen.
Doch er wollte sein Leben neu beginnen. Dann, plötzlich fiel im ein Ort ein. Keinen anderen wollte er plötzlich mehr mit seiner Anwesenheit beehren. Columbus. Sein Geburts- und Heimatort. Ein schöner Gedanke. Der einzige am heutigen Abend. Seine Kindheit hatte er dort verbracht, ehe er als Scout quer durch die USA gezogen war. Doch er brauchte eine neue Aufgabe. Er liebte seinen Job, doch er liebte auch die Freiheit. Und diese hatte er in den vergangenen Jahren mehr und mehr verloren. Und nun war er kurz davor sie für immer zu verlieren. Nachdem er sich wieder einigermaßen gesammelt hatte stand er auf und ging in sein Schlafzimmer. Er setzte sich auf seine Bettkante. Sein Anrufbeantworter fiel ihm ins Auge. Er drückte auf die Replay-Taste.
„Sie haben eine neue Nachricht: Sonntag 6. August 2006, 18:10.“ Er hörte die Nachricht ab. Kurz bevor er sich ins Bett fallen ließ, nahm er sich vor, morgen zurückzurufen. Seine Augen waren schwer. Ein einziges Mal öffnete er noch die Augen und blickte auf die Uhr: 7. August 2006, 0:23. Es war der Tag der alles verändern sollte.
Zuletzt geändert von Österreicher am 30.7.2008 - 0:56, insgesamt 1-mal geändert.
DanyHilarious
Bananen Sind Kalt. Echt?!.

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Beitrag: # 6723807Beitrag Grabba
23.7.2008 - 22:24

Meisterschaften und zerstörte Träume

Die neuseeländischen Meisterschaften waren ein famoses Rennen gewesen. Sein Rennen. Es hatte zwei Fahrer gegeben, die in ihrer eigenen Liga gefahren waren. Ihn und Julian Dean. 30 Kilometer vor dem Ziel hatte er sich mit seinem stärksten Antritt aus dem stark geschrumpften Feld gelöst. Dean musste ihn beobachtet und gefürchtet haben, denn der Star ging selbst mit. Schon nach wenigen Minuten war der Rest der Gruppe für den Tag geschlagen. Es ging nun nur noch zwischen Dean und Trimboli. Und Willie machte seinem Kontrahenten das Leben schwer. Er setzte Attacke um Attacke. Griff immer wieder an. Versuchte, Dean zu zermürben. Doch dieser spielte seine gnze Routine aus. Er hielt das Hinterrad des ungestümen Nachwuchsfahrers und schlug diesen im Zielsprint, wenngleich knapp. Nach dem Ziel brach Dean fast zusammen. Willie hielt sich auf den Beinen und versuchte Ruhe und Kraft auszustrahlen, doch auch er war am Ende.
Er hatte zwar nicht gewonnen, doch er hatte Dean gefordert. Bis aufs Äußerste. Er war zufrieden mit sich. Das schönere der beiden Kussmädchen von der Siegerehrung durfte die Nacht in seinem Hotelzimmer verbringen. Entscheidend war jedoch der Vertrag, den man ihm anbot. Es war zwar nur ein recht unbekanntes europäisches Continental-Team, doch es war das einzige Angebot. Er nahm es freudestrahlend an. Und fuhr bereits einen Monat später seine ersten Rennen in Europa.

Das folgende halbe Jahr wurde das schrecklichste seines Lebens. Er war im Team ein Helfer, und anstatt für seine tolle Arbeit mit Lob bedacht zu werden stauchte man ihn zusammen, weil er nicht 100 Kilometer lang alleine alle Ausreißversuche vereitelt hatte. Und nicht nur die Manager, sondern auch die alten Fahrer, die Kapitäne des Teams, die ihr Zenit längst überschritten hatten, dankten ihm nicht sondern ließen ihren Unmut über die eigenen Schwächen an ihm aus. Wenn immer er gute Chancen in Rennen hatte musste er diese begraben, da er für die greisen Kapitäne zurückbleiben musste. Diese waren die Lieblinge der Sponsoren; er hingegen zählte nichts, und seine Bezahlung ähnelte der eines Bettlers. Und auch das Training lief in Europa bei weitem nicht mehr so rund wie noch in der neuseeländischen Heimat. Doch was sollte er machen? Er musste das aushalten, in der Hoffnung, im nächsten Jahr bei einem anderen Team unter Vertrag genommen zu werden. So ging es Woche um Woche, Monat um Monat. Er fühlte sich immer schlechter. Auch sein Selbstwertgefühl begann zu schrumpfen. Massiv. Es fiel ihm schwer, Ablenkung zu finden. War er in Neuseeland nur darum bemüht gewesen, sich voll und ganz auf sein Training zu fokussieren, so wollte er in Europa nur noch eines: Zerstreuung. Doch er fand sie nicht.
Immer wieder quälte er sich für die anderen. Immer wieder wurden ihm die eigenen Chancen geraubt. Nie wurde ihm gedankt. Er nahm es ruhig hin. Ohne Wiederrede. Vielleicht war das sein Fehler gewesen? Doch auch das Ende seiner Geduld war irgendwann erreicht. Es war im Juli, während parallel die Tour de France lief. Sein Team fuhr bei einer kleinen, ziemlich unbedeutenden Rundfahrt. Es war die entscheidende Etappe. An den Tagen zuvor hatte er sich aufreiben müssen. Heute sollte er erneut das Bauernopfer spielen und wurde in die Gruppe des Tages geschickt. 25 Kilometer vor dem Ziel hatte er alle seine einstigen Begleiter um über zwei Minuten distanziert und war so weit vor dem Hauptfeld, dass ihm der Sieg nicht mehr zu nehmen war. Auf dem selektiven Kurs folgten im Feld die Attacken der Favoriten. Ihn würden sie auf keinen Fall mehr erreichen können, das war klar. Doch es folgte die schockierende Order: Sein Kapitän konnte erneut die Erwartungen nicht erfüllen, das Tempo nicht halten, und nun sollte er den Etappen- und Rundfahrtsieg aufgeben und sich zurückfallen lassen. Er riss die Stöpsel aus dem Ohr. Selbstverständlich fuhr kein Teamwagen bei ihm in der Ausreißergruppe. Zum ersten Mal war er froh darüber. Andernfalls wäre er wohl ausgestiegen und hätte erstmals in seinem Leben einen Menschen verprügelt – seinen sportlichen Leiter. Doch es war kein Fahrzeug da.
Und so fuhr er weiter und mit großem Vorsprung ins Ziel. Es war ein grandioser Sieg. Am selben Abend entließ ihn sein Team fristlos. Er war erleichtert. Und doch wollte man ihm den Rundfahrtsieg rauben, denn ohne Team durfte er am nächsten Tag nicht starten. Er diskutierte seine Situation mit den Veranstaltern der Rundfahrt. Man gewährte ihm Gnade. Er dürfte als teamloser Fahrer starten. Seine ehemalige Mannschaft versuchte nächsten Tag, ihn mit pausenlosen Angriffen aus dem Trikot zu fahren. Doch er konnte standhalten. Auch, weil andere sich für ihn einsetzten und für ihn fuhren. Man hatte von seinem Schicksal erfahren und Anteil daran genommen. Trotzdem musste er Attacke um Attacke abwehren. Nach dem Rennen war er noch erschöpfter als damals bei den neuseeländischen Meisterschaften. Dieser Tag war der schlimmste seiner Karriere gewesen. Und doch auch der glücklichste. Nach der Ehrung zum Gesamtsieger der Rundfahrt bedankte er sich noch einmal bei den Veranstaltern und saß wenige Stunden später im Flugzeug.

Zurück in Neuseeland wusste er, dass es nur eine Sache gab, die er jetzt bräuchte: Eine Pause. Es war Ende Juli, und der Winter wich langsam dem Frühling. Er verbrachte drei Wochen zu Hause. Er war noch nie zuvor so frustriert gewesen. Parties, Alkohol und Frauen. Das war wieder ganz sein altes Leben. Doch es war ihm egal. Er wollte nichts mehr vom Radsport wissen. Wann immer irgendwer darauf zu sprechen kam verlor Willie die Beherrschung, geriet außer sich vor Zorn. Trainieren? Wozu noch! Er hatte Radprofi in Europa werden wollen. Er war gescheitert, weil er sich nicht hatte durchbeißen können. Weil er sich von anderen hatte niedermachen lassen. Weil er nicht die Kraft gehabt hatte, standzuhalten. Weil er nicht den Mut gehabt hatte, sich nach seinem Rundfahrtsieg in Europa alleine weiter durchzukämpfen. Kurzum: Weil er versagt hatte.
Was hätte es für ihn noch zu tun gegeben? Das vorangegangene halbe Jahr der dauerhaften Unterdrückung und der daraus resultierenden Erfolglosigkeit und Selbstzweifel hatte ihn zerstört. Er wollte sich davon erholen, um dann ein neues Leben zu beginnen. Irgendwann. Dass er dabei immer weiter abrutschte, immer tiefer im Sumpf von Alkohol und Drogen versank, dass er mit der Zeit ein richtiges Wrack wurde – das konnte er selbst nicht merken. Und niemand konnte es ihm sagen, denn er ließ keinen Menschen an sich heran. Dafür hatte er noch immer zu viel Stolz, zu viel Ehrgefühl. Es war seine Sache. Er würde das schon alleine durchstehen. Er würde es ihnen schon allen zeigen. Es würde schon alles wieder werden. Irgendwann. Er brauchte nur Zeit, Ruhe und Distanz. Ja, sie würden schon sehen.
Was wirklich mit ihm geschah bemerkte er nicht. Er suchte nach Halt, doch er fand ihn nicht. Ein weiterer Schritt, und er würde fallen, tief und immer tiefer, ins Bodenlose. Er nahm es nicht war und suchte blind nach Licht. Doch alles war dunkel. Er stand am Abgrund.

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Beitrag: # 6723855Beitrag Österreicher
24.7.2008 - 0:08

Ted Foster
August - Dezember 2006
Frei, und ohne Bindung

Es war der schlimmste Tag seines Lebens gewesen. Nie wieder wollte er an diesen Tag zurückdenken. Das hatte er sich vorgenommen. Doch so einfach ging es nicht. Bereits am Tag danach wurde er wieder von der Realität eingeholt. So sehr hatte er sich gewünscht, einfach aufzuwachen und festzustellen, dass das alles nur ein böser Traum gewesen war.
Bereits um kurz vor 8 Uhr hatte sein Telefon geläutet. Es war seine Freundin Beth Vialpando gewesen. Sie wollte Ted mitteilen, dass sie sich heute Abend in Jacksonville treffen würden. Beth Vialpando war die Leiterin der Nachwuchsabteilung der USCDF für den südlichen Raum der USA. Ted sollte seinen Bericht zum gestrigen Rennen abgeben. Doch es würde nicht mehr dazu kommen. Nach einem kurzen klärenden Gespräch kündigte Ted. Beth konnte nicht nein sagen. Ted hatte sich endgültig entschlossen alles hinter sich zu lassen. Er wollte neu anfangen. Beth verstand zuerst nicht. Vielleicht wollte sie es auch nicht verstehen. „Ich werde alles möglich tun, um dich aus dem Schlamassel rauszuholen.“ Dieser Satz setzte sich für immer in Teds Kopf fest. Doch das wollte er nicht.

Noch in derselben Stunde erhielt er einen Anruf von der Officer Richards. Dieser meinte, er hätte Glück gehabt. Keiner der Fahrer war positiv getestet worden. Doch auch das war nur mehr nebensächlich. Langsam begriff er, dass er immer weiter in den Strudel hineingekommen war. Sein Leben war zur Nebensache geworden. Frauen hatte es in seinem Leben nie gegeben. Am Ende hatte er sich selbst durch Drogen bei Laune gehalten. Ja er hatte sie ausprobiert. Marihuana und Speed. Doch ab heute war im klar, Drogen waren das absolut Letzte. Vor allem weil einige von ihm glaubten, dass er sie an minderjährige Nachwuchssportler weitergegeben hatte. Denn das Gegenteil würde wohl nie jemand beweisen können. Man konnte keine Fingerabdrücke Teds auf den Ampullen finden, doch diesen Fakt bekamen nur wenige seiner Kollegen und die wenigsten seiner Kontrahenten mit. Er wollte nur mehr weg. Weg aus Jacksonville. Weg aus Florida. Nach Hause. Nach Ohio. Nach Columbus. Seinen Ruf retten. Retten was noch irgendwie zu retten war.

Lange hatte er gebraucht um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Doch nachdem er von Jacksonville weggezogen war ging es wieder bergauf mit ihm. Viele Tage und Nächte dachte er über die Zeit in Jacksonville nach. Es war eine schöne Zeit gewesen. Anfangs. Er war für seinen Beruf in den warmen Süden gezogen. Nur für seinen Beruf. Nicht für sich, nicht für seine Freunde. Nein, nur für die verdammte Arbeit. Nie mehr wieder würde er aufgrund seiner Arbeit seinen Wohnort, geschweige denn sein Leben, ändern. Denn es war genug.

Zuhause ging er wieder den schönen Dingen des Lebens nach. Er fuhr wieder regelmäßig mit dem Rad, genoss die Ruhe in seiner neuen Wohnung am Stadtrand von Columbus. Außer seinen täglichen Ausritten mit dem Rad rund um Columbus, verschwendete er keinen Gedanken an seine früheren Tage. Vielmehr widmete er sich anderen Dingen. Er traf sich wieder mit seinen alten Kumpels, philosophierte mit ihnen über Eishockey, Football und Baseball oder sie zogen einfach abends ihre Runden durch die Stadt. Er war arbeitslos, aber es klang in seinen Ohren nicht schlimm. Vielmehr war es ein durch die Arbeit verursachter Urlaub. So sollte man es ausdrücken. Das war seine Einstellung.
Oft fuhr er am Wochenende in die Stadt um seine Eltern zu besuchen. Sie freuten sich wieder mehr von ihm zu haben. Und er genoss es. Wieder geliebt und gebraucht zu werden. Jedes zweite Wochenende besuchte er seinen Bruder in Chicago. Das tat er nicht mit dem Auto. Nein, sein altes Auto hatte er verkauft. Es musste einem, nennen wir es Zweirad, weichen. Er ließ beinahe alles zurück. Nur die wichtigsten seiner Möbel nahm er mit nach Columbus. Auf seinem Zweirad, eine neue BossHoss wie er sie sich seit Kinderschuhen wünschte, kam er sich vor wie ein Vogel. Frei, und ohne Bindung. Er liebte den Fahrtwind in seinem Gesicht. Dem Sentimentalismus hatte er abgesagt. Niemals wieder wollte er sich von jemand fertig machen lassen. Das war einmal gelungen, aber es würde niemals wieder gelingen. Dies hatte er sich geschworen. Er würde nicht mehr so schnell Vertrauen schenken. Nur seinen Freunden. Sie waren ihm geblieben, und er schätzte sie. Mehr als alles andere auf der Welt.
Zuletzt geändert von Österreicher am 30.7.2008 - 0:58, insgesamt 3-mal geändert.
DanyHilarious
Bananen Sind Kalt. Echt?!.

sciby
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Beitrag: # 6723868Beitrag sciby
24.7.2008 - 0:26

Der Traum, den Zweie hatten

Heute war ich mittags bei Marius im Krankenhaus. Als ich sein Zimmer betrat, sah ich ihn, wie er an mehreren Schläuchen und Kabeln hing. Sein Kopf war in einer Metallarmatur befestigt. Außerdem hatte er eine Halskrause und an seinem Oberschenkel war ein riesiges Pflaster.
„Hey, René…“ nur zaghaft konnte er seinen Mund öffnen und das Reden fiel ihm schwer.
„Hi Marius. Und wie geht es dir?“
„Mir geht es gerade gar nicht gut. Ich habe dermaßen Kopfschmerzen. Ich freue mich jedoch, dass du gekommen bist. Ich muss dir etwas mitteilen. Gerade hat mich der Scout des Teams, welches mich unter Vertrag nehmen wollte, angerufen. Er sagte mir, dass er sehr traurig und bestürzt darüber sei, dass das mit mir nichts mehr werden kann und er wünschte mir eine gute Besserung und gab mir Hoffnung, irgendwann nochmals ein Rennen bestreiten zu können.“
„Ich leide wirklich mit dir. Ich hätte es dir so gewünscht. Du hättest es verdient. Doch nun…“
„Hey! Kurz bevor er auflegte, sagte ich ihm, dass ich nur noch einen großen Wunsch habe. Ich sagte ihm, dass sie dich unter Vertrag nehmen sollten. Das ist jetzt das einzige, was ich noch will. DU hast es verdient. DU hast mir dazu verholfen, überhaupt die Chance auf einen Profivertrag zu bekommen. Dir verdanke ich so viel. Jetzt möchte ich, dass du deinen Traum, der nun auch mein Traum ist, erreichst. Fahre für mich Erfolge ein. DU wirst mich bestens vertreten.“
„Aber…“
„Er sagte mir, dass er sich das noch einmal überlegen müsse und er sich dann bei dir melden wird. Enttäusch mich nicht. Mein Traum ist dein Traum.“

Ich fand keine Worte. Ich einfach nur perplex. Dann griff Marius an den Rufer über seinem Bett und kurze Zeit später kam eine Krankenschwester herein und er bat sie, ihm ein Mittel gegen die starken Kopfschmerzen zu geben.
„Ich werde jetzt schlafen müssen. Mein Kopf dröhnt so stark. Sicherlich möchtest du gerne noch bei mir bleiben, aber derzeit habe ich große Schmerzen und möchte schlafen. Es tut mir Leid. Komme nicht, bevor du einen Profivertrag unterschrieben hast, wieder.“
„Es brauch dir nicht Leid tun. Wir sehen uns, wenn ich Profi bin. Ich danke dir vielmals.“
„Du brauchst mir nicht danken. Ich danke dir für deine tolle Arbeit. Der Vertrag ist nur mein Dank an dich.“

Gerührt und mit Tränen in den Augen verließ ich das Zimmer und die Krankenschwester kam mit Tabletten herein. Ich ging nicht sofort nach Hause, sondern setzte mich in ein Café am Krankenhaus und bestellte mir einen Käsekuchen. Er schmeckte nicht gerade besonders toll, aber ich dachte auch viel mehr darüber nach, was Marius mir zuvor gesagt hatte. Ich konnte nicht fassen, dass Marius an mich gedacht hat und er mir dadurch, dass ich ihm die Chance Profi zu werden ermöglichte, die Chance Profi zu werden ermöglicht hat. Ich wusste und merkte genau, dass dies nun wirklich sein größter Wunsch war und ich wusste auch, dass ich ihn nicht enttäuschen darf und Profi werden muss. Sofort bemerkte ich, dass ich diese Chancen schon vertan haben könnte, da ich nicht zu Hause war und ich ja möglicherweise zu diesem Zeitpunkt angerufen wurde. Also fuhr ich direkt nach Hause.
Dort wartete ich vergebens. Kein Anruf. Um 20 Uhr war mir klar, dass man mich nicht mehr anrufen würde, doch dann klingelte das Telefon. Aber es war Sara. Sie sagte mir, dass sie länger arbeiten müsse und erst gegen Mitternacht nach Hause kommen würde und deshalb schläft sie bei sich. Ich war etwas enttäuscht. Von dem Besuch bei Marius sagte ich ihr nichts, sie hatte auch nicht viel Zeit. Also schaute ich weiter fern. Auf einmal schellte es an der Türe. Ich dachte es sei Sara, sie überraschte mich oft mit so etwas. Doch es war jemand ganz anderes. Er sprach mich in Englisch an. Ich konnte einigermaßen Englisch und so hatte ich keine Schwierigkeiten.
„Hallo Herr Bauer. Ich bin Ted Foster.“
„Guten Abend. Kenn ich Sie?“
„Noch nicht. Aber lassen Sie uns doch herein gehen.“
„Okay. Ich weiß zwar nicht, wer sie sind, aber ich habe da so eine Vorahnung.“

Ich begleitete den Mann herein und bot ihm ein Glas Wasser an, doch er wollte nichts trinken.
„Also wer sind Sie?“
„Ich bin Scout bei einem neu entstandenen Team. Ich war vorgestern beim Rennen und habe Marius Schneider beobachtet. Leider geschah dieser unglückliche Unfall und es tut mir für Sie und ihren Teamkollegen sehr Leid, dass er sich so schwer verletzt hat und höchstwahrscheinlich keinen Radsport mehr betreiben kann. Wussten Sie von dem Kontakt zu unserem Team?“
„Ja, er hatte mir stolz vor dem Rennen davon erzählt. Er und ich waren besonders motiviert.“
„Ich habe heute mit Herrn Schneider telefoniert. Er sagte mir, dass es sein Wunsch ist, wenn wir Sie anstatt ihn nehmen würden.“
„Ich weiß. Er hat es mir heute erzählt. Und Sie haben sich entschieden?“
„Im Prinzip schon. Ich habe Sie ja bei dem Rennen gesehen. Es war beeindruckend was für ein hohes Tempo Sie konstant gefahren sind. Ich habe mich bereits bei Ihrem Trainer erkundigt. Er bestätigte mir, dass Sie der stärkste Zeitfahrer in der Umgebung seien. Ich denke, Sie würden perfekt in unser Team passen. Ich habe bereits mit dem Teammanager gesprochen und vorausgesetzt Sie wollen, so könnten wir uns morgen zusammen in einem Hotel hier in Bremen treffen und Sie würden den Vertrag unterschreiben.“
„Aber natürlich würde ich gerne. Ich möchte für Marius Profi werden und jeden Sieg ihm widmen.“
„Okay dann wären wir uns einig. Über den Vertrag und die Bedingungen sprechen wir dann morgen. Könnte Sie morgen um 12 Uhr im Hotel Bremer Haus sein?“
„Sicherlich. Das lässt sich einrichten.“
„Okay. Ich denke es ist schon spät, aber für so etwas würden Sie sicherlich auch nachts aufstehen.“
„Auf jeden Fall.“
„Also sehen wir uns morgen? Ich werde jetzt wieder gehen.“
„Ja wir werden uns sehen. Achja, muss ich etwas Bestimmtes mitbringen?“
„Nein. Stift und Papier bringen wir mit.“
, scherzte er und verließ kurz darauf die Tür.
Ich war drin. Ich war Profi- also noch nicht ganz, aber so gut wie. Ich konnte mein Glück gar nicht fassen. Drei Tage mit Glück und Pech. Es waren die wichtigsten Tage in meinem Leben. Zunächst verlor ich Marius als Teamkollegen, aber nicht als Freund, dann kam Sara zurück zu mir und jetzt bin ich Radprofi. Unfassbar!
Ich überlegte mir, wie ich es Sara sagen könnte und da kam mir die beste Idee, die mir je in den Sinn kam. Ich überlegte mir, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und Sara nicht nur erzählen, dass ich Radprofi werde, sondern ich wollte mich auch mit ihr verloben. Sofort rief ich Sara auf der Arbeit an und sagte ihr, dass sie morgen um 19 Uhr zum Maritim Hotel kommen soll. Sie war überrascht, sagte jedoch sofort zu. Dann rief ich noch im Maritim an und reservierte einen Tisch für einen besonderen Anlass.

Heute war ich früh morgens beim Juwelier. Ich suchte zwei wunderbare Verlobungsringe aus. Der Preis war mir fast egal. Es sollte etwas Besonderes sein. Danach ging ich voller Erwartungen und großem Mut zum Maritim. Dort warteten bereits der Teammanager, und Ted Foster, der Scout. Sie begrüßten mich herzlich und wir kamen sehr schnell zur Sache. Nachdem mir einige Dinge erklärt wurden, gab der Manager mir schon den Kugelschreiber und ich unterschrieb den Vertrag für 8000€ monatlich, als Edelhelfer und Jungtalent gleichzeitig. Ich wollte einfach nur so schnell wie möglich Profi werden. Der Vertrag interessierte mich nur wenig. Mir wurde versichert, dass ich bei fast allen Rennen mit Zeitfahren, bei denen ich auch in der Gesamtwertung gewinnen kann, Kapitän bin. Danach wurde mir noch gesagt, dass sich das Team im Januar treffen wird und dann Rennpläne und weiteres besprochen wird. Das Team selbst, so sagte man mir, ist noch nicht ganz fertig zusammengestellt, aber es soll sehr international sein, doch es wird die ein oder anderen deutschen Fahrer geben. Außerdem wird das Team viele junge talentierte Fahrer, die durchaus bei großen Rundfahrten Kapitäne sind, enthalten.
Danach verabschiedeten wir uns und mir wurde noch gesagt, dass man mich informieren werde, wenn etwas ansteht.
Dann ging ich voller Freude und Glück zum Maritim Hotel und klärte den Vorgang des Abendessens ab. Ich suchte ein fünf Gänge Menü mit Lachsfilet an Zitronengrascreme als Hauptgang aus. Die Verlobungsringe sollten dann im Champagnerglas serviert werden. Danach fuhr ich nach Hause, duschte und zog meinen edelsten Anzug an. Kurze Zeit später musste ich auch wieder los. Vor dem Maritim empfang ich Sara. Sie sah in ihrem roten Abendkleid hinreißend aus. Ihre tollen Kurven schmiegten sich perfekt an die Seide an und sie kamen perfekt zur Geltung. Als wir das Hotel betraten, schauten alle Gäste auf Sara. Sie dachten, sie sähen einen Engel. Das Essen war klasse und während wir das Lachsfilet verzerrten, erzählte ich ihr, dass einen Profivertrag unterschrieben hab. Sie freute sich sehr für mich und machte dieses Mal keinen Rückzieher, sondern schlug mir sogar vor, ein Haus zu kaufen und zwar da, wo ich wollte. Sie war wieder so wie damals. Ich habe genau bemerkt, dass sie dachte, ich würde wegen des Profivertrages im Maritim essen, doch dann wurde der Champagner serviert. Sara war vollkommen überrascht. Sie fing an zu weinen. Es waren Freudentränen. Nach der ersten Freude, sagte ich ihr, wie wundervoll es mit ihr sei und dass ich schon immer wusste, dass sie die Richtige ist. Nachdem uns das Dessert gereicht wurde, gingen wir auf eines der Zimmer im Hotel. Die Nacht war um Längen besser als jene zuvor.
Ex-Profi Cédric Vasseur via Twitter: "Der Radsport wurde wieder einmal vor der ganzen Welt lächerlich gemacht...Bravo!!!"

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tusberg
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24.7.2008 - 12:23

"Ich kann von jedem etwas aber nichts richtig!"

Der erste Sonntag im Oktober die Straßensaison 2007 näherte sich für mich dem Ende. Heute starte ich beim letzten Straßenrennen für diese Saison, und was es für eine Saison war. Ich konnte wohl auf die erfolgreichste Saison in meiner Laufbahn blicken, die ich im Alter 12 Jahren in einem kleinen Dorfverein hier in der Nähe von Köln, eher hobbymäßig, begann. Aber schon schnell merkte ich das der Radsport meine Lebensbestimmung ist, auch wenn ich in den ersten Jahren als Jugendfahrer eher mäßige Rennen fuhr. Aber mit der Zeit begann ich mich immer mehr nur auf den Radsport zu konzentrieren. Ich bezeichnete mich immer als geradlinig, der seinen Frust wenn es mal nicht so gut läuft in Alkohohl oder in irgendwelchen Discos ertränkt. Nein, für mich stand immer das Training im Vordergrund, kein Wunder das es in der Liebe bisher nicht so richtig klappte, wie gesagt auf Partys oder in Discos lies ich mich nie blicken und auch sonst versuchte ich mich eigentlich nur auf mich selbst zu konzentrieren. Und genau dieser Schritt war meiner Meinung nach auch der Schritt zum Erfolg. Als ich im Alter von 15 Jahren in die Altersklasse U17 wechseln musste, trainierte ich den Winter so hart wie nie. Ich fuhr vier mal die Woche, am Wochenende sogar Strecken von über 150 Kilometer was für dieses junge Alter damals natürlich eigentlich viel zu viel war, aber es sollte sich auszahlen. Ich weiß noch wie ich damals Ende März beim traditionellen Saisonstart Köln-Schuld-Frechen am Start stand. Dieses Rennen war so besonders weil es nicht wie ein Großteil der Rennen auf einem kleinen Rundkurs ausgetragen wurde sondern es war eine große 80 Kilometer Strecke die von Frechen hinaus in die Eifel und zurück führte. Es war das erste mal für mich das ich in einem Straßenrennen starte und ich war überrascht das es so gut lief. Als es in der Eifel die einzige Steigung nach etwa der Hälfte des Rennens gab, riss das Feld komplett auseinander, ich war erstaunt, das einige Fahrer die mich in den letzten Jahren immer mit einem Bein abgehängt hatten zurückfielen und ich noch locker in der ersten Gruppe mithalten konnte. Ich beendete das Rennen damals als sechster, was für mich das größte war! Aber trotzdem wollte ich mehr! Ich mochte das Gefühl gute Rennen zu fahren und mich mit den anderen zu messen, so fand ich mich von diesem Zeitpunkt an jedes Wochenende an einer Rennstrecke wieder. Die Wochentage nutze ich zum ausgiebigen Training im Bergischen Land, wo ich vor allem die Strecke des Radklassikers "Rund um Köln" immer wieder abfuhr. Schon seit ich mit dem Radsport angefangen habe, ist es für mich ein Traum dieses Rennen mal als Sieger zu beenden. Doch zu diesem Zeitpunkt war das alles noch Wunsch denken. Nachdem ich die Jugend- und Juniorenklassen hinter mich gelassen habe und das mit einigen Achtungserfolgen, aber immer noch ohne Sieg, wechselte ich letztes Jahr in die C-Klasse rüber. Diese Rennen waren für mich der Horror, es waren teilweise 250 Fahrer am Start und das auf engen Runde die gerade mal 1 Kilometer lang war. Ich mochte so was nicht, deshalb lief es im ersten Jahr in der C-Klasse auch nicht so richtig rund für mich, aber ich kam zu einer wichtigen Erkenntnis. Ich merkte das ich bei jeder Art von Rennen mich im vordern Drittel halten kann. Egal ob das Rennen Teller flach oder bergig war, ja sogar beim Zeitfahren konnte ich unter die ersten zehn kommen. Als ich mal Zeit zum Nachdenken hatte, fiel mir ein Zitat von Rolf Aldag ein. "Ich kann von jedem etwas, aber nichts richtig!" Ich schmunzelte ein wenig aber genau das gleiche traf auch auf mich zu und so bezeichnete ich mich von diesem Tag als Allrounder. Dies half mir enorm weiter, diese Erkenntnis gewonnen zu haben und dies zeigte sich auch in meiner zweiten Saison als C-Klasse Fahrer. Ich wusste jetzt wie ich mich verhalten muss. Ich kann keinen Massensprint gewinnen, ich kann keine Bergspezialisten am Berg ins Schwitzen bringen, aber im Sprint aus einer kleinen Gruppe bin ich fast unschlagbar. So dachte ich mir das! Ich musste also versuchen mit Attacken das Feld zu verkleinern bzw. zu sprengen und in Gruppen mitgehen. Ich glaubte es nicht aber genau diese Taktik wurde zum Erfolgsrezept. Gleich zu Beginn der Saison hatte ich soviel Platzierungen zusammen das ich in die B-Klasse aufstieg. Ich wollte das ganze noch Toppen und auch noch die A-Klasse erreichen doch bis jetzt erfüllte sich dieser Traum nicht, womit wir wieder beim heutigen Tag werden. Das letzte Rennen der Saison 2007. Es ist ein kleines Rundstreckenrennen in Kempen. Ich will mich mit einer guten Leistung in die Winterpause verabschieden. Meine Taktik habe ich nicht verändert. Das Rennen ist knapp 80 Kilometer lang, nachdem ich mich wie üblich warmgefahren hatte stellte ich mich auch schnell an die Startlinie. Die Rundstrecke war 1,5 Kilometer lang mit einer kleinen Welle in der Mitte der Runde. Ich fuhr die ersten Runden locker im Feld mit, versuchte mich aber immer im vorderen Drittel des Feldes aufgehalten, dann nach ca. 20 Runden ging ich zum ersten mal bei einer Attacke mit. Ich fasste es nicht aber diese schien tatsächlich schon erfolgreich zu sein. Ich blickte mich kurz um und sah noch wie im Feld das Tempo nicht erhöht wurde. Ich hatte mich zusammen mit einem Fahrer aus Bocholt zusammen abgesetzt. Nach jeder Runde hörte ich die Stimme des Rennsprechers:
"Und hier haben wir einen Ausreißversuch! Christopher Jobb von der RRG Porz und Erik Müller von der Radgemeinschaft Bocholt!"
"Die beiden harmonieren gut zusammen und können ihren Vorsprung weiter ausbauen!"

So ging es von Runde zu Runde, plötzlich traute ich meinen Augen nicht ich sah das Feld wieder vor mir, wir hatten es gleich überrundet! Als dies dann wirklich passierte waren noch 10 Runden auf der Anzeigetafel. Erik Müller mein Fluchtgefährte hatte in dieser Saison schon mehrere Rennen auf diese weise gewonnen nicht umsonst war er A-Fahrer. Für das Feld wurde das Rennen drei Runden vor Schluss beendet, was üblich ist wenn eine Gruppe das Feld überrundet. Nun waren wir nur noch zu zweit auf der Strecke. Ich wusste nicht ob ich mich auf einen Sprint gegen Müller einlassen kann. Aber bis zur letzten Runde blieben wir zusammen, dann so schien es mir verlor er die Nerven und attackierte. Ich ging sofort hinterher und hing mich an sein Hinterrad, als er langsamer wurde attackierte ich drüber weg und konnte ihn abhängen.
"Jetzt sind wir gespannt wie das hier endet"
, wartete der Rennsprecher auf einen von uns beiden!
"Ich sehe das einen Fahrer alleine auf die Zielgerade geben, er hat ein Schwarzes Trikot an, jawohl das ist Christopher Jobb aus Köln, er hat Erik Müller auf der letzten Runde abgehängt und fährt hier einen souveränen Sieg ein!"
Ich glaubte es nicht, es war der erste Sieg für mich überhaupt, ich riss die Hände 100 Meter vor dem Ziel in die Höhe und fuhr jubelt über den Zielstrich. Ich wartete noch auf Erik Müller umarmte ihn und danke ihn für die gute Zusammenarbeit. Er gratulierte mir, schien aber ein wenig enttäuschet über seinen zweiten Platz für mich allerdings war es der größte Erfolg und ich hatte doppelten Grund zu Freude, neben dem Sieg stieg ich auch in die A-Klasse auf. Schade nur das ich dieses Gefühl erst nach der Winterpause erleben kann, aber genau diese Genieße ich jetzt erst mal!

sciby
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Beitrag: # 6724074Beitrag sciby
24.7.2008 - 16:15

Der Trainer, der alles trainieren wollte

Die Tinte unter dem Vertrag war bereits vier Tage alt und trocken. Die Tage verbrachte ich mit Sara bei mir in der Wohnung. Ich hätte nie gedacht, dass wir ohne jegliche Probleme zusammenleben können. Es war einfach traumhaft mit ihr. Marius ging es auch wieder etwas besser. Er hatte nun keinerlei Kopfschmerzen mehr und durfte sogar sein Zimmer verlassen. Allerdings musste er immer noch den Stabilisierungshelm tragen. Er war immer noch riesig enttäuscht darüber, was passiert ist, doch er setzte wirklich die Hoffnungen in mich und fieberte schon meinem ersten Rennen entgegen. Bis jetzt habe ich ihn jedem Tag besucht und immer sagte er mir, warum ich überhaupt Zeit dazu hätte, bei ihm zu sein, immerhin müsste ich doch jetzt noch mehr trainieren.
Das veranlasste mich auch dazu, mich mit Frank in Verbindung zu setzen. Also rief ich ihn an und nach nicht mal einem Klingeln ging er ran.
„René? Bist du das?“
„Ja. Woher wusstest du…?“
„Mir war klar, dass mein kleiner Radprofi sich mal bei mir melden würde.“
„Klein? Hey ich bin über 1,90 groß.“
„Ja, aber du musst noch wachsen!“
„Dann brauch ich aber eine Extraanfertigung von meinem Rad.“
„Ach! Du musst als Profi noch wachsen.“
„Frank- es ist immer schön, wenn du dich aufregst.“
„Du Schlingel!“
Er lachte laut und ging dann auf das Team ein.
„Weißt du bereits über das Team Bescheid?“
„Ich weiß nur, dass es ein sehr internationales Team sein wird und Pro Tour Status hat.“
„O! Das ist nicht viel. Na da weiß ich aber einiges mehr.“
„Ach ja? Woher denn das?“
„Ich habe mich mal mit dem Team in Verbindung gesetzt. Es ist wirklich ein interessantes Team. Der Sponsor Adidas steckt einiges rein und man will bereits in der ersten Saison einige Erfolge reinfahren. Die Philosophie des Teams soll sich auf junge und talentierte Fahrer aus Eigenwuchs beziehen und diese sollen von erfahrenen Helfern unterstützt werden.“
„Und wie sieht es mit den einzelnen Fahrern aus?“
„Es wird nicht viele Deutsche im Team geben, aber von dreien weiß ich schon.“
„Wer?“

Ich war gespannt, wer es sei.
„Na rate mal. Du kennst sie alle.“
„Ullrich, Klöden, Voigt?“
„Clown gefrühstückt?“
„Nein. Nur einen Müsli.“
„Niermann, Sieberg, Scholz.“

Ich stutzte etwas. Ich weiß nicht wieso, aber ich war enttäuscht. Warum waren meine Erwartungen so hoch?
„Ist was?“
„Nein, nein. Das ist klasse. Drei Deutsche, die nicht nur stark, sondern auch schon erfahren sind.“
„Und du meinst das wären meine einzigen Neuigkeiten?“
„Also doch Ullrich?“
„Mit Peter Lustig telefoniert?“
„Nein, auch das nicht. Also was gibt’s denn noch neues?“
„Ich habe die Teamleitung nach deinem Training gefragt. Sie sagten, dass du dir die Saison selbst planen kannst. Allerdings musst du möglicherweise Einschnitte machen, wenn du bei Rennen starten willst, bei denen das Team nicht startet.“
„Also habe ich freie Bahn und bin Kapitän?“
„Nein, nein. Du bist noch jung und sollst erstmal Erfahrung sammeln. Bei Rennen, bei denen du Siegchancen hast, zum Beispiel mit einem Zeitfahren, wirst du allerdings Kapitän sein, da du wohl der einzige richtige Zeitfahrer sein wirst.“
„O, das ist gut.“
„Außerdem wurde ich gefragt, ob ich mich weiter um dich kümmere und dein Trainer bin. Wärst du damit einverstanden?“

Ich überlegte kurz, doch eigentlich war meine Antwort klar, da er mich erst hierher gebracht hatte.
„Ja, aber klar doch.“
„Okay, dann werden wir wohl demnächst mal die Saison planen müssen. Das kennst du ja bereits. Großartig ändern wird sich wohl nichts, nur dass du alles intensiver machen muss.“
„Von mir aus können wir uns gleich heute treffen.“
„Das würde auch mir passen. Soll ich dann um 15Uhr zu dir kommen?“
„Ja. Das geht klar.“
„Übrigens kann ich dir jetzt schon sagen, dass ich jederzeit den Kontakt zur Teamleitung pflegen werde. Du brauchst somit nur trainieren und Rennen fahren. Den Rest rundherum werde ich klären.“
„O, danke das ist nett.“
„Du bist mein Schützling, da muss ich das tun. Auch mir hat Marius eine Aufgabe aufgetragen.“
„Ach wirklich?“
„Ja, aber lass uns das Gespräch bei dir fortsetzen.“


Wir verabschiedeten uns und ich fuhr direkt zum Bäcker- natürlich mit dem Rad. Ich holte vier Stücke Pflaumenkuchen und fuhr dann noch ein wenig um Bremen.
Zu Hause bereitete ich dann alles vor. Ich saugte noch durch und kochte Kaffee. Sara arbeitete heute den ganzen Tag, ich hatte frei. Kurz darauf kam dann Frank. Ich begrüßte ihn und begleitete ihn dann zum wunderbar duftenden Kaffee. Er war überrascht, dass ich ihn so empfangen habe. Nachdem wir den Kuchen aßen- selbstverständlich aß ich nur ein Stück- und jeweils eine Tasse Kaffe tranken, machten wir uns an die Sache.
„Also zunächst mal sollten wir uns überlegen welche Rennen du fahren willst.“
„Tour de France!“
„Nun mal nicht so voreilig. Aber ich kann dir schon sagen, dass du möglicherweise wirklich bei der Tour starten wirst. Aber fangen wir mal vorne an.“
„Okay.“

Ich war unheimlich aufgeregt und gespannt.
„Ich glaube nicht, dass dir das Frühjahr liegt. Immerhin war das die letzten Jahre auch nicht anders.“
„Ja das stimmt. Ich würde lieber etwas später einsteigen.“
„Okay. Dann schauen wir mal…“

Frank hatte eine lange Liste mitgebracht, auf der alle Profirennen standen. Ich konnte sehen, wie er sich manche markiert hatte.
„Wie wär’s mit der Driedaagse van West-Vlanderen? Drei Etappen, zwei flache und ein kurzes Zeitfahren. Das wäre doch ein guter Start.“
„Ja auf jeden Fall.“
„Vielleicht kannst du ja das Zeitfahren vorne beenden, die Elite wird eh nicht am Start sein.“
„Ja ein Sieg im ersten Zeitfahren wäre natürlich spitze.“
„Okay, danach MUSST du zwei Rennen in Italien fahren. Die Teamleitung hat mir mitgeteilt, dass sie dich Bei Tirreno-Adriatico und Milan-San Remo als Helfer dabei haben wollen. Du müsstest dort also für andere Kapitäne arbeiten.“
„Ja, das ist eigentlich kein Problem. Ich bin das ja gewohnt. Aber gibt es bei Tirreno-Adriatico nicht ein Zeitfahren?“
„Ja das gibt es. Vielleicht kannst du ja auch da vorne dabei sein. Danach würde ich sagen, dass du eine kleine Pause einlegst und am Henninger Turm als Helfer an den Start gehst. Danach Ende Mai bei der Bayern Rundfahrt. Möglicherweise kannst du das Zeitfahren vorne beenden.“
„Bayern?“

Bayern gefiel mir noch nie. Die Kultur, die Menschen und einfach alles. Dann noch diese Berge. Schrecklich.
„Ist schon okay, das Rennen ist Ordnung, das Land nicht.“
„Ach das ist doch bei fast allen Rennen so. Im Juni kannst du dir dann aussuchen, ob du die Tour de Suisse oder die Dauphine Libere fahren willst. Bei beiden Rundfahrten müsstest du wahrscheinlich für andere arbeiten, aber bei der Dauphine gibt es ein Zeitfahren.“
„Na dann doch die Dauphine Libere. Da hab ich dann wenigstens an einem Tag meine Freiheiten.“
„Und dann die Deutsche Meisterschaft im Einzelzeitfahren?“
„Ja aber sicher doch. Ein Sieg dort wäre wunderbar.“
„Dann könnten wir uns die Tour de France offen halten. Mit einem Sieg bei der Meisterschaft würdest du bestimmt im Aufgebot stehen.“
„Das hoffe ich doch.“
„Hehe, schauen wir mal. Dann eine kleine Pause?“
„Ja denke ich schon, vor allem wenn ich die Tour fahre, aber was ist, wenn nicht?“
„Dann die Österreich Rundfahrt.“
„Ja okay. Klasse.“
„Bei der Deutschland Tour willst du doch sicherlich auch dabei sein, oder?“
„Aber klar doch!“
„Okay, dann davor noch die Regio Tour, da gibt es auch ein Zeitfahren.“
„Das ist ja klasse. Da bin ich ja bei allen Zeitfahren der Saison dabei.“
„Naja. Fast. Die Deutschland Tour endet ja vielleicht hier in Bremen. Mal schauen, was sich da noch ergibt, aber danach willst du doch sicher auch noch in Hamburg an den Start gehen.“
„Ja, auf jeden Fall. Hoffentlich endet die D-Tour mit einem Zeitfahren in Bremen.“
„Da du ja meistens im Herbst gut drauf bist, würde ich sagen, dass du danach noch die Tour of Britain fährst und vielleicht hast du ja eine kleine Chance bei der Zeitfahr-WM dabei zu sein, wenn du vorher starke Leistungen zeigst.“
„Wow! Meinst du wirklich?“
„Ja. Allerdings nur wenn du bei den Zeitfahren, wie zum Beispiel bei der Meisterschaft, vorne dabei bist.“
„Das wäre einfach nur traumhaft.“
„Das glaub ich dir. Ich denke den Oktober sollten wir uns einigermaßen freihalten. Münsterland Giro und Chrono des Herbiers wirst du wahrscheinlich dabei sein und bei den anderen Herbstklassikern in Italien müssen wir abwarten, ob deine Hilfe benötigt wird. Dann wären wir fertig.“

Also kamen wir auf folgende Rennen:

Driedaagse van West-Vlanderen
Tirreno-Adriatico
Milan-San Remo
Rund um den Henninger Turm
Bayern Rundfahrt
Dauphine Libere
Deutsche Meisterschaft ITT
„Tour de France“
Regio Tour
Deutschland Tour
Vattenfall Cyclassics
Tour of Britain
World Championship ITT
Münsterland Giro
Chrono des Herbiers

Ich war froh, dass Frank alles schon so gut vorbereit hat und er genau meinen Geschmack der Rennen traf.
„Die Höhepunkte sollten wir also auf die Deutschen Meisterschaften und den Herbst legen. So könntest du auch bei der Tour und bei der WM vorne dabei sein. Im März solltest du ebenfalls in entsprechender Form sein.“
Frank holte dann einen Plan heraus. Es war mein Trainingsplan des vergangenen Jahres. Er sagte, dass wir diesen beibehalten werden, allerdings die Höhepunkte verlagern und außerdem die Intensität erhöhen werden. Er meinte, dass ich mich nun voll auf den Radsport konzentrieren müsse und ich deshalb meine Stelle als Koch aufgeben müsse. Ich musste erst schlucken, immerhin war der Job als Koch mir sehr wichtig und machte mir viel Spaß, doch Radprofi hatte Vorrang. Ich verdiene nun nicht nur einiges mehr, sondern es ist einfach mein großer Traum und nicht nur meiner, sondern auch Marius’. Somit nahm ich mir vor, gleich morgen früh ins Restaurant zu gehen und allen mitzuteilen, dass ich kündige. Ich konnte jederzeit kündigen, wenn ich Radprofi geworden bin. Das machte ich mit dem Chef aus und er war damit einverstanden, da er selbst Rennrad fährt und großer Sportaktivist ist. Er hatte mich immer unterstützt und ich war froh, dass ich keine Probleme mit einer Kündigung haben würde. Danach fragte ich Frank, wie es denn mit dem Training an sich sei. Er sagte mir, dass ich hier in Bremen perfekte Trainingsmöglichkeiten habe. Er wollte sich nun voll und ganz auf mich konzentrieren. Er sagte, dass ich weiterhin alleine trainieren werde, aber um einiges länger und öfter. Zweimal pro Tag und je nach Saisonzeitpunkt länger oder kürzer. Allerdings meinte er, dass ich auch mal öfters an Anstiegen trainieren müsse. Er schlug mir also vor, zweimal die Saison, im Mai und im August, in der Nähe von Freiburg mit Niermann und Scholz zusammen zu trainieren. Freiburg- das bedeutete Schwarzwald- und das bedeutete Berge. Mir war dabei nicht ganz wohl dabei, aber ich stimmte zu. Doch dann meinte Frank, dass ich vielseitiger werden muss. Er sagte, dass ich derzeit nur in der Ebene stark bin, ich mich aber auch an Anstiegen verbessern muss. Ich war einfach nicht einverstanden. Ich bin an Anstiegen von Natur aus schwach und das ist auch nicht zu ändern. Ich wollte vor allem nicht, dass ich meine Stärken verschlechtere, nur weil ich meine Schwächen verbessere. Ich war sauer auf Frank, da er weiter darauf pochte, dass ich mich vielseitiger entwickeln muss.
„Okay, du entscheidest, aber sei nicht sauer, wenn das eine falsche Entscheidung ist. Ich überlasse es dir und werde trotzdem mit dir arbeiten. Überleg es dir!“
Kurz darauf verabschiedete er sich und ging.
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Beitrag: # 6724256Beitrag Österreicher
24.7.2008 - 21:30

Ted Foster
Januar - Juli 2007
Wieder zurück im Radsport

Sein Leben wurde von Tag zu Tag besser. Er fand wieder Gefallen daran. Mittlerweile waren fast 11 Monate vergangen, seit er in Jacksonville wegen Dopings, am Polizeirevier fest saß. Er dachte nur mehr selten daran. Es fand einfach keinen Platz mehr in seinem neuen Leben.
Der Winter war traumhaft gewesen. Viel Schnee, ein Weihnachten mit der Familie, Eishockey von früh bis spät, und regelmäßige Radtouren. Das war der Winter gewesen. Schön, lang und kalt. Columbus hatte den Aufstieg in die Playoffs auch heuer wieder versäumt, aber das war nebensächlich. Auch Chicago schaffte den Sprung nicht in die Top8, doch das ist wieder eine andere Sache.

Radsport bedeutete ihm immer noch sehr viel, und genau diesem widmete er sich seit dem Frühjahr wieder mehr, aber was viel wichtiger war, mit mehr Leidenschaft als je zuvor. Er besuchte wieder die Rennen in der Umgebung, fuhr auch mal weiter fort, oder beobachtete einfach Jungs aus Columbus beim Training. Doch bis jetzt war nichts Nennenswertes dabei herausgekommen. Noch, dachte er sich jedesmal. Mittlerweile hatte Ted auch wieder einen Job. Natürlich hatte es etwas mit Radsport zu tun. Er war bei Spezialised, ein amerikanischer Radhersteller, als Leiter der Marketing-Abteilung untergekommen. Die Firmenleitung wusste um seine Stärken, auch die Dopingvorkommnisse waren (Gott sei dank) kein Problem für die Firmenleitung. Es machte ihm großen Spaß. Auch dadurch besuchte er in letzter Zeit wieder mehr Radsportveranstaltungen. Er war wieder zurück im Radsport.

Zuletzt hatte er auch Beth wieder getroffen. Lang war er mit ihr zusammengesessen und hatte mit ihr über alte Zeiten gesprochen. Eigentlich wollte er nicht darüber reden, aber mit ihr gemeinsam machte es irgendwie Spaß. Sie sprachen auch über Columbus. Über die gemeinsam besuchte Schule. Und über ihre Anfänge im Radsport. Witzig, was sie alles gemeinsam erlebt hatten. Doch auch dieser Abend ging vorüber. Nach zwei weiteren zeigte der Kalender den 4. Juli 2007. Es war Teds Geburtstag. Seit langem konnte er seinen Ehrentag gemeinsam mit seiner Familie verbringen. Er war 37 geworden. Einmal mehr fragte ihn seine Mutter Jasmin, wann er doch endlich eine Freundin mit nach Hause bringen würde. Ted konnte nur lachen. Wie jedesmal wenn diese Frage kam. Aber war es Verlegenheit, nein mehr war es Selbstverteidigung. Er hatte nichts am Hut mit Frauen. Ja, er hatte weibliche Freundinnen, Beth, zum Beispiel, aber ansonsten sah er Frauen nur am Abend, und am nächsten Morgen waren er, oder sie bereits wieder weg. Manchmal wünschte er sich eine Frau an seiner Seite. Vor allem in der letzten Zeit immer mehr. Aber wie sollte er eine bekommen. Er hatte schlichtweg keine Ahnung. Wie sollte er auch.

Wenige Minuten, nach der wie er fand, lustigen Konversation, mit seiner Mutter, läutete plötzlich sein Handy. Nach einer kurzen Entschuldigung verließ er den Raum. Beth stand auf dem Display. Rasch hob er ab. Was sie ihm mitzuteilen hatte, konnte er zuerst nicht zuordnen. War es gut, oder schlecht. Um dies abzuschätzen hatte er momentan keine Zeit. Seine Familie wartete auf ihn. Er wusste wie sie zum Thema Radsport stand. Sein Vater Rick, war niemals besonders begeistert davon gewesen, er hätte ihn lieber in einer dicken Eishockeykluft gesehen, als in dünnen Radklamotten. Sein Bruder Andrew war einige Zeit Eishockeyprofi gewesen. Nicht besonders gut, aber es hatte gereicht um sich seinen Lebensunterhalt damit zu verdienen. Radsport hatte auch ihn jeher interessiert, doch war es ihm nicht männlich genug gewesen. Und auch die Geschichte mit dem impotent werden, war ihm nicht geheuer. Ted konnte darüber nur lachen. Einzig seine Mutter hatte ihn immer unterstützt. Er liebte sie deshalb nicht mehr wie seinem Vater, da auch er ich stets unterstützt hatte, aber über den Radsport sprach er zumeist nur mit ihr. Sie horchte ihm zu, auch wusste sie, dass sein Leben fest damit verbunden war. Nachdem Ted aus Jacksonville zurück war, hatte sie ihm erzählt, dass sie so etwas vorausgeahnt hatte. „Als Mutter weißt du so etwas einfach!“, war ihre Antwort gewesen. Ab diesem Tag sprach er mit ihr über alles was den Radsport betraf. Sie war sein Radorakel, wie er sie ab nun nannte.

Er verbrachte noch einen schönen Abend mit seiner Familie. Wie jedes Jahr, holte Teds Mum zu späterer Stunde wieder die Kinderfotos, und wieder mussten alle lachen. Er genoss es. Es war wieder wie früher. Doch etwas beunruhigten in. Es war der Anruf Beths.
Zuletzt geändert von Österreicher am 30.7.2008 - 1:02, insgesamt 3-mal geändert.
DanyHilarious
Bananen Sind Kalt. Echt?!.

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Grabba
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Beitrag: # 6724363Beitrag Grabba
25.7.2008 - 0:02

Bis ans Ende der Welt

Das Telefon klingelte. Verschlafen rieb Jayla sich die Augen. Drei Uhr nachts. Wer zur Hölle war das?! Schlaftrunken griff sie nach dem Hörer.
„Ja?“
„Jayla?“
„Wer ist denn da?!“
„Megan. Megan Trimboli.“
„Oh, ja, Megan. Was gibt... Ach du scheiße! Ist Willie irgendetwas passiert?!“

Sie saß kerzengerade im Bett. Sie wusste um Willies Misere. Zwar war er in den letzten Monaten, seitdem er in Europa gewesen war, mit der Zeit immer unerträglicher geworden. Auch hatte er sich gar nicht mehr um sie gekümmert. Doch sie hatte das verkraften können, denn sie wusste, wie schlecht es ihm dort ergangen war. Wenn ihm nun etwas Schlimmes zugestoßen war?
„Willie liegt im Krankenhaus.“
„Was?! Oh, nein, ich...“
„Jayla, hör zu! Bleib ruhig. Ich komme gleich vorbei.“
„Ja, aber...“
„Gib mir zehn Minuten.“

Sie legte auf. Was war passiert? Jayla wurde übel. Sie musste sich übergeben. Sie schaute auf die Uhr. Nein, sie starrte. Der Sekundenzeiger schien für seinen Umlauf ewig zu brauchen. Sie konnte es sich nicht erklären. Sie starrte die weiße Wand an. Erst die Klingel riss sie aus ihrer Umnachtung.
„Megan, was ist...“
Mehr brachte Jayla nicht heraus. Sie ließ sich auf ihr Bett fallen und sank in sich zusammen. Megan setzte sich neben sie, legte ihr den Arm um die Schulter, und erzählte. In den letzten Tagen hatte Willie immer schlechter ausgeschaut. Sie alle hatten schlimme Befürchtungen gehabt, doch er ließ nicht mit sich reden. Heute Nacht hatten Sie den Anruf erhalten. Zusammenbruch und ein von Glassplittern völlig zerschnittener Arm. Willie lag zuerst in der Notaufnahme, doch mittlerweile hatte sich sein Zustand stabilisiert. Es würde keine dauerhaften Schäden mit sich bringen. Und doch musste ihm geholfen werden. Megan wusste, dass sie und Jayla als einzige die Chance hatten, bei Willie Gehör zu finden. Sie mussten ihn retten.

Ein halbe Stunde später standen die beiden jungen Frauen vor Willies Zimmer. Als sie eintraten traf sie der Schock. Totenbleich lag er im Bett. Seine ausdruckslosen Augen waren stark geweitet, sein Haar zersaust und verdreckt. Sein rechter Arm war ganz verbunden. Er war kaum wiederzuerkennen. Er schien sie nicht zu realisieren. Die beiden Mädchen setzten sich neben ihn. Jayla nahm seine Hand in ihre, beugte sich zu ihm und gab ihm einen sanften Kuss auf die bleichen Lippen. Für einen Moment schien er aus seiner Umnachtung zu erwachen und blickte sie an. „Jayla“, hauchte er. Dann fielen seine Augen zu.
Die ganze Nacht hindurch saßen die beiden neben ihm. Erst gegen Mittag des nächsten Tages erwachte Willie. Er sah noch immer schrecklich aus, doch er schien wieder Herr seiner Gedanken zu sein. Eine kalte Dusche brachte ihn vollends in die Realität zurück. Wie ein Häufchen Elend lag er jetzt vor den beiden im Bett. Auch Willies Eltern und sein kleiner Bruder Tommey standen mittlerweile stumm im Raum. Da ergriff Jayla endlich das Wort.
„Willie. Willst du mir folgen, wenn ich dich führe?“
„Wohin noch, Jayla? Alles ist vorbei.“
„Nichts ist vorbei.“
„Mein Traum ist ausgeträumt.“
„Du musst nur weiterträumen.“
„Niemand wird mich mehr unter Vetrag nehmen. Ich hatte meine Chance und habe sie nicht genutzt.“
„Du musst dir nur eine zweite Chance erkämpfen.“
„Es gibt keine zweite.“
„Es gibt sie. Du musst nur daran glauben.“
„An was soll man noch glauben, wenn man von allen verlassen ist?“
„Nicht von allen.“
„Ihr seid zu meinem Hohn hier?“
„Nein. Weil wir dich lieben.“

Willie blieb stumm. Es schien ihnen, als wolle er wieder einschlafen. Doch plötzlich blickte er sie an.
„Du meinst, dass ich eine zweite Chance habe?“
„Ich weiß es.“
„Du denkst, dass ich es noch schaffen kann.“
„Ich zweifle nicht.“

Wieder machte Willie eine Pause.
„Ihr liebt mich wirklich?“
Jayla nickte nur. Alle anderen taten es ihr gleich. Wieder blieb Willie stumm. Schließlich sah Jayla ihm tief in die Augen.
„Willie. Willst du mir folgen, wenn ich dich führe?“
„Bis ans Ende der Welt.“


Endlich liefen seine Tränen. Jayla streichelte sein Gesicht. Nach einer Weile stoppte der Tränenfluss. Langsam erhob er sich und umarmte jeden einzelnen derer, die ihn liebten. Sein Blick strahlte Entschlossenheit aus.
„Ich muss fort von hier.“
Das war richtig. Würde er hierbleiben käme er vielleicht in eine Entzugsklinik, müsste Therapien durchleben. Das würde ihn in ein neuerliches Tief stürzen. Ein Tief, von dem er sich nicht mehr würde erholen können. Es war klar: Er musste zurück nach Arthur’s Pass. Und Jayla würde ihn begleiten.
Er wurde noch einmal untersucht. Er würde definitiv keine bleibenden Schäden davontragen. Einige Tage Ruhe. Und ausreichend Zeit zur Heilung der Schnittwunden an seinem rechten Arm. Der Doktor verließ das Krankenzimmer.
Kurz danach gingen Willie und Jayla aus dem Hospital. Die Familie blieb im Zimmer. Als das Personal Willies Verschwinden bemerkte waren er und Jayla schon längst in Arthur’s Pass angelangt. Seine Eltern versicherten dem Personal, Willie sei in guten Händen und an einem sicheren Ort. Über alles Andere schwiegen sie. Auch der Polizei teilten sie nicht mehr mit. Dass sie dafür hohe Geldstrafen zu zahlen hatten war ihnen gleich. Sie hatten das getan, was für ihren Sohn das Richtige gewesen war. Sie hatten ihn gerettet.

Die folgenden Tage verbrachten Willie und Jayla in der Hütte im Gebirge. Sie sprachen wenig. Und doch merkte Jayla, wie Willies Zuversicht und Lebensgeister von Tag zu Tag stiegen. Zwar hatte er im Krankenhaus Entschlossenheit gezeigt, doch dies nur für einen kurzen Augenblick. Schon im Auto war er wieder ein Häufchen Elend gewesen. Es war klar, dass er immer wieder in seinem Loch versinken würde. Langsam aber sicher konnte Jayla ihn endgültig aus diesem befreien. Nach einer Woche drehte er wieder eine erste kleine Runde auf dem Rad. Das schien die endgültige Erlösung zu bringen. Sie begleitete ihn mit dem Auto. Einen ganzen Monat lang blieb sie noch bei ihm und kümmerte sich um ihn. Ihren Job hatte sie dadurch verloren. Das verschwieg sie ihm. Die Hauptsache war, dass er wieder auf die Beine kam. Und das passierte. Auch ins richtige Training hatte er mittlerweile wieder hineingefunden. Er hatte wieder eine Beschäftigung.
Es war schon Ende September. Vor genau zwei Jahren hatten sie hier alles renoviert. Und Willie wusste nun, was er zu tun hatte. Er hatte dreieinhalb Monate, um sich mit aller Intensität auf die neuseeländischen Meisterschaften 2008 vorzubereiten. Und das würde er tun. Jayla bemerkte das Feuer in seinen Augen. Er war erneut entflammt, mehr als je zuvor. Sie wusste, dass sie ihn nun alleine lassen konnte. Und sie wusste, dass er sein Ziel erreichen würde. Ohne Zweifel.

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